Buch-Rezension

»Gekaufte Journalisten«

Von der Verwerflichkeit medialen Wirkens: Der Publizist Udo Ulfkotte rechnet mit seinesgleichen ab.

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Was Willy Wimmer, einst Parlamentarischer Staatssekretär im deutschen Verteidigungsministerium, im „Pleisweiler Gespräch“ vom 24. Juni 2014 preisgab (zu sehen und zu lesen unter www.nachdenkseiten.de), war Vertrauten bekannt, für eine breitere Öffentlichkeit aber doch überraschend. Wimmer tat dar, mit welchen Methoden die Nato Öffentlichkeitsarbeit macht, nämlich mit Public Relations und Infiltration. Ganz offen sagte er: „Es gibt ein Nato-Netzwerk in den deutschen Medien.“ Und an anderer Stelle, nämlich in der Zeitung „Junge Welt“ (Ausgabe vom 13. September 2014) offenbarte er: „Ich kann mich sehr gut an ein langes Gespräch mit einem mir seit Jahrzehnten bekannten führenden FAZ-Mitarbeiter erinnern. Der machte deutlich, wenn das State Department noch rechtzeitig vor Drucklegung nachts anruft, dann kommt der gewünschte Artikel am nächsten Morgen in die Zeitung.” Eine solche Feststellung eines einst engen Mitarbeiters des früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl, überdies eines konservativen CDU-Politikers, der 33 Jahre Abgeordneter des Deutschen Bundestags war und also die Akteure auf Seiten der Nato und der Publizistik kenn(enlern)t(e), lässt aufhorchen. Sein Befund kann nicht, wie sonst üblich, als „Verschwörungstheorie“ abgetan werden.

Geradezu ein Glücksfall für die Öffentlichkeit ist in diesem Zusammenhang das jüngste Buch des Publizisten Udo Ulfkotte. In „Gekaufte Journalisten“ führt der einstmals langjährige „Kriegsberichterstatter“ der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.) nicht nur Beispiele an, welche das Verdikt des einstigen CDU-Politikers Wimmer belegen und untermauern, sondern er nennt auch die Namen führender Fernseh-, Rundfunk und Zeitungsjournalisten, die er aus eigener Anschauung und Kenntnis zu besagtem Nato-Netzwerk zählt. Es versteht sich, dass der promovierte Kriminologe, Islamkundler und Politologe nicht nur ungeprüft Behauptungen aufstellt, sondern auch die entsprechend stützenden Unterlagen dazu liefert. Nicht allein das: Ulfkotte kann aufgrund vielfältiger journalistisch-publizistischer Arbeit(spraxis) und Kontakte – weit über Deutschland und Europa hinaus - auch die intensive Verflechtung zahlreicher „Alpha-Journalisten“, wie er sie nennt, mit Organisationen und Institutionen darlegen, welche vornehmlich von den Vereinigten Staaten gesteuert werden.

Ulfkotte übt Selbstkritik

Ulfkotte übt Selbstkritik: während 17 Jahren Zugehörigkeit zur F.A.Z. habe er sich für seine Berichterstattung schmieren und also korrumpieren lassen – mit Wissen und stillschweigender Billigung seiner Vorgesetzten, wie er ausdrücklich betont: „Völlig unabhängig von möglichen schweren Folgen habe ich – zunächst mit dem Finger auf mich selbst zeigend – aufgeschrieben, wie korrupt Leitmedien sind. Ich habe aufgeschrieben, wie ich bei der F.A.Z. für Artikel geschmiert wurde und wie die F.A.Z. sich für Unternehmen mit Gefälligkeitsberichten prostituiert hat. (...) Ich schäme mich heute dafür. Ich kann es nicht ungeschehen machen. Und es macht es nicht besser, dass meine Vorgesetzten das so wollten und nachweislich abgesegnet haben.” Der Bekenner Ulfkotte gehörte einst selbst (von Washington direkt oder indirekt gesteuerten) Netzwerken an und erhielt im Gegenzug für gefällige Berichterstattung in den USA sogar eine Ehrenbürgerurkunde. Nach mehrmaligem „Mea culpa – mea maxima culpa” gibt Ulfkotte preis, welche Journalisten welchen Lobbyorganisationen angehör(t)en. Das Personenregister seines Buches (S. 333 ff.) enthält 321 illustre Namen. Der Autor blickt hinter die Kulissen jener Organisationen, welche das mediale Tun mittelbar oder unmittelbar beeinfluss(t)en, so etwa, um einige Beispiele zu nennen, Atlantik-Brücke, Trilaterale Kommission, German Marshall Fund, American Council on Germany, American Academy, Aspen Institute und dergleichen mehr. Er legt zudem die geheimdienstlichen Hintergründe zu Lobbygruppen und Propagandatechniken offen und beschreibt, wie von der US-Botschaft in Berlin Fördergelder für Projekte zur gezielten Beeinflussung der öffentlichen Meinung in Deutschland abgerufen werden können. Zudem legt er anhand der Beispiele CIA und BND (Bundesnachrichtendienst) anschaulich offen, wie Dienste vorgeben, was geschrieben wird. Man hält es kaum für möglich: manche öffentlichkeitswirksame Schlagzeile mit dazugehörigem Bericht und/oder beigefügter Analyse, welche Ulfkotte der F.A.Z. verschaffte, fußt seinen Selbstbekenntnissen in vorliegendem Buch zufolge auf Materialien, welche ihm BND-Leute in der Zentralredaktion des Blattes in Frankfurt übergaben. Bisweilen diktierten sie ihm Texte direkt in die Feder – und dies alles, laut Darstellung Ulfkottes, mit Wissen und ermutigender Billigung von Herausgebern und Ressortchefs.

