Karfreitag ist der dunkelste Tag der Christenheit – und zugleich der Augenblick größter Wahrheit.

Der Tag, an dem Gott schwieg

Blurb: Am Karfreitag gedenkt die Christenheit der Kreuzigung Jesu. Was für viele wie das Scheitern einer religiösen Idee aussieht, ist in Wahrheit das Herzstück des christlichen Glaubens – und eine radikale Anklage gegen eine Welt ohne Gnade.

Andrea Mantegna - Kreuzigung, Wikicommons
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Der Karfreitag ist der Tag, an dem man sich dem Unsagbaren stellt: Gott stirbt am Kreuz. Der Schrei Jesu – »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« – hallt seit zweitausend Jahren durch die Geschichte. Kein anderer Tag ist so durchdrungen von Dunkelheit, Schweigen, Schmerz. Und doch ist es genau dieser Tag, der das Christentum in seiner Tiefe ausmacht.

Was hier geschieht, ist keine religiöse Allegorie. Es ist ein realer Justizmord in römischer Besatzungszeit. Es ist ein politischer Schauprozess, ein theologischer Skandal und ein menschliches Drama in einem. Jesus wird ans Kreuz genagelt wie ein Verbrecher – verspottet, geschlagen, entblößt. Seine letzten Stunden sind öffentlich, brutal, quälend. Die Welt zeigt ihr wahres Gesicht: Macht, Feigheit, Gewalt.

Die absolute Niederlage?

Für seine Anhänger muss es wie das Ende aller Hoffnung gewesen sein. Der Messias, der Wundertäter, der Redner mit Vollmacht, der versprochen hatte, das Reich Gottes zu bringen – er stirbt wie ein Hund. Kein Wunder, dass fast alle fliehen. Nur seine Mutter, einige Frauen und Johannes bleiben zurück.

Von außen betrachtet ist der Karfreitag das totale Scheitern. Doch genau in dieser äußersten Niederlage liegt die Tiefe des christlichen Glaubens: Gott rettet nicht durch Macht, sondern durch Ohnmacht. Er zwingt niemanden. Er leidet. Er stirbt. Nicht weil er muss – sondern weil er liebt.

Warum das Kreuz?

Die Frage, warum Jesus sterben musste, hat Theologen aller Jahrhunderte beschäftigt. Doch es ist nicht nur eine theologische, sondern auch eine existentielle Frage. Denn das Kreuz ist kein Einzelfall, es ist das Symbol aller Unschuld, die leidet. Der Gekreuzigte steht für die Namenlosen der Geschichte: die Verfolgten, die Gequälten, die Vergessenen.

Karfreitag ist daher auch eine Anklage. Er konfrontiert uns mit der Realität des Bösen – nicht abstrakt, sondern konkret: durch Neid, Feigheit, Gewalt, Mitläufertum, religiösen Fanatismus. Alles, was an jenem Tag geschah, geschieht bis heute. Und der Mensch, der glaubt, auf der richtigen Seite zu stehen, muss sich fragen: Hätte ich geschwiegen? Hätte ich mitgebrüllt?

Die große Stille

Kein Glockenläuten, keine Musik, kein »Halleluja«. In den Kirchen bleibt der Altar leer. Die Liturgie schweigt, das Licht erlischt. Selbst das Evangelium endet ohne Trost. Es ist, als hielte die ganze Schöpfung den Atem an.

Diese Stille ist nicht Abwesenheit, sondern Erwartung. Denn gerade in ihr beginnt etwas zu keimen. So wie der Same unter der Erde verborgen liegt, beginnt unter dem Karfreitag die Auferstehung zu wachsen. Noch unsichtbar. Noch unbegreiflich. Aber real.

Wer sich dieser Dunkelheit stellt, wird nicht mit schnellen Antworten belohnt. Aber vielleicht mit einer neuen Wahrnehmung: Dass das Leben nicht dort endet, wo es bricht – sondern dass genau dort der Anfang liegt.

