Zur Abwicklung der Hypo Real Estate

Sechs Jahre nach dem Super-Gau

Mit der Rettung der Hypo Real Estate und ihrer Verstaatlichung 2008/2009 begann ein milliardenschweres Engagement des Staates. Was ist aus den Staatsgarantien und Kapitalspritzen geworden? Sechs Jahre danach muss der erste Teil der Bank wieder privatisiert werden. Eine Bestandsaufnahme.

Foto: Nils Bremer / flickr.com / CC BY-NC 2.0 (Ausschnitt)
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Am 11.07.2007 veröffentlichte eine bis dahin der Öffentlichkeit wenig bekannte Bank folgende Ad-hoc-Mitteilung: „Die Hypo Real Estate Group setzt ihre erfolgreiche Geschäftsentwicklung auch im 2. Quartal 2007 fort…“ Weiter heißt es: „Vor dem Hintergrund dieser positiven Entwicklung erhöht der Vorstand für das Gesamtjahr 2007 die Prognose…“

Was zu dem Zeitpunkt wohl niemand ahnt: Das, was sich hier harmlos-optimistisch anhört, sollte sich weniger als eineinhalb Jahre später zum größten Schadensfall der deutschen Bankengeschichte entwickeln. Direkte Kapitalspritzen von 9,8 Milliarden Euro und Garantien des Bundes, die sich in der Spitze auf 124 Milliarden Euro beliefen, waren notwendig, um die Bank vor der Pleite zu retten. Schließlich wurde die HRE als erste Bank in der bundesdeutschen Geschichte verstaatlicht.

Wie sieht die Situation mehr als sechs Jahre nach der dramatischen Rettung aus? Eine Maßnahme zur Schadensbegrenzung war die Auslagerung von Risikopositionen – gemeinhin toxische Wertpapiere genannt – in eine Abwicklungsanstalt. Diese Bad Bank befindet sich im Eigentum des Bundes und firmiert unter dem Namen FMS Wertmanagement. Sie übernahm am 1. Oktober 2010 ein Portfolio mit einem Nominalwert von rund 176 Milliarden Euro von der Hypo Real Estate Holding. Das Ziel: Die wertschonende Abwicklung.

Große Portfolioanteile in Italien und Spanien

Mit dieser Aktion wurde der deutsche Staat Eigentümer von Vermögenswerten unterschiedlichster Couleur. Neben strukturierten Papieren befinden sich vor allem Kredite an staatliche Darlehensnehmer und Infrastrukturfinanzierungen in diesem ausgelagerten Portfolio. Einige Beispiele: Ein Kredit in Höhe von 180 Mio. Euro an einen skandinavischen Energieversorger, die Beteiligung an der Finanzierung eines Ski-Resorts in den USA, spanische Immobiliendarlehen in Höhe von 150 Mio. Euro, langlaufende, japanische Regierungsanleihen usw. Die Kreditnehmer sind über die ganze Welt verteilt. Das Land mit den größten Positionen ist ausgerechnet das Krisenland Italien – 25,8 Mrd. Euro des gesamten Portfolios waren Ende 2012 dort investiert. Im Krisenland Spanien besaß die Bank Ende 2012 Anlagen im Wert von 9,5 Milliarden Euro.

SoFFin muss alle Verluste der Bad Bank ausgleichen

Die Bad Bank der HRE machte im Sommer 2012 Schlagzeilen, weil sie rund 10 Milliarden Euro Verluste machte – verantwortlich dafür waren Abschreibungen auf griechische Staatsanleihen, die im Zuge des Schuldenschnitts notwendig wurden. Der Verlust wurde vom Sonderfonds für Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) ausgeglichen. So sehen es die Rettungsgesetze vor: Es besteht eine unbegrenzte Verlustausgleichspflicht des Fonds gegenüber der Bad Bank. Wie oft und in welcher Höhe der SoFFin noch in die Pflicht genommen wird, ist derzeit nicht absehbar. Es ist anzunehmen, dass noch weitere Risiken in den über 4.000 Einzelpositionen in den Büchern der Bank schlummern. Im Geschäftsbericht des Jahres 2012 bezeichnet das Management das Portfolio als „Hochabhängigkeitsportfolio in Bezug auf Marktrisiken“. Im Klartext: Weitere Verluste, die letztlich der Steuerzahler ausgleichen muss, sind durchaus möglich.

Immerhin: Das Portfolio ist schon deutlich geschrumpft – von 175,7 Mrd. Euro im Jahr 2010 auf 137 Mrd. Euro 2012. Dies wurde zum Teil über Forderungsverkäufe oder über Rückzahlungen der Kredite durch die Schuldner erreicht.

Nach der Auslagerung des 176 Mrd. Euro schweren Portfolios in die Bad Bank blieben zwei Gesellschaften übrig, die von der Hypo Real Estate Holding gehalten werden. Der mittlerweile in Deutsche Pfandbriefbank umbenannte Immobilienfinanzierer und die irische DEPFA. Die Deutsche Pfandbriefbank mit einer Bilanzsumme von 97 Mrd. Euro machte 2012 immerhin einen Konzerngewinn von 69 Mio. Euro. Die Bank steht noch mit 1,8 Mrd. Euro in den Büchern der Holding. Die Bank muss laut EU-Auflage spätestens Ende 2015 wieder privatisiert werden.

EU schreibt Verkauf der beiden Restbanken 2014 und 2015 vor

Für die DEPFA kommt die Stunde der Wahrheit noch früher. Die EU schreibt hier einen Verkauf bis Ende 2014 vor. Bis Ende Januar sind Gebote für die DEPFA eingegangen. HRE und SoFFin haben daraufhin einen kleinen Kreis von Bietern ausgewählt, mit denen derzeit verhandelt wird. Die Bilanzsumme der DEPFA umfasste Mitte 2013 rund 62 Mrd. Euro. Laut einem Bericht des Handelsblatts läge eine Reihe von Angeboten für die DEPFA vor. Insiderkrisen zufolge handle es sich um Gebote von Finanzinvestoren, die die DEPFA mit maximal 300 Mio. Euro bewerteten. Experten streiten sich, ob der Verkauf der Bank oder eine Abwicklung unter der Regie des Bundes besser ist. Der Vorteil des Verkaufs: Der Staat entledigt sich aller Risiken, die noch in der Bilanz schlummern könnten. Das Gegenargument: Der Staat könnte mit der Verwertung des Portfolios höhere Einnahmen erzielen, als die gebotenen Kaufpreise.

Wie die Gesamtbilanz des staatlichen Engagements aussehen könnte, ist derzeit noch nicht abzusehen. Die Verkaufserlöse für DEPFA und die Pfandbriefbank dürften in Relation zu den eingesetzten direkten Kapitalspritzen von 9,8 Milliarden eher gering ausfallen. Entscheidend ist die weitere Wertentwicklung der Papiere im Wert von 137 Mrd. Euro in der Bad Bank. Eine finale Bilanz lässt sich wohl erst in mehr als 20 Jahren ziehen, wenn das Portfolio vollständig abgebaut ist.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: M. Brandstätter

Sehr interessanter Beitrag. Unglaublich, auf den größten Risiken bleibt mal wieder der Steuerzahler sitzen....

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