»Man hat offensichtlich retrospektiv die Zahlen vom letzten Sommer korrigiert«

Jetzt ist es raus: Die Intensivbetten-Lüge

In einem Papier wird schonungslos aufgedeckt, was viele seit langem vermuten: Die Panik um den Mangel an Intensivbetten war unbegründet.

Andrea Schnartendorff Science Media Center Germany Olaf Kosinsky, CC BY-SA 3.0 DE Pixabay
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Matthias Schrappe, Jahrgang 55, ist Internist und arbeitete über 25 Jahre lang in verschiedenen Kliniken. Er war wissenschaftlicher Geschäftsführer der Universität Witten/Herdecke und vier Jahre Generalbevollmächtigter des Aufsichtsrates des Klinikums der Universität Frankfurt am Main. Seit 1990 lehrt Schrappe in Köln, Marburg, Graz, Luxemburg und Trier; 1996 wurde er von der Universität Köln zum außerplanmäßigen Professor ernannt. Er kennt das deutsche Gesundheitswesen wie kaum ein zweiter.

Ein Team um Matthias Schrappe hat die Entwicklung der Intensivstationen seit dem ersten Lockdown untersucht und nun ein Papier vorgelegt. Sein Resümee gegenüber der Welt: Hier wurde nicht »redlich gespielt«. Oder in den Worten der Welt-Redaktion: Das Papier »legt Manipulationen in offiziellen Statistiken, Subventionsbetrug und zweifelhafte Verwendung von Fördermitteln nahe.«

Doch zum Anfang zurück. Seit weit über einem Jahr setzen die offiziellen Virologen auf Angst. In einem munteren Karussell der Panik reichen sich Wieler, Drosten und Lauterbach die Hand und schüren mit immer neuen Horrorzahlen Furcht und Verzweiflung. Gemeinsam mit Politikern, die ihre Macht oder auch den Stand ihres Kontos erhöhen – oder beides –, verbreiten sie das Credo der Pandemie: Die Intensivbetten reichen bald nicht mehr aus.Dann wird das große Sterben der Alten beginnen. Danach sind die Jüngeren dran.

Der Haken: Diesen Mangel an Intensivbetten hat es in all den Monaten nicht einmal gegeben. Ja, er stand nicht einmal an der Krankenhaustür. Schrappe: »Nun steht fest: Die Angst vor knappen Intensivkapazitäten oder der Triage war unbegründet.«

Doch – und das ist der eigentlich kritische Punkt – doch diese Angst wurde nicht etwa aus Unkenntnis der wahren Lage verbreitet. Die Verantwortlichen wussten genau, was sie taten. Schrappe: »Es steht weiter fest, dass das vielen Entscheidern während des gesamten Pandemieverlaufs bewusst gewesen sein muss.«

Die Forscher fanden heraus, dass die Merkel-Regierung zwar reichlich Geld für weitere Intensivbetten »in die Hand« nahm - insgesamt etwa eine halbe Milliarde. Nur lassen sich die entsprechenden Betten nirgendwo finden. Sie wurden beantragt, aber offenbar niemals beschafft. Und das von einer Regierung, die den Kollaps der Intensivstationen prognostizierte, wenn es so weiter geht wie bisher.

Die Realität war gänzlich anders: Zu keinem Zeitpunkt waren die Intensivstationen am Limit. Schrappe: »Auch auf den Höhepunkten aller drei Wellen waren nie mehr als 25 Prozent der Intensivbetten mit Covid-Patienten belegt.« Und das haben alle gewusst. Das Intensivbettenregister der Deutschen Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, DIVI, hat die Zahlen regelmäßig per Internet präsentiert.

Und es kommt noch schlimmer: Die Gelder für die nicht vorhandenen Betten sind wohl tatsächlich geflossen – 50.000 Euro pro Stück. Schrappe: »Das Geld wurde auch bis zum 31. Dezember abgerufen. Es dürfte geflossen sein.« – Professor Schrappe scheint ein vorsichtiger Zeitgenosse zu sein.

