Gastbeitrag von Robert Royal

Katholische Kirche: Die ruinöse Rhetorik der synodalen Auslegung

Muss die Kirche der Welt dienen, oder die Versuchungen der Welt durschauen?

Bild: Kardinal Jean-Claude Hollerich/Bild: Screenshot NCR
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[Wir veröffentlichen einen Gastartikel von Robert Royal* mit freundlicher Erlaubnis in eigener Übersetzung. Original hier zu finden.]

Vor langer, langer Zeit, auf einem weit, weit entfernten Planeten, organisierte ich eine Konferenz über Religion und den öffentlichen Raum in einer Stadt am Potomac, die ich immer schwerer wiedererkenne. Es gab Sitzungen über den Katholizismus, den Protestantismus und das Judentum. In der letzten Sitzung wurde ein Rabbiner, der auch als Anwalt im Weißen Haus tätig ist, von einem Trio jüdischer Feministinnen herausgefordert. Der Austausch war sehr höflich (fast unglaublich für heutige Verhältnisse). Aber mein jüdischer Freund ging geschickt mit den üblichen Fragen über Schwule, Abtreibung und die Rolle der Frau um: »Zeigen Sie mir, wo das im [jüdischen] Gesetz steht, und wir können darüber reden.«

Ein gutes und klärendes Prinzip auch für Katholiken. Jesus selbst hat die Fragesteller oft auf das Gesetz und die Propheten verwiesen.

Natürlich muss es auch ein aufrichtiges Bemühen sein, Gottes Offenbarung zu verstehen und ihr vollständig treu zu sein. In Das göttliche Projekt: Reflexionen über die Schöpfung und die Kirche, einer verschollenen, aber wiederentdeckten und kürzlich von Ignatius Press veröffentlichten Vorlesungsreihe aus dem Jahr 1985, lauten die ersten Sätze von Joseph Ratzinger:

»Unser erstes Anliegen in dieser Eröffnungsvorlesung ist es, die Maßstäbe herauszuarbeiten, die wir für die Auslegung der Heiligen Schrift verwenden werden: Wie können wir in der Tat einen biblischen Text richtig verstehen - nicht mit eigenen Ideen, sondern ehrlich zu uns selbst als Interpreten der Geschichte - und dennoch, ohne dem Text Gewalt anzutun, nach seiner Relevanz für die Gegenwart fragen?«

Das ist der uralte katholische Ton, der Wunsch zu wissen, was Gott uns mitgeteilt hat, wobei wir sorgfältig zwischen dem, was wir aus welchen Gründen auch immer gerne hätten, und dem, was der Fall ist, unterscheiden, und das weitere Bemühen - jenseits des Intellektualismus - zu erkennen, wie dies unser Leben formen sollte.

Vergleichen Sie Ratzingers Geist bei der Suche nach dem Verständnis der Schöpfung mit diesem Bericht in »Vatican News«, der Website des vatikanischen Dikasteriums für Kommunikation, über die Bemerkungen des Generalreferenten der Synode über die Synodalität auf der asiatischen Kontinentalversammlung über Synodalität:

In seinem dritten und letzten Punkt bot Kardinal [Jean-Claude] Hollerich eine synodale Interpretation des Schöpfungstextes an. Anstatt den Text als Erschaffung des »Menschen« oder von »Mann und Frau« oder der Institution von Ehe und Familie zu betrachten, sei eine »synodale Interpretation des Textes«, dass die »Menschheit« erschaffen wurde, sagte er. »Wir als Kirche sind Teil dieser Menschheit, und wir sind aufgerufen, der Menschheit zu dienen. Eine synodale Kirche ist also eine Kirche, die von Christus missioniert wird und das Evangelium verkündet. Und wenn wir der Welt nicht dienen, wird niemand an [unsere] Verkündigung des Evangeliums glauben.«

Jeder, der dies liest, könnte denken, dass »eine synodale Auslegung« - nicht nur des Schöpfungsberichts, sondern der Bibel im Allgemeinen - wirklich versucht, die Fehler des Textes zu korrigieren. Vergessen Sie diese simplen, bronzezeitlichen Binaritäten: »Mann und Frau« hat er erschaffen, oder gleich auf der nächsten Seite: »Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und an seiner Frau hängen, und sie werden ein Fleisch sein.« (Gen. 2:24)

