Nahostkrise und Terrorismusbekämpfung

USA bereiten Pläne für neue Luftschläge gegen den IS in Libyen vor

Pentagon, Weißes Haus und State Department prüfen alle Optionen, in Libyen militärisch den IS stärker zu bekämpfen. Tunesien befürchtet unterdessen ein Übergreifen des Konfliktes auf das eigene Land.

Foto: Expert Infantry / flickr.com / CC BY 2.0
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Wie aktuell die New York Times berichtete, hat das Pentagon dem Weißen Haus neue Pläne für militärische Optionen im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ (IS) in Libyen präsentiert. Dazu würden unter anderem Luftschläge gegen terroristische Trainingscamps, Kommandozentralen des IS, Munitionsdepots und militärische Ziele der Terrormilizen zählen. Rund 30 bis 40 Ziele habe man für potentielle Luftschläge ausfindig gemacht, heißt es.

Die Entwicklung des IS in Libyen sei neben dem Zentrum der Terror-Organisation in Ost-Syrien und Nordwest-Irak die gefährlichste. Ziel sei es, mit Luftangriffen den Weg für die vom Westen unterstützten libyschen Regierungstruppen und säkularen Kräfte freizubomben. Insgesamt haben fünf offizielle Vertreter des Pentagons die streng vertraulichen Details der militärischen Optionen dem Weißen Haus erläutert. Die fünf Vertreter seien aus Sicherheitsgründen gegenüber der Öffentlichkeit anonym geblieben, berichtet die New York Times.

Bei einem grundsätzlichen Sicherheitstreffen habe der Verteidigungsstaatssekretär Ashton Carter am 22. Februar die Top-Sicherheitsberater von US-Präsident Obama über die Optionen informiert. Diese Pläne seien aber aktuell noch nicht endgültig abgesegnet, weil die Obama-Administration zurzeit weitere diplomatische Optionen prüfe.

Dennoch hält sich das US-Militär für den nächsten Schlag bereit. US-Präsident Obama hatte bereits am 25. Februar verkündet, man werde die Gefahr des „Islamischen Staates“ (IS) mit allen Mitteln bekämpfen, wo immer er sei.

Allerdings gebe es noch, berichtet die New York Times, Differenzen zwischen den lang- und mittelfristigen Zielen des US-Afrika-Kommandos und dem „Joint Special Forces Command“. Einige Offizielle des State Departements (US-Außenministeriums) befürchten, dass die Luftschlagoffensive die Pläne der Vereinten Nationen (UNO) vereiteln könnte, in Libyen aus den unterschiedlichen politischen Fraktionen eine einheitliche Regierung zu formen.

Die diplomatischen Verhandlungen sollen nicht gefährdet werden

Es gebe Pläne, so heißt es, für eine Art Balance-Akt aus militärischem Durchgreifen und diplomatischen Verhandlungen, um den politischen Einigungsprozess in Libyen voranzubringen. Die USA würden gemeinsam mit ihren dortigen Alliierten Großbritannien, Frankreich und Italien agieren. Auf jeden Falle wolle man nicht abwarten und zusehen, wie sich der IS in Libyen weiter ausbreitet, bis er zu stark sei für eine akzeptable militärische Aktion.

General Joseph F. Dunford Junior, Vorsitzender des „Joint Chiefs of Staff“ resümierte, dass man bereit sei, den politischen Prozess, dort wo nötig, mit militärischen Operationen gegen den IS zu flankieren. Würde man zu lange warten, so meinte er sinngemäß, würde diese Strategie risikoreicher werden.

Die aktuelle Entwicklung in der Planung basiert auf neu gewonnen Informationen über die Lage des IS in Libyen sowie über Möglichkeiten, vor Ort libysche Partner für die Operationen zu gewinnen. Noch vor einem halben Jahr sah die Situation anders aus, weil man noch zu wenige Hintergrundinformationen für eine konkrete Planung hatte.

Großbritannien hat bereits angekündigt, Militärberater nach Tunesien zu senden. Italien hat den USA offiziell die Erlaubnis erteilt, militärische Drohnen über Sizilien fliegen zu lassen. Vereinzelte Luftangriffe der US-Air Force werden schon jetzt geflogen. So hat man letzten im Monat ein IS-Trainingscamp 50 Kilometer westlich von Tripolis bombardiert.

Die Situation in Libyen wird vornehmlich durch die Spaltung in zwei Regierungen erschwert, von denen eine ihren Sitz in Tripolis und die andere ihren Sitz in Tobruk hat. Der deutsche Diplomat Martin Kobler leitet dort die UN-Verhandlungsmission, die sich bemüht, die Differenzen zwischen beiden Gegenregierungen auszuräumen. Kobler und weitere Diplomaten warnten davor, dass ein zu frühes militärisches Eingreifen die Lage in Libyen wieder verschärfen und den Verhandlungsprozess gefährden könnte.

Tunesien befürchtet Übergreifen des libyschen Konfliktes auf eigenes Gebiet

Am Montag waren mehrere Dutzend bewaffnete Kämpfer der islamistischen Terrormilizen über die libysche Grenze nach Tunesien gezogen und hatten dort im Grenzort Ben Gardane ein Blutbad mit 54 Toten angerichtet. Es war bereits das zweite Mal, dass Terroristen hier über die Grenze kamen und Unheil anrichteten.

