Amri-Freund während laufender Ermittlungen schnell abgeschoben

Schützten Behörden Amris Komplizen nach Berliner Weihnachtsmarkt-Attentat?

Immer deutlicher wird, dass der Islamist Anis Amri bei dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt vor über zwei Jahren einen Komplizen namens Bilel Ben Anmar hatte und danach etwas vertuscht werden sollte. Ben Anmar wurde kurz darauf blitzschnell abgeschoben.

Foto: Andreas Trojak/ Wikimedia Commons/ CC BY 2.0
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Der islamistische Terrorist Anis Amri soll nach Informationen aus Sicherheitskreisen bei dem mit einem Lkw verübten Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am 19. Dezember 2016 mit 12 Toten einen Helfer gehabt haben. Dabei handele es sich um einen Agenten des marokkanischen Geheimdienstes, den Tunesier Bilel Ben Anmar.

Ein bislang unter Verschluss gehaltenes Überwachungsvideo vom Tatort am Breitscheidplatz zeigt einen Mann mit dem Aussehen von Ben Anmar, der in dem Moment als Amri den Lkw verließ, einen Zeugen mit einem Kantholz niederschlug, um dem flüchtenden Terroristen den Weg freizumachen. Das Opfer des Schlags liegt seit dem im Wachkoma.

Jetzt wird der Vorwurf erhoben, man habe Ben Anmar kurz danach abgeschoben, um ihn vor einer Strafverfolgung mit allerlei Ermittlungen zu schützen. Die Entscheidung, den marokkanischen Agenten abzuschieben, sei bereits neun Tage nach dem Anschlag »auf politischer Ebene gefallen«. Er wurde am 1. Februar 2017 mit einer Linienmaschine nach Tunis ausgeflogen.

Daher fordern mehrere Parlamentarier nun die Vernehmung des mutmaßlichen Terrorhelfers im Untersuchungsausschuss des Bundestages. Dabei ist noch offen, ob Bilel Ben Anmar in Berlin oder im Ausland vernommen werden soll. Laut des Ausschussvorsitzenden Armin Schuster (CDU) wurde gegen Bilel Ben Anmar. eine Wiedereinreisesperre verhängt.

Abgeordnete der Opposition halten das Tempo verdächtig, mit dem die deutschen Behörden damals auf die Abschiebung des engen Vertrauten von Amri drangen, und fragen sich, ob möglicherweise etwas vertuscht werden sollte, etwa weil man sich von ihm interessante Informationen über andere gewaltbereite Islamisten im In- und Ausland erhoffte.

Ein Sprecher der Bundesanwaltschaft begründete die Zustimmung seiner Behörde zu der eiligen Abschiebung von Bilel Ben Anmar damit, dass es zum damaligen Zeitpunkt nicht möglich gewesen sei, einen Haftbefehl gegen ihn zu erwirken. Bundesinnenminister Horst Seehofer wolle die damalige Abschiebung nun prüfen lassen.

Bilel Ben Anmar war den Behörden kein Unbekannter. Der heute 28-jährige soll nach Ermittlungsunterlagen bereits 2015 mit Kontaktleuten über mögliche Attentate in Nordrhein-Westfalen gesprochen haben. »In Dortmund müsste etwas passieren, und Züge müssten bombardiert werden«, heißt es aus einem abgehörten Gespräch.

Ben Anmar wurde danach vorübergehend festgenommen worden, doch konkrete Beweise für Terrorpläne ließen sich nicht finden, so dass er wieder freigelassen wurde. Der Islamist saß auch schon wegen Sozialhilfebetrugs mit verschiedenen Identitäten in Untersuchungshaft. Bei seiner Vernehmung gab er damals an, bei Amri öfter Kokain zum »Freundschaftspreis« gekauft zu haben.

2014 war Bilel Ben Anmar zusammen mit anderen Tunesiern nach Deutschland gekommen. In Berlin wurde er am 19. Februar 2016 durch die zuständigen Behörden als islamistischer Gefährder eingestuft. Am Abend vor dem Anschlag traf er sich mit Amri in einem Lokal. Wie Anis Amri war auch er ein Anhänger der Terrormiliz »Islamischer Staat« (IS).

Am 2. November 2016 - also sechs Wochen vor dem Anschlag - war Amri Thema einer Besprechung im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum von Bund und Ländern (GTAZ). Das Bundesamt für Verfassungsschutz wurde damals gebeten, Hinweisen des marokkanischen Geheimdienstes auf mögliche Anschlagspläne Amris nachzugehen.

In einem drei Monate nach der Abschiebung verfassten Vermerk des Bundeskriminalamts heißt es, Bilel Ben Anmar habe mehrfach den Breitscheidplatz »als Fotomotiv gewählt, wobei erste Bilder des Breitscheidplatzes von Februar und März 2016 den späteren Einfahrtsbereich des Tatfahrzeuges ablichten, was vor dem Hintergrund des Anschlaggeschehens den Eindruck einer Ausspähung erweckt.«

Auch die tunesischen Behörden kannten Ben Anmar, wenn auch nicht als Terrorist. Ein Beamter des Bundesinnenministeriums schrieb in einer internen Mail, die Vorwürfe gegen ihn in Tunesien lauteten Beteiligung an Demonstrationen, »Sabotage« und illegale Ausreise nach Libyen, »so dass vielleicht nicht unbedingt die Todesstrafe droht« bei einer Abschiebung.

Bekannt wurde auch, dass Ben Anmar am 13. September 2016 in seiner Berliner Asylunterkunft mit Kindern Hinrichtungen des IS nachgestellt habe, was er selber auf Video festhielt. Das Video zeigt einen syrischen Jugendlichen, der an Händen und Füßen gefesselt auf dem Boden liegt und von einem Kleinkind mit einem Plastikschwert in den Nacken geschlagen wird.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Thomas Waibel

Warum hat man die beiden nicht vor dem Attentat abgeschoben oder in Gewahrsam genommen?

Weil es Gäste von Angela Merkel waren?

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