Parteien zur Europawahl

Rechte-Rampe für Europa

Um ins Europäische Parlament einzuziehen, müssen kleine Parteien keine Soundsovielprozent-Hürde überwinden. »Ab jetzt« und »Pro NRW«, Republikaner und NPD beweisen, dass das kein Problem ist.

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Sieben Prozent der Stimmen sagen die Meinungsforscher derzeit den so genannten »Sonstigen« für die Europawahl voraus. Und dabei ist die FDP noch nicht einmal mitgerechnet. Die Verfassungswidrigkeit einer Prozenthürde und die weit verbreitete Ansicht, dass das Europaparlament eh’ nicht so wichtig sei, machen es den Deutschen offenbar leichter, bei der Abstimmung am 25. Mai wild und gefährlich zu wählen. Davon könnten auch die vier rechtsradikalen Gruppierungen profitieren, die sich dem Wählervotum stellen.

Die Partei »Ab jetzt … Demokratie durch Volksabstimmung – Politik für die Menschen (Volksabstimmung)«, einst unter dem ebenso eingängigen Namen »Ab jetzt – Bündnis für Deutschland, Partei für Volksabstimmung und gegen Zuwanderung ins ›Soziale Netz‹« gegründet, könnte man auf den ersten Blick für eine bizarre Esosekte halten. Seitenlang lässt sich die Vereinigung in ihrem Grundsatzprogramm über Naturheilverfahren aus. Sie lobt die Bioresonanz, die »über zwei Elektroden, die mit dem Bioresonanzgerät und dem darin befindlichen sogenannten Frequenzmodulator verbunden sind«, die »körpereigenen Schwingungen in das Gerät« leitet »und von dort nach einer Umwandlung in gesunde Schwingungen wieder dem Patienten« zuführt. Und sie positioniert sich, ebenfalls im Grundsatzprogramm, gegen den synthetischen Süßstoff Aspartam, der unter anderem in »Cola light« zum Einsatz kommt und angeblich fünfzig explizit aufgelistete Nebenwirkungen hervorrufen kann, darunter so unerfreuliche Dinge wie Gehirnkrebs, Kopfschmerzen, Tod und Übelkeit.

Doch jenseits solcher folkloristischer Einschläge hat der Landesverfassungsschutz NRW auch »Anhaltspunkte für den Verdacht rechtsextremistischer Bestrebungen« ausgemacht. Parteichef Helmut Fleck, Jahrgang 1938 und Kreistagsmitglied im Rhein-Sieg-Kreis, war einst bei den Republikanern. Gleiches gilt für seinen Stellvertreter Artur Dreischer, Jahrgang 1928, der für die REPs sogar in den baden-württembergischen Landtag gewählt wurde. Dort nahm er sein Mandat allerdings nicht an – schließlich habe er nicht mit seiner Wahl gerechnet. Insofern tut man den Herrschaften vielleicht auch am 25. Mai einen Gefallen, wenn man ihre Liste erst gar nicht  anzukreuzt – und sie »Ab jetzt« in den Ruhestand schickt.

Auch die selbsterklärte »Bürgerbewegung pro NRW« nimmt wohl eher aus Zufall an der Europawahl teil. Zumindest erscheint die Tatsache verdächtig, dass am selben Tag auch die nordrhein-westfälischen Kommunalvertretungen neu bestimmt werden. Und wenn man eh schon dabei ist, Unterstützungsunterschriften zu sammeln, dann kann man ja dem geneigten Publikum auch gleich zwei Listen vorlegen. Im besten Fall staubt man später die staatliche Wahlkampfkostenerstattung ab und idealerweise sogar ein Mandat in Straßburg/Brüssel.

Spitzenkandidat von »pro NRW« für Europa ist Parteichef Markus Beisicht, der sich auch schon mal bei den Republikanern und in der »Deutschen Liga für Volk und Heimat« versucht hat. Steckenpferd der »Bürgerbewegung« ist die »Islamisierung Deutschlands«, obwohl sich beim Zensus 2011 nur 1,9% der Befragten zum Glauben Mohammeds bekannt haben und »unsere Töchter« demnach schon ziemlich alt werden müssten, um dereinst von einer Diktatur der Moslembrüder zum Tragen des Kopftuches gezwungen zu werden.

