Wirtschaft und Geopolitik

Asien, Ozeanien, Amerika: Pazifische Zukunft

Die Länder rund um den Pazifischen Ozean vernetzen sich zur dynamischen Wirtschaftsregion. Die USA orientieren sich verstärkt nach Asien und Ozeanien. Europa fällt zurück.

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Obwohl es sich um die größte historische Umwälzung unserer Zeit handelt, will man es hierzulande kaum wahrhaben. Es widerspricht dem Selbstbild Europas, nicht mehr Mittelpunkt der Welt zu sein. Doch die USA und China empfinden sich mindestens ebenso als Zentren. Chinas Selbstverständnis zeigt sich sogar im Namen: Zhongguo – Reich der Mitte.

Nach Prognosen der OECD wird der europäische Anteil am Welthandel in den nächsten Jahrzehnten prozentual schrumpfen, der Anteil Ostasiens dagegen wachsen. Der Puls der Zeit schlägt im asiatisch-pazifischen Raum.

Hauptmotor dieser Entwicklung ist die Volksrepublik China. Vom gigantischen Wirtschaftswachstum des Milliardenvolkes profitieren auch die umliegenden Volkswirtschaften. Für Japan, Südkorea und Taiwan ist China nicht nur Konkurrent, sondern auch ein wichtiger Absatzmarkt und Produktionsstandort.

Die USA, Südkorea, Taiwan und Japan beobachten Chinas Aufschwung mit gemischten Gefühlen. Doch trotz aller Sorgen um die neue chinesische Wirtschaftsmacht sind diese Staaten miteinander wirtschaftlich verflochten und in ihrem Bedürfnis nach Wachstum voneinander abhängig.

Die Skylines der Millionenstädte symbolisieren den Aufstieg

Die Entwicklung der ostasiatischen Länder hat in den letzten 50 Jahren ein atemberaubendes Tempo vorgelegt. Gegen ostasiatische Städte wie Singapur, Kuala Lumpur, Seoul, Tokio, Shanghai und Peking wirkt Berlin wie ein verschlafenes Dorf.

Noch viel überraschender ist der Aufschwung jener Orte, die der Durchschnittseuropäer vor einigen Jahren noch nicht einmal zu benennen wusste. Viele ehemalige Kleinstädte Asiens sind zu wahren Boommetropolen geworden.

Shenzhen zum Beispiel. Shenzhen war als Sonderwirtschaftszone die erste Stadt der Volksrepublik China, die den Wirtschaftsboom von Hongkong aufs Festland übertrug, als die produzierende Industrie aus der ehemaligen britischen Kronkolonie ausgelagert wurde. Vermutlich war Shenzhen in den letzten 40 Jahren die am schnellsten wachsende Stadt der Welt: 1980 hatte Shenzhen rund 30.000 Einwohner, um 2010 rund 13 Millionen! Man stelle sich zum Vergleich einmal vor, Cuxhaven an der Nordsee wäre in derselben Zeit zur 13-Millionen-Einwohnerstadt herangewachsen. Solche Entwicklungen wären in Europa undenkbar.

Chongqing ist ein anderes Beispiel. Vor rund drei Jahrzehnten war die Stadt am Jangtsekiang im tiefen Herzen Chinas eine schmutzige Provinzstadt. Heute glänzt die piksaubere Metropole mit einer Skyline, die New York Konkurrenz macht. Die Stadt ist die Antwort des chinesischen Binnenlandes auf die blühende Hafenmetropole Shanghai.

Hoch im Norden des Landes blüht die Stadt Harbin. Sie war 1898 als russische Bahnstation der Transmandschurischen Eisenbahn gegründet worden. Die Russen verlegten hier eine Abkürzung für die Transsibirische Eisenbahn, um schneller nach Wladiwostok zu kommen. Dank der wachsenden Industrieproduktion und Ressourcen des Umlandes hat die Stadt heute rund 5 Millionen Einwohner.

