Attentate in Tunesien, Kuwait, Frankreich

Der Horrorfreitag: „Dunkelste Stunde des Islam“

Am Freitag war die Welt von drei grausamen Anschlägen erschüttert worden, doch die Terrorattacken von Tunesien, Kuwait und Frankreich fügen sich in eine Reihe weiterer Grausamkeiten.

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Es war in gewisser Weise wie bei 9/11: Man traute seinen Augen und Ohren nicht, mochte nicht glauben, was man in den Nachrichten zu hören und zu sehen bekam. Erst die Meldung aus Tunesien: Ein radikaler Terrorist hat dort am Strand wild um sich geschossen und dabei mindestens 38 Menschen getötet und zahlreiche verletzt. Dann die Meldung aus Frankreich: Ein Mann wurde in einer Gasflaschenfabrik enthauptet, dann kam es dort zu einer Explosion. Und schließlich die schreckliche Meldung aus Kuwait: Ein Selbstmordattentäter hat in einer Moschee eine Bombe gezündet, 27 Menschen starben, 227 wurden verletzt. Ein Ableger des IS (Islamischer Staat) soll sich zur Tat bekannt haben.

Doch diese drei Meldungen, die die Medien beherrschten, kamen nicht isoliert. Es ereignete sich mehr an diesem Tage: Aus Somalia wurde berichtet, dass die islamistischen Schabab-Milizen die afrikanische Friedenstruppe angegriffen haben. Hierbei sollen 45 Menschen ums gekommen sein.

Auch im nordsyrischen Kobane war wieder die Hölle los: Bei einem Angriff von IS-Terrorkämpfern sollen mindestens 146 Menschen ums Leben gekommen sein. Weiterhin wurde berichtet, dass in den vergangenen Tagen in einem Dorf nahe Kobane rund 20 Kurden, darunter Frauen und Kinder, ermordet worden seien.

Das sind alles nur die Spitzen des Eisbergers, denn wie immer finden viele Morde und Massaker im Verborgenen statt, werden erst Tage oder Wochen später bekannt. In Syrien wird an allen Fronten gekämpft. Aus der syrischen Stadt Al Hasakah sollen in den vergangenen Tagen mehr als 80.000 Menschen geflohen sein. Es ist eine Zeit des Horrors.

Kommentare arabischer Journalisten: „Dunkelste Stunde des Islam“

„Leben wir in der dunkelsten Stunde des Islam?“, fragt sich Faisal J. Abbas, Journalist und Chefredakteur von Al-Arabiya-English, „Wie viel Terrorismus kann die Welt in 24 Stunden ertragen? Der Freitag des 26. Juni 2015 wird als Tag in die Geschichte eingehen, an dem das Limit überschritten wurde.“ Weiterhin kommentiert er: „Der Wahnsinn muss ein Ende haben. Aber dies wird nicht passieren, solange es Muslime gibt, die, auch wenn sie nicht an den Verbrechen beteiligt sind, dennoch glauben, Gruppen wie IS(IS) hätten einen [nachvollziehbaren] Grund für das, was sie tun.“ Und: „Man muss sich fragen, ob die „stillschweigenden Versteher“ realisieren, dass es am Ende die Muslime selbst sind – und niemand sonst – die am Ende am meisten leiden.“

Auf Al-Jazeera-Englisch warnt Hamish de Bretton-Gordon in einem Kommentar: „Ich habe Zweifel, ob wir wirklich vorbereitet sind auf weitere und sehr wahrscheinliche Attacken auf die Demokratie weltweit, die unzweifelhaft von Rakka, Mossul und Ablegern [des IS] in der ganzen Welt geplant werden.“ Er befürchtet, dass der IS plane, mit chemischen Waffen noch grausamere Angriffe zu tätigen.

