God save Europe, not the Euro!

Bei den Olympischen Sommerspielen 2012 haben sie es gezeigt: Die Briten sind stolz auf ihr Land - und das nicht zu Unrecht. Indes entpuppt sich der Euro als Spaltpilz. Und er entfremdet nicht nur die Briten von uns.

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Die Olympischen Sommerspiele von London haben nicht nur die Solidarität unter Engländern, Schotten und Walisern als Angehörige der britischen Nation befördert. Sie sind auch ein letzter Weckruf für unsere frankophilen Euromantiker, die einen zentralistischen Eurozonenstaat ohne Großbritannien anstreben. Schon die Fernsehübertragungen zum diamantenen Kronenjubiläum von Elisabeth II haben gezeigt: Mit „God save the Queen“ wurde nicht nur die Königin gefeiert, sondern die ganze Nation. Auch bei der gestrigen Abschlussfeier für die Olympischen Spiele feierten die Briten sich selbst. Hat jemand bei diesen Feierlichkeiten die Europaflagge vermisst?

Die Briten sind stolz auf ihr Land. Und haben sie nicht allen Grund dazu? Ob in strategischen Fragen, wie bei Winston Churchill’s Standhaftigkeit gegenüber Adolf Hitler oder bei scheinbaren Schrullen, wie dem Linksverkehr: Sie blieben immer „british“. Ob mit der angeblich unsozialen angelsächsischen Version ihrer Marktwirtschaft oder dem Mut, mit dem sie regelmäßig Flagge in der Außenpolitik zeigen: Sie haben ihre Eigenständigkeit bewahrt. Britische Beamte bleiben auch weiterhin Vorbild an gesundem Menschverstand, Eigenverantwortung und Wettbewerbsgeist in Brüssel, wo zunehmend Selbsttäuschung, Gleichmacherei und Sozialismus um sich greift. Wie groß muss das Selbstbewusstsein einer Nation sein, das sich vor über einer Milliarde von Fernsehzuschauern selbst so auf die Schippe nehmen kann? Selbstredend, dass man in Großbritannien auch am Britischen Pfund als eigener Währung und an einer eigenen Bank of England festhält.

Beim Verfolgen der eindrucksvollen Bilder aus London kam mir die Frage in den Sinn: Sind sich unsere fanatischen Euroromantiker eigentlich bewusst, dass sich der Euro nicht nur immer mehr zu einem Spaltpilz innerhalb der Eurozone entwickelt, sondern auch den Graben zwischen den Ländern der Eurozone und den Nichteuroländern - wie Großbritannien - verbreitert? Wollen wir unser Schicksal wirklich immer enger mit dem Schicksal des zunehmend ausgabefreudigen, staatsgläubigen und sozialistischen Frankreichs verbinden und uns dadurch von den Briten immer weiter entfernen?

Der Euro entfremdet nicht nur die Briten

80% der Briten lieben ihre Königin, dafür lehnen 95% von ihnen den Euro ab. Das eine muss mit dem anderen nichts zu tun haben. Aber es stellt sich die Frage: Meint Wolfgang Schäuble wirklich, dass die Briten große Lust darauf haben, wie von ihm vorgeschlagen, den Präsidenten der europäischen Kommission vom Volk wählen zu lassen und somit „über“ ihre Queen zu stellen? Jetzt fehlt nur noch sein Vorschlag, die Eurozone mit einer eigenen Olympiamannschaft antreten zu lassen. Merkt denn niemand in Berlin, dass als Nebenprodukt ihrer Eurorettungspakete (zu unseren Lasten) auch der Kanal zwischen Calais und Dover immer breiter wird?

Der Euro entfremdet nicht nur die Briten von uns. Auch die Vogelfluglinie zwischen Schleswig-Holstein und Skandinavien wird immer länger. Kaum ein Däne will noch den Euro. Kämpfte zur Zeit der Einführung der Währungsunion die schwedische Industrie „wie ein Mann“ für den Euro, lehnen ihn dort inzwischen 73% der Unternehmer und 91% der Bevölkerung ab. Die Norweger lachen sich tot bei der Vorstellung, ihre Krone gegen den Euro eintauschen zu müssen.

Vor kurzem erzählte mir der tschechische Präsident Vaclav Klaus, dass es auch in seinem Nichteuro-Land keine nennenswerte politische Kraft mehr gibt, die noch für den Euro votiert. Selbst in Bulgarien gibt es in der Bevölkerung keine Mehrheit mehr für den Euro.

Von den Olympischen Sommerspiele 2012 kommt ein Weckruf aus London: God save Europe, not the Euro!

Beitrag erschien zuerst auf handelsblatt.com

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: J.S.

Ich unterstelle den Briten mal, dass sie aus ganz anderen Gründen den Euro bewusst von vorne herein nicht übernommen haben, besteht doch ein Bündnis zwischen UK und den USA. Allen britischen Charakterzügen zum Trotz, denke ich, dass wohl Großbritannien einer der Nutznießer sein wird, wenn der Euro fällt, sie also ein Interesse an einer Euro-Krise haben. Ich beziehe mich dabei auf den Inhalt des Vortrags von Prof. Dr. Christian Kreiß an der Hochschule Aalen. Andere Quellen lassen an UK imperialistische Ziele auch im Nahen Osten erkennen, wobei sie mit den USA in guter Gesellschaft sind.

Gravatar: Crono

Herr Henkel, ein Volltreffer. Danke!!
Grüße aus Frankfurt am Main, nicht nur von einem deutschen Bundesbürger sondern auch von eine Deutschen. Warte ungeduldig auf Ihr Auftritt in den Maßmedien!

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