Das Geheimnis der »Republikaner«

Bevor das passiert, kehren eher »Die Republikaner« ins Europaparlament zurück. Fast zwei Prozent bekam die Partei, die sich selbst für »rechtskonservativ« hält, bei der Europawahl 2009. Durch den Wegfall der Prozenthürde könnte es also diesmal für den Spitzenkandidaten Hermann Mack durchaus reichen. Weibliche Verstärkung wird er auf den Abgeordnetenbänken aber wohl nicht bekommen: Die erste Frau kandidiert bei den Republikanern erst auf Listenplatz 12.

Bei der Wahl im Mai müssen die REPs wohl vor allem auf das schlechte Gedächtnis der Stimmberechtigten hoffen: Denn vor einem Vierteljahrhundert zog die Gruppierung schon einmal ins Europaparlament ein, um dort »deutsche Interessen« zu vertreten. Doch so richtig geklappt hat das nicht. Zwar erzielte die damalige Schönhuber-Partei mehr als sieben Prozent der Stimmen und immerhin sechs Mandate. Doch mit Ausnahme des Vorsitzenden wurden alle übrigen Parlamentarier während der Legislaturperiode ausgeschlossen oder verließen die Republikaner freiwillig.

An das unrühmliche Gastspiel in der EU-Vertretung lassen sich die Parteioberen von heute nur mehr ungern erinnern. Stattdessen versucht man einen erneuten Anlauf mit einem erstaunlich zeitgeistschnittigen Programm: Der Kampf gegen »Dumping und Leiharbeit« steht dabei ebenso auf der Agenda wie der Schutz von Umwelt »und Lebensraum«; man will »Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie stärken«, dem »Internet-Datenfishing« entgegenwirken, »Energie bezahlbar halten« und »an den Schulen und bei der Forschung« die »Geschlechterausgeglichenheit« fördern.

Doch warum man solche Gemeinplätze unbedingt mit einer Partei verwirklichen muss, die der Verfassungsschutz anderthalb Jahrzehnte lang als rechtsextrem eingestuft hat, verraten die Republikaner-Kandidaten nicht. Und so steht zu vermuten, dass eine zweite Periode im Europaparlament genauso peinlich verlaufen würde wie die erste.

Man schlägt sich, man verträgt sich

Im Gegensatz dazu muss man sich bei der NPD nicht auf Vermutungen stützen: Wer sich selbst als »national« und »sozialistisch« beschreibt, lässt jedenfalls niemanden über seine Absichten im Unklaren. Beim ihrem letzten Sturm aufs Europaparlament vor zehn Jahren konnte die NPD immerhin eine Viertelmillion Wähler auf ihre Seite ziehen. Im kommenden Mai könnte die Partei einen vergleichbaren Erfolg gut gebrauchen: Das drohende Verbot durch das Bundesverfassungsgericht, eine desaströse Finanzlage und zermürbende interne Querelen haben der braunen Front massiv zugesetzt.

So legt man große Hoffnungen in den Spitzenkandidaten Udo Voigt, der sich in einer Kampfabstimmung gegen Parteichef Udo Pastörs durchsetzen konnte. Dabei passt politisch zwischen die beiden kein Blatt: Während Voigt die Zahl derjenigen, die in Auschwitz »umgekommen« sind, auf 340.000 schätzt, wähnt Pastörs im Deutschland des Jahres 2014 eine »Judenrepublik« am Werk. Einig waren sich die beiden auch, als es darum ging, den zeitweiligen Bundesvorsitzenden Holger Apfel vor die Tür zu setzen. Dessen »Sprachfehler«, ein ferndiagnostiziertes »Burn-Out-Syndrom« und seine angebliche Neigung, jungen Kameraden zumindest den Marsch zu blasen, gingen den Traditionsnazis dann doch zu weit. Zur Europawahl meint man nun, eine sortenreine Liste ohne faule Äpfel beisammenzuhaben.

Keine Frage: Zwischen »Ab jetzt« und »Pro NRW«, Republikanern und NPD bestehen Unterschiede – alle vier haben jeweils einen eigenen Charakter, wenn auch einen schlechten. Und doch ist ihnen immerhin eines gemein: Wenn sie am Wahlabend im Kreis der »Sonstigen« verbleiben und keine Vertreter nach Europa entsenden, hat Deutschland nichts verpasst.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Marcel Elsener

Wahrscheinlich will Dr. Alfes mit diesem launigen Artikel etwas aussagen. Aber mir ist nicht ganz klar, was. Er hätte auch ganz einfach schreiben können: "Deutsche, wählt keine 'rechten' Parteien." Der Informationsgehalt wäre nur unwesentlich geringer gewesen.