Inzwischen ist der Selbstmordattentäter von Kuwait identifiziert worden, der am Freitag in einer Moschee 27 Menschen mit in den Tod gerissen und mehr als 200 verletzt hat. Es war der aus Saudi-Arabien stammende Suliman Abdul-Muhsen al-Qabaa. Auch der Fahrer des Attentäters, der ihn zum Ort der Tat gebracht hatte, wurde identifiziert und festgenommen. Er heißt Abdulrahman Sabah Eidan Saud und stammt ebenfalls aus Saudi-Arabien. Er hätte sich seit längerem illegal in Kuwait aufgehalten.

Tunesiens Tourismusbranche schwer getroffen

Tunesien ist ein traditionelles Urlaubsland. Nur wenige Flugstunden von Europa entfernt, sonniges Klima, schöne Strände, historische Sehenswürdigkeiten, ein Flair aus Orient und Afrika, günstige Preise – Tunesien ist eigentlich das ideale Reiseland für einen schönen Sommerurlaub mit der Familie.

Doch der grausame Anschlag hat alle Hoffnungen der tunesischen Tourismuswirtschaft wieder über den Haufen geworfen. Die kurzfristige Erholung nach dem Attentat vor drei Monaten im Nationalmuseum von Tunis wurde durch den aktuellen Anschlag im Urlaubsort Sousse wieder auf einen Nullpunkt zurückgeworfen. Dabei ist Tunesien vom Tourismus abhängig: In guten Jahren reisen rund 7 Millionen Touristen nach Tunesien. Etwa 470.000 Tunesier arbeiten in der Tourismus-Branche.

Nun lassen sich die Touristen massenhaft außer Landes fliegen. Viele gebuchte Reisen werden storniert. Es wird dauern, bis sich das Land von diesem Schock wieder erholt. Vielen Tunesiern wird die berufliche und finanzielle Basis unter den Füßen weggezogen.

Die tunesische Regierung will scharf reagieren. Sie hat angekündigt, alle inoffiziellen Moscheen schließen zu lassen, um die dortige Verbreitung fundamentalistischer Propaganda zu unterbinden. Organisationen, Gruppierungen und Parteien, die nicht verfassungskonform seien, sollen stärker überwacht werden. Die Armee hat angekündigt, Reservisten einzuziehen. Ein nationaler Sicherheitsrat soll weitere Maßnahmen erarbeiten.

Wie geht es weiter?

Was ist die Logik hinter all diesen Anschlägen? Es gibt auf der ganzen Welt immer wieder Menschen, die sich mit der Welt, in der sie leben, nicht mehr identifizieren können und bereit sind, nicht nur zu sterben, sondern auch andere Menschen in den Tod zu ziehen. In diese Kategorie fallen nicht nur die terroristischen Selbstmordanschläge. Auch der deutsche Pilot der German-Wings-Maschine, der norwegische Massenmörder Anders Breivik und die vielen Amokläufer in Amerikas Schulen sind bereit, zahlreiche Mitmenschen für ihr eigenes verwirrtes Innenleben bezahlen zu lassen.

Doch die gescheiterten Staaten im Nahen und Mittleren Osten, die 10 Millionen Vertriebenen in Syrien, die Bürgerkriegsopfer im Jemen, Libyen, Afghanistan, Somalia, Algerien, im Irak, die Revolutionsverlierer in Tunesien und Ägypten, die vielen Traumatisierten aus den Slums und Elendsvierteln von Kairo, die frustrierten Palästinenser im Gaza-Streifen – sie alle bilden einen Pool aus Millionen, die alles im Leben verloren haben und aus der Fülle schrecklicher Erfahrungen, Erlebnisse und frustrierender Nachrichten keine Zukunft für sich und ihre Angehörigen mehr sehen. Diese Menschen sind besonders anfällig für Propaganda aller Art und manchmal sogar bereit, ihr Leben zu opfern.

Von daher muss davon ausgegangen werden, dass uns in Zukunft noch mehr grausame Anschläge erwarten. Allein der nüchterne Blick auf die Verhältnisse in den angesprochenen Ländern lässt die Wahrscheinlichkeit, dass einige der Traumatisierten und Frustrierten sich zu Terroristen und Selbstmordattentätern entwickeln, mehr als wahrscheinlich sein.

