Kritiker werden deutlicher und lauter

Flüchtlingspolitik: Angela Merkel unter Beschuss

Immer mehr Politiker und Journalisten wagen sich, offene Kritik an Angela Merkels Flüchtlingspolitik zu üben. Die Stimmung wirkt gereizt. Die Geduld ist am Ende.

Angela Merkel. 2015. Foto: European Union 2015 - source: EP
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In dem Nachrichtenmagazin „Stern“ wählt Journalist Tilman Gerwien klare Worte. In seinem Kommentar kritisiert er Angela Merkel und ihre Flüchtlingspolitik. Frau Merkel habe sich „in der Flüchtlingskrise völlig verrannt“. Die Deutschen seien mehrheitlich gegen ihre Flüchtlingspolitik. Sein Fazit: Merkels Zeit sei abgelaufen. Sie müsse ihren Kurs korrigieren oder abtreten.

Würde man die derzeitigen Flüchtlingszahlen aufs aktuelle Jahr hochrechnen, so wird im „Stern“ argumentiert, müsse man 2016 mit einer weiteren Million rechnen. Das sei zu viel. Seit Monaten schmeiße „die Kanzlerin Nebelbomben in die Debatte, um von ihrem eigenen Versagen abzulenken“. Doch die Integration von einer Million Flüchtlingen könne nicht damit gelingen, Turnhallen und Dixiklos bereitzustellen. Warum habe es keine Abstimmung mit der Bevölkerung dazu gegeben?

In Europa habe Merkel ausgespielt. Deutschland sei das einzige Land, das noch keine Obergrenze für die Zuwanderung festgelegt habe. Die anderen europäischen Länder würden sich über die deutschen Belehrungen ärgern: „Deutschland aber verliert sich in einem nationalchauvinistischen Ego-Trip, auf dem es anderen gerne schnappende Belehrungen in Sachen Migration und Humanität erteilt.“

Doch mit den Belehrungen gegenüber den osteuropäischen Ländern ist Angela Merkel nicht allein. Aktuell treffen sich die Reichen und Mächtigen zum Weltwirtschaftsforum im Schweizer Davos. Ihre Stellungnahmen: Osteuropa solle sich stärker an der Aufnahme von Flüchtlingen beteiligen. Auch Bundespräsident Joachim Gauck hat in Davos ins selbe Horn geblasen. Aber die Reichen und Mächtigen in Davos müssen ja auch nicht auf dem Arbeitsmarkt mit Zuwanderern konkurrieren oder ihre Turnhallen und Schulen räumen.

Immer mehr Unionspolitiker kritisieren Merkels Flüchtlingspolitik

Wie sehr der Druck auf Angela Merkel zunimmt, zeigt sich darin, dass nicht nur der Ärger aus Bayern anhält, sondern auch in ihrem eigenen Ministerkabinett Kritik geäußert wird. So hatte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik gefordert, wie unter anderem Spiegel-Online berichtete.

Nach Dobrindt reiche es nicht aus, „der Welt ein freundliches Gesicht zu zeigen“. Merkels Meinung, die Grenzschließungen gefährden Europa, teile er nicht. Dobrindt ist der Meinung, dass man „ein klares Signal an die Welt“ schicken müsse und dass Deutschland nicht jeden aufnehmen könne, der auf der Suche nach einem besseren Leben sei.

Inzwischen haben rund 50 Unionsabgeordnete an einer Unterschriftenaktion gegen Merkels Flüchtlingspolitik teilgenommen. Man befürchte, so heißt, eine Überforderung des Landes. Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière wird unruhiger. Vor wenigen Tage hatte er sich besorgt über die Zunahme von Migranten aus den Ländern des Maghreb wie Algerien und Marokko geäußert.

Dem Chor der Merkel-Kritiker hat sich auch der ehemalige bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) angeschlossen. Wie unter anderem Focus-Online berichtete, hat Stoiber Merkel ein Ultimatum gestellt. Bis Ende März solle Merkel ihr Versprechen einlösen, die Zahl der Zuwanderer zu reduzieren. Sie mache ansonsten „Europa kaputt“. Stoiber meinte zudem, dass man „notfalls auch gegen die Meinung von Merkel“ handeln müsse. Auch der bayrische Innenminister Joachim Herrmann drängt auf einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik.

