Das britische Parlament wird an diesem Mittwoch nun doch über einen Gesetzentwurf über eine mögliche Brexit-Verschiebung abstimmen, der Premierminister Boris Johnson zwingen soll, in Brüssel um eine dreimonatige Brexit-Verschiebung bis zum 31. Januar 2020 zu bitten. Johnson hatte solches ausgeschlossen und will gegebenfalls auch einen ungeregelten EU-Austritt vollziehen, wenn bis dahin mit Brüssel keine Einigung zustande kommt.
Johnson wurde vom Parlament mit einer Mehrheit für ein solches Vorgehen die Kontrolle über die Tagesordnung für die morgige Sitzung entrissen. 328 Parlamentarier stimmten dafür, 301 dagegen. Abtrünnige der Torys um Sir Oliver Letwin stimmten dabei zusammen mit der Opposition. Am Nachmittag verlor Johnson die Mehrheit seiner Regierung im Parlament, nachdem mit Philipp Lee ein EU-freundliches Mitglied der konservativen Fraktion zu den oppositionellen Liberaldemokraten wechselte.
Der konservative Politiker Liam Fox sprach sich klar gegen den Gesetzentwurf aus. Die Abgeordneten müssten das Brexit-Referendum respektieren. Die Abweichler würden eine »Koalition des Chaos bilden, wenn sie den Gesetzentwurf unterstützten. Hingegen forderte der Tory-Rebell Dominic Grieve ein neues Referendum. Er wisse in dieser Situation nicht mehr, was der »Wille des Volkes« bedeute.
Johnson bekräftigte in seiner Rede, die Briten wollen, dass der Austritt aus der Europäischen Union endlich über die Bühne gebracht werde. Sollte die Abstimmung verloren gehen, plant der Premier noch am Mittwoch einen Antrag der Regierung auf Neuwahlen einzureichen. Für die Auflösung des Parlaments ist dann allerdings eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. Als Wahltermin steht der 14. Oktober im Raum.
Die Tory-Fraktion hat unterdessen am Mittwoch morgen auf Empfehlung von Boris Johnson den Ausschluss von 21 Abgeordneten aus der Fraktion beschlossen, die gegen ihn mit der Opposition stimmten. Diese dürfen damit bei möglichen Neuwahlen nicht mehr für die Konservativen antreten.
Kommentare zum Artikel
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Sagen wir es mal ganz einfach: Johnson gewinnt, indem er verliert.
Klingt absurd, ist aber so.
... „Damit könnte es zu Neuwahlen kommen.“ ...
Das Ansetzen von Neuwahlen – das Volk befragen – wäre auch m. E. die vernünftigste Entscheidung, denn auch ich bin mir sicher, dass die britischen Wähler längst sehr genau merkelten, was im Raume steht
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/im-reich-der-gier
und damit absolut nichts zu tun haben wollen!!!
Werden die Anhänger der AfD deshalb etwa prophylaktisch als Nazis bezeichnet, um ´ihnen` die Schuld an der Zukunft der EU bzw. deren Mitgliedsstaaten in die Schuhe schieben zu können???
@ John Sherian
Ich glaube, Sie haben Recht.
Es heißt immer, wir Deutschen wären zu doof, um Mafia zu verstehen. Aber offensichtlich sind es die Engländer auch.
Erst Österreich, dann Italien, jetzt GB. Anscheinend werden die EU-Netzwerke total von den anderen Akteuren unterschätzt. Diese "Mafia" lässt sich das Heft des Handelns nicht mehr aus der Hand nehmen. In dieser Hinsicht sind die "konservativen" bzw. "patriotischen" Politiker einfach Idioten. Man muss es leider so deutlich sagen.
Was für eine Rumeiere um den Volkeswillen zu umgehen . Die EU Gegner werden dadurch zermürbt und weniger , auch die europäischen Medien geben sich alle Mühe einen Brexit zu verhindern bis man sich zu einer neuen europafreundlichen Volksbefragung nächstes Jahr entscheidet .
Hoch interessante,spannende Angelegenheit.
Wer gewinnt das Rennen, wer ist schneller ?
Die Britten aus der EU, oder die EU am Ende ?