Umstrittener Protest gegen Islamisierung

Ein Phänomen namens PEGIDA

Politiker und Journalisten schließen die Reihen: PEGIDA gilt als nicht satisfaktionsfähig. Doch bei näherem Hinsehen zeigt sich: Der Abstand zwischen Politikern und Bevölkerung ist größer geworden.

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Am Montag haben 15.000 Bürger in Dresden gegen die Islamisierung des Abendlandes demonstriert – ein Umstand, der zahlreiche Politiker und professionelle Beobachter kopfstehen lässt. Waren es am vorangegangenen Montag, bei der achten Ausgabe der PEGIDA-Demonstration, »nur« 10.000 gewesen, sprengte die neunte jedes bis dahin vorstellbare Maß. Erst 10.000, dann 15.000 Teilnehmer, das sind Zahlen, die das politische Establishment in Aufregung versetzt haben.

In gewisser Weise ist die Aufregung verständlich. Denn was sich vor allem in Dresden abspielt, ist bemerkenswert: Ohne viel Werbung zu machen, hat PEDIGA-Initiator Lutz Bachmann immer mehr Menschen versammelt, die sein Anliegen teilen. Sie ziehen seit Wochen jeden Montag durch Dresden, um es zu Gehör zu bringen. Und plötzlich waren es tausende, jedenfalls so viele, um die Aufmerksamkeit einer breiteren Öffentlichkeit zu erregen. Dass es letzten Montag so viele wurden, liegt mit Sicherheit auch an den zahlreichen Wortmeldungen, die, obschon in der Regel gegen PEGIDA gerichtet, eine Werbung für die Veranstaltung war, wie der Veranstalter sie sich nicht anders wünschen konnte.

Politiker über PEGIDA: starker Tobak

Was Politiker über PEGIDA sagten, war starker Tobak. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sagte: »Sie vergiften das politische Klima und schüren Hass.« Man betreibe »ein gefährliches Spiel mit fremdenfeindlichen Ressentiments und tumben Vorurteilen«. Ähnlich harsch das Urteil von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD): Er sprach von einer »Schande für Deutschland«. Die Demonstrationen könnten eine »neue Eskalationsstufe der Agitation gegen Zuwanderer und Flüchtlinge« in Gang setzen. Man müsse ein »breites Gegenbündnis der gesamten Zivilgesellschaft und aller politischen Parteien« schmieden, damit die »Menschen mit einer klaren Affinität zur Ausländerfeindlichkeit auf die Straße«, die er »widerwärtig und abscheulich« finde, »entlarvt« würden. Die Kanzlerin verwies auf das Recht zu demonstrieren, schränkte aber ein, hier sei »kein Platz für Hetze und Verleumdung von Menschen, die aus anderen Ländern zu uns kommen«. Konzilianter im Ton war da schon der Bundespräsident, der dazu aufrief, »Chaoten und Strömungen, die wenig hilfreich sind«, einfach nicht zu beachten.

In dem Chor der aufgeregten Stimmen waren und sind allerdings auch solche zu vernehmen, die abwägen. So versuchte sich etwa Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) in der Ehrenrettung der Teilnehmer, indem er sie als Verirrte charakterisierte: »Diejenigen Bürger, die nicht wirklich begreifen wollen oder begreifen können, was sie da tun, wofür sie sich missbrauchen lassen, auf die muss man zugehen«. Ähnlich hatte schon Merkel versucht, einen Keil zwischen die Initiatoren um Lutz Bachmann und die Demonstranten zu treiben, denn sie ließ sich mit der sorgenvollen Mahnung an Max Mustermann vernehmen, »dass er nicht von den Initiatoren einer solcher Veranstaltung instrumentalisiert wird«.

Ein Mann mit Vergangenheit

In der Tat bietet der Lebenslauf des Organisators Raum für Angriffe, und vermutlich zielen Thierse und Merkel auf seine Person ab. Lutz Bachmann hat jedenfalls keine weiße Weste. Zu seinem Strafregister hat er selbst gesagt: »Ich bin wegen Eigentumsdelikten, Schwarzfahren und – allerdings eine ernste Sache – in Verbindung mit Betäubungsmitteln in Erscheinung getreten.« Dass er mehrfach eingebrochen ist, sich der Justiz durch Flucht nach Südafrika entzogen hat, drei Jahre im Gefängnis saß und keinen Unterhalt für seinen Sohn zahlt, muss noch hinzugefügt werden. Bachmann weiß, dass er nicht das ideale Aushängeschild für eine politische Bewegung ist. Er gibt zu: »Ich bin austauschbar. Und wenn es besser für unsere Sache ist, trete ich auch gern zurück aus dem ungewollten Rampenlicht. An dem Zielen von PEGIDA und den Bürgern wird das nichts ändern.«

