Eine Aufklärung findet nicht statt

NSU-Akten bleiben bis zum Jahre 2134 gesperrt

Wenn Sie die Wahrheit über den NSU-Prozess wissen wollen: Am 20. November 2134 können Sie den Abschlussbericht zur Aktenprüfung des hessischen Verfassungsschutzes aus dem Jahr 2014 anfragen und einsehen. Vorher nicht. Wer dann noch lebt, wird sich für den Fall so sehr interessieren, wie sich heute jemand für einen Fall aus dem Jahre 1898 interessiert. Was steckt hinter der Geheimhaltung?

Symbolbild Pixabay
Veröffentlicht:
von

»Sage und schreibe 120 Jahre lang soll der Rapport den Augen der Öffentlichkeit entzogen werden«, schreibt die Süddeutsche, sie findet eine derartig lange Spanne »ungewöhnlich«. In der Regel gelten geringere Fristen. Üblich sind 30 Jahre, die für Wissenschaftler oder Journalisten mit begründetem Interesse sogar noch verkürzt werden können. Aber 120 Jahre!? Was steckt dahinter?

Die taz ist empört über die jüngste Bekanntgabe der Sperrfrist. »Das ist das Gegenteil von Aufklärung«, heißt es. »Lückenlose Aufklärung versprach Bundeskanzlerin Angela Merkel einst den Betroffenen. Einen Stinkefinger und einen Tritt in die Magengrube gibt es in Wirklichkeit.«

Schon im Jahr 2017 hatte die taz gemeldet, dass der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags in der »lückenhaften Aktenvorlage des Landes Hessen eine erhebliche Beeinträchtigung seiner Aufklärungsarbeit« erkannt und beklagt hatte. Hessische Ermittler hätten nach dem Mord an Halit Yozgat am 6. April 2006 in Kassel einen »nicht reparablen« Fehler im Umgang mit einem Verfassungsschutz-Beamten gemacht. Und wie sieht es nun aus?

Nun werden wir zu unseren Lebzeiten nicht mehr erfahren, was das genau für ein Fehler war und wie er sich ausgewirkt hat. Wir werden auch nicht erfahren, wie die Kontakte des NSU zum Verfassungsschutz waren und welche Kontakte sie zu rechten Gruppen hatte – und ob es diese rechten Gruppen überhaupt gab.

Der nun zurückgehaltene Bericht soll 30 Belege über Verbindungen des Nationalsozialistischen Untergrunds zur hessischen Neo­naziszene zwischen 1992 und 2012 enthalten. Er könnte, schreibt die taz, wichtige Antworten auf die Fragen liefern, wie der NSU Tatorte auswählte und wie er dabei auf die Unterstützung der lokalen Neonaziszene zurückgriff.

Doch das ist gar nicht so interessant. Viel wichtiger wäre es, sich die lokalen Neonaziszenen genauer anzusehen. Das müsste sogar von besonders großem Interesse sein. Hier müssten sich alle, die sich für einen Kampf gegen Rechts stark machen, einschalten und nachforschen, was es da an Verbindungen gegeben hat und womöglich immer noch gibt. Warum will das niemand wissen?

Als in den siebziger Jahren die BRD im Fieber war, die RAF zu bekämpfen, sprach man von einem »Sympathisanten-Sumpf« und sprach davon, diesen Sumpf austrocknen zu wollen, um nicht nur den Personenkreis der aktiven Terroristen zu bekämpfen, sondern auch das Umfeld. Ein Kampf gegen Rechts müsste ebenfalls versuchen, einen Sympathisanten-Sumpf trocken zu legen. Gibt es so einen Sumpf womöglich gar nicht? Warum interessiert sich niemand dafür?

Die Süddeutsche erkennt, dass mit der überlangen Sperrfrist Spekulationen geweckt werden. Was könnte dahinterstecken? Wollte der Dienst Pannen oder womöglich noch Schlimmeres vertuschen? Ein Sprecher der Behörde stritt das ab, es gehe dabei, so erklärte er, um den Schutz der Zuträger, die bei einer Publikation in Gefahr gerieten. Dass selbst der jüngsten dieser Zuträger des hessischen Landesamtes in 120 Jahren nicht mehr am Leben sein werden, musste der Sprecher einräumen. Er erklärte, dass es auch darum gehe, die Nachkommen zu schützen. Vor wem?

