Ein Kind um jeden Preis

Die Risiken und Nebenwirkungen des käuflichen Mutterglücks

Wer nicht schwanger werden kann, durchläuft oft ein Martyrium. Und scheut keine Kosten und Hürden. In der Folge drohen langwierige medizinische Eingriffe und körperliche Risiken. Kinderwunsch-Kliniken schweigen dazu und malen lieber das heile Bild einer mühelos zu erreichenden perfekten Familie. Die FDP springt auf diesen Zug auf. In den Koalitionsverhandlungen forderte sie bereits, Gentests an Embryonen zu erlauben.

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Schwanger werden und ein gesundes Kind zur Welt bringen. Für die meisten Frauen in den westlichen Industrieländern geht dieser Wunsch ohne größere Schwierigkeiten in Erfüllung. Für andere Frauen bedeutet die Entscheidung, ein eigenes Kind zu bekommen, oft den Beginn einer langen, mit Rückschlägen und enttäuschten Hoffnungen durchsetzten Leidenszeit. Tritt die Schwangerschaft trotz unverhütetem, regelmässigen Sexualverkehr nach einem Jahr nicht ein, gilt die Frau beziehungsweise der Mann nach Richtlinie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als unfruchtbar, somit als Patient. Dies betrifft circa 15 bis 20 Prozent der Paare in Deutschland.

Unfruchtbarkeit gilt als Krankheit


Da Unfruchtbarkeit als Krankheit gilt, bürgt die Gemeinschaft der Krankenversicherten für die Behandlung. Nach einer gesetzlichen Regelung müssen die Krankenkassen den Eltern in spe mindestens die Hälfte der Therapiekosten erstatten, manche Kassen zahlen gar 100 Prozent. Standardmäßig werden die Behandlungskosten von maximal drei Versuchen künstlicher Befruchtung (Insemination) übernommen. Neben hohen Kosten – sie belaufen sich auf rund 1000 Euro pro Versuch – kommt eine nicht zu unterschätzende physische wie psychische Belastung auf die Paare zu. Besonders für die Frau bedeutet die lange Reihe medizinischer Eingriffe in den Körper ein Risiko. Unter anderem droht die erhöhte Gefahr von Schwangerschaftskomplikationen, einer krankhaften Veränderung des Allgemeinzustandes durch die parallele Einnahme von Hormonpräparaten, durch die operativen Eingriffe können sich Infektionen bilden. Das Risiko einer Frühgeburt ist erhöht. Und ein weiterer Begleitumstand tritt hinzu: Aus einer erfolgreichen Befruchtung kann sich eine Mehrlingsschwangerschaft entwickeln. Die Belastungsfähigkeit für die Bedürfnisse kleiner Kinder nimmt jedoch mit steigendem Alter der Eltern ab. Wer wie das durchschnittliche „Patienten“-Ehepaar  37 Jahre alt ist und voll im Berufsleben steht, kommt bei Zwillingen im Säuglingsalter schnell an seine physische Grenze.

Enttäuschte Hoffnungen entstehen aus gewollter Täuschung


Den Hochglanz-Webseiten der Kinderwunschzentren ist all dies höchstens eine Randnotiz wert. Hier wird dem Wunschtraum der perfekten, mühelos zu erreichenden glücklichen Familie breiter Raum in Wort und Bild gegeben, die Schattenseiten blenden die Kliniken gerne aus. So liegt die Erfolgsquote einer erfolgreichen Befruchtung zwischen 30 und 40 Prozent. Wie hoch muss die Resignation sein, wenn sich das Kind einfach nicht einstellen will und die Privatkasse leergeräumt ist? Manche Paare versuchen es weiter und weiter. Reproduktionsmediziner, Pharmakonzerne und Fertilitätskliniken profitieren von der Hoffnung Kind und das umso mehr, je länger diese Hoffnung unerfüllt bleibt. Schon 2007, als medizintechnische Möglichkeiten wie das Einfrieren der Eizelle und die Embryonenverpflanzung noch nicht für den Markt existierten, konstatierte die Wirtschaftswoche, dass sich die Reproduktionsmedizin rasend schnell von einer krankheitsbedingten Heilung zu einer konsumorientierten Dienstleistung gewandelt habe. Den Frauen wird suggeriert, sie könnten jederzeit mit Leichtigkeit schwanger werden. Zur Not hilft eben der Arzt weiter. Zusammen betreiben Medikamentenhersteller und Kinderwunschkliniken, auch Ärzte, damit eine systematische Desinformation der Patienten, die dies im günstigsten Fall mit dem Sterben einer Hoffnung, im schlechtesten Fall mit ihrer Gesundheit bezahlen. Doch auch die Frauen können oft nicht loslassen und sich mit ihrem natürlich bedingten Schicksal Kinderlosigkeit abfinden. Der klassische Fall ist die gutverdienende, partnerlose Akademikerin, die mit Ende 30 feststellt, ohne Kind eine unwiederbringliche Lebenschance zu verpassen und glaubt, sich die Schwangerschaft kaufen zu müssen. In einer konsumzentrierten Gesellschaft wie der unsrigen wird sie den Arzt treffen, der ihr bei diesem Wunsch gerne behilflich ist.


Profitgier und Skrupellosigkeit dominieren im hart umkämpften medizinischen Reproduktionsmarkt


Seitdem 1978 in Großbritannien mit Louise Joy Brown das erste Retortenbaby geboren wurde, witterten Pharmakonzerne, Vermittlungsagenturen und Kliniken das große Geschäft. Die Möglichkeiten, in assistierten Befruchtungsverfahren Eltern zu werden, wurden stets und ständig weiter entwickelt. Der Traum vom eigenen Kind ist längst zum Geschäft geworden, in dem jährlich Milliarden umgesetzt werden. Damit der Geldstrom auch in Deutschland endlich ungehindert fließen kann, müssen allerdings noch einige Gesetze aus dem Weg geräumt werden. Und zwar jene, die an erster Stelle dem Schutz der ungeborenen Kinder dienen. Abseits der ethischen Dimension wird nun auch in Deutschland die Legalisierung von Leihmutterschaft und Gentests an Embryonen diskutiert. Noch verhindert dies das strenge Embryonenschutzgesetz. Durch die emsige Lobbyarbeit von Pharmakonzernen und Reproduktionsmedizinern wurden bereits rechtliche Schlupflöcher geschaffen: Denn jedes Paar, das sich auf illegalem Weg ein Kind beschafft, kann im Einzelfall klagen und bekommt zuweilen sogar recht.

Geltende Gesetze sind im Dauerfeuer der emsigen Lobbyarbeit längst porös


Aktuell kursiert ein Arbeitspapier eines 16köpfigen wissenschaftlichen Gremiums, das eine weitreichende Lockerung des Embryonenschutzgesetzes fordert. Dazu sollte man wissen: Sieben seiner Vertreter sind selbst Reproduktionsmediziner. Drei Mediziner sitzen in Fertilitätskliniken. Diese Ärzte profitieren also unmittelbar finanziell von der geforderten Gesetzesreform. Sie verpacken es nur etwas freundlicher im weißen Kittel der Wissenschaft. Die Politik reagiert offenherzig. Die Änderung des Abstammungsrechts in einen Gummiparagraphen, der sich einen Teufel um das Kindeswohl schert, wird aktuell diskutiert. Das streng kontrollierte Verfahren der Embryonenselektion (PID) ist längst löchrig. In den aktuell laufenden Koalitionsverhandlungen forderte Parteichef Lindner bereits, Gentests an Embryonen zu erlauben. Damit erweist sich wieder einmal die FDP als besonders anfällig für Gesetzesreformen in der ethischen Grauzone. Es ist klar, dass eine solche Partei an der Spitze des Familienministeriums nichts verloren hat.

Der Artikel erschien zuerst auf www.familien-schutz.de . Wir danken für die Erlaubnis der Übernahme.

 

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Alfred

Was meinen Sie - sind die Kinder begeistert, wenn sie später erfahren, dass sie aus dem Reagenzglas stammen?

Gravatar: Anne R.

Erst nach dem 30. Lebensjahr eine Familie gründen zu wollen ist halt ein bischen spät. Je älter die Frauen mit Kinderwunsch sind, desto geringer sind ihre Chancen. Das weiß man doch. Es ist eben nicht alles planbar.
Niemand zwingt Frauen, geschäftstüchtigen Reproduktionsmedizinern zu glauben, mit Leichtigkeit auch nach der von der Natur vorgegebenen Zeit schwanger werden zu können.
Wo bleibt da der mündige Bürger, der selbst verantwortlich ist für seine Entscheidungen....

Gravatar: Keinschlafschaf

Tja, manche wollen mit allen Mittel ein Kind in die
Welt setzen, die anderen wünschten sich, insbesondere
wenn sie alt geworden sind, sie hätten nie
ein Kind gehabt.

Immer das was gerade nicht ist.

Gravatar: Leser

Die liberale Anmerkung zu allen möglichen Selbstversuchen: Freiwillig und auf eigene Kosten, kein Staatseingriff. [FDP hat, nebenbei, nullnix mit Liberalismus zu tun.]

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