Ziele? Hier setzt eine dritte Ebene der Kritik an. Die Strategie heißt: Leugnen, dass es Probleme gibt. So sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU): »Es droht keine Islamisierung der ganzen deutschen Gesellschaft.« Entsprechend versucht eine Heerschar von Politikern und Experten zu erklären, warum PEGIDA ins Leere laufen muss. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt folgerte deshalb auch, dass die Bundesregierung »eine Aufklärungskampagne starten« und »AfD und Pegida nicht das Feld überlassen« dürfe.

Dass der Anteil der Muslime in Sachsen deutlich geringer ist als in anderen Teilen der Republik, ist bekannt. Dass das keine Rolle dabei spielt, was die Sachsen empfinden, wird verschwiegen. Ob Westfale, Württemberger oder Sachse – alle befinden sich in einem gemeinsamen Kommunikationsraum, in dem über bestimmte Themen diskutiert wird, auch wenn man nicht unmittelbar betroffen ist. Und Themen, über die es sich zu diskutieren lohnt, auch unter der Überschrift »Islamisierung«, gibt es zuhauf. Es sind ja vor allem die kleinen, unscheinbaren Meldungen in der Zeitung oder die beiläufigen Erfahrungen und Beobachtungen, die man im Alltag macht, die davon zeugen, dass sich die deutsche Gesellschaft gerade im Wandel befindet. Wer sich zu PEGIDA hingezogen fühlt, der spürt, dass Handlungsbedarf besteht, ohne vielleicht genau zu wissen, wo man anzusetzen hat. Nur eins ist klar: Mit dem Islam hat das alles sehr wohl zu tun.

Das 19-Punkte-Programm

Aber was will PEGIDA nun eigentlich erreichen? Liest man sich das 19-Punkte-Programm durch, das kürzlich veröffentlicht wurde, dann fallen zwei Dinge auf: Erstens lässt sich kaum etwas gegen die einzelnen Forderungen einwenden, wenn man sich als Demokrat und Freund des Rechtsstaats versteht. Verfassungstreuer geht es kaum noch. Dass manche Forderungen eigenartig klingen, liegt daran, dass der Zeitgeist nicht in Richtung Demokratie und Rechtsstaat weht. Man ist »FÜR die Ausschöpfung und Umsetzung der vorhandenen Gesetze zum Thema Asyl und Abschiebung« (8.), »FÜR die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen und politisch oder religiös Verfolgten« (1.) und »FÜR die Aufstockung der Mittel für die Polizei und GEGEN den Stellenabbau bei selbiger!« (7.) Über diese Forderungen könnte man zumindest diskutieren.

Wie nun »eine Null-Toleranz-Politik gegenüber straffällig gewordenen Asylbewerbern und Migranten« (9.) aussehen sollte oder »die Erhaltung und den Schutz unserer christlich-jüdisch geprägten Abendlandkultur« (13.) vonstattengehen sollte, sei dahingestellt. Und warum sich PEGIDA »FÜR sexuelle Selbstbestimmung« (12.) und »GEGEN dieses wahnwitzige ›Gender Mainstreaming‹« (17.) wendet, erschließt sich nicht wirklich. Aber abgesehen von diesen Unschärfen wird man nicht behaupten können, dass PEGIDA verfassungsfeindlich, nazistisch oder fremdenfeindlich ist. Es sind wohl eher die Koordinaten, die verschoben sind, die bei den einschlägig bekannten Politikern, Journalisten und »Experten« die Beißreflexe auslösen.

Wie sich PEGIDA weiterentwickeln wird, weiß keiner. Es mag sein, dass sich die Bewegung über Weihnachten totläuft. Es kann aber auch sein, dass sie noch weiter geht und an Fahrt gewinnt. Doch was dann? Dass die linken Parteien PEGIDA nicht in ihre Arme schließen werden, haben führende Vertreter schon hinreichend kundgetan. Aus dem Unionslager wurde zumindest Verständnis für die vermeintlich unbegründeten Sorgen laut. Allein die AfD hat offensichtlich – nach anfänglichen Vorbehalten – keine Berührungsängste. Die Frage ist bloß, ob und wie die Forderungen von PEGIDA in den politischen Raum hinein – als schwer messbare Änderung politischer Debatten oder in konkrete Handlungen oder Gesetzte – wirken werden.

