Flüchtlingspolitik: Wie wir uns ändern werden

Müssen wir unsere Flüchtlingspolitik angesichts des Andrangs ändern? Sicher, es fragt sich nur, wie?

Veröffentlicht:
von

Bischof Overbeck hat Recht – das habe ich geschrieben und ich bin immer noch der Meinung, dass sein Satz, dass „wir“ Deutschen uns angesichts des Flüchtlingsandrangs anpassen müssen, richtig ist. Schelte habe ich dafür nicht so sehr auf meinem Blog bekommen, schon aber beispielsweise bei freiewelt.net, allerdings in einer Richtung, die mir zeigt, dass ich nicht recht aufgezeigt habe, was ich meine.

Ich möchte dazu einen Vergleich anstellen: Nehmen wir mal an, Sie leben in einer norddeutschen Kleinstadt, irgendwo an der Nordsee, der Wind rauscht Ihnen täglich um die Nase: Sie kennen den Bürgermeister persönlich, kennen Ihre Gemeinde, in der „Diaspora“ sowieso klein; die Dorfgemeinschaft kennt sich und hilft sich. Es gibt ein oder zwei Querulanten im Ort, aber die kennt jeder und man kommt auch mit denen klar. In der Straße, in der Sie Ihr Haus oder Ihre Wohung haben, können Sie nachts das Auto unabgeschlossen stehen lassen, Ihrem Nachbarn haben Sie schon vor zig Wochen eine Heckenschere ausgeliehen, die er bislang noch nicht zurückgebracht hat, aber das nehmen Sie ihm nicht übel, denn wenn Sie sie brauchen sollten, hätte der auch nichts dagegen, wenn Sie sich das Ding aus seinem Gartenhäuschen holen. Ich nehme an, das Bild ist klar?

Und jetzt zieht zu Ihnen ein leibhaftiger Rheinländer! Eine echte Frohnatur, beruflich musste er in den Norden ziehen und so steht er da mit seiner Frau und seinen drei Kindern. Er fährt ein ziemlich aufgemotztes Auto, das ein bisschen zu laut ist für die Nachbarschaft, er feiert eine kleine Housewarming-Party bei der Sie als Nachbar feststellen, dass sein Stil sich doch deutlich von Ihrem und der bisherigen Nachbarschaft unterscheidet. Er ist laut, seine Frau ein bisschen zu sehr geschminkt, die Kinder etwas linkisch … die würden sie (das denken Sie aber noch nur leise) lieber nicht in Ihrem Garten haben. Als Rheinländer kommt der neue Nachbar auch direkt mit dem Vorschlag, ob man nicht gemeinsam Karneval feiern wolle – er brächte dann Altbier (oder Kölsch) mit. Der neue Nachbar arbeitet lange, was bedeutet, dass er den Rasen immer dann mähen muss, wenn Zeit ist – meist zu den Randzeiten, an denen sonst noch oder schon wieder Ruhe in der Siedlung herrscht. Ihre kleine Dorfkirche betrachtet der neue Nachbar eher skeptisch, schwärmt vom Kölner Dom und vom rheinischen Katholizismus, in dem man nicht immer alles so ernst nimmt … „Wir kommen alle, alle in den Himmel …“ singt er, während er ihnen vor der Messe auf die Schulter klopft, etwas, das selbst Ihr bester Freund in den letzten dreißig Jahren nicht gemacht hat!

