Gastbeitrag von Robert Royal

Der Krieg und das Böse - hilft da beten?

Lesen Sie in diesen beunruhigenden Tagen die Nachrichten und versuchen Sie, die Dinge zu ordnen, wie wir alle es müssen. Aber auch: Lesen Sie die Psalmen. Sie zerstreuen unsere üblichen Illusionen, dass wir alles unter Kontrolle haben.

Evil lurking/Bild:Carniv0r3, DeviantArt
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[Wir veröffentlichen einen Gastkommentar von Robert Royal von The Catholic Thing.]

Ein Leser fragte neulich, wie es sein kann, dass Gott trotz der Millionen von Gebeten, die täglich für die Ukraine gesprochen werden (eigentlich sind es Milliarden auf der ganzen Welt), den anhaltenden Tod und die Zerstörung zulässt? Das ist eine gute Frage. Eine schwierige Frage.

Sie wird seit Tausenden von Jahren gestellt, in Zeiten des Krieges ebenso wie in Zeiten von Seuchen, Überschwemmungen, Bränden, Erdbeben, Dürren und Hungersnöten, die - wenn es nach den Umweltschützern geht - Teil der Naturgeschichte der Menschheit sind. Wer die Psalmen in der Bibel liest oder täglich das Stundengebet betet, weiß, dass es schon in der Heiligen Schrift eine zentrale Klage war. Herr, wir vertrauen auf dich, aber bist du wirklich für uns da, wenn wir dich am meisten brauchen?

Diese existenzielle Frage ist noch beunruhigender als die üblichen Fragen von Krieg und Diplomatie. In weltlicher Hinsicht hat der Einmarsch Russlands in die Ukraine Europa, Amerika und die meisten Nationen der Welt zusammengeführt. Trotz Meinungsverschiedenheiten über die frühere Politik oder die drohende Dekadenz des Westens haben sich sogar Polen und Ungarn, die sich in der jüngeren Vergangenheit in kulturellen Fragen auf die Seite Putins geschlagen und sich dem »wachen« Kulturimperialismus der Europäischen Union widersetzt haben, dem Rest der zivilisierten Welt angeschlossen und den Einmarsch als falsch bezeichnet.

Wenn das auf der weltlichen, menschlichen Ebene möglich ist, wo bleibt dann die göttliche Solidarität, die wir in dieser gerechten Sache erwarten würden?

Die Psalmen erinnern uns eindringlich an Dinge, mit denen sich viele von uns, vor allem diejenigen, die das Glück hatten, jahrelang in relativ friedlichen Gesellschaften zu leben, lieber nicht auseinandersetzen würden - und vielleicht sogar versucht sind, sie zu leugnen.

Unser Gott ist kein Vorstadtgott, der Wohlstand und Frieden garantiert. Mehrere Psalmen preisen die Wunder der Schöpfung und erinnern uns daran, dass das Gute, dessen wir uns erfreuen, von der Befolgung von Gottes Gesetz herrührt. Aber sie lassen uns auch nie vergessen, dass das Böse real und mächtig ist, weshalb Gott am Kreuz sterben musste, um es zu besiegen.

Wie C.S. Lewis in seinem kleinen Buch Reflection on the Psalms [dt.: Das Gespräch mit Gott, Anm. d. Übs.] bemerkt, »lebten diese Dichter [d.h. die Psalmenschreiber] in einer Welt der grausamen Strafen, der Massaker und der Gewalt, der Blutopfer in allen Ländern und der Menschenopfer in vielen.« Wir neigen dazu, zu ignorieren, dass solche Dinge - zusammen mit Gulags, Laogai, Sklaverei, Kinderopfern (d. h. Abtreibung) und Sexhandel - immer noch existieren. Und zwar nicht nur an weit entfernten Orten, sondern in subtilen - manchmal auch ganz offenen - Formen in unserer eigenen Welt. Aber sie bestehen fort, weil sich die menschliche Natur nicht ändert.

Jeder Christ wird irgendwann mit dem Bösen und dem Leid konfrontiert und muss versuchen, einen Sinn darin zu sehen. Der heilige Augustinus vertrat die berühmte Ansicht, dass das Böse keine reale Existenz hat - dass es ein Mangel an etwas Gutem ist, das vorhanden sein sollte. Auf einer sehr hohen konzeptionellen Ebene ist das wahr, aber es ist schwierig, daran festzuhalten, wenn in der eigenen Nachbarschaft Bomben fallen. Er kommt unserer gewöhnlichen Erfahrung näher, wenn er vom mysterium inquitatis, dem »Geheimnis des Bösen«, spricht.

