Ukraine-Krise wurde durch die Expansion der NATO provoziert, findet der US-Professor

John Mearsheimer: Die NATO hat mit dem Feuer gespielt

»Die NATO hat mit dem Feuer gespielt und sich verbrannt«, so urteilt der bekannte US-amerikanische Politologie-Professor John Maersheimer in einem Interview mit der »Welt« über die Ukraine-Politik der USA und EU.

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»Die NATO hat mit dem Feuer gespielt und sich verbrannt«, so urteilt der bekannte US-amerikanische Politologie-Professor John Maersheimer von der University of Chicago in einem Interview mit der »Welt« vom (Ausgabe vom 1. Februar 2022) über die Ukraine-Politik der USA und EU.

Russland habe immer wieder Garantien vom Westen verlangt, dass die Ukraine niemals zur NATO gehören wird. Dennoch versuchen die NATO-Staaten massiv seit vielen Jahren, Einfluss auf die Ukraine zu nehmen und beliefern das Land mit Waffen. Russland hat immer wieder gewarnt, dass dies nicht ohne Konsequenzen sein werde.

Der US-amerikanische Politologe Prof. Dr. John Mearsheimer kann die Auffassung Russlands verstehen. Es sei geostrategisch natürlich, dass Russland kein NATO-Bollwerk auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion vor der eigenen Haustür haben möchte.

Er könne nicht verstehen, wieso diese simple Tatsache von vielen westlichen Politikern nicht begriffen wird. Schließlich hätten die USA ja auch die Monroe-Doktrin, welche besagt, dass keine andere Großmacht außer den USA eine militärische Allianz mit einem Land der westlichen Hemisphäre eingehen dürfe.

Die ganze aktuelle Krise mit der Gefahr zum Krieg wäre nie entstanden, wenn die USA und ihre Verbündeten wie Deutschland nicht versucht hätten, die Ukraine an die NATO zu binden.

Wenn die kommunistische Volksrepublik China mit Kanada ein Militärbündnis eingehen würde, wären die USA aufgebracht und würden alles tun, dies zu verhindern.

Russland war 1999 und 2004 zu schwach, um die NATO-Osterweiterungen zu verhindern. Jetzt ist Russland militärisch stärker und wird klare rote Linien ziehen. Bereits 2008, als die Ukraine und Georgien zur NATO beitreten sollten, hat Russland eingegriffen und dies verhindert.

Das Argument, die Annektion der Krim zeige, wie aggressiv Russland expandiere, sei nach Prof. Mearsheimer eine Verdrehung der Sachlage. Denn die Besetzung und Annektion der Krim sei vielmehr eine Reaktion gewesen, um zu verhindern, dass die Krim mit seinen Schwarzmeerhäfen in die Hand der NATO fällt.

Maersheimer schlägt als Weg aus der Eskalationsspirale eine neutrale Rolle der Urkaine in Betracht, so wie Österreich oder Finnland im Kalten Krieg. Das könnte eine akzeptable Lösung für alle Seiten sein und allen helfen, das Gesicht zu wahren.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Christoph Rohde

Die NATO-Osterweiterungen haben in Putins Russland dieselben Gefühle erzeugt wie der Versailler Vertrag in der Weimarer Republik. Die können berechtigt sein oder nicht. Darum geht es nicht. Der Westen ist dabei, den nuklearen Krieg zu provozieren, der im Kalten Krieg wie durch ein Wunder ausblieb. Vielleicht haben wir Gottes Gnade endgültig überstrapaziert.

