Wirtschaftskrise in Russland

Hat der Rubel die Talsohle erreicht?

Die Rubelinflation ist die schärfste Finanzkrise in Russland seit 1998. Mittlerweile hat Russland begonnen, Teile der Währungsreserven zu verkaufen. Die EU hat derweil weitere Sanktionen angekündigt.

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Der Rubel hat im Laufe dieses Jahres mehr als die Hälfte seines Wertes eingebüßt. Vor rund einem Jahr bekam man für einen Euro etwa 45 Rubel. Im Frühjahr schwankte der Kurs zwischen 48 und 50 Rubel pro Euro. Im Juni stabilisierte sich die Lage bei rund 46 Rubel/Euro und begann im Spätsommer wieder zwischen 46 und 50 zu pendeln. Das sind alles ganz normale Schwankungen. Doch ab Oktober ging es plötzlich schnell und beinahe stetig bergab. Den Tiefpunkt erreichte der Wert am 16. Dezember mit einem Schlusskurs von rund 87,17 Rubel pro Euro. Am Tag darauf konnte sich der Rubel jedoch leicht erholen und stieg wieder auf rund 75,66. Auch am 18. Dezember lag er zum Schluss bei ca. 75,65 Rubel pro Euro.

Die herbstliche und frühwinterliche Talfahrt zerrt an den Nerven. Die russische Notenbank reagierte mit drastischen Leitzinserhöhungen und teuren Stützungskäufen mittels Währungsreserven. In Moskau fahren die Aktienkurse Achterbahn. Pessimisten können sich sogar eine Staatspleite vorstellen. Optimisten hoffen, dass die Talsohle bald erreicht sein wird und es dann wieder bergauf geht. Wladimir Putin persönlich verkündete auf seiner großen Pressekonferenz, dass in spätestens zwei Jahren die Krise überstanden sei und sich alles wieder normalisieren werde.

Ist die Krise die Folge der Sanktionen? Oder liegt es am niedrigen Ölpreis? Die Vermutungen und Schuldzuweisungen überschlagen sich. Doch wirtschaftliche Entwicklungen sind komplex. Es gibt Kettenreaktionen. Auf schlechte Nachrichten reagieren Investoren mit Kapitalflucht. Mehr als 130 Milliarden US-Dollar Kapital soll bereits außer Landes geflossen sein. Die Bevölkerung dagegen wird unruhig und beginnt mit Hamsterkäufen, bevor die Preise insbesondere für importierte Konsumgüter in die Höhe schnellen.

Die Ukrainekrise, die Russlandsanktionen, der Ost-West-Konflikt, die Ölpreisverfall und schließlich die europäische und amerikanische Stimmungsmache gegen Russland, die zur Kapitalflucht animiert, greifen Hand in Hand. Russland droht eine Rezession.

Alles geplant oder einen Verkettung von unglücklichen Umständen?

Wladimir Putin hat auf seiner großen Pressekonferenz von „äußeren Faktoren“ gesprochen, die für die Krise mitverantwortlich seien. Damit meinte er unter anderem die Sanktionen. Russlands Wirtschaftsminister machte jedoch auch die verschleppten Strukturreformen im Lande mitschuldig an der Krise, aber er verwies auch auf das Abflauen der Weltkonjunktur und auf die Sanktionen in Folge der geopolitischen Krise.

Russland würde für seine Krimannexion einen Preis bezahlen müssen, hatte US-Präsident Barack Obama gedroht. Doch den Preis müssen auch die westlichen Investoren bezahlen, die zuvor viel Geld in Russland investiert haben. Betroffen ist auch die deutsche Wirtschaft. Der Handelsumsatz zwischen Deutschland und Russland ist erheblich zurückgegangen. Allein im Oktober betrug der Rückgang der Exporte nach Russland rund 22 Prozent. Für verschiedene deutsche Unternehmen, die stark auf den russischen Markt ausgerichtet sind, bereiten die Sanktionen Schwierigkeiten.

Die deutsche Bundesregierung weist einen direkten Zusammenhang zwischen Rubelkrise und Sanktionen zurück. Man sehe die Entwicklung eher mit Besorgnis. Nach einer unkonkreten Stellungnahme des Regierungssprechers Steffen Seibert seien die Ursachen bereits vor der Ukrainekrise entstanden.

Weitere Sanktionen angekündigt

Ob die deutsche Bundesregierung ihre Besorgnis ernst meint, wenn es um die russische Finanzkrise und den damit auch für die deutsche Wirtschaft verbundenen Schaden geht, wirkt angesichts der weitergeführten Sanktionspolitik nur bedingt glaubwürdig. Jedenfalls haben sich führende Politiker der Großen Koalition gegen eine Lockerung der Sanktionen ausgesprochen.

Die EU hat sich derweil für neue Sanktionen gegen Russland ausgesprochen. Diesmal handelt es sich um ein spezielles Export- und Investitionsverbot gegen die Krim. Damit werden indirekt die Bewohner der Krim für ihr Referendum bestraft.

Dabei warnt sogar die „Wirtschaftswoche“ vor den Folgen weiterer Sanktionen. Wenn die USA weitere Sanktionen gegen Russland beschließen, solle die EU nicht folgen, heißt es dort. Allerdings ist hier nicht das Hauptargument, dass auch die deutsche Wirtschaft betroffen sein könnte, sondern dass eine zu drastische Sanktionspolitik das Feindbild „Westen“ schärfen und die Bevölkerung stärker hinter ihren Präsidenten Wladimir Putin scharen könnte.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Gerhard

Den Russen krigt niemand klein. Das sagen vor allem die alten Kriegsveteranen. Sie haben erlebt, wie zäh und anspruchslos die Russen sind. Wir Deutschen werden schon wieder missbraucht um uns und die Russen zu schwächen. Wer steckt wohl dahinter?

Gravatar: Marie

Mit der Ankündigung von Sanktionen stellt sich die EU selbst ein Bein und das wird sie in naher Zukunft zu spüren bekommen. Von versöhnlichen diplomatischen Lösungen kann derzeit keine Rede sein!

Gravatar: Freisinn

Diese Politiker fühlen sich eben einem anderen Souverän verpflichtet - sicher nicht ihrem Volk

Gravatar: MAX

Diese Sanktionen gegen Russland werden Deutschland
noch schwer treffen.
Wenn unsere schlauen Politiker der Einheitsparteien meinen
sie könnten Russland erpressen und destabilisieren, dann
haben sie die Rechnung ohne die globalen Reserven Russlands und
Chinas gemacht.
Diese Sanktionspolitiker werden uns in den Ruin führen.

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