Man kann Dutzende weitere chinesische Städte aufzählen, die heute mit einer florierenden Wirtschaft und einer imposanten Skyline beeindrucken. Selbst das ferne Ürümqi in der chinesischen Westprovinz Xinjiang ist heute eine moderne Großstadt mit glitzernden Wolkenkratzern.

Der Fortschritt in Asien ist augenfällig. Der Lebensstandard von mehreren Milliarden Menschen wächst Schritt für Schritt auf westliches Niveau: Autos, Wohnungen, Fernsehapparate, Smartphones, Reisen – all das können sich immer mehr Chinesen und andere Asiaten leisten.

Die Transpazifische Partnerschaft

Um die Dynamik voranzutreiben, arbeiten die USA und verschiedene asiatische Staaten an der Ausbildung einer gigantischen Freihandelszone. Das Projekt ist noch in der Anfangsphase, doch ist die Motivation der US-Wirtschaft, die Planungen in die Realität umzusetzen, überdeutlich zu vernehmen.

Das Gebilde der sogenannten TPP (Trans-Pacific Partnership) ist im Grunde das pazifische Pendant zum TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership). Die USA, Kanada, Mexiko und Chile vernetzen sich transozeanisch mit Japan, Taiwan, Südkorea, Malaysia, Brunei, Singapur, Vietnam sowie Australien und Neuseeland.

Anvisiert ist langfristig auch eine Einbindung Chinas. Die Volksrepublik hat bereits Interesse angemeldet. Ebenso Thailand. Die anderen ostasiatischen Staaten könnten ebenfalls nachziehen.

China und die USA üben den Balanceakt. Einerseits ist China wirtschaftlich und geostrategisch der größte Konkurrent der USA. Andererseits sind beide Staaten wirtschaftlich stark miteinander verlochten und voneinander abhängig.

Die US-amerikanischen Handelskonzerne – wie etwa Wallmart – leben vom Import der Produkte „Made in China“. China ist auf die USA als Abnehmer angewiesen. Gleichzeitig hält die Volkrepublik einen großen Anteil US-amerikanischer Staatsanleihen und gigantische Dollarreserven. Es ist eine Situation, bei der sich zwei geostrategische Gegner wirtschaftlich ineinander verkeilt haben – und nun nur noch miteinander, aber kaum noch gegeneinander agieren können.

Pulsierendes Herz der Weltwirtschaft

Die Dynamik der pazifischen Zone lebt vom Wechselspiel aus Konkurrenz und Kooperation. Keiner traut dem anderen über den Weg. Doch alle profitieren vom Boom. Das schließt auch Länder wie Australien, Neuseeland oder Chile mit ein. Ihre wirtschaftliche Bindung an Asien wächst. Europas Bedeutung als Handelspartner schrumpft.

Für Australien ist China der wichtigste Außenhandelspartner, wichtiger als die USA. Rund 18 Prozent aller Importe kommen aus China. Fast 30 Prozent aller australischen Exporte, vornehmlich Rohstoffe, gehen nach China. Weitere australische Exporte gehen nach Japan (fast 20 Prozent) und Südkorea (rund 8 Prozent). Wenn in Asien die Industrieproduktion schrumpfen und somit die Rohstoffnachfrage sinken sollte, hat Australien ein Problem. Der hohe Lebensstandard Australiens hängt am Wirtschaftsboom Ostasiens.

Während Australien ein wichtiger Rohstofflieferant bleibt, übernehmen Metropolen wie Hongkong und Singapur die Rollen der Finanzwirtschaft. Die USA, Japan und Südkorea sind dagegen stark in der technologischen Entwicklung. China hat die Rolle der Werkbank der Weltwirtschaft übernommen.

Die USA sehen in der Beeinflussung des ostasiatisch-pazifischen Raums ihre Zukunft. Das sichern sie nicht nur mit Wirtschaftsabkommen, sondern auch mit militärischen Beistandspakten und Militärbasen ab. Während an vielen Sandorten weltweit die Zahl der US-Truppen verringert wird und Schiffe abgezogen werden, verstärken die USA ihre Präsenz im Pazifik. Sie wollen sicherstellen, dass die Boomregion der Welt sich nach ihrer Regie entwickelt. Sie wollen nicht China die Führungsrolle überlassen.

