Gastbeitrag von Robert Royal

Ein toter Hund beißt…doch!

Kardinal Pell ist verschieden. Aber sein Kampf für die Wahrheit und die Kirche lebt weiter.

Bild: Franciscan Media
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[Wir veröffentlichen einen Gastartikel von Robert Royal* mit freundlicher Erlaubnis in eigener Übersetzung. Original hier zu finden.]

In der Mitte des ersten Bandes (2019) seines Gefängnistagebuchs schreibt der australische Kardinal George Pell, dass: »Jede Art von Katholiken sollte sich darüber im Klaren sein, dass es um die Eucharistie herum eine Ausschlusszone gibt, die Erwachsene ohne Glauben und ohne grundlegende gute Praxis nicht betreten sollten. Vor Jahren war ein prominenter Krimineller, der im Gefängnis saß, dafür bekannt, katholisch zu sein. Kommt er zu den Gefängnismessen?«, wurde der Kaplan gefragt. »Ja, lautete die Antwort. ‘Empfängt er die Kommunion?’ Der Kaplan erklärte: ‘Nein, das tut er nicht, denn er ist gläubig.’«

Pell hatte noch viel mehr über die Messe und die Heilige Eucharistie in anderen Zusammenhängen zu sagen, ebenso wie Papst Benedikt (siehe insbesondere sein Meisterwerk Der Geist der Liturgie). Beide spürten, dass die Wiedererlangung einer tiefen Ehrfurcht vor dem Sakrament, der »Quelle und dem Höhepunkt« des christlichen Lebens (Vatikanum II), auch viele drängende Fragen in der Kirche lösen würde. Und nicht wenige davon in der heutigen Welt.

In diesem tieferen Zusammenhang müssen wir die Texte schätzen, die kürzlich von oder über diese beiden großen Kirchenmänner erschienen sind, die gerade im Abstand von zehn Tagen gestorben sind, und nicht im jugendlichen Medienrummel über die immer etwas schmutzige – dund jetzt ziemlich ermüdende – Vatikanpolitik.

In zwei kurzen Aufsätzen von Pell steckt viel Wärme: einer, der am Tag nach seinem Tod im Londoner Spectator erschien (er erwartete, bei der Veröffentlichung noch am Leben zu sein) und in dem er das verworrene Durcheinander der Synode über die Synodalität als »giftigen Albtraum« bezeichnete (hier); der andere ein herbes Memo, das seit März unter dem Pseudonym »Demos« unter den Kardinälen kursierte (hier) und von dem man glaubt, dass es von ihm stammt. Das Wichtigste ist jedoch nicht der seifenopernhafte Konflikt mit Persönlichkeiten im Vatikan - einschließlich des Papstes - sondern die Klarheit und Kraft, die Pell dem Wesen dessen verleiht, was Christus uns in den Sakramenten und der heiligen Lehre hinterlassen hat.

Vor allem im Vergleich zu der Verwirrung und Schlampigkeit, die den gegenwärtigen »synodalen Prozess« kennzeichnen. In Pells Lesung eines synodalen Zwischenberichts: »Der Bericht über die Diskussionen der ersten Phase des ‚Zuhörens und Unterscheidens‘, die in vielen Teilen der Welt stattfanden. ist eines der inkohärentesten Dokumente, die je aus Rom geschickt wurden.«

Die Synode schlägt eine andere Mission vor als den Missionsbefehl Jesu, »allen Völkern das Evangelium zu verkünden«:

    Nach dieser jüngsten Aktualisierung der frohen Botschaft soll die »Synodalität« als Seinsweise der Kirche nicht definiert, sondern einfach gelebt werden. Sie dreht sich um fünf kreative Spannungsfelder, die von radikaler Inklusion ausgehen und sich in Richtung Mission in einem partizipatorischen Stil bewegen, indem sie »Mitverantwortung mit anderen Gläubigen und Menschen guten Willens« praktizieren. Schwierigkeiten wie Krieg, Völkermord und die Kluft zwischen Klerus und Laien werden eingeräumt, aber alle können, so die Bischöfe, durch eine lebendige Spiritualität aufrechterhalten werden.

Neben der üblichen Lähmung in Bezug auf die seit langem bestehenden Lehren über Abtreibung, Empfängnisverhütung, Homosexualität, Scheidung, Wiederverheiratung und sogar Polygamie - und den üblichen Frömmeleien über Frauen, die Ausgegrenzten und die Umwelt: »Was soll man von diesem Potpourri, diesem Ausfluss des guten Willens des New Age halten?«

Es handelt sich nicht um eine Zusammenfassung des katholischen Glaubens oder der Lehre des Neuen Testaments. Es ist unvollständig, steht in erheblichem Maße der apostolischen Tradition feindlich gegenüber und erkennt nirgendwo das Neue Testament als das Wort Gottes an, das für alle Lehren über Glauben und Moral maßgebend ist. Das Alte Testament wird ignoriert, das Patriarchat abgelehnt und das mosaische Gesetz, einschließlich der Zehn Gebote, wird nicht anerkannt.

Pells früheres Memo ist ebenso unverblümt und behauptet, dass in den Augen aller, mit Ausnahme einiger weniger Personen, die dem Papst nahe stehen, »dieses Pontifikat in vieler oder der meisten Hinsicht ein Desaster ist; eine Katastrophe«. Franziskus hält sich nicht nur nicht an die Glaubenswahrheiten, wenn er sie anspricht, stiftet er oft noch mehr Verwirrung. Pell listet die üblichen moralischen Kontroversen auf, stellt aber auch eine Art Unsicherheit in Bezug auf etwas Grundlegendes wie den Monotheismus fest (z. B. Pachamama auf der Synode zum Amazonas).

Die Orthodoxen sind verdächtig, die Heterodoxen willkommen. Kanonische Verfahren werden ignoriert, Telefone werden abgehört, die Finanzen (die Pell zu reformieren bereit war) sind besser, aber immer noch schlecht. Es gibt »wenig Unterstützung unter Seminaristen und jungen Priestern, und in der vatikanischen Kurie herrscht weit verbreitete Unzufriedenheit.«

Was muss das nächste Konklave also tun? Erstens, die »Normalität« wiederherstellen, d.h. das sorgfältige und kohärente Funktionieren der Kirche auf allen Ebenen. Alles gemessen an einer grundlegenden Prämisse: »Der neue Papst muss verstehen, dass das Geheimnis der christlichen und katholischen Vitalität aus der Treue zu den Lehren Christi und den katholischen Praktiken kommt. Sie kommt nicht aus der Anpassung an die Welt oder aus dem Geld

Dass Pell diese beiden Texte im vergangenen Jahr geschrieben hat - nach seiner bizarren und ungerechten Inhaftierung wegen erfundener Missbrauchsvorwürfe (ein Urteil, das vom Obersten Gerichtshof Australiens aufgehoben wurde) - stärkt den Glauben an seine Unschuld und sein Engagement, den Glauben zu leben.

Es ist nicht überraschend, dass dieser große, einstige australische Profifußballer nach seiner Rückkehr nach Rom seine Meinung äußerte. Es ist ein wenig überraschend, dass wir nur wenige Tage nach dem Tod von Papst Benedikt erfahren haben, dass sein persönlicher Sekretär, Erzbischof Georg Gänswein, ein Buch mit dem Titel »Nichts als die Wahrheit« veröffentlicht. Die Verleger haben es als einen Text angepriesen, der »alles erzählt« und Rechnungen begleicht. Aber wenn man sich im Italienischen umschaut (eine englische Übersetzung gibt es noch nicht), stellt man fest, dass es das nicht ist. Es ist etwas Besseres.

Wie Joseph Ratzinger selbst ist es sanft und schildert in aller Ruhe die Verwirrung des emeritierten Papstes über die Weigerung von Papst Franziskus, die fünf Dubia (Fragen) zu beantworten, die vier Kardinäle an ihn gerichtet hatten, und seine vorhersehbare Verzweiflung über Amoris Laetitia und die Einschränkung der traditionellen lateinischen Messe. Das eigentliche Interesse des Buches liegt jedoch darin, dass es einen Einblick in das unerwartete Jahrzehnt und mehr gibt, das Benedikt in seiner Residenz auf dem Vatikangelände verbrachte. Besonders berührend sind die Predigten, die er der Handvoll Nonnen hielt, die ihn pflegten.

Wenn man über das Leben dieser beiden großen Männer nachdenkt, fühlt man sich an T. S. Eliots »Little Gidding« erinnert:

    » ... die Kommunikation der Toten ist von einem Feuer durchdrungen, das die Sprache der Lebenden übersteigt.«

Wollen wir es hoffen. Requiem aeternam dona eis Domine .

*Robert Royal ist Chefredakteur von The Catholic Thing und Präsident des Faith & Reason Institute in Washington, D.C. Seine jüngsten Bücher sind Columbus and the Crisis of the West und A Deeper Vision: Die katholische intellektuelle Tradition im zwanzigsten Jahrhundert.

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Ekkehardt Fritz Beyer

… „Kardinal Pell ist verschieden. Aber sein Kampf für die Wahrheit und die Kirche lebt weiter.“ …

Klar: „Versuch und Irrtum beschädigen die Wahrheit“!
https://www.die-tagespost.de/kultur/versuch-und-irrtum-beschaedigen-die-wahrheit-art-218811

Ja Himmel, Kreuz und – seitdem der Islam nach protestantisch-göttlicher(?) Order ´auch` zu Deutschland gehört – mindestens dreimal ´Allahu Akbar`:

Hat die ´katholische` Kirche etwa auch deshalb "Schwierigkeiten mit der Wahrheit"???
https://www.zeit.de/2013/45/katholische-kirche-kritiker-gehorsam?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.bing.com%2F

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