Barack Obamas „Change“ war eine Farce

Obama hat versagt

Clinton setzt zum Endspurt gegen Trump an. Doch die Demokraten haben ein schlechtes Erbe hinterlassen. Amerika ist gespalten wie lange nicht mehr. Obama hat seine Versprechen nicht gehalten.

Barack Obama. 2015. Foto: The European Union
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US-Präsident Barack Obama hat seine Europa-Termine für die kommende Woche abgesagt. Die Realität seines eigenen Landes hat ihn eingeholt. Amerika steht immer noch unter Schock. Ein afro-amerikanischer Militär-Veteran hatte auf einer Demo gegen Rassismus im texanischen Dallas fünf Polizisten erschossen. In seinem Berufsleben als Soldat soll der Täter Scharfschütze gewesen sein und in Afghanistan gedient haben. Ein Kriegstrauma ist nicht auszuschließen. Doch es steckt wohl sehr viel mehr dahinter.

Die Demonstration, bei der es zur Tat kam, fand anlässlich der aktuellen Todesfälle durch Polizeigewalt und Schüsse auf Afro-Amerikaner statt, die sich zuvor in Minnesota und in Louisiana ereignet hatten. Denn dies ist kein Einzelfall. Die Gewalt zwischen Polizei und Teilen der Bevölkerung hat in der letzten Zeit deutlich zugenommen, trotz wachsender Überwachung der Bürger und einschüchternder Militarisierung der Polizei.

Rassenkonflikte sind in den USA immer noch nicht überwunden. Dahinter verbergen sich soziale, wirtschaftliche und kulturelle Konflikte, die das Land zutiefst spalten. Denn die immense wirtschaftliche Spaltung in Arm und Reich hat zu einer Entwicklung von Parallelgesellschaften geführt.

Barack Obama hatte versprochen, gegen diese Verhältnisse anzukämpfen. Natürlich waren das nur leere Versprechungen. Unter Obama ist nichts besser geworden. Alles, was unter seiner Präsidentschaft erreicht wurde, war die Folgen der Finanzkrise von 2008 zu überwinden. Und das nur teilweise. Darüber hinaus hat sich in den USA nichts grundlegend verbessert. Im Gegenteil: Viele Probleme sind größer geworden.

Der Präsident der Worthülsen

„Yes We Can“ und „Change We Can Believe In“. Das waren die Slogans seiner Präsidentschafts-Wahlkämpfe. Barack Obama wollte den Wandel. Er wollte die gespaltene Nation wieder zusammenführen. Er versprach, die Truppen heimzuholen. Er hatte Wohlstand versprochen. Er malte bunte Bilder vom wirtschaftlichen Aufstieg an die Wand, versprach das Blaue vom Himmel. Es waren alles Luftschlösser. Es gab wohl kaum einen US-amerikanischen Präsidenten, bei dem Hoffnung und Realität so weit auseinander lagen.

Die Afroamerikaner sind besonders enttäuscht. Sie hatte sich von ihm mehr Verständnis für ihre Situation erhofft. Doch seine Politik unterscheidet sich nicht von der eines weißen Präsidenten.

Armut in den USA hat Ausmaße wie in der Dritten Welt erreicht

Die Gesellschaft der USA ist gespalten. Die Schere zwischen Arm und Reich nimmt in erschreckenden Ausmaßen zu. Reiche verbarrikadieren sich in abgeriegelten Wohnvierteln. Arme sammeln sich in Ghettos. Es ist nicht nur die relative Armut, die um sich greift. Es handelt sich auch um absolute Armut. Das bedeutet: Mitten im reichsten Land der Welt leben Millionen Menschen auf dem Niveau der Dritten Welt. Die Slums wachsen wie in den Entwicklungsländern.

