Interview mit Frank Schäffler

»Tsipras erpresst den Euro-Club«

FreieWelt.net spricht im Interview mit Frank Schäffler, dem Geschäftsführer der Prometheus-Das Freiheitsinstitut GmbH, über dem Wahlsieg der Syriza in Griechenland und dessen Folgen für die Eurozone.

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FreieWelt.net: Wie bewerten Sie den Wahlsieg der ultralinken Syriza und ihres Vorsitzenden Alexis Tsipras?

Schäffler: Tsipras erpresst den Euro-Club. Er hat verstanden, dass die Drohungen des Euro-Clubs, die Zahlungen einzustellen, nicht glaubhaft sind. Wenn man den Euro zu einer heiligen Monstranz erklärt, zum Krönungsprojekt der europäischen Einigung stilisiert und den Währungsraum als ganzes um jeden Preis aufrechterhalten will, dann muss man immer „retten“. Und wenn die EZB und die Geberstaaten bei einem Zahlungsausfall mit Abschreibungen rechnen müssen, wird die Euro-Schuldenkrise in den nationalen Haushalten sichtbar. Dann ist Zahltag.  Das will niemand und deshalb werden die Finanzminister weitere Zugeständnisse machen und diese in irgendwelche Schattenhaushalte verstecken. Es wird einen weiteren Schuldenschnitt und weitere Hilfen für Griechenland geben. Das Ganze darf nur nicht so heißen.

FreieWelt.net: Die Syriza-Regierung  versucht den griechischen Schuldendienst mit den Geldgebern neu zu verhandeln. Wer hat in diesen Verhandlungen die besseren Karten? 

Schäffler: Wie gesagt, natürlich Griechenland. Wenn die Schuldner faktisch nur noch öffentliche Schuldner sind, dann sind sie ab einem gewissen Schuldenstand erpressbar. Die öffentlichen Gläubiger in den Hauptstädten Europas haben diesen Punkt längst erreicht. Und auch die EZB wird alles tun, damit sie nicht ihre Griechenland-Anleihen und Hilfen abschreiben muss. Deshalb wird sie bald auch der griechischen Notenbank wieder ELA-Kredite erlauben, um weiter Zeit zu gewinnen.

FreieWelt.net: Was würde ein Austritt Griechenlands aus dem Euro heute für die Eurozone bedeuten?

Schäffler: Es würde zu einem Disziplinierungseffekt führen. Die Nichtbeistandsklausel, dass keiner für die Schulden des anderen haftet, könnte zumindest künftig wieder wirken. Es wäre die Voraussetzung für den weiteren Bestand der Gemeinschaftswährung.

FreieWelt.net: In der Berichterstattung heißt es, wenn Griechenland aufhört, seien Staatsschulden zu begleichen, würde die EZB die Refinanzierung der griechischen Banken einstellen. Der totale wirtschaftliche Zusammenbruch des Landes samt notleidender Bevölkerung sei dann unabwendbar. Wie bewerten Sie dieses Katastrophenszenario?

Schäffler: Gerade daran hat der Euro-Club kein Interesse. Daher werden die Geldgeber nochmals eine Schippe drauflegen. Nochmals: wer den Austritt und die Insolvenz von Staaten und Banken des Euro-Raums ausschließt, kann fortgesetzt von den Schuldnern erpresst werden. Nur eine Durchbrechung dieser Logik löst das Dilemma auf.

FreieWelt.net: Welche Rolle spielt das Anleihenkaufprogramm der EZB für die Entwicklungen in Griechenland. 

Schäffler: Wenn es auf Griechenland ausgeweitet wird, wovon ich ausgehe, dann kann sich der griechische Staat weiterhin mit kurzfristigen Anleihen am Kapitalmarkt finanzieren. Dann kaufen die griechischen Banken diese Anleihen auf, reichen sie bei ihrer eigenen Notenbank als Sicherheiten ein oder diese kauft sie gleich direkt von den Banken. Ein Perpetuum mobile entsteht, die dauerhafte Staatsfinanzierung durch die Druckerpresse ist geschaffen. Andere Krisenstaaten wollen dann jedoch ihre Haushaltsprobleme auch über diesen Weg lösen. Das wäre eine fatale Entwicklung.

