Verschweigen, verleumden: Der Krieg der Worte

Im Feuilleton der FAS vom 3. April gab es eine Überraschung. Es ist neu, dass die etablierte Presse zugibt, um die Deutungshoheit über die Begriffe kämpfen zu müssen. Bislang war das kein Problem: Wer „Rassist“ oder „islamophob“ sei, hat der links-grüne Mainstream bestimmt.

Veröffentlicht:
von

Unter dem Titel „Das Wörterbuch der neuesten Rechten“ wurden die Begriffe „Das Eigene“, „Genderwahn“, „Geschichte“, „Hypermoral“, „Islam“, „Legitimität“, „Lügenpresse“, „Rasse“, „Realität“, „Thymos“, „Vereinigte Staaten“ und „Widerstand“ besprochen. Dies natürlich polemisch, obwohl meines Wissens erstmalig rechte Autoren wie Thor von Waldstein oder Martin Lichtmesz nicht als komplette Vollidioten dargestellt wurden. 

Die Tendenz der von mehreren Autoren verfassten „Klärungsversuche“ ist so offenkundig, dass einfache Lektüre genügt. Nur kurz will ich einige Beispiele für ihre Technik bringen. So wird bei „Genderwahn“ zum Begriff des „Wahns“ geschrieben, dass dieser Begriff prinzipiell unklar sei. Nun handelt es sich bei „Wahn“ im weitesten Sinne um ein psychiatrisches Krankheitssymptom, und man könnte kritisieren, dass Menschen, die das Genderkonzept vertreten, pathologisiert werden. Darauf geht der Autor aber nicht ein, denn sonst müsste er ja anerkannte linke Begriffe wie „Islamophobie“, die schon lange und hemmungslos Menschen mit einer kritischen Einstellung zum Islam pathologisieren, ebenfalls diskutieren - und das soll ja nicht sein.

Interessant ist bei den Stichworten „Das Eigene“ und „Islam“, dass die Autoren einen Widerspruch innerhalb der Rechten sehen darin, dass für diese auch der Liberalismus zu den Feinden zähle; dies würde sowohl ein Problem mit der Identität als auch mit der Islamkritik geben. Der rechte französische Schriftsteller Richard Millet hat darauf eine zufriedenstellende Antwort gegeben (in seinem Buch „Verlorene Posten“). Das wird selbstverständlich nicht behandelt; vielleicht ist es auch nicht die Aufgabe der FAS, zuviel zu klären.

Perfide wird es aber so richtig beim Begriff „Vereinigte Staaten“. Dort könnte von der Sorge um die wohl geplanten „Vereinigten Staaten von Europa“ die Rede sein, ist es aber nicht. Es geht um die USA und den Wall Street-Kapitalismus - ein potentiell ernstes Thema. Der Autor holt aber den Nazivorwurf 'raus: „Das Geld, der große Gleichmacher, ist das Gift, der wahre Gegner sitzt in Amerika, genauer: in jener Wall Street, von wo aus der »Weltkapitalismus« gesteuert wird. Schon klar, wer gemeint ist.“ Natürlich sind damit „die Juden“ gemeint - eine reine Unterstellung. So geht Verleumdung.

Allen Lesern empfehle ich ein Buch, das ich gerne verschenke - es kann nicht weit genug verbreitet sein. Ich meine Manfred Kleine-Hartlages „Die Sprache der BRD“, erschienen bei Antaios. Darin werden die Worthülsen der deutschen Politik und Presse analysiert, und zwar hervorragend. Natürlich aus rechter Position. Aber aus welcher Position könnte denn der links-grüne Mainstream sonst kritisiert werden? Die Kritik ist auch unterhaltsam. Wer bei Kleine-Hartlage liest, was unter „Offenheit“ und „Zeichen setzen“ wirklich zu verstehen ist, wird schmunzelnd klüger. Und gewappneter gegen die Zumutungen des linken Diskurses.

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: P.Feldmann

Danke, Herr Kovacs, dass Sie auf diese Sternstunde der FAZ aufmerksam machen. Es ging mir beim Überlesen genau wie Ihnen. Die propagandistische Machart konterkarriert jeden kritischen intellektuellen Anspruch, den die Autoren vorgeben zu haben.

Selbstverständlich kommt nun eine Zeit, in der die Kritischen die Definitionshoheiten den Ideologen, denen kaum einer noch glaubt, aus den Fingern nehmen werden.
Selbstverständlich ist die Arbeit der nächsten Jahre eine Restauration der instrumentalisierten Begriffe und Ideen. Selbstverständlich muss der Entkernung und Entwertung nun eine Bewertung und Aufkernung erfolgen.

Die FAZ kratzt hier leider polemisch am falschen Türpfosten und wird aller Wahrscheinlichkeit nicht mehr zu denen gehören, denen man noch zuhört.

Gravatar: Diederich Heßling

"Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen, und jeder geht zufrieden aus dem Haus."

Dieses Zitat aus Goethe's Faust kam mir spontan in den Sinn.
Dieses ganze Geschwurbel des links-grünen mainstreams hat meiner Meinung nach nur den Sinn, auch noch den letzten Bundesdeutschen (von der Wiege bis zur Bahre) auf Linie zu bringen.
Denn wie schon Goethe sagte, man muß nur genug hervorbringen um allein durch die Quantität auch noch den letzten zu "überzeugen".
Man merkt es an sich selbst, es wird immer schwieriger, sich sein eigenes (Welt-)Bild zu schaffen bzw. zu erhalten.
Obwohl ich seit 20 Jahren kein Fernsehgerät mehr habe und auch seit Jahren Medienabstinenz in Form von "mainstream"-Zeitungen und -Zeitschriften betreibe wird die freie Meinungsbildung und -äußerung täglich schwieriger.
Lediglich im - vor allem osteuropäischen - Ausland kann man noch etwas durchatmen. Ich hoffe, das es dort auch so bleibt, bin allerdings eher zuversichtlich.
Wie es mit Deutschland in Zukunft weitergehen soll ist mir allerdings völlig schleierhaft.

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang