Der Brexit kommt immer näher. Am 31. Dezember diesen Jahres wird er unweigerlich vollzogen, das Vereinigte Königreich und Nordirland sind dann nicht länger Mitglied der EU. In den Teilstaaten England und Wales ist man mit diesem Schritt überwiegend einverstanden, in Schottland ist man strikt dagegen und strebt seinerseits ein Referendum hinsichtlich des Austrittes aus dem Vereinigten Königreich an. Am verzwicktesten aber ist die Situation in Nordirland. Dort vollzieht sich nach wie vor eine Spaltung, die bis tief in die Familien reicht. Protestantische Nordiren, sich selbst als »Unionisten« bezeichnend, sind zwar auch nicht unbedingt für den Ausstieg, wollen aber keine angedachte Sonderregelung Nordirlands nach dem Brexit. Ihrer Ansicht nach gehört Ulster, so der Name der nördlichen Provinz Irlands, fest zu Großbritannien und somit sollten in allen Landesteilen Großbritanniens die identischen Regeln gelten; also auch in Nordirland.

Die katholische Bevölkerung Nordirlands, die »Republikaner«, sehen das ganz anders. Ihr Ziel ist nach wie vor die Wiedereingliederung Ulsters in die Republik Irland, so wie es nach der Ausrufung der Irischen Republik am 21. Januar 1919 vorgesehen war. Außerdem, und das ist der eigentliche Knackpunkt, werden die »Republikaner« eigenem Bekunden nach keinesfalls eine englische Grenze auf irischem Boden akzeptieren. Abgezielt ist diese Bekundung auf eine etwaige Schaffung einer kontrollierten EU-Außengrenze zwischen der Republik Irland im Süden (EU-Mitglied) und Nordirland (Nicht-EU-Mitglied), wie es die Bestimmungen der EU vorsehen.

Ein weiteres Kuriosum des bevorstehenden Brexit ist die sprunghafte Zunahme an Staatsbürgern der Republik Irland. Grund dafür ist nicht etwa ein einsetzender Baby-Boom oder eine immense Migrantenwelle. Die meisten der neuen Staatsbürger sind längst dem Säuglingsalter entwachsen und tragen typsiche irische Namen wie Sean, Padrick, Francis oder etwa Meghann, Sinead und Daireann. Bei ihnen handelt es sich um katholische Nordiren, denen seitens der Republik Irland schon seit Bestehen des Staates die Option gegeben wurde, neben ihrer britischen Staatsangehörigkeit parallel dazu gleichberechtigt auch ohne großen bürokratischen Aufwand die Staatsangehörigkeit der Republik erhalten zu können. Davon machten dieses Jahr in bisher nicht dagewesener Zahl die Einwohner der Ulster-Provinzen Gebrauch und so nahm die Zahl der Staatsbürger der Republik Irland im langsam sich dem Ende nahenden Jahr 2020 deutlich zu - ohne dass die Zahl der im Land lebenden Menschen sich erhöht hat. Schätzungen zufolge wird es zum Jahresende 2020 über fünf Millionen Staatsbürger in der Republik Irland geben; Ende 2019 lag die Zahl bei 4,76 Millionen.