Umstrittene Ehrung im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick

Ex-Stasi-Mann soll in Berlin Auszeichnung bekommen

Im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick gibt es Streit um die Verleihung einer Bürgermedaille. Der zu Ehrende arbeitete für die Staatssicherheit - und das sogar im Westen Deutschlands. Auch sonst scheint das Linkspartei-Mitglied nach 1989 wenig gelernt zu haben.

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Rot-Rot-Grün versprach in Berlin einen politischen Paradigmenwechsel. Wie der aussehen kann, zeigte sich jüngst, als der neue Senat den Berlinern mit Andrej Holm einen Staatssekretär mit Stasi-Vergangenheit vorsetzen wollte. Dieser musste nach Protesten dann aber doch wieder seinen Hut nehmen.

In einem Berliner Bezirk gibt es einen erneuten Vorfall mit Stasi-Bezug. In Treptow-Köpenick wird seit vielen Jahren eine Bürgermedaille als Ehrenzeichen von Treptow-Köpenick an Personen verliehen, um  herausragende Leistungen und bürgerschaftliches Engagement von Persönlichkeiten des Bezirkes zu würdigen, die sich um diesen besonders verdient gemacht haben.

In diesem Jahr steht neben zwei anderen Personen auch der frühere Bezirksverordnete der Linkspartei Dr. Hans Erxleben auf der Liste. Auf Vorschlag des Fraktionsvorsitzenden seiner Partei. Gewürdigt werden soll damit vor allem sein Engagement als Sprecher des Bündnisses für Demokratie und Toleranz, sprich gegen den Rechtsextremismus.

Das hat das von SPD und Linke dominierte Bezirksamt so beschlossen. Doch dessen Vita sorgte jetzt für Protest bei AfD, CDU und FDP, die in der letzten Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung für die feierliche Verleihung am 19. Mai ihr Fernbleiben ankündigten.

Erxleben war nämlich von 1967 bis 1971 hauptamtlicher Mitarbeiter der Staatssicherheit der DDR. Der galt offensichtlich als Anfang 20-jähriger als so ideologisch zuverlässig und gefestigt, um für die Hauptverwaltung Aufklärung (HVA), dem Auslandsgeheimdienst des MfS, nicht nur in Westdeutschland Menschen zu bespitzeln, sondern Stasi-Nachwuchs in der Kölner Studentenszene anzuwerben.

Einen konsequenten Bruch mit der Vergangenheit sieht man nicht, die er mit seinem damals jungem Alter rechtfertigt. Am 3. Oktober 2012 sprach Erxleben zu einer Protestveranstaltung anlässlich des Tages der deutschen Einheit bei der ISOR, einer Interessensorgansisation von vor allem ehemaligen Stasi-Angehörigen, die ihre gesellschaftliche Benachteiligung beklagen, etwa zu geringe Renten zu bekommen.

Wie der »Kommunistischen Arbeiterzeitung« zu entnehmen ist, sprach Erxleben aber auch Februar 2012 zu einer Veranstaltung für die Wiedererrichtung der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte im brandenburgischen Ziegenhals 2013.

»Rot Front, Ted­dy! Eine Ge­denkstätte für dich kann man ab­reißen, aber die Er­in­ne­run­gen an dich nicht! Die ge­ball­te Faust ist für mich auch kein Nost­al­gie­g­ruß, son­dern Sym­bol des gemeinsamen Handelns ge­genüber den Herrschenden. In die­sem Sin­ne die Faust hoch!», erklärte dieser, nicht ohne in alter KPD- oder SED-Manier die Arbeiterfaust zu erheben.

Was der damalige Kommunalpolitiker der Linkspartei, Erxleben, unter »gemeinsames Handeln gegenüber den Herrschenden« versteht, ließ er offen. Käme eine solche Aussage von einer anderen politischen Seite wäre es als Kampfansage gegen das politische system vermutlich nicht nur rechtspopulistisch, sondern rechtsextremistisch gewesen.