Wenn man sich die Mühe macht, Syrer, Ägypter und Palästinenser zu fragen, die in Deutschland leben und Angehörige in ihren Heimatländern haben, dann wird man feststellen, dass viele eine tiefe Frustration und Ernüchterung empfinden. Viele können nur mit Mühe die Nachrichten verfolgen, ohne Bauchschmerzen zu bekommen oder in eine tiefe Depression zu verfallen. Wenn es schon den Angehörigen im Westen so geht, was empfinden dann die Menschen, die unvorstellbares Leid vor Ort miterlebt oder am eigenen Leibe erfahren haben? Wie wirkt sich dies auf die Weltsicht und das Verhalten ihrer Kinder aus, der nächsten Generation?

Doch es sind nicht nur die Opfer und Angehörigen der chaotischen Welt des Nahen und Mittleren Ostens, die potentiell von Organisationen wie IS und Al-Qaida rekrutiert werden können. Jeder einsame Mensch mit Depressionen, Sinnsuche oder Weltschmerz kann sich in ihrem Netz verfangen. So berichtete jüngst Rukmini Callimachi in der New York Times, wie ein IS-Anhänger eine einsame US-Amerikanerin zum radikalen Islam zu bekehren und für den IS zu begeistern versuchte.

Das 21. Jahrhundert war am 11. September 2001 mit einem lauten Knall eröffnet worden. Seitdem hat sich die Lage im Nahen und Mittleren Osten fast überall radikal verschärft und verschlimmert. Mehrere Staaten und Gesellschaften sind hoffnungslos verloren. Man muss kein Pessimist sein, um weiterhin Schlimmes zu befürchten.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Bartholomay

Dem Islam und seinem Dsihad den totalen Krieg erklaeren,ist das Gegenteil von ihn als zu Deutschland
Zugehörig zu erklaeren und unterstützend zu notieren,von
rechtsstaatlichen religiösen Volksverraetern.

Gravatar: Reiner Schöne

Glaube ist eine Privatsache, nicht umsonst gibt es, oder sollte es, eine Trennung von Kirche und Staat. Von mir aus kann jeder etwas anders glauben, Steine an heulen z.b. aber derjenige hat nicht damit andere zu belästigen oder unter Druck zu setzen, ganz nach dem Motto: Wenn du nicht den gleichen Gott anheulst, bist Du mein Feind. Das geht überhaupt nicht. Es soll jeden Freistehen, zu Glauben oder es nicht zu tun. In Deutschland ist es so, das wir als normales christliches Land, obwohl fast die gleiche Anzahl in keiner Kirche sind, jetzt plötzlich gezwungen werden uns mit einer Religion zu beschäftigen, da sie den Anspruch erhebt, sonder Stellungen in der Gesellschaft zu bedürfen. Was nicht ist und nicht sein darf. Wir reden inzwischen mehr über Moslime und Christen, also Religionen, statt uns den echten Problemen der Welt zu widmen.

Gravatar: Quanten Rauschen

Die moderne Physik führt uns notwendig zu Gott hin, nicht von ihm fort. - Keiner der Erfinder des Atheismus war Naturwissenschaftler. Alle waren sie sehr mittelmäßige Philosophen.
Sir Arthur Stanley Eddington (1882-1946), englischer Astronom und Physiker

Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaft macht atheistisch, aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott.
Werner Heisenberg (1901-1976), deutscher Physiker

Gravatar: qed

Die Religion des Friedens halt.
Das sind alles Einzelfälle das sind alles Einzelfälle das sind alles Einzelfälle das sind alles....

Gravatar: Joachim Datko

Es gibt keinen Gott, es gibt keine Götter!

Zitat: "Kommentare arabischer Journalisten: „Dunkelste Stunde des Islam“"

Die abrahamitischen Religionen Judentum, Christentum und Islam sind übel, sie versuchen die Menschen von klein auf zu manipulieren!

Ich bin gerne bereit, eine Lanze für das naturwissenschaftliche Weltbild zu brechen.

Joachim Datko - Physiker, Philosoph
Forum für eine faire, soziale Marktwirtschaft
http://www.monopole.de

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