Dass Splitterparteien im EU-Parlament keine Chance haben, wenn sie nur wenige Mandate erzielen, ist eine Binsenweisheit. Da spielt es keine Rolle, ob man nun 1, 2 oder meinetwegen 7 Mandate erobert. Weshalb dann dieser aufgeregte Alarmismus, wenn die 'rechten' Parteien sowieso keine Chance haben?

Immerhin stellt Herr Dr. Alfes am Schluss fest, dass zwischen den von ihm skizzierten Parteien Unterschiede bestehen. Als einzige Gemeinsamkeit attestiert er ihnen einen schlechten Charakter, was man auch immer darunter verstehen mag. Da er diese Parteien allesamt unter dem Attribut 'rechts' subsumiert, muss man wohl annehmen, dass 'rechts' gleichbedeutend mit einem 'schlechten Charakter' sei. Ein solches Urteil ist wahrlich ein intellektuelles Armutszeugnis - allerdings nicht für jene, die man unter 'rechts' einordnet sondern für den Autoren, der diese bizarre Einordnung vornimmt.

Dazu werden auf dem prägnanten Bild drei Arme gezeigt, welche zum Hitlergruss erhoben sind. Also sind die im Artikel dargestellten Parteien alle irgendwie 'nazi', oder was? Unabhängig davon, dass Dr. Alfes im letzten Absatz das relativiert, bleibt natürlich das Bild mit dem HItlergruss trotzdem im Gedächtnis des Lesers hängen. So funktioniert Propaganda; so funktioniert Volksverhetzung.

Der Artikel ist die ziemlich schwache Auseinandersetzung eines CDU-Politikers mit sogenannt 'rechten' Splitterparteien, in der keine nennenswerten sachlichen Argumente angeführt werden. Der Artikel animiert eigentlich eher dazu, die CDU bei den Euroapawahlen nicht zu wählen. Dr. Alfes versucht Affekte beim Wähler zu erzeugen, anstatt vernünftig die Positionen der Gegner zu benennen und zu widerlegen.

Fazit: die CDU steht argumentativ splitterfasernackt da wie der Kaiser in Andersens Märchen. Unnötig zu sagen, dass es bei den anderen Parteien SPD, Grünen, Linken und grossen Teilen der FDP ähnlich aussieht. Vielleicht sollten die diffamierten Parteien ebenfalls die Nazikeule hervorholen und den Repräsentanten der Systemparteien um die Ohren hauen. Es würde zwar die politische Kultur nicht anheben, aber wenigstens hätten wir dann ein unterhaltendes Theater anstatt diesen bräsigen, öden Wahlkampf.

Gravatar: KSchlonz

Bin ich hier richtig bei der Jugendorganisation der SED-Nachfolgepartei?

Gravatar: luxlimbus

"...obwohl sich beim Zensus 2011 nur 1,9% der Befragten zum Glauben Mohammeds bekannt haben."

Nicht nur inklusive der Illegalen (nicht Teil des Zensus 2011) liegt der Prozentsatz wohl eher bei 19 statt 1,9 % Mohammedanern in Deutschland.
Wie der Autor auf lächerliche 1,9% kommen kann, mag sein kryptisches Geheimnis bleiben. Seine Quellenangabe jedenfalls taugt hierzu nicht, wie sich ein jeder leicht selbst überzeugen mag (link - unten).
Mal eine ganz persönliche Frage an den Autor: wo in diesem Land 'darf' man eigentlich wohnen und leben, um ungestraft, ob der Realitäten, sich solcherlei Illusionen hinzugeben?!

https://www.destatis.de/DE/Publikationen/StatistischesJahrbuch/StatistischesJahrbuch2013.pdf?__blob=publicationFile

Gravatar: MAX

Wer diesen polemischen Beitrag nicht liest ,
der hat bestimmt auch n i c h t s verpasst !!!

Gravatar: FDominicus

Ich weiß wirklich nicht was das soll. Als ob es tatsächlich nennenswert rechte Parteien gäbe und als ob diese ein Gefahr darstellten. Meine güte selbst mit 5% insgesamt ist man genau wie gefährlich.

Und das Europaparlament gehört abgeschafft nicht gewählt. Das ist reine Geldverschwendung.

Gravatar: Hardi

Freie Welt sollte doch wissen, wie schnell man hierzulande als "rechtsextrem" gebrandmarkt wird, wenn man sich den Regeln der political correctness nicht beugt.
Was soll also dieser Artikel, der nur die gängigen Klischees bedient?
Heute sind es die Republikaner und pro NRW , morgen die AfD , welche verleumdet werden.

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