Keine Ausgangssperren trotz Corona

Was Schweden anders macht

Schweden verhängt keine Ausgangssperren – und geht trotzdem unbeschadet durch die Corona-Epidemie. Warum?

Benoît Derrier from Stockholm, Sweden / CC BY-SA
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Anders als die meisten europäischen Länder verhängt Schweden keine Ausgangssperren und die meisten Schulen bleiben offen – trotzdem geht das Land bisher relativ unbeschadet durch die Corona-Epidemie. Bis auf ein paar Einschränkungen verläuft der Alltag normal. Der Grund könnte ein ganz einfacher sein.

In Schweden gibt es das, was man Zivilisiertheit nennen könnte. Ähnlich wie in vielen ostasiatischen Ländern braucht es keine schriftlichen Regeln oder die Androhung von Strafen; die Einhaltung bestimmter Vorschriften ist selbstverständlich.

Gegenüber der Welt beschreibt eine Schwedin, was damit gemeint ist: »Die geteilten Waschküchen sind in schwedischen Mietshäusern die Regel. Sie sind kostenfrei, alle buchen ihre Zeit und kümmern sich gemeinsam um den Erhalt. Wer nicht saubermacht, seine Zeit überschreitet oder seine Unterhosen in der Maschine zurücklässt, muss kein Bußgeld bezahlen und bekommt keine Strafe.« Die Kontrolle geht anders: »Die Person bricht aber mit den gemeinsamen Regeln und Normen und muss einen Ausschluss aus der Gemeinschaft befürchten.«

Dieses Selbstkontrolle einer Gemeinschaft ist in vielen europäischen Ländern nicht mehr vorhanden. Am extremsten ist vielleicht die Partymeile des Kontinents, Berlin. Wenn eine Schwedin sagt: »Das permanente Ansinnen, nicht aus der Gemeinschaft herauszufallen, regiert den schwedischen Alltag«, würde ein Berliner das als Einschränkung seiner Freiheit verstehen. »Wir vertrauen einander und dem System«, berichtet die Schwedin, wir »wollen es deswegen schützen.«

Das System bedeutet in vielen Ländern nichts gutes. Regeln gelten als prinzipiell schlecht. Dass sie gerade in der Corona-Krise ihren Sinn beweisen, werden viele erst verstehen, wenn es zu spät ist. »Es geht um gesunden Menschenverstand«, erklärt der schwedische Staatsminister Stefan Löfven den Umgang mit Corona in Schweden. Und weil davon nicht genug da ist, muss der Staat in anderen Ländern angemessenes Verhalten erzwingen.

Wenn Schweden daher in der Corona-Krise als freier erscheint als andere Länder, dann ist das einerseits richtig. Die schwedischen Bürger halten sich freiwillig an sinnvolle Regeln.

Andererseits ist es ein Irrtum zu denken, in Schweden würde Party gefeiert. Das geschieht in Schweden eben nicht. Dort regiert die Vernunft. Gesetze müssen regieren, wo Unvernunft herrscht.

Diese Vernunft durchdringt auch die Politik der Regierung. Warum die Schulen in Schweden nicht schließen? – Weil, wie der oberste staatliche Epidemiologe erklärt, kein einziger Fall einer Infektion eines Erwachsenen durch ein Kind nachweisbar sei. Man handle nach der Devise: »Alle Maßnahmen, die wir treffen, müssen auch über einen längeren Zeitraum durchführbar sein.«

Vielleicht zeigt sich hier auch ein tiefer Zusammenhalt einer Gesellschaft, die den Namen Gemeinschaft verdient. Sie verdankt sich nicht den gemeinsamen Karnevalsfeiern oder Besuchen in dunstigen Clubs, sondern einem tieferen Sinn für den Andren, der sich in Krisenzeiten beweist. »Die Wahrheit der Notwendigkeit ist die Freiheit«, sagt der Philosoph. Und die Schweden stimmen ihm sicherlich zu.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Hajo

Die Schweden als Vorbild anzuführen ist doch aberwitzig.
Die haben doch zusammen mit ihren protestantischen Kollaborateuren ganz Deutschland vor 400 Jahren verwüstet und heute nennen sie sich Sozialstaat und sind dabei sich ihrer eigenen Selbstbestimmung zu entledigen, was ja aus deutscher Sicht garnicht so schlimm wäre, hätten wir nicht ähnliche Zustände.
Ein Land am Rande des Kontinentes mit dieser heutigen Bedeutungslosigkeit als Kronzeugen für erfolgreiche Modelle anzuführen ist deshalb nicht sinnvoll, denn sie haben viel Platz und wenig Menschen und das unterscheidet sich von uns.
Was die Zivilisiertheit anbelangt sollte man mal die Opfer der Einwanderung befragen, was die davon halten. Die verfluchen ihre Sozialisten genauso wie hierzulande, nur will es niemand wissen, solange die Roten das Sagen haben und das ist dort und hier das eigentliche Problem.

Gravatar: …und überhaupt…

Ein paar Corona-Zahlen über Schweden gefällig? Bitte auf worldometers info gehen, dann runterscrollen bis Schweden, anklicken und erneut runterscrollen bis zu den Kurven über total Corona deaths und daily Corona deaths. DAS ist die Realität! Das, was uns die Schwedin im vorliegenden Artikel verkaufen will, ist vergleichbar mit „Wir Kinder aus Bullerbü“.

Gravatar: Rita Kubier

Ich würde Schweden nicht idealisieren! Denn wie sich das einstige friedliche Schweden mit seinen einst gelassen und freundlich lebenden Einwohnern durch den massiven Import von Illegalen zum Negativen verändert hat, konnte man bisher ständig lesen und hören. Und diese Zustände von täglicher Gewalt werden sich wohl kaum durch Corona erledigt haben oder plötzlich zum Erliegen gekommen sein. Schweden(s Gesellschaft) ist (ebenfalls) schon längst nicht mehr das, das und was hier im Artikel beschrieben wird!

Gravatar: karlheinz gampe

@ Schnully

Dass in Schweden seltener Partys gefeiert werden stimmt nicht, denn die sind geheim und nur vertrauenswürdigen Insidern bekannt, denn dort wird Hjembrannten(Schwarzgebranntes ) getrunken. Es gibt Whisky- und Cognac - Salz damit wird dem hochprozentigen schwarz Gebranntem der Geschmack gegeben. Für Whisky Cola nehme man nur ganz wenig von dem Hjembrannten.

Gravatar: Jüppchen

Ich würde Sxhweden mal nicht idealisieren.
Das Bildungssystem ist völlig an die Wand gefahren, 2019 hat es bis November 236 Sprenstoffdelikte und bis Juli182 Schießereien mit 29 Toten gegeben (offizielle Statistik)und auch zu Coronazeiten wird geballert -. mittlerweile auch in die Wohnungenr rein. Nicht umsonst sind die Schwedendemokraten mehr oder weniger gleichauf mit den Sozialdemokraten - weit vor allen anderen Parteien.
Allerdings sind die Normalschweden recht nüchterne, liebenswerte Menschen und das Land ist wunderschön!

Gravatar: Harald Schröder

- Professor: Bis zu eine Million Schweden können infiziert sein
- Statistiken der Gesundheitsbehörden werden in Frage gestellt - nicht alle Todesfälle werden angezeigt
- Schwedens jüngstes Todesopfer bei der Coronaepidemie: 26-jähriger ohne Krankheit
- Die Kurve zeigt: Die Sterblichkeitsrate steigt in Schweden schneller als in Italien

Gravatar: Jürg Rückert

Wenn die Schweden alle Mundschutz tragen wie in Korea, mag das angehen. Ansonsten brechen sie ein.

Strobl, von Beruf Schwiegersohn Schäubles und nebenberuflich Innenminister in BW, tönt:
"... Sondern wachsam und aufmerksam ist und ähnliches gilt auch, was die Corona-Verordnung angeht“, ...
"... was die Allgemeinheit gefährden könnte, dann schadet ein Anruf bei der Polizei nie."

Gravatar: Unmensch

Die soziale Kontrolle geht nur *innerhalb* einer Gemeinschaft, und zwar einer in der man bleiben möchte. Wo es diese nicht gibt, oder wo es viele unterschiedliche gibt (also Diversität), funktioniert die soziale Kontrolle schlecher. Dann braucht es externe Institutionen wie den Staat. Deshalb liegt es auch im Interesse eines Staates mit totalitären Ansichten, Gemeinschaften zu schwächen und zu zersetzen.

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