Interview der Initiative Christenschutz mit Eugenio Capozzi:

»Der christliche Humanismus ist der Schlüssel zur Rettung unserer Zivilisation«

Die zunehmende Gewalt und Feindseligkeit gegenüber Christen in der Welt stehen in direktem Zusammenhang mit der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Schwächung des Westens gegenüber der Außenwelt. Der Westen schwächt sich selbst kulturell wie psychologisch, weil ihm das Bewußtsein der eigenen Identität und Wurzeln fehlt. Die Folge ist wachsende Christenfeindlichkeit.

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Eugenio Capozzi ist ordentlicher Professor für Zeitgenössische Geschichte an der Universität von Neapel „Suor Orsola Benincasa“. Der Autor mehrerer Fachpublikationen widmet sich schwerpunktartig der Forschung zum Parteiensystem und Parteienherrschaft und zu den Wirkungsweisen der politischen Korrektheit. Sein jüngstes Werk trägt den Titel L’autodistruzione dell’Occidente. Dall’umanesimo cristiano alla dictatura del relativismo (Selbstzerstörung des Westens. Vom Christlichen Humanismus zur Dikatur des Relativismus) (Historica Giubilei Regnani, 2021).

Christenschutz: Heute werden Christen überall auf der Welt verfolgt. Ihr Leben ist in vielen Ländern des Nahen Ostens und Asiens bedroht, aber auch im Westen wird die Religionsfreiheit angegriffen. Was halten Sie für das Wichtigste, um Christen heute zu schützen? Und warum ist das Christentum bewahrenswert?

Eugenio Capozzi: Die zunehmende Gewalt und Feindseligkeit gegenüber Christen in der Welt stehen in direktem Zusammenhang mit der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Schwächung des Westens gegenüber der Außenwelt. Der Westen schwächt sich selbst kulturell wie psychologisch, weil ihm das Bewußtsein der eigenen Identität und Wurzeln fehlt. Die Folge ist wachsende Christenfeindlichkeit.

Das Christentum ist das Rückgrat der westlichen Zivilisation. Es bildet die Grundlage für den historisch gewachsenen rationalen Humanismus. Die zunehmende Isolation der Christen ist ein Zeichen ihrer Kapitulation vor Relativismus und Nihilismus,. Dadurch machen sie sich zu einem Eroberungsgebiet für Zivilisationen, die stolzer auf ihre gemeinsame Zugehörigkeit sind. Eine wirksame Verteidigung der Christen vor Verfolgung wäre nur möglich, wenn der Westen aufhören würde, sich für das Christentum zu schämen. Wenn er sich wieder selbstbewußt mit dem Christsein identifizieren würde.

Christenschutz: Wenn die jüdisch-christliche Anthropologie und Weltanschauung in einer Gesellschaft ausstirbt, werden sie durch zunehmend totalitäre Maßnahmen ersetzt: a) warum ist das so? b) wie können wir diesen Prozess aufhalten?

Eugenio Capozzi: Der christliche Humanismus ist einzigartig und unersetzlich, denn in ihm wurzelt die Idee von Rechten und Würde des Menschen an sich. Aus ihm folgen Demokratie und Rechtstaatlichkeit. Beide Prinzipien können ohne den christlichen Humanismus nicht überleben. Wenn der christliche Humanismus von Ideologien, vom Szientismus, vom Kult der Macht, von der Biomacht zersetzt wird, wird der Bereich des Schutzes des Lebens, der Freiheit und der Würde der Individuen und ihre Institutionen unweigerlich überwältigt. Dann wird der Weg frei für Eugenik und Rassenhaß, was kennzeichnend ist für totalitäre Regime. Genau das droht uns auch unter der Diktatur eines radikalen Relativismus, den die westliche herrschende Klasse als ihre offizielle Doktrin ausweist. Um diesen Prozess zu stoppen, wäre es notwendig, einen echten philosophischen und kulturellen Krieg gegen den Relativismus zu entfesseln: Im Namen des klassisch-christlichen Humanismus und des Naturrechts.

Christenschutz: In diesen Monaten haben Sie in den sozialen Netzwerken immer wieder beißende Kritik an der Politik gegen die Corona-Maßnahmen geübt. Die Selbstzerstörung des Westens erlebt in dieser historischen Phase einen entscheidenden Wendepunkt, und sehen Sie die Religionsfreiheit durch diese Maßnahmen angegriffen?

Eugenio Capozzi: Die Covid-Epidemie hat in vielen Gesellschaften der Welt, besonders aber in Westeuropa, eine Psychose ausgelöst. Diese konnte nur in einem Klima radikaler Säkularisierung entstehen. In der Logik dieser Säkularisierung gerinnt der Schutz des nackten biologischen Lebens zum einzigen, alleinigen Ziel. In diesen Gesellschaften, die zu den ältesten der Welt gehören, haben verängstigte Massen im Namen der physischen Rettung eine autoritäre Wendung akzeptiert, die die Bürger vieler unveräußerlicher Grundrechte beraubt hat: Angefangen bei der persönlichen Freiheit und der Freizügigkeit, der unternehmerischen Freiheit bis hin zur Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit und auch, nicht zweitrangig, der Religionsfreiheit. Und die Kirchen selbst haben sich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, diesen Zumutungen passiv ergeben, weil auch sie anfällig sind für die rein säkularistische Vision der Erlösung, die mit „Erneuerung“verwechselt wird. Es ist eine Katastrophe, daß der christliche-abendländische Humanismus dem nichts entgegensetzt, sondern noch weiter zurückweicht.

