Amazonas-Träume

Priesterzölibat, Frauenpriester – wie sieht die Zukunft aus?

Es wäre besser, wenn Rom klar gemacht hätte, dass der Priestermangel der Amazonas-Region auch ihren Zugang zur Weltkirche geschmälert hat. Die Prozesse, die nun im Gang sind, müssen durch eine stetige Anleitung geführt werden, die sich von jener unterscheidet, die wir bisher gesehen haben.

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Von Robert Royal*

Querida Amazonia, Papst Franziskus Nachsynodales Schreiben (veröffentlicht am 12. Februar) bietet beim ersten durchlesen eine angenehme Überraschung. Nur wenig ungezähmter Radikalismus – wie er in der Synodenhalle in den Vatikanischen Gärten und sogar in den Straßen Roms im letzten Oktober während der Synode zu spüren war – ist darin vorhanden. Der Papst zitiert, wie zu erwarten, ausgiebig aus seinen eigenen Texten, aber auch aus Texten von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. So sehr, dass Kardinal Gerhard Müller, eine mächtige Stimme in derzeitigen Kirchendebatten die Exhortation ein Versöhnungsdokument nennt.

Das kann schon sein – oder auch nicht.

Keine Erwähnung finden verheiratete viri probati als ein Mittel gegen den Priestermangel im Amazonasgebiet, aber es ist auch nichts über den Priesterzölibat zu finden. Stattdessen wollte der Papst die Bischöfe in der Region ermutigen, priesterliche Berufungen zu fördern und den Priestern aus der Region ihre Verantwortung nahezulegen, in der Region zu bleiben, anstatt nach Nordamerika oder nach Europa auszuwandern. Und er lädt Priester mit Missionsdrang dazu ein, im Amazonasgebiet zu arbeiten.

Die Frage der Diakonissen ist in die entgegengesetzte Richtung umgeschlagen, als es bisher zu erwarten war. Franziskus erklärt, dass Innovation in diese Richtung eine »Klerikalisierung« sei – für ihn ein stark negativ gefärbter Begriff – des wahren Beitrags der Frau, die sie im Einklang mit der Natur geleistet hat und weiterhin leistet und die besonders durch die »zarte Stärke« ausgezeichnet ist.

Hier und da lassen sich Spuren von Reden über liturgische Anpassungen finden, aber nichts über irgendeine Form eines »Amazonischen Ritus«, der während der Synode viel diskutiert wurde (eine klare Unmöglichkeit, wenn man die hunderte Stämme und Sprachgruppen im Amazonagebiet bedenkt, die alle Platz finden müssten).

Ein wenig von dem zeitgenössischen Synkretismus ist auch zu finden – einer geduldigen Tolerierung der Mischung von eingeborenen und katholischen Praktiken, die noch nicht von primitiven Einflüssen gereinigt ist; die Art der Praktiken, die Missionare manchmal zulassen und nicht unbedingt ein Problem darstellen, wenn man auf das eigentliche Ziel ausgerichtet bleibt. Und wenn man den Grund im Auge behält, warum es zugelassen wird. Und durch wen.

Der einzige große Vorbehalt in alldem bleibt, wie diese Exhortation, die deutlich so verfasst ist, zu vermeiden Benzin in bereits brennendes Feuer zu gießen, in all ihrer Zweideutigkeit – ein Markenzeichen von Bergoglio – sich zum Abschlussdokument der Amazonassynode verhält, das in all diesen Punkten viel radikaler und kontroverser war. Der Papst erklärte von Anfang an, dass er nicht aus dem Abschlussdokument zitieren wird, denn er wolle, dass man das ganze Dokument liest. Und über das Lesen hinaus: »Mögen sich die Hirten, die gottgeweihten Männer und Frauen und die gläubigen Laien in Amazonien um ihre Umsetzung bemühen und dass diese Arbeit irgendwie alle Menschen guten Willens inspiriert.«

Ein Olivenzweig des Friedens wird also angeboten, oder zumindest scheint es oberflächlich so zu sein. Oder vielleicht herrscht in Rom die Angst, derzeitig diese Punkte durchzudrücken, da es in der Kirche zu einer Spaltung kommen könnte. Eines der Leitprinzipien des Papstes ist: »Es ist wichtiger, Prozesse auszulösen, als Räume zu beherrschen«, wie er es trefflich in Amoris Laetitia (§261) niedergeschrieben hat. Was hier wirklich geschieht wird erst dann klar werden, wenn der Prozess begonnen wird, das Abschlussdokument »anzuwenden« - nicht die Exhortation. Der Großteil des begrifflichen Eisbergs könnte unter der Oberfläche liegen.