Kürzlich hat der CSU-Politiker Hans-Peter Uhl in einem Interview mit dem Nachrichtensender n-tv Angelas Merkels Flüchtlingspolitik kritisiert und über die Stimmung in seinem Wahlkreis berichtet. Zitat: „Mit überwältigender Mehrheit höre ich überall eine Position: Wir schaffen das so nicht. Noch einmal eine Million Flüchtlinge aufzunehmen, ist unvorstellbar. Die Menschen sind sehr verängstigt. Sie haben die Bilder von der Kölner Domplatte und aus anderen Städten vor Augen. Sie sehen, dass Turnhallen von Schulen dauerhaft zur Unterbringung von Flüchtlingen belegt werden. Sie sehen Probleme über Probleme und wollen endlich eine Lösung von der Politik.“

Als Lösung schlägt Hans-Peter Uhl vor: „Die Begrenzung der Flüchtlingszahlen muss jetzt beginnen. Allein darauf zu vertrauen, dass Europäer, Griechen und Türken für uns das Problem lösen, ist eine realitätsferne Illusion. Wir müssen an der deutschen Grenze unverzüglich kontrollieren und illegale Migranten zurückweisen. Damit werden wir Europa und die europäische Idee nicht beerdigen. Nur wenn wir die Grenze für Illegale schließen, wird der Druck entstehen, um eine europäische Außengrenzensicherung wieder in Gang zu bringen, die derzeit nicht stattfindet.“ Und er ergänzt: „Unsere Wähler wollen mit großer Mehrheit, dass wir diese illegale Migration stoppen.“

In der deutschen Wirtschaft wachsen die Sorgen

Die anfänglich positive Stimmung unter den deutschen Managern bezüglich der Zuwanderung verdunkelt sich zunehmend. Hieß es anfangs noch, man freue sich auf motivierte Arbeitskräfte, so befürchten nun viele Manager gesellschaftliche Verwerfungen, die auch der Wirtschaft schaden könnten. Wie unter anderem die FAZ berichtete, glaubt die Mehrheit der Wirtschaftsführer nicht an ein erfolgreiches Jahr 2016. Auch die unsichere außenpolitische Lage trage zu diesem Pessimismus bei.

Tatsache ist, dass mit großen Kosten zu rechnen ist. Angela Merkel selbst spricht von 10 Milliarden Mehrkosten. Wirtschaftsprofessoren streiten sich derzeit um die wahrscheinlichsten Kostenzahlen. Der Chef des Ifo-Insituts, Hans-Werner Sinn, hat allein für 2015 Mehrkosten von rund 20 Milliarden Euro ausgerechnet. „Die Zahlen machen Angst“. Sinn verwirft die Meinung anderer Ökonomen, wonach die Zuwanderung die deutsche Wirtschaftsleistung steigern könnte.

Wie die Welt berichtete, rechnet der Ökonom Bernd Raffelhüschen mit 17 Milliarden Euro pro Jahr. Doch langfristig könnten die Kosten erheblich steigen, bis zu einer Billion Euro! Das wäre rund ein Drittel der deutschen Wirtschaftsleitung. Die Vermutung von einer Billion Euro ist von anderen Ökonomen allerdings kritisiert und relativiert worden. Ob dies nur der Beschwichtigung galt oder ob die Kritik berechtigt ist, sei dahingestellt. Doch egal, wie die Zahlen letztendlich ausfallen werden, sie werden zu hoch sein.

Der IWF hat derzeit eine Studie veröffentlicht, wonach die Flüchtlinge der deutschen Wirtschaft helfen könnten. Allerdings gelänge dies nur, wenn sie einwandfrei integriert würden, sonst würde es erhebliche Kosten geben. Doch bleibt hier die Frage offen, wie wahrscheinlich es ist, dass die Integration von einer Million Zuwanderern pro Jahr gelingen könne, wenn Deutschland bisher mit weitaus geringeren Zahlen an Migranten bereits große Integrationsprobleme gehabt hat?

Am Ende wird die bittere Frage bleiben: Wie viel günstiger und vielleicht auch humaner wäre es gewesen, der UNO in ihrem Budget für die Flüchtlingslager im Nahen unter die Arme zu greifen und den Menschen vor Ort zu helfen? Diese Rechnung wird Angela Merkel noch lange verfolgen.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: ANTON AMAN

Die ewige Leier der Frau Merkel, die Flüchtlingsursachen
zu bekämpfen, kann man schon nicht mehr hören! Sie
selbst ist mit ihrer "Anhänglichkeit" zu den USA an den
illegalen, völkerrechtswidrigen Kriegen mitschuldig, ja, es
geht weiter, die deutsche Waffenindustrie lukrierte
Aufträge in zweistelliger Milliardenhöhe!!!
Die nationale und kulturelle Unterwanderung durch
Asylanten, wird in der Zukunft in Deutschland zu unlösbaren Problemen führen und die gesellschaftliche
Ordnung in Frage stellen!
Europa wird so mit in den Abgrund gerissen und
Spannungen der Nationalitäten werden unvermeidbar sein, obwohl die europäische Idee gerade das vermeiden
will!
Wo bleiben die mutigen Politiker, die diese Gefahr vor
Augen auch bei Kanzlerschaftsverlust reagieren müssten?!

