Dass neue Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus beschlossen werden, das steht wohl außer Zweifel. Doch wie die Politik die weiteren Maßnahmen der Regierung nennen will, darüber herrscht offenbar große Uneinigkeit. Nur eines scheint man zu wissen: Dieses sogenannte Wording ist wichtig, denn unter dem Label werden die Maßnahmen unter die Leute gebracht.

Seit längerem wird von einem ›Zweiten Lockdown‹ geredet. Ein unschönes Wort, weil es bereits den nächsten Lockdown enthält. Denn wo einer bis zwei zählt, wird wahrscheinlich bald weiter gezählt. Außerdem wird durch ›Zweiter Lockdown‹ die Rede vom ›Lockdown‹ im Frühjahr Lügen gestraft.

Weil durch das Wort ›Lockdown‹ unschöne Erinnerungen geweckt werden könnten, hat die Regierung ihr ›Wording‹ geändert. Kanzlerin Merkel spricht plötzlich vom ›Lockdown light‹ – eine Art Lockdown, bei dem es wohl nicht ganz nach unten gehen soll, sondern nur leicht. – Dumm nur, dass die Formulierung auch an den alten Herrenwitz erinnert: ›Sperma light‹ – es macht zwar nicht mehr dick, aber noch immer schwanger.

Vielleicht fand der umtriebige SPD-Politiker und Epidemiologe Karl Lauterbach deshalb das Wort wenig passend und sprach statt dessen von einem ›Wellenbrecher-Shutdown‹; was bildlich tausende an den von Lauterbach aufgestellten Brechern zerschellende Corona-Viren suggeriert. – Dumm nur, dass in ›Shutdown‹ immer noch ›down‹, also runter steckt. Was Lauterbach aber womöglich gar nicht gemerkt hat.

Anders sein Kollege Christian Drosten. Er vertritt keine Partei, sondern vor allem sich selber und will wohl durch fachtechnisches Englisch glänzen: Den Begriff ›Mini-Lockdown‹ lässt er links liegen und spricht statt dessen vom ›Circuit Breaker‹, zu deutsch ›Überlastschalter‹. »Wenn wir jetzt einmal auf die Bremse treten würden«, sagte er laut web.de am Dienstag in NDR-Info, »dann hätte das einen ganz nachhaltigen Effekt. Das würde uns ganz viel Zeit einspielen.« – Dumm nur, dass er mit keinem Wort begründen kann, warum ein kurzer, harter Tritt auf die Bremse mehr als kurzfristig wirkt und wir eine Woche später nicht noch einen weiteren ›Circuit Breaker‹ ausrufen müssen.

War das ursprüngliche ›hart aber kurz‹ von Frau Merkel doch das passendste Wort ? – Zumindest bleibt es im Deutschen. Doch genau deshalb werden ihr ihre Berater ›Lockdown light‹ empfohlen haben. Der Klang der fremden Sprache lässt alle Maßnahmen in einem Niemandsland der Bedeutungen verharren.

Bei einem ›Plan C‹ denkt dagegen jeder an eine Alternative, an einen besseren Plan. Und tatsächlich weckt ein Plan, bei dem die Bürger siebe Tage im Monat freiwillig in einen Lockdown gehen und ihre Kontakte beschränken, dann aber wieder Skifahren können, Hoffnungen auf Normalität. – Dumm nur, dass es im Kleingedruckten heißt, dass sich dieser Prozess in jedem Monat wiederholt.

Und das klingt nicht nur nach den Lauterbachschen Wellenbrechern, sondern mehr noch nach Wortspielereien aus der Propagandaabteilung. Ob ›Wellenbrecher-Shutdown‹, ›Circuit Breaker‹ oder ›Plan C‹ – sie alle erinnern die sehr viel Älteren an Begriffe wie ›Frontbegradigung‹ und ›taktischer Rückzug‹. Und bei denen wusste auch jeder, was damit gemeint, was mit ihnen verdeckt werden sollte: Der Rückzug der geschlagenen Truppen.