Das Abschlussdokument sprach von der fast schon bindenden Not auf die Eingeborenen zu »hören«, so sehr, dass man sich wundert, warum es überhaupt Missionare von außen dort geben soll. Die Exhortation spricht auch vom »zuhören«, fügt aber hinzu:

»Wenn wir uns mit unserem Leben für sie einsetzen, für die Gerechtigkeit und die Würde, die sie verdienen, können wir nicht vor ihnen verbergen, dass wir dies tun, weil wir in ihnen Christus erkennen und weil uns bewusstgeworden ist, welch große Würde Gott, der Vater, der sie unendlich liebt, ihnen verleiht….Ohne diese leidenschaftliche Verkündigung würde jede kirchliche Struktur nur zu einer weiteren NGO werden, und wir würden damit auch nicht der Weisung Jesu Christi entsprechen, die da lautet: »Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium der ganzen Schöpfung.«

Der Großteil der Exhortation ist den verschiedenen Bereichen der sozialen Gerechtigkeit gewidmet. Von den vier Kapiteln sprechen nur die letzten direkt von zentralen Kirchenangelegenheiten. Jedes Kapitel wird durch einen »Traum« angeleitet, der manchmal durch Textabschnitte von großen Lateinamerikanischen Poeten, wie dem Chilenen Pablo Neruda und dem Brasilianer Vinicius de Moraes, verdeutlicht wird:

»Ich träume von einem Amazonien, das für die Rechte der Ärmsten, der ursprünglichen (autochthonen) Völker, der Geringsten kämpft, wo ihre Stimme gehört und ihre Würde gefördert wird.

Ich träume von einem Amazonien, das seinen charakteristischen kulturellen Reichtum bewahrt, wo auf so unterschiedliche Weise die Schönheit der Menschheit erstrahlt.

Ich träume von einem Amazonien, das die überwältigende Schönheit der Natur, die sein Schmuck ist, eifersüchtig hütet, das überbordende Leben, das seine Flüsse und Wälder erfüllt.

Ich träume von christlichen Gemeinschaften, die in Amazonien sich dermaßen einzusetzen und Fleisch und Blut anzunehmen vermögen, dass sie der Kirche neue Gesichter mit amazonischen Zügen schenken.«

Wie in der päpstlichen Enzyklika über die Umwelt, Laudato Si, erinnern diese etwas romantisch anmutenden Verse die entwickelte Welt daran, dass andere Formen von Leben einen Wert haben. Und was wir wiederentdecken müssen, ist der Sinn für die Welt als Schöpfung, nicht nur als Energie, die mit einer bestimmten Absicht manipuliert werden kann, ohne Rücksicht auf Gottes Ordnung. Die »Transgender«-Bewegung ist die letzte Haltestelle eines Zugs, in dem die Menschen angeben etwas zu sein, nur weil sie es wollen, obwohl ihre Körper ihnen bis auf das Molekularniveau widersprechen.

Wir können alle voneinander lernen, das ist sicher, aber das primitivistische Modell der Gesellschaft, der Harmonie mit der Natur und des buen vivir (»des guten Lebens«), das Rom sich hier aneignet, hat zwar eine lange literarische Geschichte, aber bietet nur wenige allgemeine Lehrsätze für eine Welt mit sieben Milliarden Menschen. Es wäre vielleicht sinnvoll gewesen, auch das irgendwo anzuerkennen.

Und es wäre besser, wenn Rom klar gemacht hätte, dass der Priestermangel der Amazonas-Region auch ihren Zugang zur Weltkirche geschmälert hat. Die Prozesse, die nun im Gang sind, müssen durch eine stetige Anleitung geführt werden, die sich von jener unterscheidet, die wir bisher gesehen haben. Mit der neuen Exhortation können wir immer noch nicht sehen, ob diese Leitung existiert oder nicht. Zweifelsohne werden wir bald eines besseren belehrt werden.

Dieser Artikel erschien zuerst im Orginal auf der Webseite »The Catholic Thing« (www.thecatholicthing.org). Copyright 2020. Alle Rechte vorbehalten. Mit Erlaubnis übersetzt und abgedruckt.



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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Weanermadel

@ Lars, 19. Feber 10:21
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Unsere österreichische Himmels-Mutter spricht nur Trost und Hoffnung --- nicht wie die Gestalt von Fatima, die Gfrött und Ramasuri verkündet:

http://www.marienerscheinung.at

Gravatar: Thomas Waibel

Alleine, daß diese Träume - mindesten zum Teil - von dem kommunistischen Poeten Pablo Neruda stammen, zeigt wieder einmal, daß Bergoglio ein Marxist ist.

Es wäre sehr gut, wenn Bergoglio das Zölibat abschaffen und Frauen zu Ordination zulassen würde. Je mehr die Konzilssekte nach links abrutscht, desto schneller wird dieses scheinkatholisches Konstrukt verschwinden.

Gravatar: patrick feldmann

@ Hartwig Frauenpriestertum

Es ist schlicht so, daß es keinerlei Anhalt in der kirchlichen Tradition für die Errichtung so einer Institution gibt!

Und es gab zu der Zeit der Entstehung heidnische Kulte mit Priesterinnen. Es ist also nicht so, daß damals niemand hätte auf die Idee kommen können!

Es handelt sich um eine reine Zeitgeistmode der Gleichmacherei, Vermassung und des Kollektivismus unter der Vorgaukelung von Rechten!