Stichwort: GeoAußenPolitik

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Karin Weber

Die Wirtschaft wird unter dem Aspekt des Gender-Mainstreaming und des Gleichheitswahns in Deutschland zur Nebensache. Wenn die Irren bei uns erkennen, dass man sich Vielfalt und deren Folgen leisten können muss, dann ist es zu spät. Insofern wird dies für Deutschland eine bittere Lektionen werden, die aber bereits jetzt vorhersehbar ist. Wer wie deutsche Politiker sehenden Auges das Volk in diese Katastrophe treibt, ist entweder dumm oder er handelt vorsätzlich. Egal wie, beide Varianten enden mit einem notwendigen "Wegschließen" der Handelnden zum Schutze der Allgemeinheit. Je eher wir das in Angriff nehmen, umso mehr Schaden können wir noch abwenden.

Gravatar: Deti

Europa braucht sich keine Sorgen zu machen, besonders Deutschland nicht. Die Energiewende sorgt dafür, dass wir die ganze Welt von den Vorteilen des Kerzenlichtes überzeugen werden und unsere Bio-Möhrchen werden ein legendärer Exportschlager. Die ganze Welt wird unser Sozialsystem kopieren, dessen Einzahlungen zahlreiche Länder, Volksgruppen, Geschlechter ausserhalb von "männlich" und "weiblich", Interessierte, Mikro-Minderheiten und weitere Günstlinge, wie z.B. der linksterroristische Pöbel der Antifa, leistungslos zu einem angenehmen Leben verhilft (indigene, nicht extrem links stehende Bevölkerung ausgenommen, aber dafür gibt es ja marode Brücken als Übernachtungsmöglichkeit).
So werden wir den Weltmarkt zukünftig aufmischen. Nur die Scharia könnte dem noch entgegen stehen.
Ehrlich gesagt, es ist mir mittlerweile so etwas von egal, was mit Deutschland passiert, dass ich auf jede Art von Engagement, Solidarität und was auch immer gerne verzichte. Das ist nicht mehr "mein Land".

Gravatar: Stephan Achner

"Anvisiert ist langfristig auch eine Einbindung Chinas." - so das Institut für Strategische Studien in Berlin. Ich kann mich des Eindrucks nicht verwehren, dass der Sitz in Berlin den Blick für die realen Entwicklungen trübt. Nicht China bedarf der "Gnade" der USA, langfristig eingebunden zu werden, sondern umgekehrt wird ein Schuh daraus. China ist nach den Angaben der Weltbank bereits zur stärksten Wirtschaftsmacht der Erde geworden und hat Ende 2014 die USA überflügelt, wenn man die BIP-Entwicklung - richtigerweise - in Kaufkraftparitäten vergleicht. Und mit der BRICS-Gründung und der Gründung der AIIB-Entwicklungsbank ist zumindest für mich klar, dass China im eurasisch-pazifischen Raum künftig den Taktstock schwingt und nicht die USA. Dazu genügt auch ein Blick auf die Bevölkerungsentwicklung. Alleine in den BRICS-Staaten lebt der größte Teil der Weltbevölkerung mit weit über 3 Milliarden Menschen. Dagegen sind die USA mit 300 Millionen Menschen ein Bevölkerungszwerg. Das bißchen zusätzliches Kanada macht den Bock auch nicht fett.

"Die USA wollen nicht China die Führungsrolle überlassen." - ja gut, das wird aber China nicht mehr besonders interessieren, was die USA künftig wollen. Wer die letzten Jahre die Rolle Chinas und seinen weltweiten Auftritt aufmerksam beobachtet hat, der kann feststellen, dass China seine neue Führungsrolle eben auf typisch chinesische Art wahrnimmt: Leise, höflich, lächelnd, sehr bestimmt und effektiv. Die USA haben im eurasisch-pazifischen Raum in der Vergangenheit zu oft und zu sehr den Bogen völlig überspannt, als dass diese Staaten den USA noch freiwillig eine Führungsrolle überlassen - von Japan vielleicht noch abgesehen.

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