Die ZEIT bemerkte dazu: „In den USA leben so viele Menschen in extremer Armut wie noch nie“. Die Menschen fallen ins Bodenlose: „13,8 Millionen Amerikaner leben derzeit in Gegenden mit extremer Armut, im Jahr 2000 waren es 7,2 Millionen. Zwischen 2000 und 2013 hat sich die Zahl fast verdoppelt.“ Die ZEIT zitiert Professor Paul Jargowsky der Rutgers Universität. Nach ihm sei die Zahl der absolut Armen noch nie so hoch gewesen.

Immer mehr US-Amerikaner sind verschuldet oder so tief in die Armutsfalle geraten, dass kleinste Kosten große Probleme verursachen. Wie die ZEIT an anderer Stelle schreibt: „Die Armut nimmt zu. Fast die Hälfte aller Bürger kann sich eine Autoreparatur von 400 Dollar nicht leisten.“ Besonders die Kreditkartenflut hat zu einer hohen Verschuldungswelle geführt. „38 Prozent der Haushalte mit einer negativen Bilanz sind mit mehr als 15.000 Dollar im Minus“, heißt es in der ZEIT.

Berücksichtigt man das Verhältnis von Privatvermögen und Schulden, dann gibt es in den USA mehr arme Menschen als in China. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie der Schweizer Großbank Credit Suisse in ihrem Global Wealth Report. Rund ein Viertel der Privathaushalte in den USA sind faktisch insolvent.

Bildung garantiert keinen Aufstieg mehr

Barack und Michelle Obama haben in ihren leidenschaftlichen Reden immer wieder davon gesprochen, dass in den USA jeder die Chance zum Aufstieg hätte. Man müsse nur hart an sich arbeiten. Tatsache ist jedoch, dass die Kosten für das College und die Universität extrem gestiegen sind und viele junge US-Amerikaner nach ihrer Ausbildung oder nach ihrem Studium hoch verschuldet sind.

Um es in Zahlen auszudrücken: Die Kosten für das Studium sind von 1978 bis 2015 um 1.120 Prozent gestiegen. Ein Grund hierfür ist die hohe Inflation, aber auch die Gewinnorientierung der Unis und Colleges. Viele junge Menschen haben nach ihrem Studium nicht die beruflichen Möglichkeiten, ihre immensen Studienschulden zurückzuzahlen. Wie unter anderem das Handelsblatt berichtete, haben die US-Studenten aktuell mehr als eine Billion bzw. 1000 Milliarden Dollar Schulden.

Das Problem ist nicht nur, dass Millionen junge Amerikaner durch ihr Bildungsstreben in eine Schuldenspirale geraten sind, sondern auch, dass viele junge Unternehmer ihre Geschäftsideen nicht umsetzen können, weil sie keine ausreichenden Kredite mehr bekommen. Das lähmt junge Startups und Entrepreneure mit guten Ideen. Wer hoch verschuldet ist, hat weniger Kreditwürdigkeit bei der Bank und ist insgesamt risikoscheuer. Der Wirtschaft raubt das die erforderliche Dynamik.

Amerikas Gefängnisse haben mehr Insassen als in jedem anderen Land der Welt

Kein Land der Erde hat mehr Gefängnisinsassen als die USA. Mehr als 2 Millionen Menschen sitzen hinter Gittern. Nicht einmal China hat so viele Gefängnisinsassen wie Amerika. Obwohl die US-Amerikaner nur fünf Prozent der Weltbevölkerung stellen, haben sie 25 Prozent der weltweiten Gefängnisinsassen. Das ist absoluter Rekord. Jährlich werden rund 80 Milliarden-US-Dollar für die Gefängnisse ausgegeben. Viele Anstalten ähneln Arbeitslagern.

Immer mehr Gefängnisse werden privatisiert. Es wird Big Business mit der Arbeit der Insassen gemacht. In machen Gefängnissen hausen die Insassen nicht mehr in kleinen Zellen, sondern werden nachts in großen Schlafsälen zusammengepfercht.