Es ist offensichtlich, dass der IS mit seinen Terrormilizen versucht, den Konflikt auf Tunesien auszudehnen. Das Land hat seit der Revolution von 2011 immer wieder mit Fundamentalisten zu kämpfen. Wegen der Terrorangriffe ist die tunesische Tourismusindustrie zusammengebrochen.

Besonders gefährdet sind die Südküste Tunesiens und die Grenze zu Libyen. Hier hat die tunesische Regierung bereits mit der Sicherung und Militarisierung der Grenze begonnen. Außerdem hat die tunesische Regierung deutsche und US-amerikanische Sicherheitsunternehmen beauftrag, technologische Einrichtungen zur Sicherung der Grenze zu installieren.

USA setzen Drohnen- und Luftkampf in Somalia fort

Auch in Somalia geht der Kampf gegen die Terroristen und radikal-islamistische Milizen weiter. Nach aktuellen Meldungen der New York Times hat die US-Air Force am Samstag Luftangriffe und Drohnenattacken auf ein Ausbildungslager der Shabab-Milizen in Somalia geflogen, bei denen rund 150 Kämpfer der getötet worden sein sollen. Man glaubt, dass es keine zivilen Opfer gegeben habe.

Die Shabab-Milizen sind eine radikal-sunnitische Terrorgruppe, die mit dem „Islamischen Staat“ (IS) verbündet ist. Man befürchtet nicht nur ein Anwachsen der Terrormilizen in Somalia, sondern auch ein Übergreifen auf das Nachbarland Kenia. Auf jeden Fall soll eine Vereinigung und Ausbreitung dieser terroristischen Gruppen vermieden werden, damit sich die Situation in Nordafrika nicht zu einem Flächenbrand ausweitet. Direkt gegenüber von Somalia liegt der Jemen, wo bereits Ableger von Al-Qaida operieren. Auch hier sind die USA mit Drohnen-Attacken aktiv.

Somalia ist wie Libyen und Syrien ein gescheiterter Staat, der in Chaos verfallen ist. Clans terrorisieren das Land, Piraten greifen Schiffe auf ihrer Fahrt ins Rote Meer an. Wegen der nomadischen Lebensweise vieler dortiger Stämme und der offenen Grenze zu den Nachbarländern besteht die Gefahr, dass sich afrikanische Kämpfer unterschiedlichster Herkunft den Shabab-Milizen anschließen können.

Am Ende ergibt sich folgende Liste der aktuellen Chaosstaaten: Libyen, Syrien, Irak, Jemen, Somalia, Mali und Afghanistan. Gefährdet sind zudem alle Nachbarstaaten, weil die Terrorgruppen offensichtlich eine geografische Ausweitung des Konfliktes anzustreben scheinen. Auch in den afrikanischen Konfliktländern Eritrea und Süd-Sudan ist die Lage weiterhin sehr kritisch. Ägypten hat nach wie vor mit den Terrorgruppen im Nordost-Sinai zu kämpfen und Saudi-Arabien ist weiterhin militärisch im Jemen engagiert.

( Schlagwort: GeoAußenPolitik )

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: KritischeStimme

Man koennte sprechen von Reparationskriegen
ReparationsKriege sind Kriege worin man krampfhaft versucht das Resultat von vorherigen Kriegen zu aendern,weil die so desastroes verlaufen sind und zu Katastrophen gefuehrt
haben.Die Liste der misslungenen Kriege ist lange:Irak,Afganistan,Somalie,Yemen,Ukraine ,Syrien,Lybien.Georgien,mit vielen Menschenrechtsverletzungen+immensen Fluechtlingstroemen.Geldsummen belaufen sich auf Hunderten v Miliarden Euro fuer EU.Man hat einfach USA-WeltKriege finanziert,Folge verlorenes Ansehen i/d Welt als Marionnet-Kriegstreiber v USA,sichselbst beschaedigend in Wirtschaftsinteressen+historischen Wachstumschancen.Europa Untergang bringend statt Wohlstand.Fuer diese Politik sollte man die EU-NatoMinister sofort entlassen

Gravatar: Jochen Reimar

In einem Land, in dem eine großkalibrige Handfeuerwaffe "Peacemaker" heißt, ist es auch kein Widerspruch, wenn ein "Friedensnobelpreisträger" Luftangriffe befiehlt.
Ab morgen, 05:00 Uhr, wird zurückgeschossen...
Und die Folgen wird Europa susbaden müssen, die VSA bestimmt nicht.

Gravatar: Karl Becker

Na, endlich.
Gutbomben braucht das Land, und
unser blonder rambo möchte schon seit einiger Zeit unsere Söldnerarmee in Libyen einsetzen. Da freut sie sich.
Wir schaffen es, irgendwo.
Die AMI werden, unter Mithilfe unserer "Elite"-Politiker, ihren Krieg bekommen.

Gravatar: AMAN  ANTON

Der Waffenstillstand in Syrien soll nur dazu gedient
haben, den USA neue Angriffsvorbereitungen zu
erleichtern, aber Russland kritisieren???

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