Doch recherchiert man weiter, zeigt Erxleben auch in seinem heutigen Auftreten, dass er - wie es der CDU-Bezirksverordnete Sascha Lawrenz in der Treptow-Köpenicker Bezirksverordnetenversammlung am 30. März sagte -  weiterhin nichts gelernt habe und sich weiter »als Denunziant und Blockwart« betätigt.

Im April 2015 berichteten die Medien von einem skandalösen Vorfall am Emmy-Noether-Gymnasium in Köpenick . Strafanzeige wurde durch einen Kommunalpolitiker gegen eine Musiklehrerin erstattet, weil sie angeblich Schüler das Horst-Wessel-Liedsingen ließ. Erxleben verließ sich dabei auf die Schilderung eines Dritten, eines Elternteils, ohne vorher mit der Schule zu besprechen.

Das Verfahren wurde von der Berliner Staatsanwaltschaft in kürzester Zeit eingestellt, weil  es normaler Bestandteil des Oberstufenunterrichts in Musik, wo nach dem Lehrplan auch »die Funktionalisierung von Musik im Dienste politischer, religiöser und wirtschaftlicher Interessen« behandelt werden soll.

Der Musikkurs behandelte den »Kälbermarsch« von Bertolt Brecht, der 1933 im Exil eine Parodie auf das Horst-Wessel-Lied schrieb. Dazu wurde auch das Original gegenüber gestellt, wobei die Schüler neben den Text des Kälbermarschs auch diesen ausgeteilt bekamen. »Die Schule fühlte sich zu Unrecht denunziert«, beklagte in der Sitzung der FDP-Bezirksverordneten Joachim Schmidt.

Der AfD-Bezirksverordnete Denis Henkel beklagte, dass Erxleben sich in seinem Kampf gegen den Rechtsextremismus bis heute am Vorbild des in der Weimarer Republik verbotenen kommunistischen Rotfrontkämpferbundes, einem paramilitäischen Kampfverband unter Führung der KPD orientiere und damit »den Anti-Demokraten und Anti-Pluralisten« Thälmann - verherrliche.

Henke fasste dann auch zussammen: Es sei »schon wie ein Treppenwitz der Geschichte, dass ausgerechnet Erxleben, der lange Zeit Sprecher des Bündnisses für Demokratie und Toleranz im Bezirk war, und in dieser Funktion der AfD eine Teilnahme am Fest für Demokratie versagte, diese Ehrung zu Teil werden soll.

Die Bürgermedaille an einen Thälmann-Versteher ist ein Schlag ins Gesicht jedes aufrechten Demokraten und fordert zum entschiedenen Widerspruch heraus. Wer einen Rot-Front-Agitator in dieser Weise auszeichnet, beschädigt den demokratischen Rechtsstaat und die bürgerliche Gesellschaft.«

Der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Phillip Wohlfeil, der Erxleben nominierte, wollte vielen genannten Punkten von AfD, CDU und FDP nicht grundlegend widersprechen. Eine kritische Betrachtung der Person Erxleben und dessen Vergangenheit sei völlig richtig, doch es sei auch wichtig, dass es solche Menschen wie Erxleben gebe, sagte Wohlfeil. Er habe »als Antifaschist grundsätzlich eine Bürgermedaille verdient«.

Mehr dazu unter bz-berlin.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Gerhard

Warum soll er die Medaille nicht erhalten ?
Wieviele ehemalige NSDAP Mitglieder haben das Bundesverdienstkreuz erhalten, wenn sie sich um die Bundesrepublik verdient gemacht haben.
Wenn jemand meint ich vergleiche Birnen mit Äpfel, dann sage ich beides ist Obst !

Gravatar: Jörg

Bei mir in der Wohngegend im Osten von Weissensee ist am Samstag (mal wieder) die rote SA aufmarschiert.
Im Januar haben sie hier vom Bezirksamt Zettel in die Briefkästen einwerfen lassen. Es ist der Bau einer sogenannten Flüchlingsunterkunft in der Falkenberger Str. 151-154 angekündigt worden.
Am Samstag sind sie brüllend mit Lautspecher durch genau diese Strasse gezogen. Man konnte ihre Parolen noch mehrere Stassen weiter hören.

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