Bundestag wird immer größer:

Eine Wahlrechtsreform, die im Grunde alles beim Alten lässt

Ein Koalitionsausschuss hat eine Wahlrechtsreform beschlossen, um die ständige Vergrößerung des Bundestages zu verhindern. Das Ergebnis ist das Papier nicht wert, auf dem es steht. - Ein Kommentar

Foto: public domain
Veröffentlicht:
von

Ein Koalitionsausschuss hat sich mit einem lästigen Thema beschäftigt: Der immer größeren Zahl von Abgeordneten im Bundestag. Statt der gesetzlich vorgegebenen Anzahl von 598, tummeln sich 709 Abgeordneten in den Hallen des Reichtagsgebäude. Der Grund: 46 Überhang- und 65 Ausgleichsmandate.

Beide Sonderformen von Mandaten sind das Produkt des deutschen Wahlrechts: Da der Bundestag teilweise direkt gewählt wird, kann es passieren, dass eine Partei über Direktmandate mehr Plätze besetzt, als ihr nach Prozenten tatsächlich zustehen würden; diese werden Überhangmandate genannt. Da Direktmandate ein sicheres Ticket in den Bundestag sind, erhält eine Partei über die Direktmandate in diesem Fall einige Angeordnete mehr, als ihr nach Prozenten zustehen würde. Um den prozentualen Anteil trotzdem zu sichern, werden nun den anderen Parteien Ausgleichsmandate gegeben. Gleich zweimal wird der Bundestag so automatisch vergrößert.

Bei einer Reform stehen sich die Interessen der Parteien schroff gegenüber: Denn was der einen gefällt, weil es mehr Stimmen bedeutet, missfällt genau aus diesem Grunde den andren. Natürlich könnten Direktmandate ganz abgeschafft werden; oder die Wahlkreise werden derart vergrößert, dass Direktmandate nur noch einen deutlich kleineren Anteil der Plätze besetzen. Man könnte.

Nicht so der Koalitionsausschuss.

Eigentlich hatten Union und SPD sich auf eine Vergrößerung der Wahlkreise geeinigt und damit auf eine Verkleinerung der Anzahl von 299 auf 280. Aber geeinigt heißt noch nicht durchgesetzt. Denn die Wahlkreise zu verändern kostet Zeit.

Durchgesetzt werden sollte, so ein Vorschlag, bestimmte Direktmandate nicht zuzuteilen. Die schwächsten Erststimmensieger hätte man einfach draußen gelassen. Dagegen gab es erheblichen Widerstand in der CSU, die in Bayern praktisch durchgehend fast alle Direktmandate gewinnt. Das Verfassungsgericht hätte diesen Phantastereien wohl ein schnelles Ende bereitet.

Durchgesetzt werden soll, dass die Zahl der Ausgleichmandate minimiert wird. In Zukunft werden bis zu drei Überhangmandate nicht ausgeglichen. falls der Bundestag größer wird als die 598 Sitze, die er in jedem Fall hat – was ziemlich sicher der Fall ist. – Das wars. Ganze 20 Sitze werden auf diesem Weg maximal eingespart.

Da wird man den Eindruck nicht los, dass die Parteien beim Wahlrecht zwar unterschiedliche Positionen vertreten; dass sich sich an einem Punkt aber treffen: Je größer der Bundestag ist, umso mehr Abgeordnete können sie in die Bundeshauptstadt entsenden. Rechnet man die Mitarbeiter hinzu, ergibt sich eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, die sich rechnet – für die Parteien.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Sebastian K

Man könnte Erst- und Zweit-Stimmen beibehalten, aber entkoppeln. DH - es gäbe dann Direkt-Mandate über die Erststimme und Mandate über die Listen durch die Zweitstimme, aber das eine beeinflusst das andere nicht. Dann wären es am Ende exakt 596 Bundestagsmandate.

Fair wäre allerdings bei beiden - Erst&Zweit-Stimmen - ein Ranked Choice Verfahren (RCV) einzuführen, damit die Stimmen bei der Direktwahl und bei der 5% Sperklausel der Listenwahl nicht verlorengehen.

Gravatar: Peter Nordmann

Der deutsche Politikbetrieb aus der 3. Liga, der in erheblichem Umfang von Minderleistern und Studienabbrechern bestimmt ist, agiert in seinem größenwahnsinnigen Hochmut als gäbe es morgen nichts mehr abzugreifen, Diese merkwürdigen Gestalten, zu der auch bald die vollkommen enthemmte Palästinenserin Chebli gehören wird sind schon lange nicht mehr als politische Gegner einzustufen, es sind Feinde. Wie kann es sonst sein, das ein grünsudanesische Stadtrat von Konstanz bei einer BLM-Demo samt Familie, natürlich unmaskiert, vor einem Transparent posiert, das deutsche Polizisten als Mörder von afrikanischen kriminellen Drogenhändlern bezichtigt.

