Das aussortierte Leben

Ein einfacher Bluttest soll Schwangeren helfen – tatsächlich fällt er ein Todesurteil

Der Gemeinsame Bundesausschuss von Kliniken, Ärzten und Krankenkassen diskutiert im Bundestag den Vorschlag, einen pränatalen Bluttest auf Trisomie 21 in den Leistungskatalog aufzunehmen.

Foto: lunar caustic/ Wikimedia Commons / CC BY 2.0
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Der Gemeinsame Bundesausschuss von Kliniken, Ärzten und Krankenkassen diskutiert im Bundestag den Vorschlag, einen pränatalen Bluttest auf Trisomie 21 in den Leistungskatalog aufzunehmen. Dieser kann ab der 12. Schwangerschaftswoche eingesetzt werden. Der im Jahr 2012 entwickelte und sehr einfach zu handhabende „Praena-Test“ war bis jetzt kostenpflichtig. Mit der Aufnahme in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen würde er zu einem  kostenlosen Standardverfahren in der Geburtsmedizin, um Gendefekte am Ungeborenen festzustellen.

Bislang konnte das Down-Syndrom nur vermittels eines für das ungeborene Kind hochgefährlichen, weil invasiven Eingriffs festgestellt werden. Der leicht zu handhabende, von der Konstanzer Firma „Lifecodexx“ entwickelte Bluttest würde dagegen die riskante Fruchtwasseruntersuchung in der Vorstufe ablösen. Bei einem negativen Befund, könnte auf weitere Untersuchungen verzichtet werden. Ein positives Ergebnis des Praena-Tests enthält dagegen die Empfehlung, mit weiteren Diagnoseverfahren fortzufahren, um das Ergebnis hundertprozentig abzusichern.

Gerade die Unkompliziertheit des Verfahrens birgt jedoch seine Gefahr. Schwangere und auch Ärzte gehen mit diesem Test – gerade wegen seiner Harmlosigkeit – sehr viel unbekümmerter um als mit der gefährlichen Fruchtwasseruntersuchung. Denn das hochriskante Verfahren, schreibt der Arzt und Medizinethiker Giovanni Maio, setzt bei einer Schwangeren ganz andere (Vor)Denkprozesse in Gang als ein einfacher Bluttest. Eltern gehen behutsam heran und wägen genauer ab zwischen der physischen Gefahr, den Kosten und dem letztlichen Nutzen dieser Untersuchung. Auch beim heute schon erhältlichen Praena-Test verhinderte bislang der relativ hohe Kosteneinsatz, das ein Elternpaar privat tragen muß, daß er zum Routinetest wird. Nun erwägt der Bundesausschuss, ihn Patienten kostenlos zur Verfügung zu stellen und ebnet damit den Weg, ihn zu einem Standardverfahren in der Geburtsmedizin zu machen.

In dem Fall würde bei jeder Schwangerschaft, auch bei solchen mit unauffälligen Befunden, das Angebot im Raum stehen, das Kind im routinierten Schnellverfahren auf Gendefekte zu untersuchen. Eine Untersuchung, an die eine Schwangere ursprünglich aus dem Motiv, das Beste für ihr Kind zu tun, herangegangen ist, würde sie bei einem positivem Ergebnis unvorbereitet in eine schwere Krise stürzen. Hinzu kommt, daß der Bluttest erst nach der 12. Schwangerschaftswoche möglich ist, das heißt, wenn die Frist für eine straffreie Abtreibung abgelaufen ist. Ein positiver, mit einer Fruchtwasseruntersuchung abgesicherter Befund auf ein behindertes Kind führt dagegen fast immer zur Abtreibung. Bei Kindern mit Down-Syndrom bedeutet dies in der Konsequenz, die – besonders grausame – Spätabtreibung durchführen zu müssen.

Doch es gibt noch einen anderen, vergleichsweise schwerwiegenderen Aspekt, der bei der Frage, den Praena-Test kostenlos und standardmäßig anzubieten, sorgfältig mit bedacht werden muß. Dessen Risiko ist weniger medizinischer, sondern ethischer Natur. Denn ein routinemäßig durchgeführtes vorgeburtlichen Diagnoseverfahren wandelt sich fast immer von einem Angebot zu einem suggestiven Zwang. An Schwangere transportiert es die Botschaft, sich frühzeitig vor einem Kind mit Behinderung schützen zu müssen. An die Medizin dagegen enthält es die Aufforderung, immer einfachere und ausgefeiltere Methoden zu entwickeln, um nach Kindern mit Down-Syndrom und anderen Gendefekten im Mutterleib zu fahnden, sie auszusortieren und möglichst zu beseitigen. Es ist de facto nichts weiter als eine versteckte Eugenik, die gerade in der modernen Geburtsmedizin deren ursprüngliches Motiv, Mutter und Kind Hilfe und Heilung zuteil werden zu lassen, immer weiter zurückdrängt. Trisomie 21 ist eine endgültige Diagnose, die weder Schwangere noch Ärzte ignorieren können. Doch Behinderungen gehören wie alles andere zum Leben. Besonders am Down-Syndrom erkrankte Kinder können uns in ihrem unerschütterlichen Optimismus lehren, welche Fülle an Möglichkeiten das Leben bereit halten kann, wenn man es nur läßt. Ein standardmäßiger Test reduziert Ungeborene jedoch allein auf ihre Behinderung, ohne ihre einzigartige Beschaffenheit als Mensch und Individuum in den Blick zu nehmen. Da keine Heilung möglich ist, muß das Mängelexemplar Mensch folglich beseitigt und ein neuer Herstellungsversuch gestartet werden. Ist das unsere Vorstellung von einer humanen Gesellschaft?

Der Praena-Test zeigt eindrucksvoll das Janusgesicht der modernen Medizin. Sie ist Fluch und Segen zugleich. Einerseits, weil sie in der Lage ist, durch spezielle Screening-Methoden Störungen im Verlauf der Schwangerschaft und der Entwicklung des ungeborenen Kindes zu diagnostizieren und Mutter und Kind rechtzeitig Hilfe zukommen zu lassen. Die moderne Geburtsmedizin rettet Gesundheit und Leben. Unzählige Mütter und deren Kinder können ihr deshalb dankbar sein.

Andererseits verkehrt sich die pränatale Medizin in ein Verhängnis, wenn sie beim Ungeborenen einen Defekt feststellt, den sie nicht beheben kann. Dann sieht sich die Schwangere unvorhersehens in einen schweren Konflikt gestürzt, den sie selbst kaum zu lösen beziehungsweise dessen Tragweite kaum zu überblicken vermag. In dieser schweren Stunde läßt der Staat die Schwangere jedoch faktisch allein. Denn die lax gehandhabte Praxis der Schwangerenberatung, die laut Gesetz eigentlich dem Schutz des Lebens dient, legt Müttern die Frage nach Leben oder Tod ihres Kindes selbst zur Beantwortung auf. Wie du dich auch entscheidest, bekommen die Frauen zu hören, es wird das Richtige sein. Die strikte Neutralität der Beraterinnen, mit denen sie der Schwangeren zu helfen meinen, entpuppt sich gerade bei der Diagnose Behinderung als fatal, in der die Hilfesuchende am meisten der unverstellten Sichtweise, des wohlmeinenden Rates und der moralischen Wegwarte Außenstehender bedarf. Denn in sehr vielen Fällen geschieht eine Abtreibung nicht freiwillig, sondern auf Druck des Partners und der nächsten Verwandtschaft. Es ist aber die Schwangere, die mit den negativen Folgen einer Abtreibung lebenslang fertig werden muss. Und oft, viel zu oft wird sie – nach ihrem Kind – zum zweiten Opfer des Tötungseingriffs.

Ein Gastbeitrag der Initiative Familien-Schutz

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Erik Eschmann

Die selbsternannten Lebensschützer haben am 21.09.2019 in Berlin u.a. gefordert, dass dieser Bluttest und auch die Präimplantationsdiagnostik nicht auf Kosten der Krankenkasse eingeführt werden sollten bzw. wenn eingeführt, dann soll es wieder rückgängig gemacht werden.
Vielen Dank, dass Ihr Euch geoutet habt.
Mit dieser armeleutefeindlichen Einstellung habt Ihr bewiesen, dass es Euch nicht um Embryonenschutz geht, sondern darum, die "Armen" oder die "Geringverdiener", wie es modern heisst, zu benachteiligen.
Ich würde auch auf die Barrikaden gehen, wenn Pränatest und PID generell verboten würden, auch für die Reichen.
Dadurch, dass die Abtreibungsgegner fordern, dass die Krankenkasse nicht für Pränatest und PID bezahlt, wird nur erreicht, dass die "Besserverdienenden" sich Designer-Babys leisten können,während die "Geringverdiener" behinderte Babys bekommen müssen.
Eine solche Verlogenheit und Heuchelei kotzt mich an.
Daher erst recht die Forderung:
PID und Pränatest müssen von den Krankenkassen bezahlt werden.

Gravatar: Freigeist

Der billige Test hilft in den Schwellen-Ländern das Verarmungs-Risiko von Familien zu reduzieren.

Gravatar: die Vernunft

ABTREIBUNG (von Johannes Mathias?)
Hallo Mama, ich möchte dir sagen, dass ich sehr glücklich bin! Noch glücklicher, Mama, weil ich die Frucht deines Glücks mit Papa bin. Mama, es ist zwei Monate her, ich bin hier ein kleines Mädchen, mit meinem Körper noch in der Formation, aber glücklich für dich und Papa, mich mit Liebe empfangen zu haben. Mama du weißt, dass es mir heute gelungen ist, meinen kleinen Daumen, in meinen Mund zu stecken. Ich kann es nicht erwarten hier heraus zu kommen, um zu rennen und zu spielen. Es vergingen schon zwei Monate und drei Wochen, fast 3 Monate. Mama, etwas was ich nicht verstehen kann, ich bin so glücklich, aber du, wenn du dich hinlegst, du weinst so viel, dass du schluchzt. Warum? Heute habe ich mit meinen kleinen Fingern gespielt und dabei hörte ich Schreie. Was ist geschehen? Du hast mit Papa gestritten und ich habe gehört, dass ihr morgen zum Arzt wollt. Mama mir geht es gut, warum willst du zu diesem Arzt gehen? Wir sind beim Arzt. Mama, wirst du dich hinlegen? Leg dich nicht hin Mama, ich will mit meinen kleinen Fingern spielen! Steh auf Mama! Mama, du schläfst! Hilfe, Hilfe, Mama, sie ziehen an meinem Beinchen und jetzt auch an meinen Ärmchen! Hilfe, Mama, wach auf und sag ihnen, dass sie aufhören sollen mich abzusaugen! Ich habe meine Kraft verloren und meine Sinne! Auf Wiedersehen Mama!
Mama, jetzt sind schon 20 Jahre vergangen, du hast es zugelassen, dass sie mich abgesaugt und meine Geburt vermieden haben! Aber, ich bin sicher, ich habe keinen Hass, gegenüber dir und auch nicht gegenüber Papa! Ich bin hier, zusammen mit dem Vater des Himmels und bete dafür, dass du immer glücklicher wirst!
Ich liebe dich Mama!

http://www.anonymousnews.ru/2018/03/14/holocaust-betroffenheitsorgie-im-bundestag-haben-millionen-deutsche-opfer-kein-recht-auf-gedenken/

http://www.anonymousnews.ru/2018/03/13/allahu-akbar-im-rotlichtmilieu-tuerkischer-rockerclub-erklaert-deutschland-den-krieg/

http://www.anonymousnews.ru/2018/03/13/kulturelle-bereicherung-wie-muslime-durch-traditionellen-inzest-unsere-gesellschaft-belasten/

Gravatar: Thomas Waibel

Daß "Aussortieren" von behinderten ungeborenen Menschen ist ein klarer Verstoß gegen den Grundsatz, daß alle Menschen gleichwertig sind.

Zwischen diesem "Aussortieren" und der Selektion von Menschen an der Rampe von Auschwitz gibt es keine wesentlichen Unterschied.

Kurios ist auch das Schweigen der "Kirchen", die, wenn es um die "Flüchtlinge" geht, stets betonen, daß alle Menschen gleich sind, zu diesem Vorstoß.

Oder sind die "Flüchtlinge" "gleicher" als behinderte ungeborene Menschen?

Gravatar: hannes

Hmmm, wie lange dauert es noch bis man auf Intelligenz testet? ...

Oder eine einwandfreie politische Gesinnung?

Oh weh, ... und sie wird kommen, die letzte Wende aller Zeiten... und lang isses nimme...

Gravatar: Frank

Ein sehr schweres Thema.

Aber die Grundfrage welche sich eigentlich stellt ist:

______________________________________
Haben wir überhaupt das Recht über ungeborenes Leben zu entscheiden?
______________________________________

Wenn ja, überträgt sich dieses auch auf geborenes Leben?

Sind also beide gleichwertig zu sehen?

Nun, ich denke jeder der Vater oder Mutter wird hat die Pflicht nach bestem Wissen und Gewissen ein gezeugtes Kind zu lieben, zu versorgen und erziehen.

Und das notfalls ein Leben lang. So auch das Gesetz!

Kann ich das leisten, dann kann jede Art von Leben geboren werden und gut ist.

Falls ich das nicht kann, so habe ich die Verantwortung eher heute als morgen geeignete Maßnahmen zu unternehmen. Alles andere wäre Betrug am Kind.

Und das zu bewerten ist sehr individuell und darf nicht der Gesellschaft überlassen oder als Gesetz erlassen werden.

Wird das Kind Freude erleben können, bei Bewußtsein sein, Interaktion haben und geliebt werden? Wird es jemals einen brauchbaren Beitrag zur Gesellschaft leisten können? Habe ich die Mittel, die Willensstärke und die Unterstützung meiner Mitmenschenund kann es bis zu seinem Tode lieben und versorgen?

Habe ich die Stärke es zu Grabe zu tragen?

Am Ende sieht die Realität doch meist ganz anders aus sobald die Rosarote Brille gefallen ist.

Vielleicht bin ich stärker wenn ich jemandem ein solches Leben erspare und es mit einer Abtreibung gleich, bewußt und liebevoll zu Grabe trage, so böse wie es klingt.

Es ist schlichtweg wieder ein Bereich in den sich der Staat am besten garnicht einmischen sollte!

Gravatar: Elke

Na, und wer verdient da wieder dran?

Eine Rund-um-Versicherung gibt es nicht. Also nehmen wir es hin, wie es kommt und machen uns nicht noch zusätzlich verrückt. Das Leben zu meistern ist schon schwierig genug, da muss man den Herrgott nicht noch in seine Pläne spucken.

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