Nach dem Rückzug der Amerikaner aus Syrien

Türkischer Einmarsch in Syrien: Westeuropa reagiert völlig desorientiert

Seit dem Rückzug der US-Amerikaner aus Nordsyrien steht Westeuropa Kopf. Denn die Hauptstädte und Redaktionen wurden von der klugen Realpolitik Donald Trumps völlig überrascht.

Kobane / Wikicommons / CC BY-SA 4.0
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Seit dem Rückzug der US-Amerikaner aus Nordsyrien ist das politische und mediale Westeuropa durcheinander. Die Politiker und Redakteure wurden von der klugen Realpolitik Donald Trumps völlig überrascht. Jetzt agieren sie wie der sprichwörtliche Hühnerhaufen.

Eigentlich hatte man sich Westeuropa an die Dauerkritik an der Politik Washingtons im Mittleren und Nahen Osten gewöhnt. Insbesondere die militärischen Operationen fanden nur wenige Freunde in Paris und Berlin. Doch seit Trump seine Soldaten aus Nordsyrien abziehen lässt, rufen ganz zuerst jene Verrat an den Kurden, die eben noch jeder Friedenstaube nachfliegen wollten. Doch dass zwischen diesen beiden Positionen ein tiefer Widerspruch klafft, merken weder Politiker noch Journalisten.

Verstört von dem Geschehen, prügeln die Medien den, den sie seit Jahren verprügeln: Donald Trump. So schreibt etwa die Welt: »Nächste Kehrtwende in der Syrien-Politik Donald Trumps: Nachdem die USA mit ihrem Truppenabzug der Türkei den Weg für ihre Offensive im Norden des Landes ebneten, gibt es nun Sanktionen gegen Ankara.« Das soll nach einem konfusen US-Präsidenten klingen. Doch genau damit hatte Trump schon gedroht, als die türkisch-deutschen Panzer noch nicht durch Syrien rollten. Das Gedächtnis der Redakteure scheint recht kurzlebig zu sein.

Dabei haben weder Politiker noch Medien eine Alternativen zu bieten. Denn kein einziges Land der EU ist willens, Truppen in die syrische Grenzregion zu verlegen. Und so wird einmal mehr deutlich, in welche Lage sich insbesondere Westeuropa seit nunmehr 7 Jahrzehnten befindet. Sie geben den schlauen Zuschauer, der von der Tribüne herunter alles besser weiß als Trainer und Spieler.

Jetzt, wo es ernst wird und Washington nicht mehr als Übervater im Hintergrund steht, greifen sie daher in die Mottenkiste einer möglichen Bündnispflicht im Rahmen der Nato, die Europa in einen Krieg ziehen könnte. Jean Asselborn hat davor gewarnt. Dabei weiß der Außenminister Luxemburgs recht gut, dass Artikel 5 des Bündnisvertrags nur für den Fall Anwendung findet, dass ein Bündnispartner attackiert worden ist. Angriffskriege wie der der Türkei verpflichten zu gar nichts.

Völlig desolat ist schließlich die Reaktion auf den Hauptdarsteller: Präsident Erdogan und seine Türken. Die führen doch tatsächlich Krieg. Mehr noch: Ihre in diversen westeuropäischen Ländern lebenden Landsleute unterstützen ihr Land. Ja, sie grüßen mit militärisch Ehren. Für ein Land, in dem schon das Absingen der Nationalhymne verdächtig macht und in dem die Kanzlerin die Landesfahne verwirft, muss das wie eine schallende Ohrfeige wirken.

Denn was ist dabei, wenn Türken sich solidarisch mit ihren Soldaten erklären ? Ist es nicht, ganz im Gegenteil, völlig normal ? – Ja, das ist es. Oder besser: Das sollte es sein. Das wissen Politiker, Journalisten und Vereinsvorsitzenden auch. Und genau deshalb drohen sie nun den Spielern mit Sperren, wo sie sie doch eigentlich, wenn überhaupt, ausweisen müssten. Die Türken erweisen sich als nationalistisch. Sie haben den verordneten Konsens der Westeuropäer gebrochen. Sie spielen das Spiel nicht mehr mit.

Mit dem Einmarsch der Türken in Syrien und dem Rückzug der USA brechen für Westeuropas Politiker und Journalisten Traumwelten zusammen. Deshalb ihre Kopflosigkeit. Und man darf und muss sogar zweifeln, ob Brüssel einen neuen und eigenen Weg finden wird.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: W.E. Mai

MEINUNGSkommentar
Das ethisch-moral. Mäntelchen, in das sich insb. DEU, mit einer völlig überzogenen einbahnstraßen-toleranten "bunte Weltoffenheits-Politik" einlullt, ist Ausdruck von Unfähigkeit, mit echten Krisen umzugehen. Eine invasive, hoch emotionale RTE-Machtpolitik ist dabei weit mehr als "nur" eine KRISE für den Westen, insb. BERLIN.
Das kommt dabei heraus, wenn Politiker/Politikerinnen nach Loyalität (ja sogar Lobbyisten-Affinität mit den "Richtigen"!) anstatt Befähigung und charakterstarkem Rückgrat mit Blick auf das Wohl von Bevölkerungsmehrheiten (ohne Minderheiten zu diskriminieren!) in Führungspositionen gehievt werden.