Was sagt die Anzahl der Gefängnisinsassen über den Zustand der Gesellschaft aus? Gibt es in Amerika mehr Menschen mit krimineller oder gewalttätiger Neigung? Oder stimmt etwas an den gesellschaftlichen Verhältnissen nicht?

Nord-Süd-Spaltung der Vereinigten Staaten

Der Nordosten der USA war einst die industrielle Hochburg der Welt. Große Konzerne wie General Motors und Ford waren wichtige Arbeitgeber. Doch nun verkommt der Nordosten zu einer Industrieruine. Besonders betroffen sind die Bundesstaaten an den großen Seen wie Wisconsin, Illinois, Michigan, Ohio und die Industrieregionen an der Ostküste.

Ein Paradebeispiel für den Niedergang ist die Stadt Flint in Michigan. Sie lebte einst von der Automobilindustrie. GM, Chevrolet und Buick haben hier ihre Standorte gehabt. Heute lebt rund ein Drittel der Bewohner unterhalb der Armutsgrenze. Fast 40 Prozent der Immobilien stehen leer. Die Mordrate war zeitweise so hoch wie in Bagdad.

Um Geld zu sparen hatte die Stadt 2014 die Wasserversorgung umgestellt. Statt sauberes Trinkwasser aus den großen Seen zu holen, wurde das dreckige braune Wasser des nahen Flusses verwendet. Die Folge: Wegen der hohen Verseuchung des Wassers sind Tausenden von Menschen die Haare ausgefallen. Die alten Bleirohrleitungen wurden porös. Blei kam ins Wasser. Viele Menschen wurden krank. Sie müssen nun Trinkwasser in Flaschen kaufen. Beim Duschen und Baden müssen die Menschen darauf achten, dass kein Wasser verschluckt wird. Vor dem Wäschewaschen muss man das Wasser abkochen, damit die Wäsche nicht belastet ist. Die Situation ist so unerträglich geworden, dass Obama Flint zum Notstandgebiet erklären musste.

Wie tief muss eine Industrienation sinken, wenn selbst die Bereitstellung des Trinkwassers ein Problem darstellt, und das, obwohl der Staat Michigan von drei großen Seen (Oberer See, Michigansee und Huronsee) umgeben ist?

Eigentlich werden solche Zustände aus Schwellenländern wie China oder Brasilien berichtet. Doch die USA sind auf dem besten Wege zu einem Schwellenland zu werden. Während es in China mit dem Wohlstand vieler Familien bergauf geht, sehen viele US-Amerikaner dem Niedergang entgegen.

Doch nicht alle US-Regionen sind vom Niedergang betroffen. Kalifornien und Texas sehen der Zukunft positiv entgegen. Das liegt daran, dass sie durch das Nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA von den billigen Arbeitsplätzen in Mexiko profitieren. Die Trucks fahren ständig hin und her über die Grenze, um einerseits von der US-Infrastruktur profitieren zu können und gleichzeitig die billigen Arbeitslöhne in Mexiko ausnutzen zu können. Deshalb sind viele Firmen vom Nordosten in den Südwesten umgesiedelt. Jetzt dürfen die Arbeitnehmer in Texas mit den Löhnen in Mexiko konkurrieren.

Trotz Nöte im Inland: Militärbudget bleibt das höchste der Welt

Während seiner Wahlkämpfe hatte Barack Obama immer wieder versprochen, das US-Militärbudget zu reduzieren und die Soldaten von den zahlreichen Einsätzen nach Hause zu holen. Für den Irak trifft das zu. Doch die Zahl der Militärbasen und Einsätze weltweit ist nicht niedriger geworden. Das Militärbudget ist immer noch das höchste der Welt und fast so groß wie das aller anderen Staaten zusammengenommen.

