Feministin versus Lebensschützerin

Ist ein Fötus kein Mensch mit eigenem Lebensrecht?

Lebensrechtler sagen, das Lebensrecht des ungeborenen Kindes muss geschützt werden, auch gegen das Selbstbestimmungsrecht der Frau. Der Fötus sei kein Mensch und hätte deshalb auch keine Rechte, halten Abtreibungsbefürworter dagegen. Ein Streitgespräch zeigt, dass Feminismus und Lebensschutz unversöhnlich zueinander verharren.

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Irgendwann im Laufe der Frauenrechtsbewegung haben Feministinnen Müttern den Krieg erklärt. Die Mutterrolle sei rückständig, weil sie zwischen Kindern, Küche und Kirche das Patriarchat des bösen weißen Mannes aufrecht erhielte. Frauen, die sich schwängern lassen, begäben sich freiwillig in Abhängigkeit des Mannes und begingen deshalb Verrat an ihren feministischen Schwestern. Die Vordenkerin des Feminismus, Simone de Beauvoir, bezeichnete den Säugling an der Brust folgerichtig als Blutegel, die Frau als eine vom Mann unterdrückte Reproduktionsmaschine. Diese Aussagen liegen mehr als ein halbes Jahrhundert zurück, doch hat sich der Feminismus seither nicht nennenswert weiterentwickelt, schlimmer noch, er hat sich in der globalisierten genderfeministischen Variante sogar noch radikalisiert.


Eine Vertreterin davon ist die Journalistin Teresa Bücker, die sich für das Magazin Stern – erfreulicherweise, möchte man sagen – einer Diskussion mit der bekannten Lebensrechtlerin, Autorin und Journalistin Alexandra Maria Linder stellt. Beide Frauen könnten nicht unterschiedlicher sein. Für Linder – der Zuschauer spürt es im Verlauf des Gesprächs – ist Abtreibung eine hochemotional besetzte Thematik, der sie mehr als 16 Jahre ihres Lebens gewidmet hat. Die Vorsitzende des Bundesverbands Lebensrecht hat nach eigener Aussage viele Frauen mit Konfliktschwangerschaften beraten und auf ihrem Weg vor und nach Abtreibung begleitet. Sie selbst habe nach der Tötungsoperation noch keine Frau glücklich gesehen. Die seelische Tiefenproblematik, der Schmerz und die inneren Verwerfungen, die Abtreibung mit sich bringt, zeigen sich bei Frauen erst dann, wenn es zu spät ist. Die Klage der Patientinnen, so Linders impliziter Vorwurf an Abtreibungsbefürworterinnen wie Bücker, über die mangelnde Aufklärung der Beratungsstellen zu physischen wie psychischen Folgen des Abbruchs, werden einfach nicht hinreichend ernst genommen. Weil das Selbstbestimmungsrecht der Frau für Feministinnen über allen anderen Rechten, selbst dem primären Lebensrecht des ungeborenen Kindes steht, muß Abtreibung konsequenterweise zu einer Art Lifestyle-Konsumentscheidung verharmlost werden.


Mit einem simplen philosophischen Trick hält Teresa Bücker dagegen: Föten seien keine Menschen, deshalb besäßen sie auch nicht dieselben Rechte wie ein Kind nach der Geburt. Man kann, der Feministin zufolge, Föten nicht wie vollgültige Individuen, wie Staatsbürger behandeln. Von diesem Argument weicht Bücker im Verlauf der Diskussion keinen Zentimeter ab. Selbstverständlich nicht, denn es ist die Schlüsselposition von Abtreibungsbefürwortern: Daß Leben erst ab einem gewissen Stadium Rechte begründet. Wann denn das ungeborene Kind für sie ein Mensch sei, will die Lebensrechtlerin Linder von Frau Bücker wissen? Das sei schwierig zu beantworten, lautet deren ausweichende Antwort. Es ist offenbar eine Sache der Interpretation. Wie gut, daß radikale Feministinnen nicht über die rechtliche Auslegung des Gründungsmoments bürgerlicher Rechte bestimmen dürfen, denn dann wäre das Kind selbst nach seiner Geburt seines Lebens nicht sicher.


Einig sind sich die Kontrahentinnen wenigstens darin, daß die Gesellschaft kinder- und mütterfreundlicher werden müsse, um die Abtreibungsquote zu senken. Die Rahmenbedingungen für Familie müssen stimmen. Dagegen ist nichts einzuwenden. Zur Zeit laufen jedoch die familienpolitischen Bestrebungen in eine völlig andere Richtung. Die Doppel- und Dreifachbelastung von Müttern zwischen Beruf, Familie und Alltag wird uns als erstrebenswerte Daseinsweise in den schönsten Farben gemalt. Gestresste Kinder, depressive Mütter, genervte Väter, die sich aus der Familienverantwortung zurückziehen, sind Folgen dieser Politik, die am allerwenigsten deren Hauptverantwortliche sehen wollen. Wer will zu dieser Zeit noch Kinder haben, in der eine sich Familienministerium nennende Behörde faktisch als verlängerter Arm der Wirtschaft agiert und Familien konsequent zur disponiblen Verfügungsmasse von Konzernen und Arbeitgebern herabwürdigt? Bis die Rahmenbedingungen stimmen, ist es also noch ein weiter Weg, den jährlich über 100.000 Ungeborene mit dem Leben bezahlen. Es braucht jetzt und nicht erst in zehn oder zwanzig Jahren gegenläufige Maßnahmen und genau die umzusetzen mahnt Linder an. Vorschläge der Lebensschutzbewegung gibt es viele und dazu gehört in erster Linie, Schwangeren mit Abtreibungswunsch den Weg zum Leben und zur Hoffnung aufzuzeigen. Viele Frauen bereuen die Abtreibung ihres Kindes. Aber wie viele bereuen es, ihr Kind zur Welt gebracht zu haben? Für sehr verzweifelte Frauen, beispielsweise schwangere Frauen durch Vergewaltigung, gäbe es die Alternative Adoption, schlägt Linder vor. Frauen, die dem Akt der Gewalt bewußt einen Akt der Liebe entgegen setzen, beschreibt die Lebensschützerin diesen bemerkenswerten Vorgang, den sie selbst in ihrer Praxis als Beraterin mehrmals erlebt habe.


Bei diesen Worten verzieht Bücker sichtlich angewidert das Gesicht. Die praktischen Erfahrungen der Lebensschützerin in der Beratung konfliktschwangerer Frauen konfrontieren die Feministin offenkundig mit einem Zuviel an Realität. Man kann nur spekulieren, welche früheren Verletzungen Bücker als, Kind, als Frau und seit einigen Jahren selbst Mutter einer Tochter erfahren hat, um sich derartig vehement gegen die Vorstellung zu sperren, daß Leben selbst unter widrigsten Umständen als Geschenk empfunden werden kann. Auch dann, wenn man zuvor an das Glück und die Zuversicht, das es mit sich bringt, nicht glauben wollte oder konnte, weil Verzweiflung und panische Zukunftsängste den Blick auf das Wesentlichste – den sanften Auftrag, nicht nur Leben zu schaffen sondern es auch anzunehmen – verstellten. Entstandenes Leben ist kein philosophisch zu beseitigendes Problem. Ein Kind im Bauch der Mutter legt fest und ist in seiner Unwiderruflichkeit für manche Frau gewiß eine Bürde. Doch die Entscheidung schwanger zu werden, gilt eben auch dann, wenn frau sie nicht bewußt getroffen hat. Doch die Akzeptanz, selbst für die wenigen unvermeidlichen Tatsachen des Leben wie Schwangerschaft, Geburt, Tod wie auch die Prägungen durch das Geschlecht schwindet in unserer Gesellschaft in dem Maße wie die Anfälligkeit zunimmt für den extremen Individualismus und seiner falschen Beglückungsversprechen.


Ein Gastbeitrag der Initiative Familien-Schutz

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Thomas Waibel

Hans von Atzigen 06.09.2019 - 11:38

Es gibt keinen Grund, um die Weltbevölkerung zu reduzieren.
Sollte es aber tatsächlich der Fall sein, wäre das kein Grund, um die Abtreibung frei zu geben.
Ansonsten könnte man ein paar Milliarden (geborene) Menschen ausrotten und schon wäre das (vermeintliche) Problem "gelöst".

Gravatar: Thomas Waibel

Die Naturwissenschaften haben festgestellt, daß das menschliche Leben im Augenblick der Zeugung beginnt. In dieser winzigen Keimzelle, die mit dem bloßen Augen nicht zu sehen ist, befindet sich das gesamte genetische Programm des Menschen und des Individuums. D.h. daß aus einer menschlichen Keimzelle niemals ein Bär entstehen kann und die Keimzelle von Herrn Müller sich niemals zu Frau Meier entwickeln kann.
Deswegen ist jede Abtreibung - auch eine Frühabtreibung ("Pille danach") - die Tötung eines Menschen.

Aus diesem Grund hat das Bundesverfassungsgericht die Fristenregelung verworfen.

Gravatar: Exbiedermann

An alle radikalisierten Feministinnen und
solche, die es werden wollen:

Zur immerwährenden Meditation empfehle ich Ihnen allen Damen die drei immer noch gültigen Sätze Tertullians (ca160 – 222/3) zu memorieren: „Wir aber dürfen, weil Mord ein für allemal untersagt ist, auch die im Mutterleib empfangene Leibesfrucht nicht zerstören, während noch Blut für einen neuen Menschen abgezweigt wird. Es ist ein vorweggenommener Mord, wenn man eine Geburt verhindert, und es ist nicht ausschlaggebend, ob man einer Seele, die schon geboren ist, das Leben nimmt, oder eine, die im Entstehen ist, vernichtet. Ein Mensch ist auch, wer auch künftig ein Mensch sein soll; auch sonst ist jede Frucht schon in ihrem Samen enthalten“ (Apologeticum 9,8).
Tertullian schwört unter rückhaltloser Missachtung des antiken „mainstreams“ seine kleine christlich-römische Gesinnungsgemeinschaft auf die Position des Christen ein, der wie jeder Jude in der Tradition des gemeinsamen Stammvaters Abrahams steht, einer Tradition, in der Abtreibung strengstens verboten und mit drakonischen Strafen bedroht war.
Tertullian, ein römischer Ghetto-Christ im Wortsinn, wendet sich damit gegen die hemmungslose Abtreibungs- und Entsorgungspraxis von Ungeborenen und Säuglingen in seiner heidnisch-römischen Gesellschaft.
Das Ende jener „modernen“, griechisch-römischen Welt, in der vor allem das beginnende Menschenleben wenig wert war, ist bekannt. Sie ging an ausschweifender Wollust und verschwenderischem Wohlstand der Reichen, der ausufernden Armut der Massen, der Zerrüttung von Wirtschaft und Währung, den daraus resultierenden Eroberungszwängen bei abnehmender Eigensubstanz, vor allem aber an der wachsenden Unfähigkeit zur Selbstverteidigung zugrunde. Aus dem „Heiligen Rest“, der aus eigener Kraft überlebte, formte sich die christlich-abendländische Zivilisation mit ihren jüdischen Einlagerungen in Europa, die jetzt in Gefahr ist, von einer islamischen Masseninvasion unterwandert und unterworfen zu werden - nicht zuletzt durch die weitaus höhere Fertilität.

Gravatar: Hans von Atzigen

So recht überzeugend ist keine der beiden Positionen,
da geht es offensichtlich nur um das Bornierte festhalten an der ,,eigenen,, Position.
Die Befürter des schrankenlosen Abortes blenden
denn doch einige Naturpsychologische, Ethische Faktoren aus.
Die sog. Lebensschützer vertreten ihre Sache den auch nicht so redlich wie die vorgeben.
Gegen unnötige und zweifelsfrei sicher problematische
Aborte gibt es innzwischen längst,eine breite Palette
an Vorbeugungsmöglichkeiten.
Doch eben auch dagegen sperren sich die sog. Lebenschützer bis zum heutigen Tag uneinsichtig und borniert verbissen.In Sache humaner Reproduktionskontrolle sperrt sich der Pseudo- Oberlebensschützer-Verein Vatikan bis heute verbissen
und Kompromisslos.( Enthaltung grins ,WAS für Vorbilder das sind??? Lassen wir das mal.)
Leben in die Welt stellen, das danach elendiglich verrecken muss? Ist das Humaner Lebensschutz?
Zu hohe Reproduktinsraten und Übervölkerung VERURSACHEN zwangsläufig zu oft zu grausiges Elend.
Fakt ist bis dato gibt es weder von den sog. Lebensschützern noch aus dem Vatikan ein Rezept
WIE man das Problem einer endlos wachsenden Bevölkerung auf einem Begrenzten Planeten lösen will.
Ausser schwachsinnigem Gelaber glänzen die mit dem totalen nix, NULL nachhaltig brauchbares.
Dummerweise ist der Vatikan in der Sache, nicht der
einzige Schwachsinnverein jedoch der Prominennteste,
und das auch noch mit Völkerrechtsstaatus.

Gravatar: Gipfler

Das grundlegende Problem ist die materialistische Vorstellung, der Mensch bestehe nur aus dem physischen Leib und beginne seine Existenz erst mit der Konzeption.
Dass er ein geistiges Wesen ist, worauf wir mit dem Wort "Ich" hindeuten, das aus einer göttlichen Wellt kommt und sich in einem physischen Leibe inkarniert - dafür ist zumeist jede Empfindung verloren gegangen. Vgl.:
https://fassadenkratzer.wordpress.com/2018/12/28/die-jusos-die-politik-und-der-kindermord/

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