FreieWelt.net: Welches Vorgehen würden Sie der Bundesregierung im Umgang mit der Syriza-Regierung empfehlen?

Schäffler: Kein Geld mehr an Griechenland. Griechenland muss jetzt vor die Entscheidung gestellt werden, ob sie aus dem Euro ausscheiden oder eine Staatsinsolvenz innerhalb des Euro hinlegen wollen.

FreieWelt.net: Andere Protestparteien wie die spanische Podemos hoffen, vom Sieg der Syriza zu profitieren. Müssen wir jetzt in Südeuropa mit einem Linksruck rechnen?

Schäffler: Ja, mit einem Links- und einem Rechtsruck. Die Extreme werden gewählt, weil die Marktwirtschaft und das Recht im EU-Europa beseitigt werden.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: H.von Bugenhagen

Na ist denn das...
Nur noch Erpresser unterwegs,USA gegen Europa,BRD gegen Putin,Erdogan gegen BRD u.s.w.
Ein Leitbild für unsere Jugend und Kinder.

Gravatar: fishman

Die Überschrift ist insofern irreführend, da das Erpressen durchaus eine folgerichtige Einstellung ist gegenüber den Diktaten der Gläubiger zu reagieren. Hierbei gehe ich davon aus, daß die Geldgeber wußten was Sie taten und nun bekommen sollen was sie verdient haben. Die beste aller Lösungen für Griechenland ist die sogenannte Staatspleite und Austritt aus dem Eurodiktat. Staatspleite? Nicht richtig, denn Staaten können sofern sie eine eigene Währung besitzen oder wieder erlangen, nicht Pleite gehen. Die Währung kann nur wertlos gegenüber dem Ausland werden. Außer vorübergehendem Ansehensverlust passiert doch in Wirklichkeit nichts Schlimmeres als was unter der Regide der Troika passiert ist. Griechenland würde in diesem Falle die Drachme wieder einführen und 1 zu eins die noch bestenden Euros in Drachme eintauschen. Auch der Staat bezahlt in diesem Falle alle sein Verpflichtungen im Innland mit den neuen Drachmen. In seinem Handel mit den Importen sieht´s vorübergehend schechter aus, da die Drachme im Ausland wahrscheinlich nur einen geringen Wert besitzt. Das hätte aber zur Folge das Griechenland endlich einmal seine eig.Recourcen wieder und ganz schnell zu Leben erwecken muss, um die Binnlandsnachfrage zu befriedigen. Das schafft Arbeitsplätze und die hohe Jugendarbeitslosigkeit gehörte sofort der Vergangenheit an. Von den einzuführenden vorübergehenden Kapitalverkehrskontrollen ist hier nicht zu reden. So, und dann kann´s langsam wieder aufwärts gehen aber nur mit begleitenden Strukturreformen, angepasst an griechische Verhältnisse. Eine teilweise Schuldenrückzahlung kann man ja den Gläubern dann ebenfalls in Aussicht stellen. Das Ausland wird Griechenland ja nicht fallen lassen sondern im Gegenteil mit richtiger Hilfe zur Seite stehen usw. . Die Angst der Griechen vor diesem Scenario ist ja verständlich. Aber nur aus diesem Grunde wollen sie ja im Euro bleiben. Wer versteht denn, auch hierzulande, schon das Geldsystem und und und. Plötzlich erkennen alle, daß es ja doch wieder ohne Euro und so auch noch viel besser geht. Die Unabhängigkeit ist wieder erlangt und das sich aus der Euroumklammerung ergebene Diktat ist abgeschüttelt, die Kräfte im eigenen Volk werden wieder freigesetzt. Welch herrliche wiedererlange Freiheit! Das ist es worvor die Eurokraten die meiste Angst haben und dessen Ringwirkung. Und deshalb werden sie alles versuchen, bis zum allerletzten Tage vor dem Tag X, Griechenland im Euro zu halten . Und ich finde es ist für Tsipras legitim und klug auch solange auf seinem nach außen oftmals unverständlich wirkenden Weg zu bleiben. " Good Luck" Tsipras.