Bsph.: Wirklich in diesem Sinne "gute" Politiker wie u.a. z.B. Eppler/SPD (jüngst verstorben) od. Bosbach/CDU erreichten daher keine Spitzenpositionen und ein intelligenter Kanzler Schmidt wurde (1982) von FDP-Genscher "brutusiert".
Den meisten heutigen polit. Protagonisten der etablierten Parteien geht es NUR um die eigene Karriere, Pfründe/Posten und/od. auch um Umsetzung ideolog. Machtaffinitäten.
Donald T. versprach (gezielt wahltaktisch) seinen Unterstützern, die US-Soldaten nach Hause zu holen; die USA wolle keine Kriege mehr führen.
Denn tatsächl. Stimmung: Die Mehrheit der Amerikaner ist/war kriegsmüde, zumal Kriege teuer sind (während Probleme im eigenen Land zunehmen und nicht gelöst werden) und nur die KRIEGSÖKONOMIE davon partizipierte, darunter einige Protagonisten/"Falken" der BUSH-Admin. (Rumsfeld, Wolfowitz & Co.), Trumps ex-Sicherheitsberater Bolton u.a.
Weil Donald 2020 wiedergewählt werden will, setzt er dieses Versprechen um: Hies. Wahrnehmung/Analyse nach weniger aus Überzeugung od. gar ethischen Gesichtspunkten.
Die Medien mit ihren machtarroganten (i.d.R. links-grün-ideologisierten) Chefredaktionsstuben überziehen jeden, der sich ihnen gegenüber kritisch positioniert, mit entsprechenden Kampfattacken, umgekehrt auch ein rechthaber. narzistischer US-Präs. Donald T.
U.a. zeigt sich deren (hies.) Glaubwürdigkeitsproblem auch darin, dass sie meinungsmanipulativ anstatt neutral berichten, z.B. indem sie offensichtl. Tatsachen einfach unterschlagen.
Jüngstes Bsp. aufgrund der "Causa Halle":
Zunahme des Antisemitismus in DEU, bereits in den Grundschulen (beschuldigt bevorzugt die AfD), der ein gesamtgesellschaftl. Problem sei (letztlich auch damit befeuert, dass bereits Kritik an menschenrechtswidr. israel. Reg.Politik od. auch dem Hinweis, dass Israel ein internes Rassismus-Problem hat, stereotyp als "versteckter Antisemitismus" behauptet wird, was Widerstände provoziert).
Nur wenige (Medien) trauen sich, zu sagen/zu schreiben, dass mit der Zunahme von muslim. Migration, insb. neuere Generationen und "Flüchtlingen", der Antisemitismus wuchs (zaghafte Andeutung Herrn Schuster/israel. Gemeinde). Schließl. wurden Muslime in ihren Herkunftsländern (insb. islam. Gottesstaaten und solchen, die es werden möchten wie z.B. eine RTE-TR) so sozialisiert: ****** ***** *****

Dass die Ursachen des Nah-/Mittelostkonflikts, der inzw. unsägliches Elend, Tod und Vertreibung brachte, viel weiter zurückliegen, dürfte jedem klar sein, der sich sachl. objektiv mit der Historie seit Kreuzzügen, Kolonisation und schließlich willkürl. Grenzziehungen beschäftigt, die machtaffine, ebenfalls gewalttätige Rolle div. Religionen einschl. "christl." eingeschlossen.

Wer - zumind. offiziell - nicht wahrhaben will, dass die muslim. Community stark mehrheitl. westl. (insb. deutsche) Toleranz als Schwäche auslegt, die es zu verachten und für eigene Machtinteressen auszunutzen gilt (Opferrolle, Forderungen, mangelnde Integrationsbereitschaft und Akzeptanz des GG), und sich meinungstechn. gg. entsprechend besorgte kritische Äußerungen aufbäumt (alles Rechtspopulisten, Antisemiten, Hasser, Feinde etc., Nazis eben), ist unsachlich und in seiner wahrnehmbar überhebl. links-grünen Neigung nicht objektiv.
Dabei sind die Grenzen zw. medialer Berichterstattung (müsste neutral, objektiv, sachlich) und MEINUNG so verwischt, dass die Glaubwürdigkeit auf der Strecke bleibt.
Über dann angeheftete Attribute wie "Lügen-/Lückenpresse" zeigen sich machtarrogante "Eliten" beleidigt; den "Rest" übelster Sorte besorgen dann gewisse Poster in sozialen Medien.

Gravatar: Hartwig

@ Walter 16.10.2019 - 11:39

Ich bin ein anerkannter Fachmann für Fakten, steinharte Fakten. Und Sie bezeichnen mich als Träumer.

Sie hingegen, verstehen nichts von Fakten, sind ein Träumer, und geben sich fälschlich als Kenner von Stein aus. Sie betrügen!

Wie soll denn die "wahre" Geschichte sein? Nennen Sie mir Ihre Quellen, bitte.