Vergessen Sie, was der Text - d.h. die göttliche Offenbarung - tatsächlich sagt, nämlich den konkreten Bezug auf Mann und Frau. Wir haben jetzt - wer weiß wie? - »Menschlichkeit«. Und wir haben »der Welt zu dienen«, das stimmt schon, wenn man die biblischen Angaben richtig beachtet. Aber in der synodalen Auslegung hat der Dienst an der Welt eine ganz andere Bedeutung bekommen: Die heutige Welt hat weitgehend die Agenda für den synodalen »Prozess« bestimmt. Kardinal Hollerich ist berüchtigt für seine absurde Behauptung, dass unsere »wertfreie« moderne Wissenschaft irgendwie gezeigt habe, dass die traditionellen moralischen Lehren über Homosexualität - männlich und weiblich hat er sie geschaffen? - falsch sind.

Jeder intelligente Student kann eine Art von Argumenten für eine solche Behauptung vorbringen, und viele tun dies heutzutage - gut katechisiert von »der Welt«.

Auf einer viel höheren intellektuellen Ebene gab es vor kurzem einen Zusammenstoß zwischen zwei Mitgliedern der amerikanischen Hierarchie. Kardinal Robert McElroy und Bischof Thomas J. Paprocki.

In einem inzwischen berüchtigten Artikel in der Jesuitenzeitschrift America plädierte Kardinal McElroy in Bezug auf die zeitgenössische »Welt« für die »radikale Einbeziehung« von LGBT-Katholiken. Er fordert eine Art Pilgerreise für die Kirche, »die von einer überwältigenden Hingabe durchdrungen sein muss, aufmerksam auf den Heiligen Geist zu hören, in einem Prozess der Unterscheidung, nicht der politischen Aktion.«

Wir haben in letzter Zeit viel davon gehört, und es klingt fast wie Katholizismus - abgesehen von der Tatsache, dass das Ziel solcher Rhetorik in der 2000-jährigen Geschichte der katholischen Heiligen und Weisen, Philosophen und Theologen, die von antiken jüdischen, griechischen, römischen, islamischen, asiatischen, indigenen und säkularen Kulturen beeinflusst wurden, nie auch nur einen Gastauftritt hatte.

Der Kardinal - wie einige andere Kirchenmänner - deutet manchmal an, dass er nur von der Einbeziehung von LGBT-Menschen spricht, nicht von der Praxis - Nächstenliebe, nicht von einer Änderung der Moral. Aber nur die ganz Ahnungslosen werden das glauben.

Eine »überwältigende Hingabe, aufmerksam auf den Heiligen Geist zu hören«, sollte zumindest bemerken, dass die Dritte Person der Dreifaltigkeit während des Aufstiegs und Niedergangs ganzer Zivilisationen bemerkenswert schweigsam war, wenn es um »radikale Inklusion« ging, wie sie einige als das schlagende Herz der »Synodalität« betrachten.

Im Gegensatz dazu forderte uns Bischof Paprocki auf, uns einen häretischen Kardinal vorzustellen, ohne Namen zu nennen: »Bis vor kurzem wäre es schwer vorstellbar, dass irgendein Nachfolger der Apostel heterodoxe Aussagen gemacht hat... «.

Anstelle von außerbiblischen Begriffen wie »Inklusion«, »Begleitung« und »Schranken für die Gnade und Gabe der Eucharistie« (d.h. immerwährende Lehren) stellt Paprocki in klaren Worten fest und zitiert sogar die inspirierten Worte der Heiligen Schrift:

Die Realität ist, dass diejenigen, die »abgesondert« und »nicht in voller Gemeinschaft« sind, abgesondert und nicht in voller Gemeinschaft sind, weil sie wesentliche Wahrheiten des »Glaubens, der den Heiligen ein für allemal überliefert worden ist«, ablehnen. (Judas 1,3) Daher ist es zutiefst beunruhigend, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass Prälaten, die das Amt eines Diözesanbischofs in der katholischen Kirche innehaben, aufgrund von Häresie abgesondert oder nicht in voller Gemeinschaft sein könnten.

Während sich der Synodenprozess in den nächsten zwei Jahren entwickelt, werden wir einen Kampf auf Leben und Tod zwischen synodaler Rhetorik und christlicher Realität erleben.

