In Mexiko war gewählt worden. Andrés Manuel López Obrador ist der Gewinner. Er wird neuer Präsident des Landes. In der Wahl erhielt er mehr als 53 Prozent der Stimmen. Seine Gegenkandidaten Ricardo Anaya und José Antonio Meade haben ihre Niederlage eingestanden. Damit ist auch die jahrzehntelang dominierende sozialdemokratische Partei Mexikos (Partido Revolucionario Institucional (PRI) abgewählt worden.
Die Partei des Gewinners ist die Morena-Partei (»Movimiento Regeneración Nacional«, Nationale Erneuerungsbewegung). Sie wird von Beobachtern als »populistisch« beschrieben, was hinsichtlich der Inflation dieses Begriffes nicht viel heißen mag. Manche ordnen sie als »links-populistisch«, »links-radikal« oder gar »stalinistisch« ein – alles Begriffe, die in Lateinamerika inflationär benutzt werden und nicht mit der europäischen Bewertungsskala betrachtet werden können. Diese Einschätzungen bewerten die emotionale Rhetorik zu hoch und verschweigen den starken national-patriotischen Charakter der Bewegung. Passender wäre es, von einer populistischen Protestbewegung zu sprechen, die im Lande aufräumen will – oder zumindest es im Wahlkampf versprochen hat.
López Obrador und seine Morena-Partei fahren somit eine doppelte Strategie: Einerseits verkörpern sie nationalistische und konservative Werte, andererseits aber auch sozialdemokratische und sogar sozialistische Ideen. Damit hat die Partei einen Paradigmenwechsel aufgegriffen: Immer mehr Menschen in Lateinamerika haben genug vom Globalismus und offenen Märkten. Sie wollen mehr nationale Souveränität. Vor allem wollen sie, dass die Regierung sich um die wachsende Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich kümmert. Denn diese Gegensätze haben in vielen Teilen Mexikos – und allgemein in Lateinamerika – mittlerweile unerträgliche Ausmaße angenommen. Dabei will López Obrador darauf verzichten, die Steuern und Abgaben zu erhöhen. Auch Verstaatlichungen seien nicht geplant. Vielmehr solle das Volk von der zurückgefahrenen Korruption profitieren. Ob das leere Worthülsen bleiben, ist abzuwarten.
US-Präsident Donald Trump gratulierte López Obrador per Twitter: »Ich freue mich sehr darauf, mit ihm zusammenzuarbeiten«, schrieb er. »Es gibt viel zu tun, von dem sowohl die Vereinigten Staaten als auch Mexiko profitieren werden!« Trump und Obrador haben einiges gemeinsam. Sie haben auf besondere Art und Weise den Populus hinter sich.
López Obrador ist also kein klassischer Linker. Er bringt etwas Neues. Er betonte die nationale Komponente. Seine Reden nach der Wahl deuten allerdings an, dass er sich wohl oder übel dem Mainstream anpassen wird. Denn seine Rhetorik nach der Wahl ist »softer« als sie es im Wahlkampf war.
Die Leidenschaft in Mexiko ist dennoch hoch, wenn es darum geht, den neue gewählten Präsidenten zu feiern. Es ist sogar von einem »Messias« die Rede. Seine »Politik der nationalen Erneuerung« hat sich vorgenommen, die landesweite Korruption und den Drogenkrieg zu bekämpfen – ein Vorhaben, an dem viele Vorgänger gescheitert sind.
Die Wahl verlief nicht friedlich. Es gab Unruhen, sogar Tote. Fünf Menschen sollen ihr Leben verloren haben. In mexikanischen Wahlkämpfen sind insgesamt rund 145 Politiker und Politik-Aktivisten ermordet worden. Die Drogenkartelle und kriminelle Organisationen haben auch in der Politik die Hände im Spiel.
Kommentare zum Artikel
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@ Max Moritz: Nicht zu vergessen die Ausmaße der Kriminalität. Menschen, die etwas mehr haben als sie zum Leben brauchen, werden zu Opfern von Räuberbanden. Ohne wirklich reich zu sein, verbringen sie ihr Dasein in Wohnanlagen, in Wissenschafts-einrichtungen und in Geschäftsvierteln, die eher Gefängnissen gleichen, umgeben von Mauern mit "Nato-Draht" und Wachpersonal. Die Menschen sind gefangen in ihrer Armut oder in ihrem Security-Käfig. Kein Wunder, daß die meisten lieber in den USA leben würden.
Mexiko steht für ein Land welches in jeder Hinsicht den Kontinent Amerika repräsentiert, mit seinen uralten prä-kolumbianischen Kulturen, mit der Fruchtbarkeit der mexikanischen Erde, mit seinem Vulkanismus, mit seinen unterschiedlichsten Klimazonen zwischen tropisch und Hochgebirge, einer hochentwickelten Alltags-Volkskunst (Küche, Musik, etc.) und nicht zuletzt mit dem Human-Potenzial im 21. Jhdt. aufzurücken zu den wirtschaftlich und kulturell prosperierenden Ländern.
500 Jahre Kolonisierung haben deutliche gesellschaftliche Spuren in Mexiko hinterlassen, die man aber nur versteht, wenn man dort gelebt und gearbeitet hat, den Alltag kennt und sich in die Mentalität einigermaßen hinein fühlen kann.
Der euro-zentristische, westlich US-amerikanische Blick erfasst die Probleme zu oft nur an der Oberfläche.
Wenn Trump es schafft, die Beziehungen zu Nord-Korea, Russland, China zu normalisieren, dann stünde es Ihm gut an, auch seinen Nachbarn Mexiko in all seiner Besonderheit zu respektieren und Mexiko seinen ureigenen, mexikanischen Weg gehen zu lassen.
Und der dürfte sich unterscheiden vom
"US-american way of life".
MM