Interview mit Mathias von Gersdorff

»Katholiken stehen zur Ehe-Lehre der Kirche«

Laien und Kleriker haben eine »Ergebene Bitte an Papst Franziskus über die Zukunft der Familie« gerichtet. Sie wollen, erklärt Mathias von Gersdorff, die katholische Lehre bewahren.

Foto: Wolfram Scheible
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FreieWelt.net: Eine »Ergebene Bitte an Papst Franziskus über die Zukunft der Familie« hat mehr als 225.000 Unterschriften sammeln können. Eine beachtliche Zahl. Sie gehören zu den Organisatoren. Worum geht es da?

Mathias von Gersdorff: Es geht hier um eine sogenannte Umbrella-Action, was in den Vereinigten Staaten sehr üblich ist: Man gestaltet eine Aktion, an der sich jeder – als Person oder als Organisation – entsprechend seinen Möglichkeiten leicht beteiligen kann. Ziel ist es natürlich, möglichst viele zu motivieren, an dieser Aktion teilzunehmen. Wie der Name der Aktion schon sagt, geht es um die Zukunft der Familie. Konkret: um die Verteidigung der Lehre der Kirche über die Ehe und die Familie und um die Angriffe auf diese, beispielsweise durch die Gender-Ideologie.

FreieWelt.net: Wie muss man sich das vorstellen? Wie war die Initialzündung?

Mathias von Gersdorff: Mehrere Persönlichkeiten und Leiter von Pro-Family-Organisationen aus Europa und den Vereinigten Staaten waren erstaunt, wie auf der kleinen Familiensynode vom Oktober 2014, die die »große« Synode im Oktober 2015 vorbereiten sollte, essentielle Punkte der katholischen Lehre über die Ehe, Familie und Sexualität angegriffen wurden, und das wenige Jahre, nachdem diese Lehre im Apostolischen Schreiben »Familiaris consortio« festgelegt worden war. Sehr schnell waren bekannte Persönlichkeiten bereit, einen Appell an den Papst zu richten: Kardinal Raymond Burke, Kardinal Jorge Medina Estevez, Erzbischof Wolfgang Haas, Weihbischof Athanasius Schneider und viele andere. Die »Ergebene Bitte an Papst Franziskus« wird von vier Kardinälen, 22 Erzbischöfen und Bischöfen unterstützt. Es sind natürlich nicht nur Kleriker dabei, sondern auch viele Laien: Rick Santorum, Christa Meves, Professor Wolfgang Waldstein, der Europaabgeordnete Carlo Casini, Johanna Gräfin von Westphalen usw. Die Liste der Persönlichkeiten ist inzwischen sehr lang. (http://www.ergebenebitte.org/personalities-who-have-signed,3229,c.html)

FreieWelt.net: Was ist das kirchenpolitische Ziel der Initiative?

Mathias von Gersdorff: Wir wollen zeigen, dass sehr viele Katholiken auf der ganzen Welt zur Lehre über die Ehe und die Familie stehen. Insofern ist diese Initiative eine Gegenreaktion auf die Versuche aus dem Linkskatholizismus, also von Organisationen wie Wir sind Kirche, linken Theologen und eben leider auch von manchen Bischöfen, die katholische Lehre zu schleifen, zu liberalisieren. Die Linkskatholiken behaupten ja, den Gläubigen sei die Lehre der Kirche zu diesen Themen fremd, doch das stimmt nicht.