*Robert Royal ist Chefredakteur von The Catholic Thing und Präsident des Faith & Reason Institute in Washington, D.C. Seine jüngsten Bücher sind Columbus and the Crisis of the West und A Deeper Vision: Die katholische intellektuelle Tradition im zwanzigsten Jahrhundert.

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Hein

Diese Kirche namens Katholische Kirche ist Feind aller Menschen, das muss hier so klar herausgestellt werden.

Wer die Kleinsten quält und missbraucht und nur auf Verjährung der schwersten Straftaten hofft wie alle Funktionäre der katholischen Kirche, zeigt damit: wir als Katholische Kirche sind gegen die Menschen, wir quälen und missbrauchen ihre kleinen Kinder damit sie ein lebenslanges Trauma bekommen.

Gravatar: Artnemo

Homosexuelle und Pädophile haben in der nach außen hermetisch abgeriegelten katholischen Kirche bequeme Schlupflöcher für ihre Triebe gefunden. Die prozentuale Anzahl an diesen Sexualdevianten in der Gemeinschaft der katholischen Kirche ist um das Vielfache größer als in der übrigen Population. Sie zerstören die Kirche von innen...

Gravatar: maasmaennchen

Schwulettenverein und Kinderschänder im Namen Gottes.Da fragt man sich doch WAS für ein Gott das ist?

Gravatar: Vasco da Gama

@Ekkehardt Fritz Beyer 10.03.2023 - 09:57

Tja, Sie werden staunen, aber in Asien gab es auch einige sehr wichtige buddhistische Herrscher, die sich zum gewaltlosen Buddhismus bekannten und angeblich strenggläubig waren, jedoch in Wahrheit grausame imperialistische Eroberer und Krieger waren, die keine Gnade kannten, aber dafür sorgten, dass sich der Buddhismus in vielen Teilen Asiens verbreitete.
(Einer der bekanntesten davon war König Ashoka).
https://de.wikipedia.org/wiki/Ashoka

Übrigens die Heiligen Kriege gab es auch schon unter den alten heidnischen Griechen. Die gab es nicht nur unter den Gläubigen von monotheistischen Religionen.

Und dass die Anhänger und Gläubige von uralten heidnischen udn animistischen Natur-Religionen angeblich so viel friedlicher waren als das Christentum oder als der Islam, ist ebenfalls ein Mythos, den einige moderne staatlich bezahlte Geschichtsprofessoren verbreiten.
Es gibt in Afrika beispielsweise immer noch einige uralte Stämme, die Angehörige von einigen der ältesten Konfessionen von Naturreligionen zählen. Und siehe da, auch die führten und führen ständig STammeskriege gegen benachbarte rivalisierende Stämme. Und dort sind auch Ritualmorde, Ehrenmorde und gewaltsame Menschenopfer unter Ihresgleichen immer noch verbreitet. AUch unter Gläubigen von animistischen Naturreligionen gab es geschichtlich betrachtet udn die gibt es teilweise auch noch heute in Afrika Hexenverfolgungen, Hexenverbrennungen und Morde aus purem Aberglauben an schmutzigen/verfluchten Menschen. Die Mythen , wonach die uralten Naturreligionen angeblich so viel friedlicher waren als die heutigen monotheistischen Konfessionen werden vor allem von anti-monotheistischen feministisch angehauchten Öko-Fetischisten und Öko-Fanatikern verbreitet.

Gravatar: Hein

Solange hier keine Reaktion auf die Kinderschänderei kommt, muss davon ausgegangen werden, auch der Autor stimmt Kinderschändung zu.

Gravatar: HrBrauser

Ein weiteres Mitglied dieser schwafelnden und schuldbehafteten Organisation. Totale Fehlkonstruktion, seit jeher!

Gravatar: Karl Biehler

In der Bibel habe ich nichts gefunden, zu "Katholischer Kirche". Oder sollte ich mich täuschen?

Gravatar: Hein

Zum Bild und Gesichtsausdruck des Kardinals s.o.:

Schauen die Protagonisten der Kinderschänderei aus der Katholischen Kirche auch so mitleidserregend während sie die Kinder missbrauchen? Oder ist das mitleidserregende Gesicht nur für die Kameras?

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