In China wird es ausprobiert

Totale Überwachung mit dem "sozialen Kontostand"

Das Smartphone macht es möglich. In China wird die totale soziale Überwachung getestet. In Rongcheng wird sie ausprobiert: Die Einwohner werden nach einem so genannten Sozialkreditsystem bewertet: Wer bei Rot über die Ampel geht oder zu viel Computer spielt, bekommt Punkte abgezogen. Wer seinen Eltern hilft oder kommunistische Lieder singt, bekommt Punkte gutgeschrieben.

Symbolbild Pixabay
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Jeder Mensch in Rongcheng startet mit 1.000 Punkten auf seinem Konto. Wer besonders viele Punkte hat, gilt als A-Bürger, wer dagegen unter 599 Punkte fällt, gilt als D-Bürger und wird vom gesellschaftlichen Leben mehr und mehr ausgeschlossen. Darüber hatte der Deutschlandfunk in einer Reportage berichtet, die vom focus besprochen wurde.

Es sieht dann so aus: Als D-Bürger einen Job zu finden, wird schwierig. Es ist D-Bürgern nicht einmal mehr erlaubt, mit der Bahn zu reisen oder zu fliegen. Sie werden behandelt wie Aussätzige. Die modernen Aussätzigen sind keine Minderheit: Im Jahr 2016 wurde das Bahnverbot ganze 6,7 Millionen Mal verhängt. Es ist relativ leicht durchzuführen, weil inzwischen so gut wie jeder ein Smartphone besitzt. Egal wie hoch der Punktestand ist, ein Smartphone hat auch der moderne Aussätzige.

Die allumfassende Überwachung wird durch moderne Technik möglich. An jeder Ecke hängen inzwischen Überwachungskameras. Die chinesische Firma iFlyTek hat ein Programm entwickelt, mit dem Telefonate in Echtzeit gescannt und jede Stimme erkannt wird.

Im Jahre 2014 ist das soziale Überwachungsexperiment in Rongcheng gestartet worden – in einer für uns unbekannten Stadt an der chinesischen Ostküste mit immerhin einer Million Einwohnern. Es soll Modell für ganz China sein. Auch in anderen Städten wird das Projekt bereits getestet. Die Regierung hat geplant, bis 2020 alle privaten und staatlichen Datenbanken miteinander verbunden zu haben.

Wie reagiert die Bevölkerung? Die spielt mit. In der erwähnten Reportage des Deutschlandfunks äußert sich der 42-Jährige Zhang Jian unbefangen: »Ich brauche eine Beurteilung für eine Beförderung – und dafür wiederum muss ich meinen Sozialkredit-Kontostand einholen. Wenn der nicht gut genug ist, werde ich auch nicht befördert.« Sorgen macht er sich nicht: »Ich achte auf mein Benehmen und mein Handeln. Ich sollte keine großen Abzüge haben.«

Es ist die normale Reaktion auf solche Maßnahmen. Alle denken: Mir wird nichts passieren. Ich habe nichts zu verbergen. Eine Illusion. Denn das, was als moralisch gut und richtig gilt, ändert sich ständig. Das Überwachungssystem schafft zwei Lager: die Guten und die Nicht-Guten. Der gesellschaftliche Druck ist stets präsent.

Vielleicht wird der Name Rongcheng in die Geschichte eingehen. Man wird später sagen können: Hier hat es angefangen.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Old Shatterhand

@Markus Estermeier

Haben Sie herzlichen Dank für den Link mit dem ich mein Twitter-Konto endlich deaktivieren konnte. Jetzt warte ich die 30 Tage erst einmal ab. Als ich das noch auf deren Website selbst versucht hatte, war unter dem Button Profil, keine Auswahlmöglichkeiten anklickbar. Die müssen es nach meinen 5 Mails abgeändert haben.

Mit besten Grüßen
Old Shatterhand

Gravatar: Old Shatterhand

Diese sog. Sozialen Netzwerke mischen da kräftig mit und sind wie die Kraken. Eigenes Beispiel. Ich hatte mich vor Monaten mal bei Twitter angemeldet aber schnell gemerkt, dass dies nichts für mich ist und inzwischen bekomme ich Tweeds von Leuten und Medien die ich nicht ausstehen kann. Ich selbst habe bisher keine einzige Nachricht versendet. Die ankommenden Mails habe ich zwar alle für mich angemarkert aber es nervt mich, wenn ich eine Latte rot markierter Mails von Twitter bekomme, die ich dann jeweils löschen muss. Da ich auf dem Konto keine Möglichkeit, oder einen Button fand um mein Konto wieder zu löschen, habe ich diesen Verein inzwischen 5 mal angeschrieben, mein Konto zu schließen bzw, zu löschen. Keine Chance, die antworten jedes Mal so wie auf die Frage: "Wie ist Dein Name! Antwort: Morgen regnet's!
Kann mir jemand sagen wie ich dieses verdammte Twitter Konto wieder los werde, oder muss ich erst Anzeige wegen Belästigung erstatten? (Meine Mails an Twitter habe ich ja als Beweise, dass ich da austreten will) Ich habe keine Ahnung was ich da noch machen kann. Vielleicht hat ja Jemand eine Idee wie ich das Konto wieder loswerde, wofür ich sehr dankbar wäre.

Gravatar: Wolf

Science Fiction wird zur Wirklichkeit und Orwells Prognosen leider auch. Ich vermeide chinesische Produkte wo es nur geht, so ein "Werte"-System muss man nicht wirtschaftlich unterstützen.

Gravatar: Lieschen Müller

So sind sie die Kommunisten.
Das können und wollen wir bei uns nicht haben.

Gravatar: Thomas Jacob

vieleicht ist das bei uns schon lange so, sowas wird den Menschen ja nicht gesagt und unserer Regierung traue ich "ALLES" zu

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