Sehen Sie: Die Familie steckt in einer Krise, das kann kaum abgestritten werden. Aufgrund dieser Tatsache rief der Papst eine Synode ein, um über pastorale Ansätze zu sprechen, wie man diese Krise überwinden kann. Linkskatholische Kräfte haben diesen Aufruf missbraucht, um wieder für ihre Agenda zu werben: Liberalisierung der Sexualmoral, Akzeptanz homosexueller Partnerschaften und eben die Änderung der Sakramentenpastoral. Manche dieser Themen, wie beispielsweise die Homosexualität, haben mit der christlichen Ehe gar nichts zu tun. Eigentlich wollen die so genannten Reformkatholiken das Kind mit dem Bade ausschütten. Sie wollen, dass sich die Kirche den gegebenen Verhältnissen anpasst. Sie wollen die Definition der Ehe und die Sexualmoral praktisch abschaffen. Dadurch hätte man die Krise der Familie wegdefiniert. Denn aus katholischer Perspektive gibt es ja gerade eine Krise, weil viele Menschen nicht mehr nach der katholischen Lehre leben.

FreieWelt.net: Ist es nicht ein bisschen seltsam, wenn sich Gläubige in Sachen Glaube und Moral an den Papst wenden?

Mathias von Gersdorff: Es wäre seltsam, wenn wir vom Papst oder von der Synode die Veränderung einer klar definierten Glaubenswahrheit wollen würden, als ob er oder sie das überhaupt tun könnten. Die »Ergebene Bitte« weist auf Gefahren für den Glauben und für die Moral hin. Hier dürfen sich sehr wohl die Gläubigen an den Papst wenden. Das ist ja nur logisch: Er kann ja nicht alles wissen. Insofern ist es für ihn hilfreich, wenn Gläubigen ihn zu Hilfe rufen. Dies muss natürlich in respektvoller Art und Weise geschehen. Nicht wie die anmaßenden Pamphlete von Wir sind Kirche und anderen.

FreieWelt.net: Ist das eine rein katholische Aktion?

Mathias von Gersdorff: Der Appell ist an den Papst gerichtet, doch es kann natürlich jeder unterschreiben. Unter den Unterzeichnern gibt es auch evangelische Christen. Es wäre wünschenswert, dass diese Aktion auch außerhalb des katholischen Milieus Resonanz hat, denn die Themen, die da angesprochen werden, gehen alle etwas an, zum Beispiel die Gender-Indoktrination oder die Gleichsetzung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe. Die katholische Kirche hat zu diesen Themen einen sehr deutlichen Standpunkt. Wenn dieser Standpunkt aber von Aussagen wie denen mancher deutscher Bischöfe geschwächt wird, hat das Auswirkungen weit über die katholische Kirche hinaus.

FreieWelt.net: Wie wurden diese Unterschriften gesammelt? Über das Internet?

Mathias von Gersdorff: Am Anfang schon, doch die Viralisierung hat natürlich seine engen Grenzen. Schätzungsweise beteiligten sich 25 Prozent über das Internet. Viele Unterschriften wurden auf der Straße gesammelt, oft gegenüber von Pfarreien, wie beispielsweise in Polen. Dort nehmen sehr viele Menschen am Appell teil. Insbesondere in Polen ist man entsetzt darüber, dass so wenige Jahre nach dem Tod von Johannes Paul II. die Lehre über die Ehe dermaßen stark angegriffen wird. Viele Unterschriften kommen auch aus den Vereinigten Staaten, wo die Bereitschaft, sich an solchen Initiativen zu beteiligen, traditionell sehr hoch ist, und Brasilien, dem Land mit der größten katholischen Bevölkerung. Allerdings möchte ich unterstreichen, dass von überall Unterstützung kommt, wie man auch an den Namen der Persönlichkeiten leicht ablesen kann, also auch aus Afrika, Asien und Australien.

FreieWelt.net: Und wie geht es weiter?

Mathias von Gersdorff: Wir erkennen noch keine Ermüdungserscheinungen. Deshalb sind wir zuversichtlich, dass wir einige Hunderttausende von weiteren Unterschriften noch bekommen. Gerade sind äußerst schlechte Stellungnahmen vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken und der Schweizer Bischofskonferenz erschienen. Im Wesentlichen fordern sie, dass die Kirche ihr Verständnis über Ehe und Sexualität den Maximen der sexuellen Revolution à la 1968er anpassen soll. Die Menschen, die die »Ergebene Bitte« unterschreiben, befürchten, dass solche Strömungen Einfluss gewinnen könnten. Es ist bezeichnend, dass solche Stellungnahmen gerade von Ländern kommen, in denen sich der Glaube in Luft auflöst, doch die Kirche dennoch sehr reich ist.