Fortsetzung folgt an Karsamstag.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Vasco da Gama

Israel hat den christlichen Palästinensern den Zugang zu den Gottesdiensten in der Osternacht aggressiv verweigert und Gläubige in Jerusalem brutal angegriffen. Selbst hochrangige Vertreter des Vatikans wurden festgesetzt.
https://philosophia-perennis.com/2025/04/20/ostern-in-jerusalem-israel-geht-brutal-gegen-christen-vor/

Israel bombardiert die Christendörfer im Südlibanon
https://philosophia-perennis.com/2024/10/07/israel-bombardiert-die-christendoerfer-im-suedlibanon/

NATO-Mitglied Türkei löscht die christliche Kultur des besetzten Zypern aus
Mehr als 550 griechisch-orthodoxe Kirchen, Kapellen und Klöster in Städten und Dörfern der besetzten Gebiete wurden – so das zypriotische Außenministerium – geplündert, absichtlich vandalisiert und in einigen Fällen zerstört. Viele christliche Kultstätten wurden in Moscheen, Depots der türkischen Armee, Lagerhallen und Heuschuppen umgewandelt.
https://philosophia-perennis.com/2018/12/03/die-tuerkei-loescht-die-christliche-kultur-des-besetzten-zypern-aus/

Gravatar: Reni Zaladore

Der Tag ab dem Jesus Christus schwieg, unser Gott hat uns immer gehört und antwortet auch, man muß einfach zuhören.
Wenn man aber richtig überlegt, wie alles nach den Propheten vorausgesagt wurde, kann man einfach an dieser Lebensgeschichte muß man glauben.
Bitte nachlesen und nachdenken.
Und ich danke, daß man über so etwas lesen und schreiben können.
Der ev. Bischof verurteilt Rußland für den Krieg, aber neutral gesehen, alles hat und immer ein Auslöser für so etwas. Verschaukeln funktioniert nicht immer.
Frieden schließen und die N-Osterweiterung hätte nicht passieren dürfte.
Warum wollte (dürfte?) D. keinen Friedensvertrag schließen nach 1945?
Bin gespannt, ob die Feuerpause hält?

Gravatar: Ede Wachsam

Ja sogar für Menschen die sich Christen nennen, ist der Karfreitag z.T. leider noch oftmals unverständlich.

Hierzu eine kurze wahre Begebenheit. Ein Pastor wachte einmal an einem Karfreitag aus dem Schlaf in der Nacht auf, weil Jesus ihn gerufen hatte. ER frage diesen Mann, was denkst du? Bist du traurig über das was ich erlitten habe oder freust Du Dich darüber?

Der Mann war zuerst etwas verwirrt, aber er dachte eine Weile sorgfältig über diese Frage nach und dann antwortete er seinem HERRN und Erlöser. Ja Herr Jesus, es ist wahrhaft ein unbeschreiblich grausamer Tod den Du erlitten hast und darüber bin ich auch sehr traurig und ich empfinde tiefes Mitgefühl und Schmerz wenn ich darüber nachdenke. Einerseits weil Du ja völlig unschuldig bist und andererseits weil ich weiß, dass auch meine Sünde und Schuld an Deinem Leid und Tod Schuld hat.

Dennoch habe ich auch eine große Freude darüber, weil Du mich und viele Milliarden Menschen durch Deinen grausamen Tod als Strafe für unser aller Schuld die wir verdient hätten und Deine Auferstehung uns für ewig gerettet hat, aus reiner selbstloser Liebe. Du hast ja nicht nur für Deine Freunde gebetet und dies Opfer gebracht, sondern auch für Deine Feinde. Dies gilt daher ja für ALLE MENSCHEN ALLER Zeitalter, wenn Sie es begreifen und gewisse Schritte tun.

Daher werden auch noch zig Milliarden Menschen gerettet werden. Auch dafür gebührt Dir aller Dank, aller Lob und die alleinige Anbetung. Du sagtest "Niemand hat größere Liebe als der, der sein Leben für seine Freunde lässt, Du aber hast es auch für Deine Feinde hingegeben"

Die Antwort des HERRN an den Pastor war, Gut mein Sohn, sehr gut, denn Du hast es verstanden. Friede sei mit Dir.

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