„Der Neue“ ist also nicht direkt unfreundlich, er passt nur nicht in die Nachbarschaft – so viel ist wohl klar geworden. Aber jetzt: Was tun? Vielleicht beginnt ein Nachbarschaftsmobbing: Sie lassen den Neuen spüren, dass Sie ihn nicht mögen, leihen ihm die Heckenschere nicht und laden ihn zu Straßenparties nicht ein … Oder sie lassen sich auf die neue rheinische Kultur ein, die zwar nichts ist, was Sie jeden Tag haben müssen, aber doch etwas, mit dem Sie ganz gut leben können … Oder sie greifen seine neue Art begeistert auf, wandeln sich zum „Rheinländer ehrenhalber“ und fahren zukünftig zum Karneval mit der ganzen Familie nach Düsseldorf oder Köln … oder sie ignorieren den Neuen so gut es geht, versuchen einfach so weiter zu machen wie bisher, aber immer, wenn es um etwas Gemeinschaftliches geht, stoßen Sie damit an Grenzen.

Mit anderen Worten: Sie reagieren, Sie ändern Ihr Leben, nicht weil Sie das wollen, nicht weil der Neue einen Anspruch darauf hätte, dass Sie das tun oder dass er das auch nur von Ihnen erwarten würde. Es ist einfach so, dass sich die Situation um Sie herum verändert hat, also passen Sie sich auch an – es ist eher ein archaischer Effekt. Sie könnten sich natürlich auch wehren, sich anpassen zu müssen, starten eine Petition, dass der Neue wieder gehen muss, setzen sich vielleicht sogar durch, der Rheinländer zieht nach einiger Zeit wieder ab, und alles ist wie früher … nein, ist es nicht: Sie haben daraus gelernt, Sie haben Ihre Kultur angepasst, haben Seiten gezeigt, die Sie an sich bislang gar nicht kannten. Bislang war alles nett, und jetzt haben Sie Zähne gezeigt, den Status Quo mit Gewalt (legitimer, vielleicht auch darüber hinaus) verteidigt, in dem Bestreben, dass alles gleich bleiben soll – aber das hat nicht gefruchtet: Ihre Nachbarschaft ist nach dieser Episode nicht mehr die Gleiche wie vorher!

Und jetzt wieder zu den Flüchtlingen: Sie stehen vor unserer Tür, vor den Toren Europas, und sie begehren Einlass. Viele von ihnen ohne Chance auf Asyl – bislang war es aber aufgrund der überschaubaren Zahl meist nicht so dringend, sie abzuschieben. Jetzt sind es viele … was also tun? Direkt abschieben, mit Gewalt an der Reise hindern? Zurück auch in prekäre Verhältnisse? Nachvollziehbar, aber anders als bisher gehandhabt. Und die, die kommen, egal ob legitime Asylanten oder Menschen, die „nur“ ein besseres Leben suchen, bringen eine neue Kultur mit, vielleicht eine andere Religion, sicher aber andere Gebräuche, manche von ihnen so fremd, dass wir sie nicht ohne weiteres tolerieren wollen … also was tun? Zwingen wir die „Neuen“, ihre Gebräuche aufzugeben? Und inwieweit sollen sie sich anpassen? Ist es die Akzeptanz des Grundgesetzes, ist weiterhin alles erlaubt, was nicht verboten ist, oder besteht unsere Kultur, die wir aus gutem Grund bewahren wollen, aus mehr als aus ein paar Artikeln einer Verfassung?

Und die, die dann noch immer hierher wollen, wirklich auf der Flucht sind und sich anpassen wollen, sie stehen vor ganz eigenen Herausforderungen: Sie sind vielleicht schlecht ausgebildet, die meisten jedenfalls nicht adäquat für die Anforderungen deutscher Arbeitgeber; viele sprechen nicht mal unsere Sprache und werden das auch nicht so schnell lernen könenn, dass sie in ihrem bislang ausgeübten Beruf tätig werden können. Ganz klar: Viele von ihnen sind nicht ohne weiteres in eine Arbeitsstelle vermittelbar, egal, ob und wieviel guten Willen sie mitbringen. Das alles, die Frage, wer überhaupt kommen darf, wie weit er sich anzupassen hat und die sozialen und gesellschaftlichen Konsequenzen führen zu Verwerfungen: Da streiten schlecht ausgebildete deutsche Arbeitnehmer mit neuen Konkurrenten um die wenigen Arbeitsplätze für Angelernte. Da gibt es die Freiheit der Religionsausübung, aber nicht jeder ist begeistert, verschleierte Frauen und neuerdings Moscheen in der Nachbarschaft zu sehen. Religiöse Überzeugungen und kulturelle Prägungen schlagen sich in Forderungen nach einer Freiheit, dies auch ausüben zu dürfen nieder – und dem Widerstand derer, die ganz natürlich sehen, dass sich die deutsche Kultur dadurch nicht nur zum Besseren ändert.

