Gründonnerstag: Warum an diesem Tag der Grundstein für die christliche Zivilisation gelegt wurde

Der Abend, der die Welt veränderte

Am Gründonnerstag erinnern sich Christen an das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern. Doch dieser Abend ist weit mehr als liturgisches Ritual – er birgt eine dramatische Wende in der Geschichte der Menschheit.

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Es war ein Abend wie kein anderer – in einem kleinen Obersaal Jerusalems versammelten sich Jesus von Nazareth und seine zwölf Jünger, um das Pessachfest zu feiern. Doch was an jenem Abend geschah, veränderte nicht nur das Leben der Anwesenden, sondern die geistige Geografie der Welt. Der Gründonnerstag, der dem Karfreitag vorausgeht, ist der eigentliche Auftakt des Ostergeheimnisses – und zugleich das Fundament christlicher Liturgie, Theologie und Gemeinschaft.

Der Name »Gründonnerstag« hat dabei nichts mit der Farbe zu tun. Vielmehr leitet er sich wahrscheinlich vom althochdeutschen »grīnan« ab – weinen, klagen –, was auf die Bußgesinnung dieses Tages verweist. Andere Deutungen sehen einen Zusammenhang mit der Farbe der Hoffnung, der Reue oder mit alten Frühlingsriten. Doch egal welcher Ursprung zutrifft: Der Tag ist voller geistiger Dichte.

Das letzte Mahl – und die erste Messe

Zentraler Moment ist das sogenannte letzte Abendmahl. Doch der Begriff ist irreführend. Denn es ist zugleich der erste Gottesdienst im eigentlichen Sinne: Jesus nimmt das jüdische Pessachmahl, das der Befreiung Israels aus der ägyptischen Knechtschaft gedenkt, und erfüllt es mit neuer Bedeutung. Er spricht die Worte, die seitdem jeden Tag in Kirchen aller Konfessionen wiederholt werden: »Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird … Das ist mein Blut …«

Hier entsteht, was die Christenheit später »Eucharistie« nennt – die Danksagung. Und mehr noch: Hier wird das Priestertum begründet, denn Jesus gibt seinen Jüngern den Auftrag: »Tut dies zu meinem Gedächtnis.« Was dort geschieht, ist keine symbolische Geste, sondern der Anfang einer geistlichen Wirklichkeit, die die nächsten zweitausend Jahre prägen wird.

Eine Fußwaschung und ein Paradigmenwechsel

Doch der Gründonnerstag bleibt nicht beim Sakralen stehen. Jesus, der Meister, der Rabbi, der Kyrios, legt sein Obergewand ab und wäscht den Jüngern die Füße. Ein Sklavendienst. Eine Demütigung. Ein Skandal. Aber auch ein Signal. Hier wird eine neue Ordnung sichtbar: Herrschaft durch Dienst, Größe durch Hingabe. Der wahre Führer beugt sich.

In einer Welt der Macht und Hierarchie, der Götteropfer und Königskulte, bedeutet das einen revolutionären Umbruch. Kein Mythos von Zeus oder Mithras, keine Philosophie der Römer oder Griechen hat je gewagt, das Göttliche so sehr mit dem Dienenden zu verknüpfen. In dieser Geste wird offenbar, warum das Christentum über Jahrhunderte Gesellschaften verwandelte – durch das Vorbild einer ganz neuen Autorität: der Liebe.

Liturgie der Erinnerung

Bis heute wird an diesem Tag weltweit die Messe vom letzten Abendmahl gefeiert. Der Altar wird nach der Kommunion leergeräumt, das Allerheiligste in einem Seitenaltar aufbewahrt – die Gemeinde beginnt die Nachtwache mit Christus in Gethsemane. In Klöstern und Kirchen verweilen Gläubige in stiller Anbetung, während draußen die Nacht anbricht. Es ist der Übergang vom Mahl zum Opfer, vom Brotbrechen zum Kreuz.

Doch Gründonnerstag ist kein düsterer Tag. Er trägt die Vorahnung der Auferstehung in sich. Die »Nacht des Verrats« ist auch die Nacht der Verheißung. Der neue Bund wird geschlossen – nicht mit Stein und Tinte, sondern mit Fleisch und Blut, mit Herz und Hingabe.

Wer diesen Tag versteht, sieht mehr als ein kirchliches Ritual. Er erkennt einen Wendepunkt der Weltgeschichte – und vielleicht auch einen Anstoß für das eigene Leben: Was wäre, wenn die wahre Macht nicht darin läge, sich bedienen zu lassen, sondern selbst zu dienen?

Fortsetzung folgt an Karfreitag.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: dr weiss

geschichte... hilft alles nichts... realität: inshallah ist schon da....

Gravatar: J. L.

Die Staatskirche hat versagt. Die christliche Gemeinde ist eine Möglichkeit, dem Diktat von Ausbeutung, Unterdrückung und hohlem Konsum Menschlichkeit entgegen zu setzen. Stattdessen ist die Kirche nur Steigbügelhalter der Staatsmacht.

Die Staatskirche wird verschwinden, aber nicht die Christen. Im Erzgebirge und im Vogtland gibt es zahllose kleine Vereine und Bibelkreise. Ob diese winzigen Gemeinschaften Senfkörner sein können, die wachsen und zu etwas Größerem werden, das Widerstand leisten kann?

Ich bin kein Christ, aber ich wünsche allen Christen ein gesegnetes Osterfest.

Gravatar: E.S.REICHT

Danke, daß Sie durch solche Artikel immer wieder an unseren christlichen Ursprung erinnern!

Gravatar: harald44

Beeindruckend und lehrreicher als manche Kirchenpredigt am heutigen Gründonnerstag.
Danke vielmals dafür.

Gravatar: Alfred

Gründonnerstag?
Der Osterhase heißt nun Schmunzelhase!
Müsste dann nicht analog auch der Gründonnerstag Schmunzel-Donnerstag heißen?
Wünsche allen schöne Schmunzel-Tage.
Satire Ende.

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