FreieWelt.net: Danke für das Gespräch.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Karl Brenner

Ich halte die Position der kath Kirche zur Ehe langfristig für sehr vernünftig.
Wenn das Feuer verbrannt ist, wird es immer zu einer Zweckgemeinschaft kommen.
Und dann zählt der Umgang. Und die Ehe schafft vertrauen.

Ich würde sogar dazu raten, den Ehebruch als Straftat per Gesetzt zu bestrafen-

Gravatar: Karl Brenner

Die Ehe als Sakrament idt vernünftig.
Man hat bei BP Wulff gesehen, was passieren kann.
Je höher eine Seite steigt, so größer werden die "Ansprüche" and eine passende "Zierpflanze"
Das steht der Menschlichkeit entgegen. Einer verliert bei diesem Spiel.
Und die Kinder leiden am meisten.

Aber nachdem der Schnäpchenpräsident Wulff abgesetzt werden musste, haben wir nun einen Biundespräsidenten, der den Bürger einen konstanten Eheburch vor Augen führt. Eine unglaubliche Situation, welche Fr Merkel und die FDP zu verantworten haben.

Ein wichtiger Schritt zu mehr Vertrauen in dieser Gesellschaft wäre esm wenn man den Ehebruch als Verbrechen per Gesetzt bestrafen würde. Dann wäre auch schnell eine groé Anzahl der Parlamentsprostituierten, welche der deutsche Steuerzahler bezahlen muss, verschwunden.

Gravatar: Thomas Waibel

Die Kirche kann und muß reformiert werden, aber unter Beibehaltung des Glaubens, zu dem die Tradition gehört.

Dagegen bekennt sich die "Konzilskirche" zur Häresien, wie das "Recht" auf Religionsfreiheit, Ökumenismus und Kollegialismus.

Die Konzilskirche ist nicht die reformierte katholische Kirche, sondern die modernistische Sekte, die sich auf dem "Konzil" von der wahren Kirche abgespaltet hat.

Gravatar: Thomas Waibel

Das Interview zeigt, daß Herr Mathias von Gersdorff nicht in der Kirche ist, sondern in der modernistischen Sekte von Bergoglio. Damit ist dieser Herr verdächtigt nicht katholisch zu sein.

Gravatar: Magnus Lux

Wie einfach es sich doch manche Leute machen: Sie bauen Pappkameraden auf, schießen sie dann ab und feiern sich als Helden. Ich greife nur ein Beispiel heraus: "Gerade sind äußerst schlechte Stellungnahmen vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken und der Schweizer Bischofskonferenz erschienen. Im Wesentlichen fordern sie, dass die Kirche ihr Verständnis über Ehe und Sexualität den Maximen der sexuellen Revolution à la 1968er anpassen soll." Herrn von Gersdorff verunglimpft das notwendige aggiornamento, das Heutig-Werden des Glaubens, wie es der Konzilspapst Johannes XXIII. gefordert hat, als Anpassung an den Zeitgeist. Lehr-Formeln, die in ihrer Zeit sinnvoll und richtig waren, erweisen sich heute nur zu oft als Leer-Formel, weil sie keiner mehr versteht. "Die Kirche ist immer reformbedürftig", heißt eine alte Überzeugung. Jede Reform muss die Botschaft von Jesus, dem Christus, verstehen, in die heutige Zeit übertragen und vorbildhaft leben. Glauben ist nicht ein Für-wahr-Halten von Sätzen! Glauben bedeutet: Im Vertrauen auf die Geistkraft Gottes die Botschaft der Liebe Gottes, die niemanden ausschließt, in die Welt von heute tragen.

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