Zwei Symptome, ein Problem

Ansonsten ist es faszinierend zu beobachten, wie schnell der politisch-mediale Komplex quasi die Reihen geschlossen und eine Abwehrfront gegen PEGIDA aufgebaut hat. Auf dem Spiel steht natürlich einiges; an die fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Rostock und Hoyerswerda in den frühen neunziger Jahren hat Göring-Eckhardt nicht zu Unrecht erinnert. Das heißt: Man hat Angst vor einer unkontrollierbaren Dynamik, bei der Menschen zu Schaden kommen und das Ansehen Deutschlands in der Welt sinkt. Aber PEGIDA ist offensichtlich ebenfalls peinlich darum bemüht, nicht in dieses Fahrwasser zu geraten, worauf nicht nur die 19 Punkte, sondern auch das Logo hinweisen.

Feststeht, dass sowohl PEGIDA als auch die Reaktionen darauf als zwei Symptome desselben Problems verstanden werden können: der Entfremdung des politischen Klasse von der Bevölkerung oder zumindest einem Teil von ihr. Merkel mag sensationelle Umfragewerte genießen, doch ihre Partei ist gut beraten, die nicht auf sich zu beziehen. Merkel kann sich nämlich nur deshalb freuen, weil sie auf dem rechten Parteiflügel eine riesige offene Flanke hat, ein Segment, das sich von der Union nicht mehr vertreten fühlt – und nicht vertreten wird. Diese Menschen suchen vielleicht eine neue Partei – die die AfD werden kann, wenn sie es noch nicht ist – oder andere Ausdrucksformen für ihre Meinung. PEGIDA könnte eine davon sein.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Stephan Achner

Überall in den EU-Staaten ist zu beobachten, dass sich die Bürger und Wähler mit ihren existentiellen Sorgen und Nöten von den etablierten Parteien und Politikern alleine gelassen fühlen und eine immer größere Kluft entsteht. Wie reagieren nun diese Parteien und Politiker? Sie ziehen sich in ihre Elfenbeintürme zurück und betreiben Bürger- und Wählerbeschimpfung, teilweise mittels einer zutiefst antidemokratischen Hetze, wie jüngst z.B. der SPD-NRW-Innenminister Jäger, der SPD-Stegner, die SPD-Fahimi oder der Grüne Özdemir gegenüber Pegida bewiesen hat. Die Folge ist, dass sich zunehmend Bürger geradezu angewidert abwenden und mit den etablierten Parteien und Politikern nichts mehr zu tun haben wollen. Deshalb spriessen wohl überall in der EU neue Parteien, die manchmal wie aus dem Nichts eine große Zahl von Wählern gewinnen können, wie z.B. in Tschechien oder in Spanien. Wenigen Parteien, die schon länger "im Politikgeschäft" sind, gelingt es, neue Wählerschichten in größerem Maße zu gewinnen, wie die Ukip in Großbritannien oder LePen in Frankreich. Eines sieht man aber auch überall in der EU: Die Wahlbeteiligung geht teilweise drastisch zurück. So entsteht ein politisches Vakuum, das Bürgerbewegungen wie Pegida besetzen. Pegida will ja als Bürgerbewegung bewusst parteiunabhängig sein und das ist auch ihre große Chance, weil man nur so die Chance hat, sehr viele Menschen anzusprechen, ohne dass der Parteien"zirkus" in Gang gesetzt wird. Vielleicht ist Pegida der Beginn einer breiten Bürgerbewegung, die mich etwas an die APO-Zeiten der 60er Jahre erinnert, wenn auch mit völlig anderen Zielen und anderen politischen Inhalten.

Gravatar: p.feldmann

Leider ist der Artikel nur mit einem Kürzel aber nicht einem Namen gekennzeichnet, so also dem Autor/in ohne Anrede Dank für einen Artikel, bei dem nur bedauerlich ist, dass er nicht Vorlage zu einem intellektuelleren Herangehen in den großen Nationalen Zeitungen dient. Bspw. bleiben die Artikel in der FAZ regelmäßig unter diesem Reflektionsniveau- ausgenommen einiger Kommentare von v.Altenbockum.
Das zentrale Signal scheint mir auch bei Pegida zu sein, dass man sie als Ausdruck einer Demokratiekrise auffassen muss: die Politiker vertreten nicht mehr das Volk und misstrauen ihm, ja rügen es, wenn es nicht in ihrem Sinn reagiert. Dieses obrigkeits-staatliche Verhalten unserer Politiker von links noch mehr als von rechts ist in meinen Augen ein Fanal für eine Demokratie, die nur noch dem Namen nach eine solche ist. Die Politiker, das sind- nota bene- tlws. Menschen mit einem reichen Mangel an wirklicher Bildung und mit einem defizitären Menschenbild: schlicht- Ideologen und Überzeugungstäter - diese treten vom Volk, das sie anekelt, zurück und sehen ihre Aufgabe nur in der Belehrung derer, die tlws. höhere Bildung haben als sie selbst.

