Es war alles vom Regierungsprogramm bis zur Ministerliste bereits ausgehandelt. Drei Monate nach der Wahl in Italien sind die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) und die Lega mit ihrer geplanten Regierungsbildung überraschend gescheitert. Ihr gemeinsamer Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten, Giuseppe Conte, gab am Sonntag den Auftrag zur Regierungsbildung an Staatspräsident Sergio Mattarella zurück. 

Zuvor verweigerte Mattarella die Berufung des 81-jährigen Euro-Kritikers Paolo Savona zum Wirtschafts- und Finanzminister. Mattarella erklärte, er habe alle anderen Personalvorschläge der beiden Parteien akzeptiert, jedoch Savonas Ernennung nicht zustimmen können. Er forderte eine Persönlichkeit auf diesem Posten, »die nicht als Unterstützer einer Linie angesehen wird, die den unvermeidlichen Ausstieg Italiens aus dem Euro provozieren könnte«.

Das Scheitern der Regierungsbildung stürzt Italien damit in eine tiefe politische Krise. Nachdem  Giuseppe Conte das Handtuch warf, bestellte Staatspräsident Mattarella nun für Montag den Wirtschaftsexperten und ehemaligen IWF-Vertreter Carlo Cottarelli zum Gespräch in den Präsidentenpalast. Der 64-Jährige war von 2008 bis 2013 ranghoher Mitarbeiter des Internationalen Währungsfonds (IWF) und anschließend Sparkommissar der italienischen Regierung.

Als Chef einer Expertenregierung könnte nach Vorstellungen von Mattarella der ihm genehme Cottarelli das Land bis zu Neuwahlen im Herbst führen. Die Chefs von Lega und Fünf-Sterne-Bewegung reagierten empört auf die Entwicklung. Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio erklärte, er werde unter Berufung auf Artikel 90 der Verfassung die Absetzung von Präsident Mattarella durch das Parlament fordern. In dem Verfassungsartikel geht es um die Möglichkeit, den Präsidenten vor dem Parlament wegen Hochverrats oder Verletzung der Verfassung anzuklagen.

Zuvor kritisierte Di Maio in einem Video Mattarellas Entscheidung mit den Worten: »Sagen wir es doch klar, dass es überflüssig ist wählen zu gehen, weil es die Rating-Agenturen, die Finanz- und die Bankenlobbys sind, die die Regierungen machen«. »Wir sind keine Kolonie der Deutschen oder der Franzosen«, schob Lega-Chef Matteo Salvini ein. Beide erklärten den Wahlkampf für Neuwahlen für eröffnet. »Bleibt an unserer Seite. Einige Leute in den oberen Etagen sind gegen uns, aber es gibt so viele andere, die uns unterstützen«, sagte Di Maio.

Die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega erwägen nun, zusammen in Neuwahlen zu ziehen. Ein solches Bündnis werde derzeit geprüft, heißt es aus Kreisen der Parteien. In die Wahlen zuvor ging die Lega noch im Rahmen eines Mitte-rechts-Bündnisses mit Berlusconis Forza Italia.

Sollte die Forza Italia eine Expertenregierung um den ehemaligen IWF-Mann Carlo Cottarelli unterstützen, wäre das Ende der Allianz unvermeidbar, sagte Lega-Chef Matteo Salvini. Er sehe in Cottarelli ein »Emblem der Finanzlobby«, der klar abzulehnen sei. Salvini erklärte zudem seine Kritik an Berlusconis EU-treue Positionen. »Berlusconi spricht als wäre er Merkel«.