Christenschutz: Kirchen- und Glaubensführer, die sich gegen den Mainstream auflehnen und ihre gläubige Herde unterstützen sollten, verlassen das Schiff. Was wäre Ihr Appell an diejenigen, die verängstigt und eingeschüchtert sind?

Eugenio Capozzi: Ich glaube nicht, dass ich die moralische Autorität habe, Appelle zu machen. Der einzige Beitrag, den ich zur gegenwärtigen dramatischen historischen Phase leisten kann, ist eine Ermahnung an alle Abendländer und insbesondere an die Christen: Besinnt euch eurer Wurzeln. Schämt euch nicht eurer religiösen, kulturellen, politischen, rechtlichen, ästhetischen und zivilisatorischen Identität, sondern erkennt sie wieder als euren Wesenskern an und gebt ihn weiter an eure Kinder. Christen müssen ihre eigene Geschichte und das kulturelle Erbe kennenlernen, es studieren und fördern, ohne Komplexe oder Schuldgefühle, um die eigene gegenwärtige Identität besser wiederzubeleben, zu stärken und weiterzutragen.

Christenschutz: Viele Menschen sprechen von einem „Reset“ der Gesellschaft und der Wirtschaft. Glauben Sie, dass es der richtige Weg ist, in die Zukunft zu schauen und darauf zu warten, dass irgendeine weltliche Macht „Befreiung gewährt“?

Eugenio Capozzi: Die Erwartung, dass die Erlösung von einer menschlichen Macht kommt – sei es politisch, wirtschaftlich oder wissenschaftlich – ist die gefährlichste Illusion, die Individuen und Gesellschaften kultivieren können. Sie ist die Grundlage für die Zerstörung des Humanismus, denn der Humanismus, der auf der Geschöpflichkeit und der transzendenten Herkunft/Bestimmung des Menschen beruht, ist sich immer der Grenzen der menschlichen Fähigkeiten bewusst und erwartet oder hofft nicht auf Allmacht. Der trügerische „Hyper-Humanismus“, der auf der gnostischen Hybris beruht, verwandelt sich unweigerlich in einen „Sub-Humanismus“, der die totale Macht einiger „überlegener“ Menschen über alle anderen rechtfertigt und das menschliche Leben und die menschliche Würde für jedes „Experiment“ zur Verfügung stellt.

Christenschutz: Haben Sie noch letzte Worte?

Eugenio Capozzi: Wenn wir unsere Zivilisation retten wollen, ist es unabdingbar, den christlichen Humanismus, der sich auf das Recht und das Naturrecht gründet, zu studieren, zu vertiefen, einzufordern und an jeder möglichen Stelle jede Form des Relativismus zu bekämpfen. Das können wir tun, indem wir seine Inkonsequenz auf philosophischer Ebene aufzeigen und alle seine politischen und juristischen Konsequenzen ohne Zögern ablehnen.

Christenschutz: Herr Capozzi, vielen Dank für Ihre Zeit.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: A.Kanal - Ratte findet das Mittelalter schön

Nur fällt dem Herrn Capozzi das in Hinsicht auf Westeuropa bestimmt zehn Jahre zu spät auf.

Die Mutti der Deutschen beispielsweise ist zusammen mit ihrer rotgrünen Pest seit sechzehn Jahren ziemlich erfolgreich mit soziokultureller Deprivation und damit beschäftigt, Christentum und christliche Kirche als "Opium fürs Volk", als "autoritär", "phallogozentrisch" und als obsolet zu denunzieren, zu erpressen und zu entsorgen ...

https://www.youtube.com/watch?v=Xks27DFOE8w&t=1638s

https://menschundrecht.de/menschundrecht%202007%20-%202020.pdf#page=203

.

Sie findet, religiöser Glaube würde besser durch einen "Glauben an Europa" ersetzt ...

http://menschundrecht.de/Spiegel%20online%202007%20-%202020.pdf#page=212 ,

... womit sich aber die Frage aufdrängt, wer und was hier eigentlich in Wirklichkeit autoritär ist ...

https://www.spiegel.de/politik/die-bruesseler-republik-a-3d75c854-0002-0001-0000-000015317086

https://www.youtube.com/watch?v=wSaIXdR_4co&t=72s

https://menschundrecht.de/spontifex%202007%20-%202020.pdf#page=487

https://menschundrecht.de/spontifex%202007%20-%202020.pdf#page=90 .

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