Gravatar: patrick feldmann

Bergoglio verwaltet Utopien

Benedikt hatte sie Situation und Notwendigkeit der Kirche umrissen als Glaubensvertiefung, die der Gottesverdunstung westl. Gesellschaften entgegenzusetzen sei.

Bergoglio insinuiert hier literarische Träüme, die - nimmt man sie aus dem literarischen Bezug- allesamt von Ideologie umwölkt sind. Sie münden entweder bei Rousseau oder direkt bei Marx und jeder kann nachschauen, welches Elend sie im 20.Jhdt. über die Menschen gebracht haben.
Kritisch betrachtet laufen auch all diese Utopie-Dystopien dem christlichen Menschenbild konträr: wo das Christentum den freien verantwortlichen Einzelnen in seiner Würde als individuelles Bild Gottes als Basis sieht, betrachten diese friedlichen Utopien genau diesen Einzelnen und seine Freiheit als Feind! Allesamt münden sie daher in kollektivistischen Totalitarismen.

Genaugenommen wird der argentinische Diktator und Besetzer des vatikanischen Besuchertraktes damit deutlicher als ihm und seinen sinistren Machtphantasien gut tun wird.

Gravatar: Anne R.

Nicht die katholische Kirche, die das Frauenpriestertum zurückweist ist frauenfeindlich, sondern diejenigen, die die Vermännlichung der Frau vorantreiben und denen es nur um Machtpositionen, auch in der Kirche, geht.
Im Grunde ist die katholische Kirche sogar die Anwältin der Frau, aber das muß man bzw. frau auch verstehen wollen.

Gravatar: Lars

"Ein wenig von dem zeitgenössischen Synkretismus ist auch zu finden – einer geduldigen Tolerierung der Mischung von eingeborenen und katholischen Praktiken."

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Diese "Tolerierung" geschah ja auch durch die Zeiten!

Und ob nun die Pacha-Mama oder die Mutter von Guadelupe oder die "schreckliche Geheimnisse" verkündende Himmelsmutter von Fatima (Papst Franziskus hatte dieser ja ausdrücklich sein Pontifikat geweiht): im Grunde ist dies dasselbe.

Mehr dazu in einer Jenseits-Offenbarung, kostenlos, anonym und sicher downloadbar bei dem URL
.
https://www.wiwi.uni-siegen.de/merk/stilling/downloads/nachtod_theo_jst/maria_mutter.pdf
.
Das ist auch als Buch erhältlich.

Gravatar: Ekkehardt Fritz Beyer

... „Hier und da lassen sich Spuren von Reden über liturgische Anpassungen finden, aber nichts über irgendeine Form eines »Amazonischen Ritus«, der während der Synode viel diskutiert wurde (eine klare Unmöglichkeit, wenn man die hunderte Stämme und Sprachgruppen im Amazonagebiet bedenkt, die alle Platz finden müssten).“ ...

Klar war es für die Christen, die vor ca. 500 Jahren nach Südamerika zogen ´wesentlich` leichter:

„Von den 14 Millionen Indigenen im ehemaligen Reich der Inkas lebten nach 150 Jahren Kontakt mit der christlich-abendländischen Zivilisation noch etwa 2 Millionen. Europa erlebte in der gleichen Zeit einen ungeheuerlichen Aufstieg. Der Reichtum und die Entwicklung Europas in der Neuzeit haben mit ihren Ursprung in den Gräbern der Indigenen (und Afrikaner, Asiaten). Die „Ureinwohner“ leben in ihrem eigenen Land wie Fremde, ja Aussätzige. Man hat ihnen alles genommen: ihr Land, ihre Religion, ihre Kultur, ihre Geschichte, ihren Glauben an sich selbst.“
https://weltkirche.katholisch.de/Themen/Kultur-und-Religion-der-Andenv%C3%B6lker

Weil es der Christengott so wollte!?

Man könnte denken, dass er mit Europa – besonders aber Deutschland – nun Ähnliches vor!

Ein auch m. E. möglicher Grund:

Weil es nun ganz klar den Anschein hat, dass der/die Allmächtige zum Islam konvertieren - und sich Allah unterwerfen will???

Gravatar: Hartwig

Immer wieder das Gleiche. Nicht-Katholiken wollen Katholiken lehren. Das ist total krank.

Die echten Katholiken müssen alle nicht-echten Katholiken hinaus begleiten und alles ist gut, alles ist wunderbar.

Frauenpriester? Igitt. Nein, danke. Das haben die Protestanten schon und deren Kirche ist auch dadurch völlig zerstört. Frauen eignen sich nicht als Priester.

All diese Ratschläge dienen nur dazu die KK zu zerstören, doch genau das ist unmöglich.

Gravatar: Christ343

Frauen müssen Zugang zum Priesteramt bekommen. Abtreibungen und die Homo-Ehe gehören verboten. Die Kirche muss charismatisch erneuert werden. Ausführlich behandelt werden die Themen in der Öko-Theosophie (bitte googeln).

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