Moralisch hätte sich Obama von seinem Vorgänger Georg W. Bush abheben können. Bush hatte sich allzu schnell in gefährliche Kriegsabenteuer verstrickt gehabt. Besonders der Irakkrieg von 2003 basierte auf einer schlichten Lüge, nämlich dass Saddam Hussein über gefährliche Massenvernichtungswaffen verfüge und an den Anschlägen vom 11. September 2001 beteiligt gewesen sein soll. Unvergessen bleiben die unglücklichen Auftritte des damaligen Verteidigungsministers Collin Powell vor der UNO in New York, bei denen er angebliche Beweise für Saddams Massenvernichtungswaffen vorlegte.

Bei dieser Negativ-Steilvorlage wäre es ein Leichtes gewesen, als moralisch überlegener Präsident aufzutreten. Doch auch hier versagte Obama. Die US-Außenpolitik unter Obama trägt erhebliche Mitschuld an der Eskalation der Verhältnisse in Libyen und Syrien.

Moralisch besonders fragwürdig sind die Drohnenkriege der USA, denen immer wieder Zivilisten zum Opfer fallen. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die Westmächte in Deutschland vorgeführt, wie ein Rechtsstaat auszusehen habe. Die Verbrecher des Nationalsozialismus haben in Nürnberg einen ordentlichen Gerichtsprozess bekommen. Das sollte ein Zeichen für rechtsstaatlichen Standard sein. Selbst der schlimmste Verbrecher hat ein Anrecht auf einen fairen Gerichtsprozess.

Doch unter Barack Obama wird im Beisein des Präsidenten regelmäßig eine Liste von möglichen Terroristen abgesegnet, die anschließend mit Drohnen verfolgt und getötet werden. Man stelle sich vor, in Deutschland oder in den USA würden Menschen auf Verdacht hin von Drohnen verfolgt und abgeschossen werden – inklusive der zahlreichen unbeteiligten Zivilisten als Kollateralschaden.

Hinzu kommt der Umstand, dass die USA die Drohnen über Länder einsetzen, mit denen die USA weder ein entsprechendes Abkommen haben oder offiziell im Krieg stehen. Auch die Tatsache, dass die USA den internationalen Gerichtshof in Den Haag nicht anerkennen, spricht Bände.

Hier hätte Barack Obama die Chance gehabt, mit wenigen präsidialen Anweisungen neue moralische Maßstäbe im Weißen Haus zu setzen, die ihn von seinem Vorgänger abgehoben und den Respekt der Zivilgesellschaft eingebracht hätten. Doch Obama hat dies nicht getan. Ihm scheint die moralische Fragwürdigkeit gar nicht in den Sinn gekommen zu sein. Genauso wenig, wie er die fortschreitende Entwicklung der USA zum Überwachungsstaat als Problem erkannt und benannt hat.

Fazit: Barack Obama ist die größte politische Enttäuschung der jüngeren US-Geschichte. Da hilft auch sein sympathisches Lächeln nicht weiter.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Stephan Achner

Sehr guter - weil realistischer - Beitrag über die Verhältnisse in den USA. Ich habe nur eine Anmerkung zur Text-Aussage "Im Gegenteil: Viele Probleme sind größer geworden."

Nicht "nur" sind viele Probleme größer geworden, sondern Obama ist auch verantwortlich dafür, dass es neue größere Probleme gibt, die vor Obama noch gar nicht existierten und die "Obama-hausgemacht" sind. Bsp: Der gigantische Anstieg der Staatsverschuldung der USA seit Obamas Amtsantritt oder die zunehmende Unbezahlbarkeit der Krankenversicherungsbeiträge zu "Obama-Care" (z.B. in Texas Prämienanstieg von ca. 60% in einem Jahr!).

Deshalb wenden sich aktuell so viele US-Wähler vom politischen Establishment in Washington DC völlig enttäuscht ab und votieren für die Außenseiter Donald Trump (Republikaner) oder Bernie Sanders bei den Demokraten.

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