Während viele Beobachter auf Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin als Spitzenkandidaten gesetzt hatten, erwies sich früh, dass seine Unterstützung sich auf das Lager der engsten Franziskus-Vertrauten beschränkte. Zwar kursierten Gerüchte über bis zu 50 Stimmen für Parolin in den ersten Runden, doch es fehlte ihm an breiterem Rückhalt über diese Gruppe hinaus. Auch die anderen favorisierten Kandidaten – darunter die Kardinäle Tagle, Zuppi, Grech, David und Aveline – scheiterten letztlich an einer zersplitterten Unterstützung, vor allem innerhalb der italienischen, asiatischen und afrikanischen Gruppen. Das berichtet der Vatikan-Experte Edward Pentin.
Ein ähnliches Schicksal ereilte das progressive Lager rund um die Gemeinschaft Sant’Egidio. Sowohl José Tolentino de Mendonça als auch Matteo Zuppi konnten sich nicht durchsetzen. Doch auch die konservativen Stimmen blieben zersplittert: Namen wie Robert Sarah, Pierbattista Pizzaballa, Malcolm Ranjith und Péter Erdő wurden gehandelt, aber keiner von ihnen konnte sich als klarer Hoffnungsträger profilieren.
Kurzzeitig schien sich eine Bewegung um Kardinal Ranjith aus Sri Lanka zu bilden, doch auch diese verlor an Dynamik. Erst als die Karten auf dem Tisch lagen und die ersten Wahlgänge die meisten „Papabili“ aussortiert hatten, öffnete sich ein Weg für einen Mann der Mitte: Kardinal Robert Francis Prevost.
Prevost, ein US-Amerikaner mit langjähriger Erfahrung in Lateinamerika, galt vielen bereits vor dem Konklave als möglicher Konsenskandidat – jedoch ohne echten Rückhalt in einer Fraktion. Doch mit dem dritten Wahlgang wuchs seine Unterstützung, nicht zuletzt durch das Zutun von Kardinal Timothy Dolan, der konservative Stimmen auf Prevost umlenkte. Im vierten Wahlgang war es dann soweit: Mit über 100 Stimmen – weit mehr als die notwendige Zweidrittelmehrheit – wurde er gewählt.
Entscheidend: Prevost selbst betrieb keinerlei offensives Lobbying. Anders als in der italienischen Presse berichtet, kann laut National Catholic Register ausgeschlossen werden, dass Kardinal Burke ihn in den Tagen vor dem Konklave empfangen oder seine Wahl aktiv betrieben hätte.
Die Wahl wurde von vielen als versöhnendes Signal aufgenommen. Sowohl Unterstützer als auch Kritiker des vorangegangenen Pontifikats sehen in Papst Leo XIV. einen Ruhepol, einen Ausgleich nach den hitzigen Jahren unter Papst Franziskus. Die zwölf vorbereitenden Generalkongregationen seien von einem offenen, kollegialen Ton geprägt gewesen, berichten Teilnehmer. Lob und Kritik an Franziskus hätten gleichermaßen Raum gefunden – ein gutes Zeichen für die kommenden Jahre unter dem neuen Pontifex.
Papst Leo XIV. wird keine einfache Amtszeit haben. Doch vielleicht ist genau das seine Stärke: Er ist keiner der großen Visionäre, aber einer, der zuhört, verbindet – und auf leisen Sohlen führt.
Kommentare zum Artikel
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@Axel Gojowy - es kommt immer wieder "König der Löwen" in Hamburg. Es war 2017/18 auch so, dort mit Musical.
Löwe in Rom finde ich persönlich, interessanter.
Zitat:
Er ist keiner der großen Visionäre, aber einer, der zuhört, verbindet – und auf leisen Sohlen führt.
...Und vielleicht schafft er es noch übers Wasser zu gehen ,denn (ECK)-Stein des Anstoßes ist er schon geworden !
König der Löwen in Hamburg und nun auch in Rom - was ist unterhaltsamen?
Tage "intensiver Beratung", oder Tage intensiver Intrigen ?
Das ist hier die Frage. Ich tendiere zu letzterem.
Nach Tagen intensiver Beratungen ? Eher war das eine schnelle Abstimmung , schon nach kurzer Zeit , Weißer Rauch . Weil alle wieder nach Hause wollten