Gravatar: Sigmund Westerwick

Am Staat wollen sie verdienen

Wieviele Sitzungsgelder es wohl gekostet hat ein Reförmchen zu beschliessen dass ab dem Jahr 2025 nichts grundsätzlich ändern wird ?

Es wäre das achte Weltwunder gewesen, wenn Deutschland seinen Bundestag wenigstens auf die Größe des amerikanischen Repäsentantenhauses gestutzt hätte, angesichts Corona hatte sich aber die Frage gestellt, was man denn mit den vielen gut vernetzten Abgeordneten diverser Parteien machen sollte, die dann arbeitslos geworden wären.
Das läßt man sie doch einfach gleich im Bundestag, wenn sie doch gerade gewählt wurden, und sich an den Töpfen der Staatseinnahmen laben.
Nicht tun und nicht entscheiden, und dafür noch mehr von noch mehr bekommen, das ist Schlaraffenland der Parteigänger, das kann man einfach nicht begrenzen.

Gravatar: Ekkehardt Fritz Beyer

... „Ein Koalitionsausschuss hat eine Wahlrechtsreform beschlossen, um die ständige Vergrößerung des Bundestages zu verhindern. Das Ergebnis ist das Papier nicht wert, auf dem es steht.“ ...

Klar, denn CDU und CSU haben es plötzlich so ´furchtbar` eilig
https://www.tagesspiegel.de/politik/debatte-um-wahlrechtsreform-cdu-und-csu-haben-es-ploetzlich-ganz-eilig/25965962.html
dass der Bundestag wohl erst anno 2025 ´vielleicht` schrumpfen wird!
https://www.nwzonline.de/politik/berlin-wahlrechtsreform-bundestag-schrumpft-wohl-erst-2025_a_50,8,3683717385.html

Auch weil wir noch immer von ´der` „Königin der Lügen“ regiert(?) werden???

Gravatar: asisi1

In welchem Beruf kann man sonst, ohne Wissen und fachliche Kenntnisse, mehr verdienen?
Es geht nur in der Politik. Hier braucht man nur dumme Sprüche und Hetze gegen das arbeitende Volk und schon rollt der Rubel!

Gravatar: Schnully

Der Andrang zu den Fleischtöpfen ist weiter ungebrochen darum wünsche ich mir mehr AFD im Bundestag die dieses Abzocken zu mindest einschränkt .
Aber dazu muß sich die AFD endlich selbst einigen und die eigenen Fleischtopf Suchenden aus der Partei entfernen

Gravatar: Karl Napp

Es ist ein Skandal, was die Altparteien mit Hilfe des von ihnen besetzten Bundesverfassungsgerichts aus den Parlamenten gemacht haben: Selbstbedienungsläden für ihre Parteifunktionäre mit Gehältern aus Steuermitteln, die die allermeisten der Abgeordneten nie erreicht hätten, wenn sie ihr Brot in der freien Wirtschaft verdienen müßten. Wenn man sich überlegt, daß der aufgeblähte Bundestag mehr als doppelt so viele Abgeordnete hat, wie das US-Parlament, obwohl die USA viermal so viele Einwohner haben wie Deutschland! Und auch die Länderparlamente sind zu Selbstbedienungsläden der Altparteien verkommen! Die Aufgaben, die die Länderparlamente haben, könnten sie mit vier Sitzungen im Jahr erledigen - als Ehrenämter mit Reisespesenerstattung! So wie es bei Gründung der Bundesrepublik 1948 vorgesehen war. Die Berufspolitiker der Altparteien plündern unser fleißiges Volk aus. Schwallende und schwätzende Schmarotzer sind sie, die nur in den seltensten Fällen je wertschöpfende Arbeit geleistet haben!

Gravatar: Erdö Rablok

Die Saubande (König Otto I.) wird niemals ihre Sinekuren abschaffen.

Gravatar: siggi

In den 80er begann man wahltaktisch zu wählen. Wollte man FDP dabei, gab Wähler mit Erststimme FDP den Zuschlag, Zweitstimme seiner Mutterpartei. So blieb FDP Zündlein an der Waage. In Merkels "gesamtkoalitionären Regierung" sollen Grüne zustimmen, wenn SPD sich gerne verweigert, Unabhängigkeit demonstriert. Früher wäre das ein Regierungsbruch. Damit 5 Grüne-Sitze (Fraktion) nicht verhungert aussieht, peppt man die Fraktion mit Überhangmandaten auf: Erststimme von SPD an Grüne. 60 Grüne im BT macht was her. Merkel verkündet aus der Mitte des BT Zustimmung erhalten. Da Merkel geht, kann alte Wahltaktik wieder eingeführt werden: erste und zweite Stimme an Mutterpartei. Dann wächst SPD weder - Lagerwahlkampf wieder möglich. Der Größere möge regieren.

Gravatar: Sven Hedin

Mehrheitswahlrecht a la Grossbritannien einführen, das wäre dann wirklich demokratisch.

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang