Britische Premierministerin spricht von »letzter Chance« für EU-Austritt

May stellt zweites Brexit-Referendum in Aussicht

Bisher lehnte die britische Premierministerin Theresa May ein solches ab, jetzt will sie das Parlament aber doch über ein zweites Brexit-Referendum abstimmen lassen, vorausgesetzt diese stimmen vorher ihrem Abkommen zu. Auch damit dürfte sie keine Mehrheit finden.

Foto: HM Government/ Wikimedia Commons/ Gemeinfrei
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Die britische Premierministerin Theresa May plant das Parlament in London über ein mögliches zweites Brexit-Referendum abstimmen zu lassen. Dafür sei aber Voraussetzung, dass die Abgeordneten den Gesetzesentwurf zum Abkommen für einen EU-Austritt Großbritanniens in zweiter Lesung beschließen.

Die Regierungschefin kündigte an, in Kürze einen »neuen« Deal vorlegen zu wollen, der einen breiteren Konsens über Parteigrenzen hinweg ermöglichen soll. Das sehe sie als letzte Chance, das Resultat des Brexit-Referendums umzusetzen. Die Abstimmung darüber ist für Anfang Juni geplant.

Dazu soll es Zugeständnisse an Brexit-Hardliner und die Verbündeten der nordirisch-protestantischen DUP geben. Ebenfalls plane sie eine Abstimmung über eine Zollunion wie auch das Parlament bei den Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU ein größeres Mitspracherecht bekommen solle.

Nach der Abstimmung im Juni will May dann einen Zeitplan für ihren Rücktritt vorlegen. Der britischen Wahlkommission zufolge wären für ein zweites Brexit-Referendum allerdings mindestens vier, eher sechs Monate an Vorbereitungen nötig. Bislang lehnte May Forderungen nach einem zweiten Referendum strikt ab.

Das Unterhaus lehnte das Brexit-Abkommen in den vergangenen Monaten dreimal ab. Vergangene Woche brach die oppositionelle Labour-Partei die Verhandlungen mit Theresa May über einen Brexit-Kompromiss nach sechs Wochen Dauer ab.

Die Briten hatten im Juni 2016 bei einer Volksabstimmung mit knapper Mehrheit für den Austritt aus der EU gestimmt. Eigentlich sollte das Land die EU bereits am 29. März verlassen. Unterdessen wurde die Frist für den EU-Austritt zum zweiten Male und jetzt bis zum 31. Oktober verlängert.

Erste Reaktionen sprechen nicht dafür, dass May mit ihren Vorschlägen im Unterhaus nun doch zu einer Mehrheit kommt. Labour-Chef Jeremy Corbyn lehnte die Änderungen als unzureichend ab und verwies darauf, dass insbesondere keine Zollunion mit der EU geplant sei, wie seine Partei fordere.

Einige konservative Abgeordnete, die bisher May noch bei den letzten Abstimmungen unterstützten, wie etwa Simon Clarke, drohen wegen der im neuen Entwurf gemachten Zugeständnisse damit, diesmal dagegen zu stimmen. Skeptisch äußert sich auch die nordirische DUP als Bündnispartner.

Der 2017 zurückgetretene Brexit-Minister David Jones kritisierte Mays Pläne und kündigte an, dass die meisten Tories vermutlich gegen den Entwurf stimmen werden. Außerdem habe die Premierministerin damit so kurz vor der Europa-Wahl der Brexit Party von Nigel Farage weiteren Auftrieb gegeben.

In Großbritannien findet die Wahl bereits am Donnerstag statt. In letzten Umfragen liegen Mays Konservative weit abgeschlagen an vierter Stelle hinter der neu gegründeten Brexit-Partei, Labour und den Liberaldemokraten. Es droht ein historisches Debakel für die Regierungspartei bei dieser Wahl, die eigentlich nicht mehr stattfinden sollte, aber wegen der Brexit-Verlängerung nötig wurde.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Klaus Peter Kraa

Die Entscheidung der Mehrheit Englands, diese EU zu verlassen, war und ist insbesondere aus humanistischen, liberal-demokratischen, Gründen richtig. Als sich die Mehrheit des Volkes für den Austritt entschied, geschah das in Erinnerung an ihre demokratische Tradition seit dem 17. Jhd, die man nicht der angestrebten Diktatur einer europäischen Bürokratie mit eindeutig imperial-kapitalistischen Interessen im Hintergrund opfern wollte. Das hieß insbesondere: So darf es in Europa nicht weiter gehen, jedenfalls nicht mit Englands Zustimmung. England sei´s Panier. Gegner der Entscheidung sind vor allem Separatisten, die glauben, in dieser EU auch ohne demokratische Lebensformen ihr Süppchen kochen zu können, jedenfalls besser als in einem vereinten Königreich. Vorbild ist Irland, das ja immer noch, trotz hohem BIP/Kopf, am EU-Tropf hängt.

Die Deutschen als „die größten Kritiker der englischen Entscheidung“ können das mangels eigener demokratischer Tradition nicht nachvollziehen. Denn ihre „verspätete Nation“ (Helmuth Plessner) hat ja von der Gründung an immer nur das Gegenteil demokratischer Lebensformen gekannt. Und als sie erstmalig die Chance einer Demokratie hatten, haben sie sich lieber einem der schlimmsten Diktatoren aller Zeiten an den Hals geworfen. Eine zweite Chance haben sie nach WWII nicht bekommen, denn die Siegermächte haben ihnen aus böser Ahnung nur eine sogenannte „Parteiendemokratie“ zugestanden, in der nur formal noch die Herrschaft des Volkes stand, aber in der Verfassung nirgendwo anders verankert worden ist. Der Satz des Verfassungsrichters Josef Isensee, das die Staatsgewalt zwar vom Volke ausgeht, aber nie mehr dorthin zurückkehrt, ist die Realität. Und als Adenauer dann 1957 von der Sozialen Marktwirtschaft des Walter Eucken abrückte, diese Parteienrepublik unter die Aufsicht der Wirtschaft stellte und sie als „Goulaschkapitalismus“ einer breiten Mehrheit erfolgreich verkaufte, haben die Deutschen die Gesellschaft, die sie heute noch wählen: Die konsumorientierte Spaßgesellschaft „Kraft durch Freude“. Aber heute steht die Legislative unter der Aufsicht von mindestens fünf Lobbyisten je Abgeordneten (genau wissen wir es nicht, denn genaue Zahlen sind immer noch Staatsgeheimnis) und die Parteibuchdiplomatie setzt sich, wie bei den Nazis, bis zur Jurisdiktion fort, sodaß von Gewaltenteilung nicht die Rede sein kann. Das hat sich deutlich gezeigt, als die Klagen von mutigen Sachverständigen (die verdienten die denkbar höchste Auszeichnung) gegen die Zwangsvereinigung Europas mit einer genetisch kranken Währung als unbegründet abgewiesen worden sind. Volksbefragungen zur Übergabe von Hoheitsrechten an die EU hätten allerdings nichts anderes gebracht, weil die breite Masse nichts verstanden hat. Sie steckt heute in der Kiste, in die sie Schröder und Hartz seit 2003 zusammen mit ihren Gewerkschaften gesteckt haben: Agenda 2010 – Immer das Maul halten und das Hamsterrad drehen, damit die Wirtschaft läuft, und jeder Kritiker gilt als Rechtspopulist.
Die Folgen dieses Verhaltens zeigen sich überall in Europa: Starkes Wohlstandsgefälle seit 2000 für den weit überwiegenden Teil der Menschen (Weltbank-Berichte), dementsprechend eine Einkommens- und Vermögensverteilung, die an die Zeiten des Frühkapitalismus des 19. Jhd erinnert (Hans Ulrich Wehler; Die neue Umverteilung – soziale Ungleichheit in Deutschland seit 2000); Seit dem Bruch von Maastricht ist die Demokratie in Europa und hier im Lande endgültig beerdigt worden. Der G 30-Mann der Rockefeller-Foundation hat über eine widerspruchsfrei gemachte EZB die Alleinherrschaft auch deshalb übernommen, weil die Politik in den europäischen Ländern in völlige Aporie versank (alles sei alternativlos – stirbt der Euro, dann stirbt auch Europa): Der nationalreligiöse Wahnsinn erfasst die Massen wieder neu, alte Verschwörungsthesen, auch Antisemitismus (als Antizionismus getarnt) im Kampf gegen die Globalisierung, des internationalen Finanzjudentums, werden wieder entdeckt: Das kann nur in einem totalen Crash enden, wie schon zweimal in Europa (Marc Friedrich & Matthias Weik; Der Crash ist die Lösung): Der Euro hat uns allen Wohlstand gebracht – ist hohle politische Propaganda.
Wer ein Europa nach humanistischen Grundsätzen will, muß nochmal ganz neu anfangen. Der jetzige Entwurf ist unzumutbar in einer Zeit nach der Aufklärung, jedenfalls aus humanistischer Sicht.

Gravatar: heinz

wer will die scheiße nochmal...keiner.

Gravatar: a

Mein Gefühl sagt mir, daß sie besser sofort zurücktreten sollte, bevor dieses Abkommen vollständig püriert ist!

Gravatar: Reiner07

EU-like!
Es wird gewählt, bis das Ergebnis passt.
Demokratie nach Art der EU-Bonzen und Herrn Soros!

Gravatar: Stephan Achner

Was macht Frau May denn jetzt schon wieder für einen Quatsch im britischen Unterhaus? Es würde mich sehr wundern, wenn sie für ihre jetzigen recht abstrusen Überlegungen im britischen Unterhaus eine parlamentarische Mehrheit findet.

Diese Frau ist ja politisch völlig naiv. Kein Wunder, dass sich Frau May von der Brüsseler EU hat über den Tisch ziehen lassen und das britische Unterhaus ihr dreimal die rote Karte zeigen musste.

Frau May sollte jetzt endlich zurücktreten. Mit ihr als britischer Premierministerin wird es keine Lösung geben.

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