Gastbeitrag von Robert Royal

Papstrücktritt und Kardinalsernennungen

Was haben wir vom Papstbesuch in L'Aquila zu halten? Deuten die jüngsten Kardinalsernennungen auf einen Rücktritt Franziskus hin?

Screenshot Vatican Media
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[Wir veröffentlichen einen Gastkommentar von Robert Royal von The Catholic Thing.]

Die Interpretation - manchmal auch die Fehlinterpretation - von Gesten der Päpste ist für viele Katholiken ein (meist) harmloser Zeitvertreib. Vermutlich ist der Heilige Geist unsichtbar und unvorhersehbar bei der Wahl derjenigen anwesend, die er als Nachfolger des Heiligen Petrus zulässt. Aber dieser geistliche Joker bremst die Spekulationen nicht. Das neueste päpstliche Drama ergibt sich aus der Ankündigung des Vatikans vom Samstag, dass Papst Franziskus trotz gesundheitlicher und mobilitätsbedingter Probleme am 28. August nach L'Aquila in Italien reisen wird, um das Fest der Vergebung zu feiern, das 1294 von Papst Coelestin V. eingeführt wurde.

Vielleicht brauchen Sie eine kurze Auffrischung der päpstlichen Geschichte, um zu verstehen, was das bedeuten könnte. (Bitte haben Sie Geduld mit mir; die Bedeutung wird bald klar werden.) Coelestin V. war der letzte Papst - vor Benedikt XVI -, der abdankte. Aus guten Gründen. Er war ein Mönch und Einsiedler, der in die turbulente Kirchenpolitik des dreizehnten Jahrhunderts hineingeworfen wurde - und für das Amt völlig ungeeignet war. Es war eine Art Verzweiflungsmaßnahme; vielleicht könnte ein offensichtlich heiliger Mann die verschiedenen Kriegsparteien vereinen, die in eine Sackgasse geraten waren und die Kirche über zwei Jahre lang ohne Papst gelassen hatten (das Interregnum 1292-94).

Er konnte es nicht tun und wusste, dass er es nicht konnte. Er wollte ins Kloster zurückkehren. Sein Nachfolger, Bonifatius VIII., wollte das nicht zulassen und ließ ihn einkerkern, für den Fall, dass seine Anhänger auf die Idee kämen, ihn als Gegenpapst zurückzubringen. Nach verschiedenen Eskapaden - Coelestin entkam einmal und versteckte sich in den Wäldern, versuchte, ein Schiff zur dalmatinischen Küste zu entern, usw. - lebte er sich im Gefängnis ein und starb 10 Monate später (Gerüchte über Misshandlungen oder gar Vergiftungen haben sich nie bestätigt).

Dante bezieht sich kurz auf ihn - die Gelehrten sind sich darüber uneinig, wie über fast alles. Die meisten sind jedoch der Meinung, dass sich Dante in einer berühmten Zeile über eine Seele in der Vorhölle »Che fece per viltade il grand rifiuto« auf Papst Coelestin bezieht. (»Der aus Feigheit die große Verweigerung vollzog«). Nach Dantes Ansicht war dies nicht nur ein Akt geistiger Nichtigkeit, sondern ermöglichte auch den Aufstieg seiner bête noire Bonifatius VIII, dem er regelmäßig einen Platz in der tiefsten Hölle voraussagte.

Eine letzte Wendung: Coelestin führte tatsächlich einige nützliche Reformen bei der Wahl der Päpste durch und wurde 1313 von Papst Clemens V. heiliggesprochen.

Um auf unsere eigene unruhige Zeit zurückzukommen: Papstbeobachter betrachten seit langem Orte, die mit Coelestin in Verbindung gebracht werden, als Orte, an denen Päpste »Signale« geben könnten. Paul VI. begab sich 1966 an seinen Sterbeort (Ferentino) und löste damit Gerüchte über seinen bevorstehenden Rücktritt aus.

Benedikt XVI. ging 2009 zu seinem Grab in L'Aquila und hinterließ dort sein päpstliches Pallium, aus - auch nach seiner Abdankung - immer noch nicht ganz klaren Gründen.

Und nun wird Papst Franziskus dort sein, angeblich zum Fest der Vergebung. Aber er reist am 28. August an, ein seltsames Datum, weil er erst letzte Woche die Ernennung von 21 neuen Kardinälen bekannt gegeben hat, die am 27. August in ihr Amt eingeführt werden - was wiederum seltsam ist, weil es noch Monate hin ist und ganz Italien im August im Grunde genommen in Urlaub ist (Ferragaosto). Noch merkwürdiger ist, dass die beiden Tage nach der Erhebung der neuen Kardinäle ein Konsistorium sein soll, in dem mit dem Papst das Predicate Evangelium, seine Reform der römischen Kurie, erörtert werden soll.

Warum sollte man mitten in dieser Zeit von Rom nach L'Aquila reisen?

Konsistorien sind in der Regel auch eine Zeit, in der die Kardinäle der Welt in Rom zusammenkommen, um Dinge zu besprechen, sich gegenseitig kennen zu lernen und darüber nachzudenken, wer von ihnen ein guter Kandidat für das Amt des nächsten Papstes sein könnte.