klassische Propagandatechniken

In materialreichen Kapiteln bereitet der Autor auf, welche Unsitten im medialen Schaffen eingerissen sind und wie führende Leute der Print- und Fernseh- sowie Rundfunkpublizistik das bislang leuchtend helle Bild vom unabhängigen Journalismus verdüstert und die angebliche „Vierte Staatsgewalt“ diskreditiert haben. In „Simulierte Pressefreiheit” zeigt er auf, wie seinesgleichen durch Reisen und teuere Geschenke (Rolex, goldene Füllfederhalter, etc.) gekauft und durch Journalisten-Preise geködert wurden/werden. Die seiner Kenntnis nach „korrupten Journalisten” nennt er offen beim Namen. Zudem legt er dar, wie Anzeigenkunden durch Manipulation der Auflagenhöhe betrogen werden. (Die Auflage eines Blattes bestimmt die Höhe von dessen Anzeigenpreisen entscheidend mit.)

Im Kapitel „Unsere Medien”, die Ulfkotte als weitgehend „gleichgeschaltet, obrigkeitshörig und rechercheunwillig” charakterisiert, beschreibt er, wie Reporter Agenturmeldungen kurzerhand, d.h. ohne eigene Recherche, übernehmen und unter eigenem Kürzel oder Namen bringen. In „Undercover Wahrheit: Alpha-Journalisten auf Linie mit den Eliten” stellt er ausgiebig Verflechtungen zwischen Meinungsmachern und Eliten dar. Alle konkret Genannten finden sich in übersichtlichen Tabellen rubriziert. Ulfkotte stellt „klassische Propagandatechniken“ dar, so etwa, wie Berichtsinhalte durch „passende“ Fotos in ihrer (gelenkten) Aussagekraft „verstärkt” werden und wie Geheimdienste Umfrageergebnisse im Internet manipulieren sowie Meinungen zensieren. Er thematisiert auch die jährlichen Treffen der „Bilderberger“ und deren Begleitung durch „ausgewählte Alpha-Journalisten“.

Kauf Dir einen Journalisten

Schließlich beschreibt Ulfkotte in „Kauf Dir einen Journalisten – geschmierte Berichterstattung” wie mit „Incentives” (Anreizen wie Preisnachlässen, Rabatten oder gar gänzlichen Kostenübernahmen bzw. Geschenken) – nicht selten von Journalisten direkt „eingefordert” – Gefälligkeitsberichterstattung erkauft wird. Er scheut sich auch nicht, Journalisten/Publizisten namentlich zu nennen, die Erklärungen unterschrieben, derer zufolge sie sich verpflicht(et)en, weder direkt noch indirekt den Interessen der USA zu schaden oder wider die EU anzuschreiben. Auch mit teuren Reisen bei Unterbringung in Luxushotels ließen/lassen sich Journalisten ködern. Automobile wurden/werden als „Testwagen“ über längere Zeit an Journalisten vergeben, bisweilen so lange, bis wieder ein neues Model des Herstellers auf den Markt kam/kommt. Sodann benennt er Verflechtungen zwischen Politik und Medienhäusern. Die gesamte Dokumentation belegt der Autor durch ausgiebige Quellenangaben und Fußnoten.

Udo Ulfkotte hat ein längst überfälliges Buch verfasst. Als Insider legt er dar, wie bestimmte politische und ökonomisch-soziale Positionen in die Medien gelangen und welche Organisationen, Institutionen und Personen mit welchen Interessen hinter diesen Positionen stehen, die den Medienkonsumenten – Lesern, Hörern, Zuschauern - als „objektiv“ verkauft werden. Das wird viele Zeitgenossen verstören bis erschüttern. Man darf gespannt sein, wie sich die von ihm genannten „Täter“ mit dem „Nestbeschmutzer“ auseinandersetzen. Klagen dürfte er zuhauf zu gewärtigen haben. Er geht ihnen ebenso wenig aus dem Weg wie der Publizität, die er zweifellos zu schätzen weiß. Von Ulfkotte decouvrierte „Standesgenossen“ aus bisher als seriös geltenden Organen werden ihn gewiss verteufeln. Doch gerade für die (mediale Vor-) Hölle gilt: Wo Rauch ist, ist auch Feuer.

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