Ein klarer Begriff wird von den Grünen unklar geredet

Genauer betrachtet: Was ist ein Plagiat?

Dass die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, kopiert hat, steht außer Frage. Aber ein Plagiat?

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›Alle reden vom Plagiat, wir sagen, was es ist.‹ So könnte man beginnen und sofort stellt sich die Frage: Gab es nicht einmal einen Slogan der Bahn, der ähnlich klang: ›Alle reden vom Wetter. Wir nicht.‹ Ist der erste Satz also ein Plagiat?

Die erste Quelle für die Erklärung, was ein Plagiat eigentlich ist, dürfte ein Plagiatsjäger sein. Und da bietet sich Dr. Stefan Weber umgehend an, schließlich ist er es, der Baerbock den Ärger eingebrockt hat. Er ist vom Fach. Und da er vor allem in Österreich forscht, zitiert er aus dem Universitätsgesetz den Paragraph 51, Absatz 2, Zeile 31, in der es heißt:

»Ein Plagiat liegt jedenfalls dann vor, wenn Texte, Inhalte oder Ideen übernommen und als eigene ausgegeben werden. Dies umfasst insbesondere die Aneignung und Verwendung von Textpassagen, Theorien, Hypothesen, Erkenntnissen oder Daten durch direkte, paraphrasierte oder übersetzte Übernahme ohne entsprechende Kenntlichmachung und Zitierung der Quelle und der Urheberin oder des Urhebers.«

Der erste Satz ist klar: Wer eine Passage aus einem anderen Text übernimmt und als seine ausgibt, der begeht ein Plagiat – er ist ein plagiaire, ein Dieb, der geistiges Eigentum stiehlt. Allerdings ist auch die Übernahme von Inhalten und Ideen ein Diebstahl geistigen Eigentums.

Doch was einfach scheint, wird schwierig, wenns in die Details geht. Das beginnt mit der Länge des Textes. Ist ein einzelnes Wort schon ein Plagiat ? – Das hängt vom Wort ab. Neologismen sind geradezu prädestiniert. ›Journaille‹ etwa, oder ›Gutmensch‹. Leider ist unbekannt, wer die Worte geprägt hat. Und wer einen Buchtitel ›Der Wille zur Macht‹ als seinen ausgibt, sieht einfach schlecht aus. Mit ›Der Wille zum Glück‹ könnte es dagegen unter Umständen klappen. Oder sagen wir lieber: Es hätte früher geklappt, als es das Internet mit seinen Suchmaschinen nicht gab.

Generell gilt: Die Länge des Textes spielt keine Rolle. Es geht zuerst um den Inhalt, um eine Idee. Dabei muss die Idee durchaus nicht urheberrechtlich geschützt sein. Nicht jedes Plagiat ist eine Verletzung von Urheberrechten. Einen nicht urheberrechtlich geschützten Text kann ein Autor übernehmen und muss dabei nicht einmal die Quelle angeben. Vor Gericht kommt er dann nicht. Allerdings bleibt sein Text ein Plagiat. Diebstahl geistigen Eigentums ist also durchaus nicht juristisch gemeint.

Anders gesagt: Ein Plagiat beschreibt ein Vergehen moralischer Art. Nicht zufällig heißt es, ›sich mit fremden Federn schmücken‹. Wer von andren Texte kopiert, macht etwas, was man eben nicht macht.

Und was ist ein Inhalt, was eine Idee, die kopiert worden ist ? – Texte kann man vergleichen. Wurde wortgleich kopiert, ist die Sache schnell klar. Aber Idee und Inhalt sind schwerlich fassbar. Stefan Weber verweist auf Urteile und spricht davon, »dass die Plagiate ›werkprägend‹ sein müssen« – verschiebt damit aber nur die Frage. Nun heißt es: Was bedeutet werkprägend ? Wirklich schlauer ist man dann auch nicht. Inhalte und Ideen sind eben schwer definierbar. Hier dürfte nur eine Prüfung des Einzelfalls helfen.

Für den Fall Baerbock ist die Sache somit aber einfach. Denn in ihrem Buch ›Jetzt‹ werden als Plagiat nicht Inhalte oder Ideen genannt, sondern im wesentlichen Textpassagen aus ihrem Buch, die sich wortgleich oder zumindest überwiegend wortgleich in anderen Texten auffinden lassen. In diesen Fällen handelt es sich ausnahmslos um einen Diebstahl geistigen Eigentum, der sich nicht gehört. Das Buch ›Jetzt‹ enthält Diebesgut und ist somit in Ausschnitten ein Plagiat.