Damit ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht, aber klar ist: Man muss darauf reagieren! Und dadurch ändert sich etwas. Ich entwickle zunehmend Verständnis für die australische „No Way“-Politik – die lassen schlicht niemanden rein. Das kann man so handhaben, es wäre aber ein fundamentaler Wandel in der deutschen Kultur. Ob man das in der Konsequenz wollen kann? Oder die Abschiebepolitik muss eine andere werden: Wer zu Unrecht hier ist, wird sofort abgeschoben, wer sich nicht in die vorgefundene Kultur einfindet, gesellschaftliche Mindeststandards wie Gleichberechtigung oder Religionsfreiheit oder auch die Gewaltlosigkeit nicht akzeptieren will, muss gehen. Klingt logisch, ist aber nicht geübte Praxis. Eine Änderung täte Not!

Und was die Kanzlerin angedeutet hat, dass diejenigen, die sich um die „christlich-abendländische“ Kultur sorgen, mal wieder in die Kirche gehen sollten, ist zwar bräsig formuliert, löst auch direkt kein Problem, macht aber deutlich, dass es auch eine Selbstvergewisserung braucht: Was ist denn – um es noch mal zu thematisieren – die deutsche, die christlich-abendländische Leitkultur, an der sich Asylanten, Flüchtlinge, Migranten und potenzielle neue Bundesbürger zu orientieren haben? Es soll niemand in eine Kirche gezwungen werden, aber möglicherweise hat der christliche Glaube ja auch heute noch, im zunehmenden Säkularismus, eine Bedeutung, die nicht unter den Tisch fallen sollte. Und vielleicht sind für die, die die Bibel als relevante Größe annehmen, ja auch von der Kirche Antworten zu erwarten, die über ein „Refugees welcome“ hinausgehen. Wandel also sowohl bei Gläubigen wie auch bei offiziellen Vertretern Kirche.

Das Ergebnis der anstehenden Änderungen ist noch nicht absehbar. Es ist wohl nicht zuviel gesagt, dass die Herausforderungen, die die Flüchtlingssituation heraufbeschwört, kritisch sein können. Nicht wenige Politiker und Experten, nicht nur solche, die die Tür einfach schließen wollen, haben Zweifel, ob das schaffbar ist. Denen Populismus vorzuwerfen oder mit ungeeigneten Vergleichen mit den Vertreibungen nach dem zweiten Weltkrieg oder die Situation nach der Wende zu begegnen, hilft überhaupt nicht (auch mein obiger Vergleich ist dafür nicht geeignet, weil die reale Situation deutlich dramatischer ist). Manch einer tut mit solchen Reaktionen so, als ginge die Situation schon irgendwie vorüber. Das wird nicht passieren, wir werden reagieren müssen, und so oder so läuft das auf eine Änderung unserer gesellschaftlichen und politischen Kultur hinaus. Wer das verschweigt oder kleinredet ist der wirkliche Populist!

Beitrag erschien auch auf: papsttreuerblog.de 

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: H.Roth

Das "Armutsideal" der katholischen Kirche erlebt, unter dem neuen "Franz von Assisi" in Rom, gerade seine Renaissance. Mich wundert es daher nicht, dass Herr Overbeck denselben Ton anschlägt. Er hätte keinen besseren Zeitpunkt dafür finden können, denn die Regierung in Deutschland predigt uns gerade dasselbe! Es riecht zu sehr nach dem Parteiprogramm der Grünen, als dass man es mit christlicher Nachsicht ertragen könnte.

In diesem allgemeinen Sinn, wie in diesem Artikel noch einmal verdeutlicht, werden wir uns natürlich alle ändern müssen. Jede politische Katastrophe hat die Lebensumstände der Bevölkerung radikal verändert. Als die Bomben auf deutsche Städte fielen, mußten die Menschen ihr Leben auch ändern, ganz ohne Aufforderung. Daher klingt eine Aufforderung zur "Änderung" im aktuellen Deutschland, einem Rechtsstaat, der gerade im Chaos versinkt, und uns quasi nur noch die Wahl zwischen: "kämpfe oder stirb" läßt, etwas höhnisch.

Es ist der rote Teppich, der der Islamisierung ausgerollt wird. Als ich aus Osteuropa nach Deutschland kam, hat keiner sich meinetwegen geändert. Das waren harte Zeiten, obwohl ich fließend Deutsch konnte, hellhäutig und christlich war.

Gravatar: Lisa B.

Andere Gleichung: Sie gehen als Deutscher in ein Land mit islamischer Religion. Ihre blonde Frau in kurzem Rock, die sich nichts dabei denkt, eine Moschee von innen sehen zu wollen, Sie als deutscher Einsiedler (sofern man Sie nicht schon vorher mit Androhung von Gewalt vertrieben hat) bestehen auf den Bau einer Kirche und das Ausrichten des Weihnachtsfestes... Noch Fragen?

Wir haben Werte, wir haben eine angenehme Kultur, deshalb verteidigen wir sie zurecht. Das tun viele andere Länder auch, sie sich nicht aufgrund religiöser Verblendung die Köpfe einhauen oder ihr Land verwüsten. Genau das macht unsere Welt bunt und reisenswert. Wenn man zulässt, dass sich Völker unkontrolliert vermischen, löscht man Staaten, Identitäten und Biodiversität(!) aus (Stichpunkt One-World-Macht). Aber das ist ja gewollt, denn vermischte, verängstigte und wirtschaftlich zerstörte Menschenmassen lassen sich leicht zu willfährigen, unwissenden Konsumenten und politisch leicht zu lenkenden Ja-Sagern züchten, die nicht ahnen, was mit ihnen geschieht. Wir dagegen ahnen es und das ist der amerikanisch gesteuerten Bundesregierung bewusst, deshalb versuchen sie uns mittels Antifa, Hetze gegen das eigene denkende Volk und Verdummung zu stoppen. Gelingt ihnen nicht!!

Ich werde mich aktiv dagegen wehren. Ich bin diesem Land dankbar, dass ich (bis jetzt) hier leben durfte und dass Politik und Wirtschaft erträglich waren, dass es uns im Gegensatz zu vielen anderen Ländern gutging und dass ich dafür gerne Steuern gezahlt habe. Die meisten von uns haben ebenfalls viel dafür getan und würden es immer wieder tun. Aber ich lasse nicht zu, dass unser Land durch eine gewalttätige, verachtende, von mittelalterlicher Religion geprägten Invasionsarmee ausgelöscht wird!

Weg mit Merkel und all den rot-grünen Faschisten!

Gravatar: Adorján Kovács

Einen Rheinländer mit einem Syrer oder Afghanen zu vergleichen ist genauso falsch wie die nach 1945 vertriebenen Deutschen mit Asiaten und Afrikanern zu vergleichen. Das scheint heute in Deutschland nicht mehr vermittelbar. Es geht hier zudem um mehr als um kulturelle Konflikte, also ob einer Karneval feiert oder nicht, es geht um politisch-ideologische Konflikte. In einer Demokratie kommt vor einer Forderung nach allseitiger Änderung noch hinzu: In welchem Parteiprogramm stand das? Wurde das Volk gefragt?

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang