Mauer- und Trauerfall

Die Bundesregierung bewirbt die aktuellen Feierlichkeiten zum 30. Jahrestag des Mauerfalls am 09. November 1989 mit einem ganz eigenen Framing: „Deutschland ist eins: vieles.“ (Link: deutschland-ist-eins-vieles.de ).Das soll uns wohl subtil schon wieder die tägliche Dosis Multikulti-Vielfalt unterjubeln. Dabei wird dann bei den Plakaten, vom Gartenzwerg bis zur weißen Socke, auch kein dummes Klischee ausgelassen, warum etwas z.B. sooo deutsch sei.

Veröffentlicht:
von

Man spürt, die Macher der Kampagne tun sich mit Deutschland schwer. Aber vermutlich sind auch sie Deutsche, denn gerade das „sich mit Deutschland schwer tun“ – das ist sooo deutsch.Richtigerweise müsste ihre Kampagne aktuell heißen: „Deutschland ist eins: gespalten.“Aber diese Diskussion dazu will man wohl jetzt zur Wiedervereinigungsfeier gerade nicht führen.Dabei war ja auch schon die DDR-Bevölkerung 1989 gespalten, selbst unter Teilnehmern der gleichen Demonstrationen.

Ich war damals 27 Jahre alt und in Berlin aktiv dabei. Es gab in meiner Erinnerung in der DDR eigentlich drei unterschiedliche Gruppen:
1. Die alte SED-Nomenklatura, Alt-Sozialisten und ihre Profiteure, deren Macht schnell zerfiel, da sie keinen großen Bruder mehr im Rücken hatten, aber die man immer noch auf dem Schirm hatte
2. Reformsozialisten (Sozialdemokraten), die von SED-Genossen bis zu den Bürgerrechtlern reichten
3. Bürger, die eigentlich nur in Ruhe und passabel leben wollten und dazu die BRD der DDR nun vorzogen, da ihr Vertrauen gegen Gruppe 1 und 2 inzwischen auch äußerst gering war.

Es war die zahlenmäßig stärkste Gruppe und selbst wenn sie dann von der damaligen BRD-Regierung wohl mutmaßlich aus dem Westen mit Aufklebern (Wir sind EIN Volk!) und schwarz-rot-goldenen Fahnen unterstützt wurden, schmälert das nicht die eigenständige Bedeutung dieser Gruppe. Nur mit Fahnen und Aufklebern kann man keine Bewegung erzeugen.

Anders als die prominenten Vertreter der Gruppe 1 oder 2 sitzen Vertreter der Gruppe 3 heutzutage aber in keiner Talkshow, da sie schlicht nicht prominent waren, sondern „nur“ Masse ohne Führung. Gruppe 1 und 2 finden Gruppe 3 nur peinlich. Ich dagegen finde heute die Gruppen 1 und 2 bei ihren Talkshow-Auftritten peinlich, wenn sie einer besseren linken DDR hinterher weinen.
1989 gehörte ich übrigens auch zur Gruppe 2, soviel Aufrichtigkeit muss sein.

Heute möchte ich aber der Gruppe 3 nochmal nachträglich danken, dass das mit der guten, wahrhaftig sozialistischen DDR spätestens ab der letzten DDR-Wahl am 18. März 1990, doch nicht mehr geklappt hat. Die Bürgerrechtler-Parteien (Bündnis 90 und Grüne Partei) lagen dann zusammen nur bei 4,9% (Link: www.wahlrecht.de/ergebnisse/volkskammerwahl-1990-a.htm). Bei ihnen war der Mauerfall von Anfang an ein Trauerfall, - einer der als Phantomschmerz bis heute anhält. Das viele dieser Bürgerechtler z.B. die AfD bekämpfen, ist vor diesem Hintergrund eigentlich logisch.

Wenn man nun statt der drei nur zwei Gruppen bilden wollte, dann könnte man sagen: Es gab die Bürger, welche die DDR, ob nun mit oder ohne Reform, behalten wollten und es gab die Bürger welche, egal ob nun mit oder ohne Reform, schnell Bundesbürger werden wollten, aber nicht wie früher, indem sie ihr Land verlassen mussten, sondern indem ihr Land sich einfach der Bundesrepublik anschloss.

Am 9. November 1989 hatten die SED-Machthaber dem Druck der Demonstrationen der ostdeutschen Bevölkerung nachgegeben und ein neues Reisegesetz verabschiedet, das den Untertanen nun auch ohne vorliegende Gründe gnädig die Ausreise erlaubte. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

Offensichtlich war von Schabowski und seinen Genossen in dieser chaotischen Form keine Maueröffnung geplant, aber sie war der eigentliche Beginn der deutschen Wiedervereinigung, die dann am 03. Oktober 1990, also ca. ein Jahr später, offiziell abgeschlossen wurde.

An dieser Stelle muss man noch mal einer Gruppe danken, die sonst auch gerne vergessen wird: Den unteren Chargen der Grenzorgane der DDR. Die hatten kaum Anweisungen von oben, wie sie sich am 9. November 1989 verhalten sollten. Sie haben dann lokal auf unterer Ebene entschieden, nicht auf das eigene Volk zu schießen. Das war angesichts der Befehlslage alles andere als selbstverständlich. Es lehrt uns, das für das Volk, wenn es hart auf hart kommt, eine Volksarmee immer besser ist, als eine multinationale bzw. Söldner-Armee und das Deutsche, entgegen dem Klischee, sehr oft mehr als nur dumpfe Befehlsempfänger sind.

Die Spaltung unseres Landes verläuft heute viel weniger an der alten deutsch-deutschen Grenze, alsvielmehr an der Frage: Wollen wir uns national (als souveräner Nationalstaat mit Grenzen) oder international (nur als weltoffener EU-Bestandteil) organisieren.

Spätestens seit den Wahlerfolgen der AfD in Sachsen, Brandenburg und Thüringen wird der Ossi, das unbekannte Wesen, wieder gern als große Gruppe schlecht gemacht.

Es dominiert in den Mainstream-Medien eine Mischung aus bestenfalls väterlichem Verständnis für Abgehängte und der Anklage, dass man ja so viel Förderung bekam und nun zum Dank „falsch“ gewählt hätte.

Klar, es gab und gibt Abgehängte im Osten und klar, gab es in den vergangenen 30 Jahren oft auch wirtschaftlichen Betrug und Herabsetzung von Ostdeutschen. Doch im Vergleich zu all den anderen ex-sozialistischen Ländern in Osteuropa können wir doch von Glück sagen, dass man mit "Onkel Helmut" im Durchschnitt noch relativ weich gefallen ist.

Mit den deutschenfeindlichen Grünen oder SPD-Bedenkenträger-Lafontaine als Kanzler hätte das so vermutlich nicht geklappt. Es ist nun mal so, wie es gekommen ist, - was soll es bringen, den Blick ständig nur zurück auf die DDR zu richten? Sie hatte sich historisch überlebt und die meisten Ossis wollten 1989 eine Wende.

Heute geht es um was anderes: Der Ossi ist zwar gastfreundlich, aber im Unterschied zur Mehrheit im Westen ist er größtenteils nicht so doof, den Alt- Parteien in der Frage der Zuwanderung und nationalen Souveränität noch länger zu vertrauen. Nur deshalb sind die Wahlergebnisse so wie sie sind. Das will nur kaum einer wissen.

Wir sollten das Gemeinsame betonen und uns durch die Medien nicht spalten lassen. Wir Deutschen haben unsere gemeinsame Geschichte und da spielt der 9. November als Schicksalstag der Deutschen eine ganz besondere Rolle, um daran zu erinnern, dass Demokratie nicht selbstverständlich ist.

Zwar wiederholt sich Geschichte nicht direkt, aber es gibt heute neue, andere Gefahren für die Demokratie. Während die Linken nur auf Grund der demokratischen AfD-Erfolge ein neu aufbrechendes 3. Reich beschwören, können wir ganz andere Gefahren sehen: Angefangen von einer satten Bevölkerung, die Politik nicht mehr wirklich interessiert, über sich weitgehend selbst gleichschaltende Medien, bis hin zu den Politikern und heute Mächtigen, die mit ihrem Parteienkartell ( de.wikipedia.org/wiki/Kartellparteien ) den Staat für ihre speziellen Zwecke zu einer Postdemokratie umbauen wollen und so z.B. immer mehr Macht weg von parlamentarischer Kontrolle hin zu supranationalen Organisationen, wie der EU verlagern wollen.

Ein Gegengift dazu wäre der Erhalt kleiner Strukturen, wie es Nationen nun mal sind. Nur in solchen Strukturen ist auch direkte Demokratie möglich, die in unserem Grundgesetz Art. 20(2) sogar auf Bundesebene schon vorgesehen ist, deren Einführung aber von all den etablierten Parteien mit fadenscheinigen Begründungen (z.B. die einfache Bevölkerung sei noch nicht reif dafür) immer noch abgelehnt wird. Der 9. November mahnt uns: Demokratie ist kein Naturzustand. Sie muss stets aufs Neue erkämpft werden. Darum: Bleiben wir wachsam!

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Alexander Achtstätter

Es ist doch immer wieder putzig!
Die Geschichten von ach so tollen Mitmenschen, die während des zweiten Welkrieges ihre Verfolgten im heimischen Keller vor dem Zugriff böser Nazis schützten, sind mitlerweile derart ausgelaugt dass selbst der hartgesottenste Gutmensch genervt mit den Augen rollt.
Diese Phänomen wiederholte sich nach dem Fall der Mauer, kaum ein Z-Promi der nicht im Widerstand gegen das sozialistische Regime war !?

Gravatar: Helmut Sch.

ja, der Erfolg hat viele Väter, nur der Mißerfolg ist ein Waisenknabe. Nun wollen alle aktiv dabei gewesen sein..... Und die Geschichte umdeuten- das wird immer gemacht.

Gravatar: die Vernunft

Ersteinmal ging das Volk der DDR auf die Straße, um das seit Honecker eingefrorene politische System aufzubrechen. Das sich, auf Grund des Humanismusses der damaligen sowjetischen Führung, die Chance auf den Zusammenschluß der beiden deutschen Staaten bot, war eine glückliche Fügung für den Westen. Danach kam, was kommen mußte, das sozialistische Lager brach auseinander.
Die DDR- Bürger wußten nicht, was die so genannte deutsche Einheit heißt. Sie kannten nur die deutsche (West-) Mark und die fetten Autos. Sie wußten nicht, das nach dem Zusammenschluß des noch existenten Deutschlands, dieses seinen Status als unser Vaterland in Ost und West verlieren würde. Sie wußten nicht, das die Bundesregierung im Auftrag der Globalisten das deutsche Volk aktiv umvolken wird. Die Freude an der D- Mark verflog schnell! Die Arbeit brach fast überall weg, die meisten Familien wurden zum Auswandern gezwungen. Dafür kamen fast immer mehr Fremde ins Land, und mit ihnen Kosten, Terror und Kriminalität. Das Gesicht und der Erfolg Deutschlands soll vernichtet werden, erst kommen die Invasoren ins Land, dann in die Betriebe! Der gute Ruf deutscher Arbeit soll in den Dreck getreten werden. Der Abstieg hat seine volle Fahrt aufgenommen!

Was die russisch- sowjetische Seite betrifft, so behandelten die Amerikaner so, wie die Indianer. Alle Versprechen wurden gebrochen, die Nato wurde mehr und mehr nach Osten ausgedehnt, jede Aktion, Rußland einzukreisen, wurde genutzt. Nach Deutschland soll jetzt Rußland zertreten werden, doch Rußland sieht die Gefahr! Durch ein Bündnis mit China sind sie unangreifbar! Diesmal werden die Globalisten unterliegen, sollten sie es wagen, ...!

Gravatar: Ekkehardt Fritz Beyer

„Mauer- und Trauerfall“ ...

Weil der „Mauerfall“ ausgerechnet vom Osten herbeigeführt wurde, es aber dort nun ein Problem mit völkischem Denken gibt, „das sich auch in den Erfolgen der AfD zeigt“ und es im Westen zugleich eine weit verbreitete Arroganz gibt, „die fünf nicht mehr sonderlich „neuen“ Bundesländer auf dieses Problem zu reduzieren“???
https://www.abendblatt.de/meinung/article227257823/Deutsche-Zweiheit-29-Jahre-nach-der-Wiedervereinigung.html

Zum Problem zwischen West, Ost und Deutschland eine kleine Episode am Rande:

Einst stritten sich ein US-Amerikaner, ein Russe und ein Deutscher.

Sagte der Ami: „Wir haben den besten Gummi“ ...
„Ich probierte unseren amerikanischen Kaugummi. Der allerdings blieb beim Ausspucken zusammen mit mir am WTC hängen.
Meine Kameraden mussten den gesamten Komplex sprengen, um mich zu retten“!!!

Der Russe entgegnete dem Ami:

„Unser Gummi ist ´wesentlich` besser!

Mit unserem Sprühgummi können wir eure Atom-Raketen schon im Anflug auf unser Land derartig einnebeln, dass eine Explosion durch den dadurch entstehenden Kokon letztlich ausgeschlossen ist!

Der Deutsche allerdings toppte natürlich wiedermal alles, als er preisgab:

„Von der Plattform unseres Fernsehturms in Berlin sprang ein Bundeswehrsoldat ohne Fallschirm. Der Mann ist zwar Tod, die von ihm getragenen Gummistiefel aber sind noch wie neu“!!!

Gravatar: Grizzly Adams

Wer glaubt der Mauerfall vor 30 Jahren hat nur was mit den Montagsdemos zu tun der glaubt auch, das Zitronenfalter Zitronen falten können.
Da waren wieder die berühmten Sandmännchen der Politiker und der ganzen Medien am Werk.

Gravatar: Sting

SO VIEL ZU DER WAHRHEITSLIEBE DER USA
-
Sprecherin des State Department erklärt in welcher Mission Secretary Pompeo diese Woche nach Deutschland kommt:
Um die "entscheidende Rolle" der USA bei Wende und Wiedervereinigung zu betonen" .......... wie nun?
-
Der ehemalige US-Außenminister James Baker hat am Mittwoch bei einem Auftritt in einer Universität von Georgetown über die Berliner Mauer gesprochen. Der US-Geheimdienst hatte damals Baker zufolge nichts von dem bevorstehenden Fall der Mauer geahnt.
-
Die Antwort ist kurz – "nein. Für uns war das genauso eine Überraschung… Soweit ich weiß, verfügten wir davor über keine Hinweise, keine geheimen Informationen..“
-
ICH SAGE JEDENFALLS "DANKE AN RUSSLAND"

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang