Schlagzeilen wie »Hacker kommen zur Wahl 2020 - und wir sind nicht bereit«, »Im Grunde warnt jeder Führer der nationalen Sicherheit der USA vor ausländischer Einmischung in die Wahl 2020« und »US-Geheimdienste: Russland und China planen eine Einmischung in die Wahl 2020« häufen sich trotz fehlender Beweise, ebenso wie Warnungen, dass die amerikanische Öffentlichkeit gegen die alte Schiene der »Fake News« und das neue Kreuz der »deep fakes« gewappnet werden muss. Einige Medienberichte gehen soweit zu sagen, dass eine tatsächliche Einmischung des Auslands gar nicht notwendig sei, da allein die Angst vor einer Einmischung ausreichen könnte, um das amerikanische politische System irreparabel zu beschädigen.

Hacker-Angriffe oder die Angst vor solcherart Angriffe haben das Ziel, die Bürgen davon zu überzeugen, ihre bürgerlichen Freiheiten gegen mehr Sicherheit einzutauschen, oder besser gesagt, den Anschein größerer Sicherheit. Sollten die Ängste jedoch unbegründet blieben, dann wird die Bevölkerung nicht von tatsächlichen Gefahren geschützt, sondern die Bürger opfern willentlich ihre Freiheiten auf und geben den Machthabenden Gruppen eine größere Kontrolle über ihr Leben.

Besonders merkwürdig am Narrativ des drohenden »Chaos« und die Einmischung in die bevorstehenden Wahlen im Jahr 2020 ist jedoch die Tatsache, dass nicht nur die Instrumente dieser Einmischung benannt und detailliert beschrieben wurden, sondern dass ihr Einsatz bei den Wahlen vor kurzem von einem Unternehmen simuliert wurde, das enge Beziehungen sowohl zum US-amerikanischen als auch zum israelischen Geheimdienst unterhält.

Diese Simulation, die von der israelisch-amerikanischen Firma Cybereason organisiert und durchgeführt wurde, endete mit simulierten Todesopfern auf amerikanischer Seite, der Annullierung der Wahl 2020, der Verhängung des Kriegsrechts und einem Anstieg der Angst in der amerikanischen Bevölkerung, wie Unlimited Hangout berichtete.

Ein Teil des Grundes für die jüngste Zunahme der Angstmache scheint die Veröffentlichung einer gemeinsamen Erklärung gewesen zu sein, die im vergangenen November von wichtigen Mitgliedern der Trump-Administration abgegeben wurde.

Diese Erklärung, die von Generalstaatsanwalt Bill Barr, Verteidigungsminister Mark Esper, dem amtierenden DHS-Sekretär Kevin McAleenan, dem amtierenden Direktor des National Intelligence Joseph Maguire, dem FBI-Direktor Christopher Wray, dem NSA-Direktor General Paul Nakasone und dem Direktor der Cybersecurity and Infrastructure Security Agency (CISA), Christopher Krebs, verfasst wurde, beschrieb, dass eine ausländische Einmischung im Jahr 2020 unmittelbar bevorstehe, obwohl zugegeben wurde, dass es keine Beweise für eine Einmischung gebe. Im Wortlaut stand dort:

»Unsere Gegner wollen unsere demokratischen Institutionen untergraben, die öffentliche Stimmung beeinflussen und die Regierungspolitik beeinflussen. Russland, China, Iran und andere böswillige ausländische Akteure werden alle versuchen, sich in den Wahlprozess einzumischen oder die Wahrnehmung der Wähler zu beeinflussen. Die Gegner können versuchen, ihre Ziele mit verschiedenen Mitteln zu erreichen, z.B. durch Kampagnen in den sozialen Medien, durch die Leitung von Desinformationsmaßnahmen oder durch störende oder zerstörerische Cyberangriffe auf die staatliche und lokale Infrastruktur.

Obwohl wir derzeit keine Hinweise auf eine Kompromittierung oder Störung der Wahlinfrastruktur haben, die es den Gegnern ermöglichen würde, die Stimmabgabe zu verhindern, die Stimmenauszählung zu ändern oder die Fähigkeit zur Stimmenauszählung zu stören, beobachten wir weiterhin wachsam alle Bedrohungen von US-Wahlen (Hervorhebung hinzugefügt).«

Trotz des wichtigen Vorbehalts, dass zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Erklärung keine Beweise vorlagen, wurde die Erklärung in Medienberichten wie in diesen Berichten von BuzzFeed, ABC News und Newsweek dazu benutzt, um zu behaupten, dass eine ausländische Einmischung im Jahr 2020 unmittelbar bevorstehe.

Ziel der Angriffe – oder der Angst vor den Angriffen – ist, den Amerikanern tiefe Zweifel einer rechtmäßigen Wahl und damit der Grundlage für eine funktionierende Demokratie zu entreißen.

Besonders gefährdet seien Wähler durch sogenannte »deep fakes«: Der Name deep fakes leitet sich von einer Kombination aus »Deep Learning« und »Fake« ab. Deep fakes umfassen Video- und Audiomaterial, das mit Hilfe künstlicher Intelligenz (KI) manipuliert wurde, um Medien zu schaffen, die authentisch zu sein scheinen, es aber nicht sind. Die Besorgnis über ihren Einsatz bei den bevorstehenden Wahlen hat nicht nur eine Fülle von Medienberichten zu diesem Thema ausgelöst, sondern sowohl das US-Militär als auch den Kongress veranlasst, Maßnahmen zu ergreifen, um ihren potenziellen Missbrauch einzuschränken. Die Qualität der sogenannten deep fakes hat in den letzten Jahren drastisch zugenommen und es kursieren bereits Videos von Stars und Politikern im Internet, die Momente oder Interviews vorgeben, die niemals stattgefunden hatten, sondern manipuliert wurden.

Whitney Webb von Unlimited Hangout erklärt, die drei Mächte, die Hackerangriffe planen:

Russland: »Russlands Bemühungen in den sozialen Medien werden sich weiterhin darauf konzentrieren, soziale und rassische Spannungen zu verschärfen, das Vertrauen in die Behörden zu untergraben und vermeintlich antirussische Politiker zu kritisieren.«

China: »China wird weiterhin rechtliche, politische und wirtschaftliche Hebel einsetzen, um das Informationsumfeld zu gestalten. Es ist auch in der Lage, Cyberangriffe auf Systeme in den Vereinigten Staaten zu nutzen, um Meinungen oder Nachrichten zu zensieren oder zu unterdrücken, die es als politisch sensibel erachtet.«

»Der Iran, der Kampagnen in den sozialen Medien benutzt hat, um Zielgruppen in den Vereinigten Staaten und verbündeten Nationen mit Botschaften anzusprechen, die auf iranische Interessen ausgerichtet sind, wird weiterhin Online-Einflussoperationen nutzen, um zu versuchen, seine Interessen durchzusetzen.«

Die Gefahr, die von alledem ausgeht ist das »Chaos«, ein Chaos, das so unmittelbar bevorsteht, so weit verbreitet und unbändig ist, dass es die amerikanische Demokratie in ihrem Kern erschüttern wird.

Was jedoch unausgesprochen blieb, ist, dass die Lösung einer Regierung für das »Chaos« immer wieder die Rückkehr zur »Ordnung« ist. Das bedeutet, dass – welches »Chaos« auch immer letztlich vor oder am Wahltag entsteht – die Reaktion der Regierung einer Zerschlagung der Freiheit und einem Untergraben der Demokratie entgegenwirken muss, ob es sich um eine reale Gefahr handelt, oder eine eingebildete.

(jb)