Währungspolitik

Euro: Ein Konstrukt mit Systemfehlern

Die Zahl der Kritiker wächst. Der Euro wird zu einer wachsenden Belastung für Europa. International spekulieren Anleger mittlerweile sogar auf einen möglichen Austritt Deutschlands.

Foto: Alf Melin / flickr.com / CC BY-SA 2.0
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Der Euro ist eine Fehlkonstruktion. Immer mehr Experten kommen zu dieser Einschätzung. Warnungen hatte es schon vor der Einführung gegeben. Doch sie wurden nicht gehört. Das schrille Orchester der Politik hatte die kritischen Stimmen aus der Finanzwelt übertönt. Das kommt davon, wenn die Politik das Primat in Finanzfragen hat: Der ideelle Wunsch deckt sich nicht immer mit den finanziellen Realitäten.

Von Anfang an war ein schwerwiegender Systemfehler eingebaut: Die Fiskalpolitik (Staatshaushalt) und die Währungspolitik wurden getrennt. Die Fiskalpolitik blieb Aufgabe der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten. Doch die Währungspolitik wurde durch die Einführung des Euro zentralisiert. Damit wurde den einzelnen Volkswirtschaften die Möglichkeit genommen, finanzpolitische Maßnahmen mit Ab- oder Aufwertungen ihrer jeweiligen Währung zu flankieren.

Das Ergebnis hat Europa nun auf dem Präsentierteller serviert bekommen. Die Schuldenkrise bedroht uns alle. Schlimmer noch: Millionen Menschen in Europa – vor allem in Südeuropa – müssen um ihre wirtschaftliche Existenz fürchten. In Ländern wie Griechenland und Spanien spricht man schon von einer verlorenen Generation. Junge Menschen finden keine Arbeit, alte Menschen sind um ihre Ersparnisse gebracht worden, die Infrastruktur ist für viele Jahre beschädigt, der soziale Frieden passé. Der Wiederaufbau wird unmöglich sein, denn auf lange Zeit drückt die Schuldenlast. Austerität in Zeiten der Rezession – das war schon immer das falsche Mittel.

Zunehmend kritische Stimmen in den Medien

Man mag es kaum glauben. Während es noch vor nicht allzu langer Zeit verpönt war, den Euro in Frage zu stellen, findet die Kritik nun offen ihre Kanäle in die Öffentlichkeit. Selbst in den Leitmedien, die lange Zeit den Euro priesen und Kritik als antieuropäisch zurückwiesen, findet nun ein Kurswechsel statt.

Jüngstes Beispiel ist ein Artikel auf ZEIT-Online. Dort zieht Mark Schieritz eine nüchterne Bilanz: „Der Euro ist vielleicht eine der größten wirtschaftspolitischen Fehlentscheidungen des vergangenen Jahrhunderts – und wenn nicht schnell etwas passiert, wird er Europa zerstören.“ Er verweist auf den Wirtschafts-Nobelpreisträger Milton Friedman. Dieser hatte in den 1990ern gewarnt, der Euro werde Europa nicht einen, sondern spalten, weil wirtschaftliche Anpassungsprozesse zu „umstrittenen politischen Themen“ würden.

Der Euro, so der Autor, habe sich nicht als Wohlstandsmaschine, sondern als Wohlstandsvernichter erwiesen. Er verweist darauf, dass bei der Hälfte aller Mitgliedsländer der Eurozone die Wirtschaftsleistung unterhalb des Niveaus von 2007 liege. Die Währungsunion sei für die meisten Länder der Eurozone eine „ökonomische Zwangsjacke“ geworden. Schieritz fordert deshalb eine Lösung, bei der Staaten auch pleitegehen können. Als Beispiel nennt er die USA. Dort gibt es die Federal Deposit Insurance Corporation. Sie springt ein, wenn einzelnen Bundesstaaten das Geld ausgeht. Daher können US-Bundesstaaten pleitegehen, ohne dass der Geldfluss gestoppt wird.

Weltweit wird auf den Euro-Austritt Deutschlands spekuliert

Bizarr mutet die folgende Entwicklung an: Weltweit spekulieren immer mehr Anleger auf einen möglichen Austritt Deutschlands aus der Euro-Zone. Man spricht vom „Gexit“, dem „Exit of Germany“. Ein Grund hierfür sei, wie unter anderem DIE WELT berichtet, dass die mitteleuropäischen Länder wie Deutschland weiter vom Durchschnitt der europäischen Länder entfernt seien als Griechenland. Deutschland setze durch seine Ausgabenbekämpfung und Inflationsdisziplin Maßstäbe, die für viele andere Länder unerreichbar seien.

Eine ähnliche Idee äußerte jüngst Ashoka Mody, Wirtschaftsprofessor an der US-amerikanischen Princeton University. Wenn Deutschland ausstiege, würden geringere Verwerfungen entstehen, als wenn arme Länder wie Griechenland oder Portugal die Eurozone verlassen würden.

Damit deutet sich an, worauf Kritiker in Deutschland immer wieder hingewiesen hatten. Eine Eurozone, die sich auf Mittel- und Nordeuropa beschränkt hätte, wäre stabiler gewesen.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Coyote38

Lasst solches Gerede aber nicht unsere Alternativlose hören. Sonst lauft ihr Gefahr, wegen Euro-Ketzerei auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden.

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