Und dann entscheiden diese Damen und Herren, unbeleckt jedes Realkontaktes, darüber, was wir dürfen. Was sie mit unserem 'Geld machen dürfen. Und was wir nicht sagen dürfen. Mit Studien, die wir bezahlen müssen, stellen sie uns unter Generalkautel. Wir seien zum Großteil "islamophob", latente "Antisemiten", "frauenfeindlich", "ausländerfeindlich" (xenophob) und der Phobien mehr. Sie halten unsinnige Gedenken und Reueschwüre in unserem NAmen und geben Geld - zur Wiedergutmachung. Ausserdem dekretieren sie, dass wir, auch zur Wiedergutmachung, jeden aufnehmen müssen - willkommensmäßog- der hier hereinkommen will. Und - ein Vorschlag des linken Solidargefühls,- wir sollen unsere Häuser hergeben zur Zwangseinquatierung.
Ich könnte hier endlos weitermachen... .

Und dann wundern sich diese HerrINNEN, dass man ihnen keine einfach zu verhandelnde TOPs vorlegt, die sie in einer halben Stunde abwinken können.
Es hat sich einiges angestaut meine Damen und Herren!

Gravatar: ewald

es scheint in unserer gesellschaft nur 2 gruppen von andersdenkenden zu geben:
entweder man ist ein nazi,bzw rechtsradikaler oder ein linksfaschist.

Gravatar: Gerd Müller

Daß Bachmann ein, sagen wir einmal, sehr bewegtes Leben geführt hat, ist wohl unbestritten.
Dennoch, er ist als unbescholtener Bürger zu betrachten, denn aktuell verbüßt er ganz im Gegensatz zu anderen deutschen „Ehrenmännern“ weder eine Strafe, noch gibt es Ermittlungen gegen ihn.
Auch nicht wegen erschlichenen Doktortiteln.
Soviel zum Punkt 1, gelebte Demokratie !

Er hat sich aber getraut und es fertig gebracht Pegida mit ins Leben zu rufen.
Er hat damit den Nerv tausender unbescholtener Bürger getroffen, die die aktuelle Politik in Deutschland nicht mehr nachvollziehen können und wollen.
Und ....
er hat mit seiner Vergangenheit nicht hinter dem Berg gehalten.

Was die Reaktionen von "Politikern" vom Schlage Fahimi angeht, gibt es nichts Neues zu vermelden.
In ihrer ganzen Hilflosigkeit und Unfähigkeit verstecken sie sich hinter Worthülsen wie "Hass", "Fremdenfeindlichkeit" oder "rechtsextrem".
Weiter haben sie keine Argumente.

Das zeigt, daß sie gar nicht mehr fähig sind, den Willen der Bürger zu erkennen und entsprechend ihres Wählerauftrages zu handeln.

Pegida hat nichts mit all dem holen Gewäsch dieser Politiker zu tun.
Es geht bei Pegida um die Forderungen nach Recht, Ordnung und Einhaltung von bestehenden Gesetzen und um den Erhalt des Lebensumfeldes für unsere Kinder und uns.
Nachlesen kann man es z.B. hier:
https://www.facebook.com/pages/PEGIDA/790669100971515?sk=info&tab=page_info
(unter "Wer sind wir")

Alle diejenigen aber, die nun mit Hetze oder Niedertracht gegen die Bürger vorgehen wollen, die sich an Pegida beteiligen, sind in Wirklichkeit selbst

Die Schande Deutschlands !

Gravatar: Michel

Zur Politiker- und Medienhetze gegen PEDIGA und AFD:
Die Regierenden in Frankreich in den Jahren 1789 bis 1799 haben auch die Volksmeinung ignoriert. Als es dann zu spät war wurden fast alle kopflos. Wann werden die Ignoranten und Klugscheisser unter den Politikern endlich wach?

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