Die Merkel-Regierung hat sich bald nach Bekanntwerden der Zahlen auf einen Pflegenotstand berufen. Doch auch der ist, so das Forscherteam, nicht nachzuweisen – andere würden sagen: Er ist eine Erfindung, ein fake. Tatsächlich hat es 2020 laut Bundesagentur für Arbeit zu keinem Zeitpunkt einen Rückgang der Zahl der Pflegekräfte gegeben. Im Gegenteil: Bis Ende November waren es 43.000 mehr als zuvor. Schrappe: »Irgendwo müssen die ja gelandet sein.« Und Nein: Altenpfleger sind es nicht gewesen. Denn auch dort herrscht weiterhin Mangel.

Und als sei auch das noch nicht genug, verweist Schrappe auf Pflegekräfte, die mangels Ausbildung nicht eingesetzt wurden und fragt: »Warum hat man nicht die Chance genutzt, sie anderweitig einzusetzen? Warum hat man nicht die Gelegenheit genutzt, die Kräfte zu qualifizieren oder wieder anzulernen? Warum konnte Fachpersonal aus anderen Abteilungen in solch einer nationalen Notsituation nicht zumindest unter Anleitung auf Intensivstation arbeiten?« – Deutlich ist der ehemalige Krankenhausleiter zu hören und seine Verzweiflung ob der Unfähigkeit der Verantwortlichen an den entscheidenden Stellen.

Und über die gerade in der Krise vorhandene Neigung, mit der Angst vor der Krise, Geld zu verdienen. Nirgendwo sonst wurden so viele Covid-Patienten auf die Intensivstationen verlegt. 61 Prozent in Deutschland, 25 Prozent in der Schweiz, 11 Prozent in Italien. Schrappe: »Sicher ist: Ein Intensivbett bringt einen höheren Erlös als ein Normalbett. Ein Patient auf der Intensivstation muss auch nicht zwingend ans Beatmungsgerät. Klar ist nur: Es gibt Zweifel an einem zielgerichteten, adäquaten Einsatz unserer Ressourcen.« – Wie schon gesagt, Professor Schrappe ist ein vorsichtiger Zeitgenosse.

Die frechste falsche Behauptung wurde im dritten Lockdown, als die Bürger immer stärkere Zweifel beschlichen, aufgetischt: Covid-19 griffe nun auch die Jüngeren an. Schrappe: »Jetzt steht fest: Diese Altersgruppe macht keine drei Prozent aller Covid-Patienten auf Intensivstation aus.« – Wohl gemerkt aller Covid-Patienten, nicht etwa aller Patienten auf Intensivstationen, also insgesamt nie mehr 0,75 Prozent.

Professor Schrappe mag vorsichtig sein. Aber er hat auch einen Sinn für Dramatik. Und die ist in diesem Fall auch begründet. Denn den größten Vorwurf macht er zum Schluss, als er über die Zahl der Intensivbetten berichtet. Schrappe: »Wir haben die Zahlen seit Sommer regelmäßig dokumentiert. Wenn wir diese Daten mit den heutigen Zahlen im Divi-Archiv vergleichen, sind da plötzlich nicht mehr in der Spitze knapp 34.000 Betten gemeldet, sondern nur noch rund 30.000. Man hat rückwirkend systematisch eingegriffen, sodass überall 3000 Betten weniger verzeichnet sind. Das ist anrüchig, weil diese Zahlen politische Konsequenzen hatten. Die Betten stehen in Krankenhausbedarfsplänen, und diese Betten werden finanziert.«

»Das ist anrüchig« – die meisten werden da wohl andere Worte für finden. Insbesondere jene, die im Lockdown Haus und Hof verloren. Ihnen ist nicht mehr nach Vorsicht und Höflichkeit gegenüber einer Politikerkaste, die sich an Masken eine goldene Nase verdient und in der Pandemie ihre Herrschaft ausbaut und sichert.

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