Gravatar: Franz Sachse

Schon 2015, nach Beginn der Ukraine-Krise, beschreibt ein anderer Amerikaner, der Wirtschaftswissenschaftler Dr. Paul Craig, in seinem sehr lesenswerten Buch „Amerikas Krieg gegen die Welt…“ (Kopp-Verlag) sehr aufschlussreich und kritisch die fortwährenden Expansionsbestrebungen der USA. Er schreibt dort z.B.:
„Die Russen und ihre Regierung sind Zeuge einer Dämonisierung, die gleichermaßen ihrem Land und ihrer politischen Führung gilt. Das gleiche Schicksal der Verteufelung erlitten der Irak unter Saddam Hussein, Libyen unter Gaddafi, Syrien unter Assad sowie Afghanistan und die Taliban jeweils kurz vor dem Beginn westlicher Kriegsoperationen gegen diese Länder. Für einen Russen drängt sich hier der Schluss auf, dass Washington einen Krieg gegen Russland beabsichtigt.
Meiner Meinung nach sind diese Unverantwortlichkeit und Rücksichtslosigkeit der Regierung Obama in der Geschichte beispiellos. Niemals zuvor hat eine Regierung der Vereinigten Staaten oder eine Regierung irgendeiner Nuklearmacht überhaupt so große Anstrengungen unternommen, eine andere Atommacht davon zu überzeugen, dass sie einen Angriff auf die andere Macht plant. Eine größere Provokation, die das Leben auf der Erde in einem noch stärkeren Ausmaß gefährdet, ist kaum denkbar. Aber der Narr im weißen Haus ist diesen Schritt gegangen und überzeugte sowohl Russland als auch China davon, dass Washington einen präemptiven Erstschlag gegen beide plant. … Washington hat schon vor langer Zeit jegliche Demokratie aufgegeben und stützt sich allein auf Gewalt und Einschüchterung.“
Sollte dies auch heute noch gelten?

Gravatar: Anton Stoeckl

Die selbe Frage habe ich im Mai 1994 mit meiner Gruppe in der Duma diskutiert. Gespraechspartner war Generalmajor Prof. Dr. Nikolai Stoliarov. Damals ging es um den NATO Beitritt von Polen. Meine Ansicht war, das wenn sich ein demokratisches Land in einer demokratischen Wahl fuer eine Regierung entscheidet sich einem Buendnis anzuschliessen oder einem Anderen nicht, dann muss der Wille von allen anderen Staaten respektiert werden. Kein Drittstatt hat das Recht das durch politischen oder militaerischen Druck zu verneinen oder zu verhindern.

Bei der Ukraine sind die Gruende fuer eine freie unbeeinflusste Richtungsentscheidung noch staerker als sie in Polen jemals waren.

Die Ukraine war im Gegensatz zu Polen fuer 75 Jahre unter Sowiet Kommunistisscher Dominanz. In dieser Zeit wurden wegen des Wiederstandes der ukrainischen Bauern gegen die Zwangskollektivierung 8 Millionen Ukrainer unter der Stalinherrschaft dem Hungertod ausgesetzt. Bei dem von Russland erklaertem Volksaufstand von 2014 im Donbas wurden 13 000 ukrainische Zivilisten und Soldaten getoetet. In der Zwischenzeit hat sich die ukrainische Oferzahl durch von Russland bewaffneten Seperatisten im Donbas auf ueber 14 000 erhoeht. Die russischen Opfer waehrend der heissen Phase des Krieges in 2014 waren mit etwas ueber 2000 im Vergleich gering. Diese wurden streng geheim in Zinnsaergen die Cargo 200 genannt wurden nach Russland ueberfuehrt.

Fuer mich ist es normal das sich die Ukraine nach fast 100 Jahren Peinigung von ihren Peinigern trennen moechten um sich einer demokratischen und prosperierenden Gesellschaft anzuschliessen fuer die die NATO als Garant gesehen wird. Das ist mein Eindruck den ich nach ca. 15 humanitaeren Reisen in die Ukraine seit 2014 gewonnen habe.

Gravatar: Stefan Riedel

@ Dr. Knögle, 04.02.2022 - 15:29
"Nach meiner Überzeugung hat die Nato, und zwar unter Anleitung der amerikanischen Think Tanks, Russland mit voller Absicht zur "Besetzung" der Krim gezwungen... ".
Mit Verlaub, eine gewagte Hypothese.
Wer ist Russland? Etwa Zar Waldemar I?

Gravatar: werner S.