Eine der Merkwürdigkeiten dieses seltsamen Papsttums ist, dass Franziskus die Kardinäle seit Jahren nicht mehr zu einem Konsistorium nach Rom gerufen hat - Papstkritiker sagen, weil die Kardinäle ihm Dinge sagen könnten, die er nicht hören will. Es ist auch deshalb seltsam, weil Franziskus oft den Wunsch nach einer »synodalen« Kirche geäußert hat, in der die Bischöfe als Führer und die katholischen Menschen der Welt »gemeinsam gehen« können. Dazu gehört nicht der traditionelle gemeinsame Weg der Kardinäle.

Die jüngsten Entscheidungen haben viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Hier in Amerika hat der Bischof von San Diego, Robert McElroy, die Aufmerksamkeit auf sich gezogen - und das zu Recht. Er ist ein Franziskus-Loyalist, der schon mehrfach mit seinen amerikanischen Kollegen in der US-Bischofskonferenz in Konflikt geraten ist.

Im Jahr 2015 versuchte er zum Beispiel, eine Erklärung der Bischöfe vor der Wahl mit dem Titel »Faithful Citizenship« (Treue Bürgerschaft) abzuschwächen, in der die Abtreibung als zentrales moralisches Anliegen hervorgehoben wurde. Die amerikanischen Bischöfe, so argumentierte McElroy, ignorierten die Ansicht von Papst Franziskus, dass Klima, Flüchtlinge und Armut gleichermaßen wichtig seien. Der damalige Vorsitzende der Konferenz, Kardinal DiNardo aus Houston, wies diese Behauptung scharf zurück.

Im Jahr 2019 meldete sich nach einem ähnlichen Argument von McElroy der Erzbischof von Philadelphia, Charles Chaput, zu Wort und erklärte, dass seine Charakterisierung dessen, was die Konferenzteilnehmer taten, einfach »nicht wahr« sei.

Einige der anwesenden Bischöfe applaudierten Chaput spontan.

Franziskus hat gerade den Bischof von Arecibo, Puerto Rico, wegen seiner »Differenzen« mit seinen Mitbischöfen abgesetzt. Dieser Standard galt eindeutig nicht für McElroy.

McElroy hat auch bekanntlich versucht, die vatikanischen Ermittlungen gegen Theodore McCarrick zu behindern. In der Tat ist es merkwürdig, dass alle amerikanischen Kardinäle von Franziskus Verbindungen zu McCarrick hatten - Cupich, Tobin, Gregory, Farell und jetzt McElroy.

Dies und ihre Entfernung von der traditionelleren Ausrichtung der amerikanischen Bischöfe, die immer noch größtenteils von JPII und Benedikt ernannt wurden, deutet darauf hin, dass Franziskus zweifellos die Zusammensetzung des Episkopats in den Vereinigten Staaten ändern möchte. Ob er damit Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten. Aber die Dynamik innerhalb der Bischofskonferenz scheint dies nicht zu begünstigen.

Und auf globaler Ebene erzeugen die Kardinalsernennungen von Franziskus eine Gegenströmung. Es mag den Anschein haben, dass die Ernennung von Kardinälen in den »Peripherien« - Osttimor, Indien, sogar der Mongolei - und nicht in den traditionellen Orten wie Los Angeles, Paris, Mailand und (in dieser Runde) der Ukraine - die Kirche »vielfältiger« machen wird, in eine liberale Richtung.

Aber es ist schwer zu glauben, dass Kardinäle aus den »Peripherien« für Europas und Amerikas regenbogenfreundliche, frauenfreundliche, traditionsverdächtige und fortschrittliche internationalistische Agenden Feuer fangen werden.

Der Widerstand aus den Peripherien könnte eine weitere (unbeabsichtigte) Folge der Ernennungen von Franziskus sein. Wir werden abwarten und sehen müssen.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Ekkehardt Fritz Beyer

... „Der Widerstand aus den Peripherien könnte eine weitere (unbeabsichtigte) Folge der Ernennungen von Franziskus sein. Wir werden abwarten und sehen müssen.“

Wobei der Zusammenhang zwischen dem „tiefen Staat“ und der ´tiefen Kirche` schon jetzt selbst für mich immer deutlicher wird!
https://fassadenkratzer.wordpress.com/2022/06/04/uber-den-tiefen-staat-und-die-tiefe-kirche-erzbischof-vigano-erneut-im-corona-ausschuss/

So erzählt auch seine scheinbare Chefin als Göttin(?) „ohne groß darüber nachzudenken eine Geschichte, in der sie, wie eine Pubertierende, die Welt nicht anders wahrnehmen kann als auf sich selbst bezogen. Sie hat Vorteile, also ist alles gut, gleich, wie viele Menschen das mit dem Leben bezahlten“! ...
https://deutsch.rt.com/meinung/140576-wie-merkel-uber-putin-redete/

Ob es bei auch nur ´einem` christlichen Politiker der Altparteien und Staaten der auch m. E. ´US-Kolonien` in Europa
https://www.anti-spiegel.ru/2022/deutliche-worte-putin-bezeichnet-die-eu-und-ihre-mitglieder-als-kolonien-der-usa/
incl. des Vatikan
https://www.dw.com/de/die-geheime-vermittlerrolle-des-papstes/a-18719440
anders ist???
https://journalistenwatch.com/2022/06/10/erdingers-absacker-der-7/

Gravatar: Albert Enzian

Einsperren, diesen Satanisten und NWO-Verfechter!

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