Schwieriger wird es bei der Passage: »Wer immer nur von der Gegenwart aus denkt, verharrt in der Kurzfristigkeit und verliert an strategischer Tiefe«, die laut Stafan Weber ein Vorbild in dem Satz »Wer ständig in Krisen denkt, verharrt in der Kurzfristigkeit und verliert an strategischer Tiefe«, den die Forscherin Florence Gaub, die sich mit sicherheitspolitischen Fragen beschäftigt, formuliert hat. Hat, wer ›Krisen‹ durch ›Gegenwart‹, einen Plural durch Singular ersetzt, eine neue Idee ins Spiel gebracht, die die vollständige sprachrhythmische und teilweise inhaltliche Kopie des Satzes ungeschehen macht ? – Wohl kaum. Es ist und bleibt ein Plagiat.

Ob auch Urheberrechte verletzt worden sind, tut dabei nichts zur Sache – auch wenn die Grünen das zur Ablenkung immer wieder behaupten. Indem sie unterstellen, Baerbock würde ein strafbarer Delikt vorgeworfen, stellen sie einen Pappkameraden auf, den sie anschließend demontieren, um recht zu behalten. Am Ende soll das Publikum denken: Stimmt, Annalena Baerbock hat eigentlich gar nichts böses getan.

Dieser rhetorische Trick ist uralt. Er wird häufig verwendet und ist oftmals erfolgreich. Nur ein Plagiat, ein Plagiat ist er nicht.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Hartwig

@Hajo,

letztlich und im Kern hat Frau Baerbock betrogen. Es geht um den klaren Betrugsgedanken.

Sie hätte nur angeben müssen, vom wem sie es hat, abgeschrieben hat.

Eine Fußnote und Ankündigung eines direkten Zitats. Das wäre ihre Pflicht gewesen.

Da sie das ABSICHTLICH NICHT MACHTE, macht sie das zu einer klaren, überführten Betrügerin.

Spätestens wenn man eine Diplom-Arbeit abliefert, sollte das ins Blut übergegangen sein.

Aber, schon bei einer Seminararbeit darf ein guter Lehrer so etwas niemals durchgehen lassen. Im Prinzip.

Gravatar: Ekkehardt Fritz Beyer

... „Dass die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, kopiert hat, steht außer Frage. Aber ein Plagiat?“ ...

Ja mei – wie dem auch immer:

Wenn Klein-Annchen quasi gezwungenermaßen ´nun` aber zugibt „es seien viele Ideen von anderen mit eingeflossen“
https://www.tagesschau.de/inland/baerbock-vorwuerfe-101.html,
sie aber trotzdem von 98,5% der Grünen als deren Führerin gewählt wurde
https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/baerbock-kanzlerkandidatin-101.html:

Lässt dies etwa ´nicht` auf den Sachverstand ´aller` Mitglieder dieses Vereins schließen???

Gravatar: Croata

Es ist (mal wieder) eine Blamage, von eine Frau die keinen Respekt (Habeck=Volk) zeigt und Kompetenz für Kanzelaramt 1.so wichtiges und großes Land wie Deutschland.

Wie wird die uns in Ausland presentieren?

Katastrophe. Kein ACAB.

Gravatar: karlheinz gampe

Die Grüne hat abgeschrieben, das hat die wahrscheinlich schon in der Schule so gemacht.


Denn die Grünen und die Roten sind ungebildete Idioten!

Gravatar: Hajo

Exakte und identische Wortwiederholungen und Satzstellungen, insbesondere in regelmäßig wiederkehrender Reihenfolge sind keine Zufälle, sondern Absichten und können als Plagiat oder Abschreiben bezeichnet werden.

Das findet immer dann statt, wenn jemand zu bequem ist oder der Intellekt fehlt, etwas vorzutragen und man dann zu diesem unehrenhaften Hilfsmittel greift, ohne es dabei zu erwähnen, daß man auf fremde Gedanken zurückgegriffen hat.

Diese Art von Niederträchtigkeit läßt tief in die Seele blicken, denn wer in einem Fall betrügt, der wird auch in anderen Situationen zum gleichen Hilfsmittel greifen und Leute mit Gewissen, würden so etwas erst garnicht machen oder sich von anfang an offenbaren, was aber solchen Typen suspekt ist, denn sonst wären sie ja ein Niemand und das will man verbergen und deshalb sind sie völlig ungeeignet für Führungsrollen, wenn man Tugend als Maßstab allen Handelns voraussetzt.

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