Es gibt viele Geheimnisse in der Welt, aber warum das Böse in der Schöpfung eines guten Gottes existiert, ist vielleicht das Geheimnis, das uns am meisten herausfordert. Viele Menschen, wie zu Zeiten der Psalmisten, akzeptieren einfach, dass es das Böse gibt und Gott nicht. Manche verlieren ihren Glauben, wenn sie das Böse erleben. Das Schwierige für uns in Zeiten wie diesen - aber eigentlich, wie wir wissen sollten, zu jeder Zeit - besteht darin, das Böse um uns herum und in uns selbst in vollem Umfang wahrzunehmen. Und uns mit ihm auseinanderzusetzen, obwohl es nicht nur Schmerz verursacht, sondern auch Zweifel weckt.

Gott will, dass Dinge wie Corona und die Invasion in der Ukraine Gutes bewirken. In vielen Fällen besteht das Gute darin, dass wir gezwungen werden, endlich wach zu werden und zu verstehen, wie radikal wir von ihm abhängig sind.

Aus Gründen, die mir nicht ganz klar sind, habe ich Wochen vor dem Einmarsch in die Ukraine mit dem Studium der Psalmen begonnen. Normalerweise gehört es zu meiner morgendlichen Routine, einen Teil der Heiligen Schrift systematisch zu studieren. Noch bevor die Bomben fielen, weckten die Psalmen in mir das Bewusstsein für etwas anderes als die »woke« »Kultur«.

Wegen der Politisierung aller Dinge in unserer Welt haben wir die grundlegende Perspektive der menschlichen Existenz verloren. Wir wollen - wirklich wollen - glauben, dass alles Leid oder Böse in der Welt das Ergebnis einer fehlerhaften Politik oder des Kapitalismus oder des Rassismus oder des »Patriarchats« ist.

Sicherlich können wir einige Schritte unternehmen, um bestimmte Probleme zu lösen. Aber wie viel von dem, womit unsere Medien uns täglich überfluten, spiegelt wirklich unseren Glauben wider, dass wir das Böse kontrollieren könnten, wenn nur die richtige Partei oder die richtigen Politiker an der Macht wären?

Das ist natürlich Unsinn auf Stelzen.

Gerade jetzt lieben wir es, uns gegenseitig die Schuld für die Invasion in der Ukraine zu geben, als ob es unsere Schuld wäre und nicht die Russlands. Jeder Christ sollte natürlich zuerst sich selbst prüfen, wenn etwas Böses auftaucht. Und es steht außer Frage, dass der Westen einen anderen Weg hätte einschlagen und einen Krieg weniger wahrscheinlich machen können. Aber das erklärt den Krieg von Herrn Putin nur zum Teil. Er hat über Jahre hinweg deutlich gemacht, was er zu tun gedenkt, ungeachtet der Fragen zur NATO. Wie auch immer, eine ordentliche Selbstprüfung sollte kein »Tritt mich«-Schild sein, das wir uns selbst auf den Rücken kleben.

Unser Gott ist kein Vorstadtgott, der Wohlstand und Frieden garantiert. Mehrere Psalmen preisen die Wunder der Schöpfung und erinnern uns daran, dass das Gute, dessen wir uns erfreuen, aus der Natur kommt.

Lesen Sie in diesen beunruhigenden Tagen die Nachrichten und versuchen Sie, die Dinge zu ordnen, wie wir alle es müssen. Aber auch: Lesen Sie die Psalmen. Sie zerstreuen unsere üblichen Illusionen, dass wir alles unter Kontrolle haben.

In Newmans Gebet heißt es: »Ich will ihm vertrauen, was immer ich bin. Wenn ich krank bin, kann meine Krankheit Ihm dienen, wenn ich ratlos bin, kann meine Ratlosigkeit Ihm dienen. Wenn ich Kummer habe, kann mein Kummer Ihm dienen. Er tut nichts umsonst. Er weiß, was er tut. Er kann mir meine Freunde wegnehmen. Er kann mich unter Fremde werfen. Er kann mir das Gefühl der Trostlosigkeit geben, meinen Geist sinken lassen, meine Zukunft vor mir verbergen. Doch er weiß, was er tut.«

Die Psalmen sind beunruhigend und tröstlich zugleich. Sie sind rätselhaft und erhellend. Sie beschönigen das Leben nicht und sprechen nicht nur von alten Kämpfen, sondern von heute und der Zukunft. Von dir und mir. Über die Welt, die jetzt dringend zur Weisheit erwachen muss.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Wolfram

Man kann das kostbare Heilige Bibelbuch auch missbrauchen !!!