Mich würde interessieren welcher deutsche Politiker der USA erlaubt hat 2000 Soldaten nach Deutschland zu schicken.
Mit Sicherheit keiner, die USA frägt da niemand, denn die BRD ist eine Kolonie der USA. Da wid sich Lindner von der FDP, ein Mitglied der Atlantikbrücke aber freuen.

Gravatar: Dr. Knölge

Nach meiner Überzeugung hat die Nato, und zwar unter Anleitung der amerikanischen Think Tanks, Russland mit voller Absicht zur "Besetzung" der Krim gezwungen. Dies geschah bekanntlich, nachdem die langjährigen Nutzungsverträge für die Militärbasen gekündigt worden waren.
Es kann mir niemand erzählen, daß die russische Reaktion darauf die Strategen auch nur im mindesten überrascht hat.
Der angeblich immer so friedliche Westen hat somit gewollt einen Konflikt erschaffen, der sich noch viele Jahre nutzen lassen wird. Das Ziel ist einerseits die Umgrenzung Russlands mit militärischem Vorgehen, anderseits die Verhinderung der allergrößten Gefahr aus amerikanischer Sicht, nämlich ein friedvolles Zusammenarbeiten aller Europäer, was den Einfluß des großen Hegemons massiv schwächen würde.

Wir sollten erkennen, wer nicht unsere Freunde sind.

Gravatar: I. Mayer

Sehr richtig gesprochen Mearsheimer, USA und EU haben sich nicht an die Vereinbarungen gehalten, jetzt sollen sie bitte und gefälligst den Karren ohne uns aus dem Dreck ziehen.

Gravatar: werner S.

Anscheinend brauchen die Freimaurer in den USA wieder einenn lukrativen Krieg.
Die Nato rückt den Russen immer näher auf den Peltz. Sie haben das Recht sich zu wehren.

Die deutsche Regierung zahlt am meisten Geld in die Ukraine und das Volk fragt sich, warum eigentlich. Jetzt wird die Ukraine auch noch frech, weil sie von Deutschland keine Waffen bekommt.
Deutschland braucht Russland, aber die Ukraine absolut nicht. Wenn die in die EU kommen, muss der deutsche Steuerzahler nochmal einen durchfüttern.

Gravatar: dankefürnichts

Eine sehr treffende Analyse von Mearsheimer.

Selbst die ukrainische Führung kritisiert ungewohnt klar Kritik an der Kriegshetze aus dem Westen (Biden, Johnson und die willigen Medien). Der Vorsitzende des ukrainischen Sicherheitsrates machte es mit einer Anspielung auch ganz klar: Er liebe den Film Wag The Dog. Biden und Johnson brauchen einen Krieg, weil sie (und ihre Parteien) sonst innenpolitisch erledigt sind.

Zu jenen, die hier behaupten, die Ukraine sollte nie in die NATO aufgenommen werden: Es gab auch nie die Absicht, NATO-Truppen in Ostdeutschland zu stationieren. Das wurde Gorbatschow sogar zugesichert. Wir wissen, wo die NATO-Truppen heute stehen. Formalistisch argumentieren nur jene, die Sand in die Augen streuen möchten. Mearsheimer ist ein Vertreter des Neorealismus und keiner, der sich von Phrasen und Worthülsen beeindrucken lässt.

Gravatar: Hans Dinner

Ein kluger man, leider sitzt er nicht in unserer Regierung.
Merken wir nicht, daß Bidet nicht aufgeben will und wird aber Putin nicht kann um die eigene Sicherheit.
Amerika ist weit.
Bitte nachlesen:
Jetzt passiert das Gleiche mit Uns und Rußland, daß wir in einem Weltkrieg gelockt werden, wie schon zweimal in Europa.
Rußland will und kann keinen Krieg leisten und das wissen die "Dummen" aus Westen.
Ob dieses Spiel aufgeht, man kann nicht glauben.
Weil dadurch rückt Asien gezwungenermaßen zusammen und dann sind die Amis mit uns weg.
Asien holt gewaltig auf, in allen Bereichen.
Sie importieren mehr keine fremde Fachleute, sondern bilden selbst aus und das ist ihre Zukunft und unser Angang.
Wir wollen immer und alles um gratis-----

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