Trotz Widerstände erfolgreich Kurdistan-Referendum abgehalten

Irakische Kurden votieren klar für ihre Unabhängigkeit

Im einem Referendum stimmte eine überwältigende Mehrheit der Kurden im Nordirak für die staatliche Unabhängigkeit ihrer Autonomieregion. Die irakische Zentralregierung in Bagdad will das Ergebnis jedoch nicht anerkennen und wertet es als Kriegserklärung.

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Die Mehrheit der Kurden im Irak stimmten in einem Referendum zur Unabhängigkeit mit »Ja«. Rund 3,45 Millionen Stimmen wurden abgegeben. Die Wahlbeteiligung lag damit bei über 72 Prozent. Abstimmungsberechtigt waren knapp 3,3 Millionen Menschen in den von der Zentralregierung in Bagdad anerkannten Autonomiegebieten und weitere 1,9 Millionen in Gebieten, die Kurden kontrollieren, aber mit Bagdad umstritten sind.

Von diesen sollen 91,83 Prozent für die Abspaltung des kurdischen Gebiets im Norden des Irak gestimmt haben. In der Regionalhauptstadt Erbil feierten Kurden ausgelassen ihre nationale Identität. Der Präsident der regionalen kurdischen Regierung Masoud Barzani kündigte an, in Bagdad für die Unabhängigkeit werben zu wollen. Ebenso rief er die internationale Gemeinschaft dazu auf, den Willen von Millionen Kurden zu respektieren.

Das Ergebnis des Volksentscheids ist rechtlich nicht bindend. Die irakische Regierung betrachtet das Referendum als verfassungswidrig. Der irakische Ministerpräsident Haidar al-Abadi will das Votum entsprechend nicht anerkennen. Iraks Vizepräsident Nuri al-Maliki erklärte, »das Referendum sei eine Kriegserklärung an die Einheit des irakischen Volks«.

Kriegsrhetorik kommt nicht nur aus Bagdad. Ebenso drohte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan mit Sanktionen und einer militärischen Intervention im nördlichen Irak, was die Sorge vor einem neuen militärischen Konflikt schürt. Und das obwohl Erdogan und Barsani eigentlich bisher enge Verbindungen pflegten, doch in der Türkei fürchtet man bei einem unabhängigen Kurdenstaat ähnliche Bestrebungen unter den eigenen Kurden.

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) beklagte, dass das Referendum zu einer weiteren Eskalation führen könne. Es sei »bedauerlich«, dass Masoud Barsani das Referendum »ohne Rücksicht auf Vorbehalte, Warnungen und gegen den einhelligen Rat der internationalen Gemeinschaft« abgehalten habe.

Das US-Außenministerium vermeldete, dass es »tief enttäuscht« von dem Referendum sei. Man befürchte, der Kampf gegen die Terrormiliz »Islamischer Staat« (IS) könne geschwächt werden, in dem die Kurden eine maßgebliche Rolle spielen und an dem diese sich auch weiter beteiligen wollen. Weiterhin funktionieren auch die Absprachen zwischen der irakischen Armee und den kurdischen Peschmerga-Kämpfern.

Besonders wird man in Berlin die Entwicklung beobachten, denn Deutschland unterstützt die kurdische Peschmerga mit Waffen, Ausrüstung und Ausbildung. Als die Mission im Rahmen des Anti-IS-Kampfs 2014 startete, gab es bereits Befürchtungen, diese Hilfe könnte sich irgendwann einmal gegen die Zentralregierung in Bagdad richten. Barsani sagt, er erwarte keine Zusammenstöße mit der irakischen Armee, aber man sei bereit, auf jeden Angriff zu reagieren.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: caesar

Die US-Pläne -bzw. deren Hintermänner - die ja schon lange eine Aufteilung des Iraks planen ,kommen einen wichtigen Schritt voran. Deshalb wurde auch der Irakkrieg geführt.
Im Ergebnis wird die Region von weiteren Kriegsereignissen in der nächsten Zukunft erschüttert werden, Dauer unbekannt. Beteiligt sind dann gleich mehrere Länder. Das wird wieder eine Unzahl von Flüchtlingen geben.

Gravatar: Sigmund Westerwick

Zeit für die Unabhängigkeit

Die Kurden haben sich ihre Unabhängigkeit sehr verdient. In den Kurdengeboeten wurde der IS zurückgedrängt, und bevor es die Zentralregierungen dann wieder verderben, sollten die Kurden diese Gebiete kontrollieren.

Eine offizielle Freigabe seitens Ankara, Bagdad oder gar Damaskus werden sie nie bekommen, also können sie nur selbst aktiv werden.

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