Die epochtimes findet die Dauer der Sperrfrist »grotesk«. Soll hier nur ein Mängelbericht kaschiert werden oder geht es um mehr? Die Süddeutsche fürchtet, dass nun Verschwörungstheorien genährt werden.

Was könnten das für Verschwörungstheorien sein? So viele kommen nicht in Frage. Es stellt sich nur eine wichtige Frage: Hat man mit den NSU-Morden womöglich den Mythos von einer Bedrohung von Rechts geschaffen – einen Mythos, an dem gar nichts dran ist?

 

   

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Oskar

Die beiden Uwes haben angeblich getötet.
Die können aber nichts mehr sagen, weil sie sich ge-
selbstmordet haben. Wer es glaubt!
Die Beate Zschäpe hat nicht gemordet wird aber verurteilt
zu lebenslang. Fünf Jahre sitzt sie schon.

Die Opfer, die Türken in diesem Fall , waren in Drogen-
geschäfte und bei der Türkenmafia involviert. Also
alles andere als Unschuldslämmer. Und wer weiß?
Ich bin der Meinung, kriminelle Ausländer sollen sofort
in die Heimat abgeschoben werden. Dann wäre das
alles nicht vorgefallen.
Manchmal könnte alles so einfach ein.
Wir hätten eine Menge Geld gespart, denn dieser Prozess kostet uns viel.
Und die B. Tschäpe säße nicht bereits 5 Jahre
im Knast.

Gravatar: Hermine

Erstaunlich, wie sehr manchmal in Deutschland längst
vergangene Traditionen wieder lebendig werden.
Zu bestaunen bei diesem HEXENPROZESS.

Gravatar: H.M.

Danke HERR, dass du alles weißt und es eines Tages ans Licht bringen wirst. Nichts ist vor deinen Augen verborgen! Mögen doch alle, die darin involviert sind, Buße tun und Frieden und neues Leben finden. Tröste auch die Hinterbliebenen der Opfer der Morde!

Gravatar: Dirk S

Zitat:"Was steckt hinter der Geheimhaltung?"

Vermutlich das Übliche: Peinlichkeiten. Man stelle sich die Frage, was wäre, wenn die Taten verhinderbar gewesen wären? Was, wenn sich herausstellt, dass man die falsch eingeschätzt hat? Was, wenn man sehen könnte, dass eine Verfassungsschutzbehörde sich "ihre Nazis" gehalten hat, die sie nicht mit den Anderen teilen wollte. Was wäre, wenn das übliche Praxis bei den Landesverfassungsschutzämtern sein würde? Wer schützt dann die Verfassung vor dem Verfassungsschutz?

Was macht ein Staat also? Für geheim erklären und fertig. Wo käme man denn hin, wenn der Bürger alles wissen könnte? Das wäre staatsgefährdend.

Zitat:"wie die Kontakte des NSU zum Verfassungsschutz waren"

Vermutlich nicht sehr gut. Nach dem, was bekannt ist, sollen die nicht viel mehr als die Existenz des NSU gewusst haben.

Zitat:" welche Kontakte sie zu rechten Gruppen hatte"

Vielfältige, wenn auch wahrscheinlich nicht sehr intensive. Ansonsten hätten die nicht so lange außerhalb Thüringens unter dem Radar bleiben können. Wobei die Zschäpe alleine gar nicht so auffallen würde.

Zitat:"ob es diese rechten Gruppen überhaupt gab."

Vermutlich schon. Das Problem ist nur, dass in rechten Gruppen oftmals viele Leute als V-Menschen für eine Verfassungsschutzbehörde tätig sind. Wir erinnern uns an das gescheiterte NPD-Verbot 2003. (Was nicht bedeutet, dass die nicht weniger radikal sind, die lassen sich nur fürs Plaudern mit dem V-Mann-Führer bezahlen.)

Zitat:"Der nun zurückgehaltene Bericht soll 30 Belege über Verbindungen des Nationalsozialistischen Untergrunds zur hessischen Neo­naziszene zwischen 1992 und 2012 enthalten."