"Niemand hat größere Liebe, als dass er sein Leben lässt für seine Freunde" - ein Wort des SOHNES GOTTES mit Hinweis auf seine Kreuzigung und seinen stellvertretenden Opfertod für unsere Sünden.

Diesen Vers aus dem Johannes-Evangelium hat gerade Putin vor einem vollbesetzten Stadium zitiert als Legitimation für seinen aggressiven Eroberungskrieg mit
auch vielen russischen Opfern unter den jungen Rekruten - anlässlich des Jahrestages der Krim-Besetzung (unter tosendem Applaus seiner fanatisierten Anhänger) - welch ein gottloser Frevel !!! Welche unfassbare Blasphemie !!! Da scheint die Grenze zum Wahnsinn fließend - oder ??? Und da diese Worte garantiert auch im Himmel registriert worden sind, könnte sich dieser Frevel zum Boomerang entwickeln.

Hatte nicht auch der österreichsche "Führer" von göttlicher Vorsehung demagogisch geschwafelt ???

Gravatar: Herbert Richter

Der Autor sollte bei seinem guten Kommentar bedenken, daß zu den Freie-Welt-Lesern auf evangelikale Christen
gehören,welche die momentane Lage in den apokalypti-
schen Endzeitgeschehen der Bibel einordnen. Aus unse-
rer Sichtweise fördert der Überfall Rußlands die Einigung
der europäischen Staaten zu jenem totalitären Staaten-
bund,an dessen Spitze ein außerordentlicher und cha-
rismatischer Politiker,der Anti-Christ, stehen wird.
Herbert Richter Braunschweig

Gravatar: Lisje Türelüre aus der Klappergasse

"Wir neigen dazu, zu ignorieren, daß solche Dinge.......Kinderopfer (Abtreibung).....immer noch existieren".
Wohl wahr.
Gott läßt seiner nicht spotten.
Es gibt übrigens 2 Mächtige, die diesen Verhältnissen die Stirn geboten haben:
Donald Trump hat den wirklich aggressiven amerikanischen Abtreibungslobbyisten die Gelder gestrichen;
Wladimir Putin hat es geschafft, die noch immer sehr hohen Abtreibungszahlen in Rußland um 1/3 zu senken.

Es möge jeder darüber nachdenken, warum diese beiden Männer solchen Haß auf sich ziehen.

Gravatar: Theo A.

Prima! Gott ist gut, das stimmt schon, aber man sollte auch versuchen auf ihn zu hören damit es so bleibt und da hilft u. a. das Lesen der Psalmen und weiterer Bücher, AT, NT,..

Gravatar: Staatsfeind2000

Da hilft nur Beseitigung der von Gott verstoßenen,Die Globalen Satans Jünger und Kannibalen Sekte der Elite. Es wird doch der Posten der Queen frei wäre was Merkel oder Spahn

Gravatar: Wahrheitsfinder

Tja, das Problem ist dass diese Welt hier nicht mehr Paradies ist.
In 1. Mose 3 ist beschrieben, warum das so ist.
Wie Gott uns Menschen vor der Misere errettet (hat), steht in den Evangelien im “Neuen Testament“. Da wird sein eingeborener Sohn von dem Bösen auf grausamster Weise getötet.
Weil der Herr Jesus aber eben göttlich ist, konnte er vom Tode wieder lebendig auferstehen.
Wenn wir daran glauben (können) wird dieser Herr Jesus auch uns wieder zum Leben in SEINE Herrlichkeit hinein (sog. “himmlisches Jerusalem“) auferwecken, wenn wir mal gestorben sind - wie auch immer.

Und zu dieser sich nie abnutzenden Frage „warum lässt Gott das alles zu“ !?
Nun ja. Gott ist kein Puppenspieler. Er hat uns (alle !) - ihm ähnlich - mit einem freien Willen erschaffen.
Sehr zu empfehlen derzeit zu lesen ist der Psalm 91 !!
Und zu diesen großen Welt weiten Krisen muss man immer fragen: „Wem oder für was nützt das alles ?“. Aus meiner Sicht befinden wir uns bereits ziemlich mitten in Offenbarung 13.
Mögen wir uns in Offenbarung 14; 12 wieder finden: „Hier ist das Ausharren der Heiligen, welche die Gebote Gottes halten und den Glauben Jesu.“

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