Gravatar: Karin Weber

Es ist unverständlich, wieso eine derartig berechtigte Kritik derart lange zurückgehalten ... besser unterdrückt werden konnte.

Ich mochte Merkel nie und deren Politik hat bei mir nur zu Kopfschütteln geführt. Mittlerweile ist es so, dass der politische Alltag das Niveau und die Unerträglichkeit der letzten Tage der SED erreicht hat. Man kann es einfach nicht mehr hören und ertragen .... und man wird das Aufatmen hören und den Ruck der durchs Land gehen wird spüren, wenn diese Merkel endlich verschwindet.

Über eines muss man sich dann allerdings im Klaren sein: Das System ist nicht reformierbar, die Täter von heute nicht amnestiert. Da muss grundsätzlich und grundhaft aufgeräumt werden. Auch die Lügenpresse und die staatlichen Propagandasender werden nicht über Nacht amnestiert. Wir müssen da auch über Abschiebungen von Deutschlandhassern nachdenken.

Gravatar: Karl Gross

Endlich Wahlen!

Von Glück sprechen kann die CDU, vom Glück, dass „nur“ Landtagswahlen anstehen. Die Lehre, die ihr im März zuteil werden wird, leitet dann hoffentlich nicht das Ende der CDU, unbedingt aber das der Kanzlerschaft Merkels ein. -

Was den neutralen Politikbeobachter umtreibt ist mittlerweile nicht mehr nur die Flüchtlingspolitik allein, sondern vor allem auch das bornierte Auftreten politischer Eliten nahezu aller Parteien. Wenn die Kanzlerin bockig auf ihrer Basta-Politik beharrt und nicht nur Seehofer, sondern gleich auch mal Faymann abwatscht, anstatt zuzugeben, dass an eine europäische Lösung der Flüchtlingsfrage nur noch sie als Einzige glaubt, wenn Gauck den nur halb gefüllten (!!!) Saal in Davos pastoral belehrt, wenn Harms im EU-Parlament die Polen schulmeisterlich barsch zurechtweist, wenn Steinmeier seine Sticheleien gen Russland sendet, dann ist dies ein Stil, der nicht nur die ausländischen Adressaten brüskiert. -

Man fahre einmal über die Mittagszeit in die Landkantinen dieser Republik und höre dem „gemeinen“ Mann zu. Da kündigt sich Unbehagliches an. Da nutzt der CDU ihr gutes Gewissen Wolfgang Bosbach mittlerweile auch nur noch wenig. - Hinterher wird festgestellt werden, was man vorher schon hätte beobachten können: Abgehobenheit und mangelnde Dezenz gepaart mit Besserwisserei und dem Impetus moralischer Überlegenheit haben auch im Inneren, auf mentaler Ebene, zu einer heftigen Entfremdung von politischen Eliten und großen Teilen der Bevölkerung geführt. In den Elfenbeintürmen der intellektuellen Begleitung unseres Zeitgeistes wird das -von einigen Ausnahmen abgesehen- neuerdings zumeist immer erst dann wahrgenommen, wenn es zu spät ist. Erst im Nachhinein werden dann Zustände beschrieben, die -korrigierendes Handeln vorausgesetzt- als Problem noch abwendbar gewesen wären. Man zeigt sich dann überrascht, man entschuldigt sich gewohnt phrasenhaft. Redundante Gesten. -

Eine geringe Wahlbeteiligung könnte insgeheim im März erstmals politisch erwünscht sein. Wer fatale Fehlanalysen wie die von Stegner in der FAZ liest, wer die enttäuschende Zweckrhetorik von Kretschmann und Dreyer im Kontext der SWR-Elefantenrunde zur Kenntnis nimmt, der muss sich nicht auch noch Kipping, Roth oder Göring-Eckardt antun, um zu erkennen, dass propagandistische Vormundschaft das Gegenteil dessen auslösen, was von den Absendern eigentlich bezweckt wird.
Hoffen wir nur, dass es für eine Umkehr nicht schon zu spät ist, sondern dass dies alles zu einer neuen, frischeren, demokratischen Politikkultur in unserem so selbstgerechten Land führt.

Gravatar: P.Feldmann

Merkel ist eine neoliberalistische Marionette, die weder ein Interesse an Demokratie noch an Deutschland noch an Europa hat.

Seit A.H. hat niemand Europa und Deutschland so sehr geschadet wie A.M.!

Abtreten, ja, aber Abtreten in Ketten!- die Welt braucht Bilder: Merkel kann in Ketten de r Welt ein freundliches Gesicht zeigen und der Völkerwanderung die Einladungskarte entziehen!

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