Gravatar: frohgemut

das die syriza/anel regierung demokratisch gewählt wurde daran besteht kein zweifel aber auch die regierungen der anderen länder sind demokratisch gewählt,mit ihren dauernden zu und absagen hat diese regierung bewiesen das ihnen die griechische bevölkerung egal ist-diese regierung ist so selbstherrlich und denkt sie brauchen sich nicht zu bewegen sondern europa muss sich nur bewegen,aber ein geldgeber kann seine zahlung einstellen und die bevölkerung muss die kompromisslose haltung dieser regierung ausbaden-diese regierung hat angekündigt eine reichensteuer einzuführen und gleichzeitig die reeder davon ausgeschlossen,aber das kommt dabei raus wenn man eine investbank als berater hat-wie die syriza/anel regierung auf die idee gekommen ist sozialprogramme mit hilfe einer investbank durchzusetzen ist mir ein rätsel,oder spekuliert dies regierung auf kosten europas und der griechischen bevölkerung?das könnte man unter dem titel:falsches spiel der syriza/anel regierung verbuchen-

Gravatar: Ceqfmal Qeauglkey

Welcher griechische Politiker handelt im Namen der Griechen? So lautet die eine Frage. Die andere hingegen: Welcher deutsche Politiker handelt im Namen der Deutschen?

Schäuble und Merkel verfügen wohl über ein deutsches Mandat. Aber man hat ihnen, also der CD U samt CSU, dieses Mandat sehr leichtfertig erteilt. Frage: Wissen deutsche Bürger eigentlich, wen und was sie so über die Jahrzehnte hinweg so gewählt haben?

Was Tsipras betrifft, so ist er als vonseiten der Griechen mit einer brandneuen Legitimität ausgestattet worden. Und was fängt er damit an? - Das geht uns eigentlich eine feuchten Staub an.

Uns hat nicht zu interessieren, wie die Griechen herum pfuschen. Wir haben uns vielmehr für unsere eigenen "Murxokraten" zu erwärmen. Wenn wir die Sache der Griechen zu unserer eigenen Angelegenheit deklarieren, müssen wir es uns gefallen lassen, daß man uns als die miserabelsten Republikaner der Welt erachtet.

Weiß der deutsche Michel, welche Nattern er sich an die Brust angesetzt hat. Vermutlich hat er bis zu sich selbst heran den Überblick verloren. Vermutlich? - Nein, es sieht ganz so aus, als ob!

CQ (DD)

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Gravatar: Stephan Achner

"Tsipras erpresst den Euro-Club." - so Herr Schäffler. Das ist typisch deutsche Naivität. Natürlich versucht Tsipras für Griechenland herauszuholen, was er für möglich hält. Er denkt halt in erster Linie an sein eigenes Land. Dafür haben ihn die Griechen auch gewählt. Tsipras kennt die Schwächen der sog. Euro-Rettungspolitik und die der "ehrenwerten Gesellschaft" in Brüssel ganz genau. Zum Erpressen gehören aber immer zwei: Einer, der erpressen will und einer, der sich erpressen lässt.

Gravatar: Alfred

Umschuldung statt Schuldenschnitt, die neue dialektische Wortspielerei für die Verschleierung der verfehlten Europolitik, der politischen Versager in Brüssel.
Es hört sich an wie Hartz 4 für Oligarchen, während die eigentlichen Hartz 4-Empfänger 4 Wochen auf ihre Gelder warten müssen.
Fuck the EU!

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