Wäre peinlich, wenn der hessische Verfassungsschutz nichts mitbekommen hätte. Wobei eigentlich bekannt ist, dass V-Leute notorisch unzuverlässig sind.

Zitat:"wichtige Antworten auf die Fragen liefern, wie der NSU Tatorte auswählte und wie er dabei auf die Unterstützung der lokalen Neonaziszene zurückgriff."

Oder aber auch nicht. So wie die rechte Szene mit V-Leuten durchsetzt sein dürfte, spricht einiges dagegen. Keine Mitwisser, keine Verräter. Eigentlich eine Binse.

Zitat:"Viel wichtiger wäre es, sich die lokalen Neonaziszenen genauer anzusehen."

Geschieht doch beim Monatstreffen der V-Leute. Ernsthaft: Die lokalen Neo-Nazi-Szenen dürften besser beobachtet sein, als die lokalen Linksextremisten.

Zitat:"Warum will das niemand wissen?"

Weil es beim "Kampf gegen Rechts" um das Abgreifen von Fördergeldern geht. Man stelle sich vor, die rechte Szene würde sich auflösen und die rechten Schläger bei den Antifanten anheuern. Was bleibt dann den Kämpfern gegen Rechts? Nichts, wirtschaftlich wie ideologisch. Da hat man von den Fehlern der Anti-Atom-Bewegung gelernt: "Sorge dafür, dass dein Lebensinhalt nie zur Neige geht." Also wird der Kampf gegen rechts (was in dem Zusammenhang auch immer "rechts" zu bedeuten hat, Redifinitionen sind Teil des "Kampfes") erst dann enden, wenn die Menschheit endet. Frühestens.

Zitat:"sprach man von einem »Sympathisanten-Sumpf« und sprach davon, diesen Sumpf austrocknen zu wollen,"

Vollkommen richtig, Terroristen schweben ja nicht im freien Raum herum, die benötigen Resourcen und wenn man denen die abdreht, wars das mit den Terror.
Leider stellte sich dann später heraus, dass der wichtigste Teil des "Sumpfes" den Namen "Stasi" trug, was das Austrocknen nun doch ungemein erschwerte. Aber das haben dann die Ossis für den Westen erledigt. Danke dafür.

Zitat:"Ein Kampf gegen Rechts müsste ebenfalls versuchen, einen Sympathisanten-Sumpf trocken zu legen."

Wobei man vielleicht prüfen sollte, ob nicht irgendein Geheimdienst da seine Finger im Spiel hat. Die Erfahrung zeigt, dass meist da nicht nur ideologisch Gleichgesinnte tätig sind, sondern auch finanzstarke Geldgeber. (RAF: Stasi, Islamisten: Saudis, Iran, Rechtsextrmisten: ?)

Zitat:"Gibt es so einen Sumpf womöglich gar nicht?"

Den Sumpf selbst gibt es schon. Die Frage ist vielmehr: Wie bedeutend ist der in Wirklichkeit?

Zitat:"Warum interessiert sich niemand dafür?"

Weil es peinlich sein könnte? Man stelle sich vor, da wären über 50% V-Leute drin.

Zitat:"dass mit der überlangen Sperrfrist Spekulationen geweckt werden."

Vermutlich wird von Behördenseite daraufspekuliert, dass Verschwörungstheoretiker sich der Sache annehmen und die Drecksarbeit der Verwirrung übernehmen. War vielleicht ein Tip von der CIA, die ja jede Menge Erfahrung mit dieser Vorgehensweise hat.

Zitat:"Wollte der Dienst Pannen oder womöglich noch Schlimmeres vertuschen?"

Vermutlich. Was bis dato an die Öffentlichkeit gelangt ist, lässt durchaus Zweifel daran aufkommen, dass die Verfassungsschutzbehörden ihren Auftrag so richtig ernst nehmen.

Zitat:"Ein Sprecher der Behörde stritt das ab, es gehe dabei, so erklärte er, um den Schutz der Zuträger, die bei einer Publikation in Gefahr gerieten."

