Ein leises Wunder:

Der neue katholische Aufbruch in England

Katholiken übertreffen Anglikaner mittlerweile im Verhältnis zwei zu eins unter den 18- bis 34-Jährigen. Noch 2018 machten Anglikaner 30 Prozent dieser Altersgruppe aus, Katholiken 22 Prozent. 2024 hingegen sind es nur noch 20 Prozent Anglikaner – aber 41 Prozent Katholiken.

Bild: The Catechist
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Während viele westliche Gesellschaften mit einem dramatischen Rückgang religiöser Praxis konfrontiert sind, erlebt England etwas Unerwartetes: einen katholischen Aufschwung, still, aber entschieden. Besonders bemerkenswert ist, dass dieser Wandel nicht aus der Mitte der Gesellschaft kommt, sondern vor allem von jungen Menschen getragen wird – eine Generation, die nach Jahrzehnten der Säkularisierung wieder geistige Orientierung sucht.

Laut einer aktuellen YouGov-Umfrage im Auftrag der Bible Society hat sich das Verhältnis unter jungen Christen in England massiv verschoben: Katholiken übertreffen Anglikaner mittlerweile im Verhältnis zwei zu eins unter den 18- bis 34-Jährigen. Noch 2018 machten Anglikaner 30 Prozent dieser Altersgruppe aus, Katholiken 22 Prozent. 2024 hingegen sind es nur noch 20 Prozent Anglikaner – aber 41 Prozent Katholiken. Mehr im Video hier.

Besonders in den Städten macht sich der neue Eifer bemerkbar. Ein eindrückliches Beispiel ist die Pfarrei St Margaret's im Londoner Stadtteil Canning Town, wo Pfarrer John Armitage Woche für Woche über 800 Gläubige versammelt – während der Karwoche waren es über 5.000. Diese Zahlen wären noch vor wenigen Jahren unvorstellbar gewesen.

Doch nicht nur die Kirchenbänke füllen sich – auch die Zahl der Konversionen nimmt stark zu. Die Diözese Arundel und Brighton meldete einen Sprung von 60 Katechumenen und knapp 90 Kandidaten im Jahr 2024 auf jeweils über 100 im Jahr 2025. Bemerkenswert ist, dass viele dieser Konvertiten britischer Herkunft sind – nicht etwa Immigranten aus traditionell katholischen Ländern. Sie entdecken den Glauben neu, oft angestoßen durch Online-Ressourcen, Podcasts und eine zunehmende Sehnsucht nach festen moralischen und spirituellen Orientierung.

Was zieht diese junge Generation an? Es ist die Kombination aus Gemeinschaft, Tradition und intellektueller Tiefe. Während säkulare Narrative oft fragmentiert, relativistisch und individualistisch wirken, bietet der katholische Glaube eine kohärente Weltdeutung. Viele Konvertiten nennen als Motivation den Wunsch nach Vergebung, Selbstakzeptanz und der Erfahrung einer liebenden Ordnung – in einer Welt, die oft orientierungslos erscheint.

Zudem scheint die Rückkehr zur Tradition ein wichtiges Element des neuen Aufbruchs zu sein. Die klassische Liturgie, das Sakrale, das Gemeinschaftliche – all dies erlebt eine Renaissance. Junge Katholiken suchen nach dem Echten, dem Dauerhaften – jenseits der Oberflächlichkeit vieler „modernen“ kirchlichen Angebote, die sich oft zu sehr an die Welt anpassen.

Soziologen sehen in diesem Aufbruch auch eine Reaktion auf die wachsende gesellschaftliche Instabilität: Vereinsamung, mentale Krisen, Sinnverlust. Gerade junge Menschen suchen wieder nach Halt. Untersuchungen zeigen, dass kirchlich aktive Menschen – besonders junge Frauen – signifikant weniger unter Angstzuständen und Depressionen leiden. Ebenso berichten sie von einer stärkeren Lebenszufriedenheit und engerer Verbundenheit zur Gemeinschaft.

Dieser neue katholische Aufbruch vollzieht sich unterhalb der medialen Aufmerksamkeit, fast unbemerkt – aber dafür umso wirkungsvoller. Es ist kein lauter Kulturkampf, sondern eine stille Wiederentdeckung des Glaubens, gespeist aus einer tieferen Sehnsucht nach Wahrheit, Schönheit und Verbindlichkeit.

Die entscheidende Frage ist nun, ob die Kirche diese Bewegung trägt, vertieft und begleitet – oder ob sie sie durch innerkirchliche Zerwürfnisse und ideologische Kämpfe wieder verspielt. Noch ist der Moment da. Und vielleicht geht von England, wo der Katholizismus einst unterdrückt und marginalisiert wurde, ein neues geistliches Signal aus – für ganz Europa.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Croata

Wir, Christen müssen zusammenhalten!

Gravatar: Ekkehardt Fritz Beyer

... „Die entscheidende Frage ist nun, ob die Kirche diese Bewegung trägt, vertieft und begleitet – oder ob sie sie durch innerkirchliche Zerwürfnisse und ideologische Kämpfe wieder verspielt.“ ...

Ja mei: „Reich und mächtig war die Kirche im englischen Mittelalter, wie man bis heute an ihren monumentalen Kathedralbauten sehen kann. Doch mächtiger noch war König Heinrich VIII. Er brach 1533 mit dem Papst in Rom, weil dieser sich weigerte, die Ehe des Königs zu annullieren. Als Oberhaupt einer neuen Staatskirche setzte sich Heinrich VIII. 1534 selbst ein. Kirche - das hieß in England fortan anglikanisch. Bis heute schließt ein Gesetz aus dem Jahr 1701, der sogenannte Act of Settlement, jeden von der Thronfolge aus, der "die päpstliche Religion bekennt oder einen Papisten heiratet".
https://www.katholisch.de/artikel/1265-schwierige-existenz

„Ein Experte ist sich jedenfalls sicher, dass die Zukunft der Krone am Thronfolger Prinz Charles hängt“!!!
https://www.rnd.de/panorama/nach-interview-mit-harry-und-meghan-wie-realistisch-ist-eine-abschaffung-der-monarchie-CWXJEESYZNDGTFKXKPXZEWCHM4.html

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