Ich bin nicht religiös. Ich hasse Religionen, vor allem die dümmste aller Religionen, den affigen, sinnlosen Atheismus. Sie aber sehr, Sie sind sehr religiös. Sie haben weder von Wissenschaft Ahnung noch von Fakten. Der Islam ist das Problem, und nicht die USA. Mit oder ohne USA, der verdammte Islam ist das Problem im Nahen Osten. Und Ihre Meinung dazu ist irrelevant, denn es sind sehr viele Fakten, die genau das beweisen.

Sie haben keine Ahnung vom Nahen Osten. Weiterhin. Aber Sie hassen den Kapitalismus. Wahrscheinlich.

Wenn Sie mir wissenschaftliche Unfähigkeit vorwerfen sollten, dann können Sie warten bis Sie schwarz werden. Meine sind erwiesen. Ihre nicht.

Gravatar: Hartmut Pablo Günther

Ein weiteres diplomatisches Meisterstück von Trump: Er hat Erdogan eine Falle gestellt und der ist prompt hineingerannt. Nun können die USA die islamistische Türkei wirtschaftlich fertigmachen.

Gravatar: Catilina

Zum Vergleich: die Abkommen unserer Kanzlerin mit dem orientalischen Despoten erinnern mich an einen alten Werbespot. Dort sagte ein Noch-nicht-so-lange-hier-lebender: "ich trinke Jägermeister, weil ich gerade dem Staubsaugervertreter meinen Teppich verkauft habe."

Gravatar: Hartwig

@Walter
@Sebastian

1. Also, dann ran an die Waffen. Auf welcher Seite werden Sie kämpfen und schießen?

@Sebastian Wiedhölter 15.10.2019 - 21:21

2. Erdogan sagt, es gibt nur einen Islam. Der mächtigste Verbündete des IS ist Erdogan, seit Jahren. Wieso verheimlichen Sie genau das?

3. Die Geisteskranken in Brüssel statten Erdogan mit Waffen aus und freuen sich über die nächste Flüchtlingswelle, die sie mit aller Macht gleichmäßig in der ganzen EU verteilen wollen. Warum verwundert Sie das?

@Walter 15.10.2019 - 21:45

4. Sie haben keine Ahnung vom Nahen Osten. Ihre weltfremde Analyse ist kaum zu ertragen.

Der Artikel der Redaktion ist top.

Gravatar: Sebastian Wiedhölter

Sind Sie denn erst zufrieden, wenn alle gegen alle Krieg führen?
Jetzt hat auch der IS endlich wieder einen mächtigen Bündnispartner in Syrien. Und vor kurzem hat Trump noch damit geprahlt, er habe den IS besiegt..
Das ist das Gegenteil von Klugheit. Das ist kopfloser Aktionismus.
Vermutlich rollt die nächste Flüchtlingswelle schon an..
Mit Verlaub: Kein guter Kommentar.

Gravatar: Aufbruch

Europa lässt sich von Erdogan auf der Nase herum tanzen, Trump nicht. Für Trump ist die türkische Agression kein Nato-Bündnisfall. Er hat sich eindeutig gegen den Einmarsch Erdogans in Syren positioniert. Trump ist Realpolitiker und kein Traumtzänzer. Der Fall eines Nato-Beistandes für Erdogan ist wegen dessen Angriffskriegs nicht gegeben. Die Türkei führt einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Kurden und Syrien. Sie müsste aus der Nato ausgeschlossen werden. Erdogan bricht Verträge wie und wann es ihm in den Kram passt. Menschenleben spielen für ihn keine Rolle.

Erdogan erklärt einfach die Kurden zu Terroristen und führt Krieg gegen sie. Der Aufschrei in Europa bleibt aus. Hunderte von Menschenleben sind nichts wert, Es sind ja nur Kurden. Das Pharisäertum, die Scheinheiligkeit und Heuchelei unserer Politiker ist ein Skandal. Was darf sich dieser Despot noch alles leisten, bevor ihm Einhalt geboten wird. Man hört von unseren Politikern nur Phrasen, Phrasen und sonst nichts. Nur Trump spricht eine klare Sprache. Warum packt man Erdogan nicht da, wo es ihm wehtut? Er ist wirtschaftlich ohnehin ziemlich am Ende. Dreht ihm den Hahn ab, damit er endlich zur Vernunft kommt. Oder aber, er wird den Westen weiterhin zum Narren machen. Und Deutschland? Die einzige Partei, die die Türkei-Politik immer schon angeprangert hat, die AfD, wird bis aufs Messer bekämpft. Merkel schafft Deutschland ab und Erdogan freuts.

Gravatar: Klimax

Wenn mein Land mit Truppen in ein anderes einfällt, werde ich das nicht bejubeln, nur weil es mein Land ist. Unter Zivilisierten ist das mitnichten normal. Ein aufgeklärter Mensch wird sich ein Urteil über die Aktion bilden und sich danach positionieren. Die Zeiten, in denen ganze Völker einer Fahne hinterherliefen und keiner fragte, warum oder mit welchen Recht, sollten wenigstens in Europa vorbei sein.

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