Wird der 30-jährige im Herbst neuer österreichischer Kanzler?

ÖVP erteilt Sebastian Kurz alle Macht

Am Sonntag bestimmte in Wien die ÖVP Außenminister Sebastian Kurz (30) einstimmig zum neuen Parteichef. Dabei akzeptierten sie alle seine Forderungen, wie Neuwahlen im Parlament, Antritt als »Liste Sebastian Kurz« und die alleinige Personalhoheit.

Veröffentlicht:
von

Der 30-jährige österreichische Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz wurde drei Tage nach dem Rücktritt von Vizekanzler Reinhold Mitterlehner am Sonntagabend durch den Parteivorstand einstimmig zum neuen ÖVP-Chef bestellt.

Zugleich erfüllten die Vorstandsmitglieder alle sieben von Kurz aufgestellten Bedingungen von Kurz und erteilen ihm weitreichende Vollmachten, ohne die er nicht als ÖVP-Bundesobmann und damit letztlich Kanzlerkandidat antreten wollte. 

Kurz will, dass die große Koalition mit der SPÖ unter Bundeskanzler Christian Kern in geordneter Form vorzeitig beendet wird. Bis zum Sommer soll unverändert weitergearbeitet werden und zu einem Termin im Herbst (eventuell 1. Oktober) Neuwahlen für das österreichische Parlament, den Nationalrat, stattfinden.

Die ÖVP wird bei der kommenden Nationalratswahl dann als eigenständige Liste unter dem Namen »Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei« antreten.  In dieser »Wahlbewegung« soll dabei auch für Vertreter anderer Organisationen und Parteilose Platz sein.

Der 30-jährige erhält hierzu die volle Personalhoheit in seiner Partei. Nicht mehr der Vorstand, sondern er als Bundesobmann bestimmt allein die Bundesliste jener Kandidaten, die in den Nationalrat einziehen soll.

Auch bei den Landeslisten erhält Kurz mit einem Vetorecht das letzte Wort. Bei künftigen Koalitionsverhandlungen, inhaltlichen Vorgaben sowie der Nominierung von Generalsekretär und Regierungsteam darf der ÖVP-Chef frei entscheiden. Diese Rechte werden auch auf dem nächsten Parteitag im Statut verankert. 

Bundeskanzler Kern lehnte bislang eine Stellungnahme zu den Entscheidungen der ÖVP am Sonntag ab. Der SPÖ-Chef will gegebenfalls versuchen, mit wechselnden Mehrheiten im Parlament Vorhaben durchzubringen. Er habe angeboten, die Koalition bis zum Ablauf der Wahlperiode ein Jahr später fortzuführen. Jetzt rechne aber auch er mit einer Neuwahl.

Fazit: Die ÖVP folgte nach einiger Diskussion letztlich der Forderung, alle Machtbefugnisse weitgehend in eine Hand zu geben. Für Kurz war es kraft seines jungen Alters zwar sicherlich nicht die letzte Chance, nach der Kanzlerschaft zu streben, aber die Christdemokraten standen ohne echte personelle Alternative da. 

Ohne den beliebten Hoffnungsträger drohte bei der nächsten Wahl der ÖVP ein Absturz in Richtung 20 Prozent. Erste Umfragen sehen Sebastian Kurz bei einer Direktwahl als Kanzler klar vorne. Lag über zwei Jahre lang in den Umfragen konstant die FPÖ an erster Stelle und die ÖVP fast immer hinter der SPÖ auf Platz 3, springt ganz plötzlich unter Kurz die ÖVP nach vorne.

Hinzu kommt, dass die große Koali­tion bei den Österreicher ausgedient hat. Nur noch 21 Prozent wollen weiter ein Bündnis von SPÖ und ÖVP. Beliebteste Regierungskonstellation ist unterdessen mit 37 Prozent ein ÖVP-FPÖ-Bündnis. Dieses steht mit Abstand vor einem Linksbündnis aus SPÖ, Grüne und linksliberaler NEOS, welches lediglich 26 Prozent wünschen. 

Eine schwarz-blaue Koalition aus ÖVP und FPÖ unter einem dann 31-jährigen Bundeskanzler könnte am Ende dieses Schachzuges von Sebastian Kurz stehen. Im Zeichen der jüngsten Umfrage von Research Affairs würde ein solches Bündnis mit 35 Prozent ÖVP und 25 Prozent FPÖ auf 60 Prozent kommen. Auch FPÖ-Chef Heinz Christian Strache spricht sich mittlerweile klar für Neuwahlen aus.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Einzelk@mpfer

Wenn du meinst es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her.
Die Österreicher haben haben den Herr Kurz, und was haben wir? Die gruseligste Regierung seit A.H. aus B. am I.

Gravatar: Master of Puppets

Ich präferiere HC Strache.

Kurz ist ÖVP, eine Altlastenpartei. Möglicherweise zeigt der smarte Basti erst nach der Wahl sein wahres Gesicht.

Die Wahl von Strache würde zudem den nächsten vdB-Skandal bedeuten.

Gravatar: Karin

Hoffentlich wird er das.
Auf jeden Fall ist er der schönste Politiker weit und breit.
Das darf man doch auch mal sagen.

Gravatar: Jürg Rückert

Immerhin gibt es in Österreich Gesichter! In meiner BRD sehe ich nur Untote.

Gravatar: FDominicus

Zu viel Macht in einer Hand, man kann da Glück haben, meistens aber nicht.

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang