Französische Verteidigungsministerin Goulard nimmt ihren Hut

Macrons Kabinett schon nach vier Wochen mit ersten Affären und Rücktritten

Frankreichs Präsident Macron wird früh von Realitäten eingeholt. Verteidigungsministerin Sylvie Goulard tritt nach nur einem Monat zurück. Mit Richard Ferrand wird noch ein weiterer Minister gehen. Bei beiden geht es um Vorermittlungen der Justiz.

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Die erst seit einem Monat amtierende Regierung von Staatschef Emmanuel Macron in Frankreich wird von zwei Rücktritten erschüttert. Verteidigungsministerin Sylvie Goulard verkündete völlig überraschend ihren Rücktritt. Ebenso verlässt der in eine Immobilienaffäre verstrickte Minister für den territorialen Zusammenhalt, Richard Ferrand, das Kabinett.

Der Staatschef nahm das Rücktrittsgesuch an, wie der Elysee-Palast mitteilte. Damit fällt die nach der Parlamentswahl noch einmal erwartete kleinere Regierungsumbildung größer aus als erwartet. Solche Veränderungen nach einer Parlamentswahl sind in Frankreich traditionell üblich 

Die 52-jährige Ministerin Goulard begründete ihren Schritt nach nur vier Wochen Amtszeit mit Vorwürfen einer Scheinbeschäftigung im EU-Parlament gegen ihre Partei MoDem. Es bestehe der Verdacht, dass die mit Macron verbündete Zentrumspartei Mitarbeiter von EU-Abgeordneten in Wirklichkeit für Parteiaufgaben einsetzte. 

Goulard saß selber für die MoDem jahrelang im EU-Parlament. Sie erwarte, dass die Justiz auch die Arbeit ihrer früheren EU-Assistenten unter die Lupe nehme. Daher wolle sie die Möglichkeit haben, frei deren Redlichkeit unter Beweis zu stellen. Das sei aus dem  Amt der Verteidigungsministerin heraus nicht vorstellbar. 

MoDem zeigte sich über den Rückzug Goulards erstaunt. Man wirft ihr vor, sie habe die Scheinbeschäftigungsaffäre als Grund für ihren Rücktritt nur vorgeschoben. »In Wirklichkeit fühlte sie sich in ihrem Ministerium nicht wohl.«

Goulard bringt mit ihrem Rücktritt auch die beiden anderen MoDem-Vertreter im Kabinett, Justizminister François Bayrou und Europaministerin Marielle de Sarnez, in Bedrängnis, denn anders als bislang bei ihr gibt es bei beiden in der Scheinbeschäftigungsaffäre bereits Vorwürfe einer Verstrickung. 

Das bringt auch Macron Probleme, der immer ankündigte, mit der affärengeplagten französischen Politik aufzuräumen. Dieser legte als Regel fest, dass Minister zurücktreten müssen, wenn sie von der Justiz formell beschuldigt werden, nicht aber bereits bei der Einleitung von Vorermittlungen.

Aus Regierungskreisen hieß es bisher, der Ministerposten von MoDem-Chef Bayrou stehe nicht zur Debatte, während zumindest bei de Sarnez ein Wechsel in die Nationalversammlung als nicht ausgeschlossen galt, um Fraktionschefin der MoDem zu werden.

Ein derartiger Wechsel in die Nationalversammlung war bereits für den Macron-Vertrauten Richard Ferrand vorgesehen, der die Regierung verlassen sollte, um Fraktionschef der Macron-Partei La Republique en Marche zu werden.

Doch der einstige sozialistische Abgeordnete ist in eine Immobilienaffäre verstrickt. Hier leitete die Justiz bereits Vorermittlungen, was Ferrand immer mehr zu einer Belastung für die Regierung unter dem von Macron beauftragten Premierminister Edouard Philippe macht.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Andreas Berlin

Alles nur Fakenews: die Ministerin war Macron einfach nur zu jung!

Gravatar: Heinz Becker

Tja, die Politik des sog. Establishments ist eben durch und durch schmutzig und korrupt - und Michel glaubt hörig den Altmedien, à la "Ja wenn es doch in der Zeitung steht oder in der Tagesschau gesagt wird ....."

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