Komisch, dass deutsche Behörden da sonst weniger Probleme haben. In einem Gerichtsverfahren stehen Namen und Adressen von Zeugen im Klartext in den Akten. Es gilt als nicht ungewöhnlich, dass Zeugen nahegelegt wird, sich Erinnerungslücken zuzulegen und / oder ihre Aussage noch mal zu überdenken.

Zitat:"Vor wem?"

Vor dem Verfassungsschutz? Vor einem ausländischen Geheimdienst? Vor der Lächerlichkeit? Wir wissen es nicht und sollen es anscheinend auch nicht wissen.

Zitat:"Soll hier nur ein Mängelbericht kaschiert werden oder geht es um mehr?"

Am wahrscheinlichsten dürfte der Mängelbericht sein. Der dürfte bei Bekanntwerden die Bevölkerung durchaus verunsichern.

Zitat:"Die Süddeutsche fürchtet, dass nun Verschwörungstheorien genährt werden."

Yep. Schreit förmlich danach. Und kommt den Verantwortlichen vermutlich nicht mal ungelegen.

Zitat:"Was könnten das für Verschwörungstheorien sein?"

Zu 99% wirres Zeug. So wie immer. Zur Not fabrizieren Geheimdienste Eigene. Das iNet nimmt so was immer begierig auf und es tummeln sich da genügend Idioten, die allen möglichen Schwachsinn glauben.

Zitat:"So viele kommen nicht in Frage."

Und ob. Die Anzahl der Verschwörungstheorien bemisst sich an der Popularität des Themas, nicht daran, was alles realistisch in Frage kommen könnte. Da geht mit vielen die Phantasie spazieren.

Zitat:"Hat man mit den NSU-Morden womöglich den Mythos von einer Bedrohung von Rechts geschaffen – einen Mythos, an dem gar nichts dran ist?"

Nein, es gibt durchaus eine gewisse Bedrohung von Rechtsextremisten. Wie groß die nun ist, nun ja, kommt darauf an, wie sehr man deren Zielscheibenschema entspricht.
Politisch gesehen ist die Gefahr durch Rechtsextremismus eher klein, rechtsaußen hat praktisch keine politische Bedeutung.

Die einzige derzeitige "Gefahr von Rechts" ist die Rückkehr der Gesellschaft in die konservative Mitte, was aus Sicht der nach links driftenden Politik wie ein Rechtsruck wirkt. Nur hat das Volk insgesamt seine eigentlich konservative Position nicht wirklich verlassen, nur die Toleranz gegenüber den linken Heilsversprechen ist erschöpft, das ist alles. Es finden nur die regelmäßigen politischen Korrektueren statt, wenn auch diesmal verzögert und folglich mit einer recht großen Schrittweite. Aber die "Gefahr" besteht nur für linke Positionen und deren Nutznießer, nicht aber für Staat, Volk und Vaterland.

Verschwörungsfreie Grüße,

Dirk S

Gravatar: Werner

Hier zeigt sich die schmutzige Fratze der parlamentarischen Demokratie. Geheimhaltung vor dem Souverän der Demokratie, dem deutschen Volk.

Gravatar: lupo

Das zeigt doch schon wie RECHTSSTAATLICHKEIT im Merkelland aussieht.
Die Geheimdienste können tun und lassen was sie wollen ohne jegliche parlamentarische Kontrolle.

Gravatar: Wieland Scholz

Nach dem stalinistischen Schauprozess, bei dem in alter Manier das Urteil bereits vor Beginn feststand, kann die herrschende Kaste natürlich nicht an der Wahrheit interessiert sein. Das hat auch kein selbständig denkender Bürger erwartet.

Gravatar: Tom der Erste

Solange müssen wir gar nicht warten, denn wenn Merkel und Co fertig sind und in Deutschland wieder Recht und Ordnung herrschen liegen die Akten fein säuberlich auf dem Tisch. Dafür wird dann schon gesorgt.

Gravatar: karlheinz gampe

Rote CDU Merkel, des Stasis Eika hat ihre Stasiakte ja auch nicht frei gegeben. Warum wohl ? Es sollen jedoch schon Dinge aus der Akte verschwunden sein wie man im Netz lesen kann. I

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang